OGH 4Ob74/00m

OGH4Ob74/00m21.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl G*****, vertreten durch Brand Lang Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. W***** AG, *****, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, 2. Ö***** AG, *****, vertreten durch Ortner Pöch Foramitti, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 460.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 22. Dezember 1999, GZ 15 R 172/99w-16, womit der Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 23. Juli 1999, GZ 38 Cg 41/99m-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 19.845 S (darin 3.307,50 S USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 19.845 S (darin 3.307,50 S USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Erstbeklagte wurde im Jahr 1997 gegründet. Sie bewarb sich im Frühjahr 1998 um die Konzession zur Leitung und Verwaltung der Wiener Börse. Diese Konzession wurde ihr am 3. 4. 1998 erteilt; am 6. 4. 1998 nahm die Erstbeklagte ihre Tätigkeit als Börseunternehmen auf. Die Zweitbeklagte betreibt das an der Wiener Börse seit 28. 6. 1996 zur Abwicklung von Börsegeschäften verwendete Handelssystem EQOS im Auftrag und auf Rechnung der Erstbeklagten.

Der Kläger, der auch Präsident der Maklerkammer bei der Wiener Börse ist, wurde im September 1985 von der Vollversammlung der Wiener Börsekammer zum Sensal ernannt; diese Bestellung wurde vom Amt der Wiener Landesregierung im Oktober 1985 bestätigt. Der Kläger ist bis zum heutigen Tag als Sensal an der Wiener Börse tätig, ihm wurden die Aktien des amtlichen Handels zur Vermittlung zugewiesen.

Der größte Teil der Geschäfte an der Wiener Börse wurde früher über Vermittler geschlossen. Marktteilnehmer gaben ihre Aufträge zum An- oder Verkauf von Wertpapieren an Sensale im amtlichen Handel, freie Makler im geregelten Freiverkehr weiter; diese führten über die bei ihnen eingelangten Angebote Buch und fügten sodann die zueinander passenden Angebote zusammen, wodurch sich ein Kurs bildete. Teilweise ab 1989, zur Gänze ab 1994 war es für alle gehandelten Titel möglich, die Aufträge an die Vermittler direkt über das elektronische Handelssystem PATS (Partly Assisted Trading System) zu erteilen. Durch dieses Handelssystem wurde die Tätigkeit der Sensale insofern erleichtert, als die Order schneller zu ihnen gelangte. Die Sensale mussten aber weiterhin über die Angebote Buch führen und die entsprechenden Angebote miteinander verknüpfen. PATS war also nur ein System des Orderrouting, das die Notwendigkeit der Vermittlungstätigkeit der Börsesensale grundsätzlich unberührt ließ. Im Gegensatz dazu macht das Handelssystem EQOS (Electronic Quote and Order Driven System) die Tätigkeit eines Börsesensals überflüssig. Den Börseteilnehmern ist der Zugriff auf ein computergesteuertes System eröffnet, bei dem nach Eingabe der Order der Geschäftsabschluss ohne Einschaltung eines Vermittlers direkt erfolgt. EQOS sucht bei einer entsprechenden Ordereingabe automatisch die dazu passende Order von einem anderen Ordergeber und verknüpft die jeweils zusammenpassenden Offerte elektronisch. Rund 85 % aller Aktienumsätze an der Wiener Wertpapierbörse werden heute in Titeln getätigt, die in das Handelssystem EQOS einbezogen sind. EQOS soll Ende 1999 durch das System XETRA der Frankfurter Wertpapierbörse abgelöst werden. Börsesensalen ist es auch weiterhin gestattet, Geschäfte in Wertpapieren, die in das System EQOS einbezogen sind, zu vermitteln. Ab 1988 wurden alle neu tätig werdenden Sensale von der Wiener Börsekammer darüber informiert, dass die Möglichkeit der Einführung eines elektronischen Handelssystems und damit des Wegfalls ihrer Erwerbsmöglichkeit besteht. Von den zur Zeit fünf tätigen Sensalen haben drei schriftlich erklärt, diesen Umstand zur Kenntnis zu nehmen; nur der Kläger und ein weiterer Sensal haben eine derartige Erklärung nicht abgegeben.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragt der Kläger, mit einstweiliger Verfügung

