Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen, jedoch aus deren Anlass das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der in den Schuldsprüchen B 1 und 2 (in Hinsicht auf A 3 a und c [insoweit ident mit D II 1 und 3]) und D I angeführten Handlungen als Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB sowie im Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung) aufgehoben, und es wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Sava B***** hat durch die bezeichneten Taten das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB begangen und wird nach §§ 28 Abs 1, 206 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 (sieben) Jahren verurteilt.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sava B***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB idgF (A.), des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (B. und D.), des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (C. II. und E.), des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (F.) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (G.) sowie des Vergehens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (C. I.) schuldig erkannt.
Darnach hat er in Baden, Neuisshof und anderen Orten
"A) seine Tochter Marija B***** mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Vornahme und Duldung des Beischlafes und (gemeint: oder) dem Beischlaf gleichzusetzenden (zu ergänzen: geschlechtlichen) Handlungen genötigt, indem er 1.) nach dem 26. Dezember 1996 sie mit dem Rücken auf eine Matratze presste, am Körper festhielt und seinen Penis ein bis zwei Zentimeter in die Vagina einführte, 2.) im November 1996 sie an den Haaren nahm, ihren Kopf zu seinem erigierten Penis zog und sein Glied in ihren Mund steckte und sie sohin zwang, ihn oral zu befriedigen, 3.) im Zeitraum 1991 bis 21. November 1998 in mehreren Angriffen mit den Worten:
'Sonst bring ich dich um' a) ihr mit den Fingern in die Scheide griff, b) (gemeint: öfter; US 9 f) seinen Penis vorne an ihrer Scheide rieb und c) sie zwang, ihn mit der Hand zu befriedigen;
B.) mit seiner am 26. Dezember 1982 geborenen, sohin unmündigen Tochter Marija B***** dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen unternommen, indem er 1.) im November 1996 die unter Punkt A.) 2.) und 2.) im Zeitraum 1991 bis 26. Dezember 1996 die unter Punkt A.) 3.) a) bis c) angeführten Handlungen tätigte;
C.) im Zeitraum 1991 bis 21. November 1998
I.) seine Tochter Marija B***** mit den Worten: 'Sonst bring ich dich um' und Versetzen von Schlägen, sohin durch gefährliche Drohung (entbehrlich:) mit dem Tode und Gewalt zur Vornahme und Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er in mehreren Angriffen
1.) ihr oberhalb und unterhalb der Kleidung an die Scheide und an die entwickelten Brüste griff, 2.) (entbehrlich:) sie am Hals leckte, Zungenküsse gab und (entbehrlich:) ihre Wangen sowie die entwickelten Brüste küsste, (entbehrlich:) um sich zu erregen, und 3.) im Liegen aber auch im Stehen abwechselnd von vorne und hinten seinen Penis zwischen ihre Beine steckte und diesen dort bis zum Samenerguss rieb;
II.) im Zeitraum 1991 bis 26. 12. 1996 durch die (ergänzt:) unter Punkt C.) I.) angeführten Handlungen außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an seiner am 26. Dezember 1982 geborenen, sohin unmündigen Tochter Marija B***** vorgenommen;
D.) mit seinen unmündigen Töchtern dem Beischlaf gleichzusetzende Handlungen unternommen, indem er
I.) im Zeitraum 1991 bis 30. April 1995 die am 30. April 1981 geborene Merima B***** in mehreren Angriffen 1.) veranlasste, ihn oral und mit der Hand zu befriedigen; 2.) ihr mit den Fingern in die Scheide griff;
II.) im Zeitraum 1991 bis 26. Dezember 1996 der am 26. Dezember 1982 geborenen Marija B***** in mehreren Angriffen 1.) mit den Fingern in die Scheide griff, 2.) (gemeint: öfter, US 9 f) seinen Penis vorne an ihrer Scheide rieb und 3.) sie veranlasste, ihn mit der Hand zu befriedigen;
E.) außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an seinen unmündigen Töchtern vorgenommen, indem er
I.) im Zeitraum 1991 bis 30. April 1995 die am 30. April 1981 geborene Merima B***** in mehreren Angriffen 1.) am ganzen Körper streichelte und versuchte, seine Zunge in ihren Mund zu stecken, 2.) an den entwickelten Brüsten und an die Scheide griff und 3.) im Stehen und Liegen seinen Penis an ihrem Körper in Bauchhöhe bzw zwischen ihren Beinen bis zum Samenerguss rieb;
II.) im Zeitraum 1991 bis 26. Dezember 1996 der am 26. Dezember 1982 geborenen Marija B***** in mehreren Angriffen 1.) ober- und unterhalb der Kleidung an die Scheide und an die entwickelten Brüste griff, 2.) (entbehrlich:) sie am Hals leckte, ihr Zungenküsse gab und (entbehrlich:) Wangen sowie die entwickelten Brüste küsste, (entbehrlich:) um sich zu erregen, und 3.) im Liegen, aber auch im Stehen abwechselnd von vorne und hinten seinen Penis zwischen ihre Beine steckte und diesen dort bis zum Samenerguss rieb;
III.) der am 20. April 1985 geborenen Mira B***** 1.) im Jahr 1995 an die entwickelte Brust griff, sich in weiterer Folge auf sie legte, den Bauch und Brust streichelte und seinen Körper an ihrem Körper auf- und abrieb und 2.) im Jahre 1997 sich im Badezimmer hinter sie stellte und sein Glied an ihren Oberschenkeln rieb;
F.) seine minderjährigen Töchter zur Unzucht missbraucht, indem er
I.) im Zeitraum 30. April 1995 bis 14. November 1998 an der am 30. April 1981 geborenen Merima B***** die in Punkt D.) I.) 1.) und 2.), E.) I.) 1.) bis 3.) und
II.) an der am 26. Dezember 1982 geborenen Marija B***** 1.) im Zeitraum 26. Dezember 1996 bis 21. November 1998 die unter Punkt D.) II.) 1.) bis 3.) und E.) II.) 1.) bis 3.) inkriminierten Tathandlungen tätigte und 2.) nach dem 26. Dezember 1996 sie veranlasste, ihn oral zu befriedigen;
G.) seine Töchter durch gefährliche Drohung mit dem Tode und mit Gewalt zu einer Handlung genötigt, und zwar (zu ergänzen: I.) Marija B***** und Merima B***** zur Verweigerung der Aussage über deren sexuellen Missbrauch bei ihrer kontradiktorischen Vernehmung vor dem Landesgericht Wiener Neustadt, und zwar 1.) im September 1997 seine Tochter Merima durch die Worte: 'Ich komm eh raus aus dem Gefängnis, aber du niemals aus dem Grab' zur Verweigerung der Aussage vor Gericht am 13. Oktober 1997, 2.) im Dezember 1996 und September 1997 seine Tochter Marija durch die Worte: 'Ich werde dich umbringen, wenn du aussagst' und durch Versetzen von Schlägen zur Verweigerung der Aussage anlässlich ihrer Vernehmungen vom 12. Dezember 1996 und 13. Oktober 1997;
II.) im Zeitraum 1991 bis 21. November 1998 in mehreren Angriffen seine Tochter Marija B***** mit den Worten: 'Ich bring dich sonst gleich um' zum Schweigen über ihren Missbrauch bzw. seine Übergriffshandlungen."
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und (nominell) 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5), die Tatrichter hätten sich im angefochtenen Urteil (überhaupt) nicht mit den Aussagen der Töchter des Angeklagten als Zeuginnen in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt, ist aktenwidrig (US 20 ff), wogegen die weiteren Ausführungen zu diesem Nichtigkeitsgrund bei bloßer Behauptung nicht "gehöriger" Auseinandersetzung der Tatrichter mit den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Töchter die erforderliche deutliche und bestimmte Darstellung (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO) eines formalen Begründungsmangels vermissen lassen und sich in einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Anfechtung der Beweiswürdigung der Tatrichter erschöpfen.
Das Vorbringen zur Rechtsrüge (Z 9 lit a), die einen Vergleich der erstgerichtlichen Feststellungen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordert, enthält wiederum bloß eine unzulässige Anfechtung der tatrichterlichen Beweiswürdigung und lässt damit die prozessordnungsgemäße Ausführung vermissen.
Die zur Gänze erfolglose Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Bei den Schuldspruchfakten B 1 und 2 (in Hinsicht auf A 3 a und c [insoweit ident mit D II 1 und 3]) und D I des Urteils ist jedoch das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet worden:
Durch das mit 1. Oktober 1998 in Kraft getretene StRÄG 1998, BGBl I 1998/153, wurden (ua) die §§ 206 und 207 StGB geändert.
Da alle dem Angeklagten unter diesen Bestimmungen angelasteten Taten vor Inkrafttreten dieser Gesetzesnovelle begangen worden sind, ist bei jedem diesbezüglichen Faktum gesondert ein Günstigkeitsvergleich nach §§ 1, 61 StGB vorzunehmen (Leukauf/Steininger Komm3 § 61 RN 12, 15). Anders als § 206 Abs 1 StGB aF pönalisiert der neu geschaffene Tatbestand des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB nunmehr nicht nur das Unternehmen des Beischlafs mit einer unmündigen Person, sondern auch das Unternehmen dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen, wie sie dem Angeklagten unter den Schuldsprüchen B und D angelastet werden. Solche Taten waren vor der angeführten Gesetzesänderung nach § 207 Abs 1 StGB aF - einer im Sanktionenbereich günstigeren Bestimmung - strafbar. Daher wirkt sich die Subsumierung dieser Taten unter § 206 Abs 1 StGB nF zum Nachteil des Angeklagten aus.
Aus dem Schuldspruch wegen § 206 Abs 1 StGB haben demnach alle Sava B***** angelasteten Taten, die eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung betreffen, zu entfallen; diese sind (nur) nach § 207 Abs 1 StGB nF zu beurteilen und dieser Gesetzesstelle zu unterstellen.
Die aufgezeigte, vom Angeklagten ungerügt gebliebene und sich zu seinem Nachteil auswirkende materiellrechtliche Nichtigkeit (Z 10) zwingt zur Kassation der rechtlichen Unterstellung sowie demzufolge auch zur Aufhebung des Strafausspruches (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung) auf der Grundlage des § 290 Abs 1 StPO.
Hinsichtlich der Schuldsprüche C II und E bedarf es indes (ungeachtet der vor der in Rede stehenden Gesetzesänderung gelegene Tatzeit) keiner Korrektur, weil sich die zur Anwendung gebrachte neue Fassung des § 207 Abs 1 StGB angesichts der gleichen Strafdrohung des § 207 Abs 1 StGB aF in ihrer Gesamtheit nicht ungünstiger ausgewirkt hat (13 Os 149/99).
Bei der unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 206 Abs 1 StGB (Schuldspruch B 2 in Bezug auf A 3 b [ident mit D II 2]) vorzunehmenden Strafneubemessung waren als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten, als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen (teils gleicher, teils verschiedener Art) in Bezug auf insgesamt drei Opfer und die langen Deliktszeiträume zu werten.
Der Oberste Gerichtshof erachtete eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren für schuldangemessen.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
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