1. der Erstbeklagten zu gebieten, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, ihre marktbeherrschende Stellung - insbesondere durch die Fassung ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) - so zu missbrauchen, dass dem Kläger durch das Verhalten der Erstbeklagten die Möglichkeit genommen werde, als für die Wiener Wertpapierbörse bestellter Sensal Wertpapiergeschäfte an der Wiener Wertpapierbörse zu vermitteln;

2. der Zweitbeklagten zu gebieten, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, ihre marktbeherrschende Stellung - insbesondere durch Verwendung eines entsprechenden Vermittlungsund/oder Routingsystems durch die Zweitbeklagte - so zu missbrauchen, dass dem Kläger durch das Verhalten der Zweitbeklagten die Möglichkeit genommen werde, als für die Wiener Wertpapierbörse bestellter Sensal Wertpapiergeschäfte an der Wiener Wertpapierbörse zu vermitteln;

3. der Erstbeklagten zu gebieten, jene Bestimmungen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beseitigen, durch welche dem Kläger die Möglichkeit genommen wird, als an der Wiener Wertpapierbörse ernannter Sensal Börsegeschäfte an der Wiener Wertpapierbörse zu vermitteln;

4. der Zweitbeklagten zu gebieten, das Routingsystem zu beseitigen, durch welches verhindert wird, daß der Kläger als an der Wiener Wertpapierbörse bestellter Sensal Wertpapiergeschäfte an der Wiener Wertpapierbörse vermitteln kann;

in eventu,

a) der Erstbeklagten zu gebieten, die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu unterlassen, durch die der Kläger gehindert werde, als für die Wiener Wertpapierbörse bestellter Sensal Wertpapiergeschäfte an der Wiener Wertpapierbörse zu vermitteln;

b) der Zweitbeklagten zu gebieten, es zu unterlassen, ein System, insbesondere Routingsystem, zur Erteilung von Wertpapierordern zu betreiben, durch das der Kläger gehindert werde, als für die Wiener Wertpapierbörse bestellter Sensal Wertpapiergeschäfte an der Wiener Wertpapierbörse zu vermitteln;

in eventu

c) den Beklagten zur ungeteilten Hand zu gebieten, ihr Zusammenwirken zu unterlassen, wodurch der Kläger gehindert wird, als für die Wiener Wertpapierbörse bestellter Sensal zum amtlichen Handel zugelassene Wertpapiere zu vermitteln.

Die Erstbeklagte habe ihre AGB sowie die Abwicklung des Handels durch technische Vorkehrungen bewusst so gestaltet, dass die Handelsströme ausschließlich in das von der Zweitbeklagten betriebene Handelssystem EQOS zu deren beider wirtschaftlichem Vorteil kanalisiert ("geroutet") würden. Der Kläger habe zu diesem Handelssystem keinen Zutritt und sei damit entgegen seiner Bestellung von der Vermittlung von Wertpapieren an der Börse ausgeschlossen. Ihm entstehe und drohe dadurch ein existenzbedrohender Nachteil. Das Verhalten der Beklagten verstoße als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vor allem gegen Art 82 EG (früher Art 86 EG-V), gegen österreichisches Kartellrecht und als Behinderungswettbewerb, Boykott und sittenwidrige Ausnützung einer Monopolstellung gegen UWG.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrags. Mit der Bestellung als Börsesensal sei zu keinem Zeitpunkt eine Umsatz- oder Geschäftsgarantie verbunden gewesen. Die Erstbeklagte sei verpflichtet, ein Handels- und Abwicklungssystem zu betreiben, das den Anforderungen eines zeitgemäßen Börsehandels genüge. § 56 Abs 1 BörseG erlaube den Handel durch ein automatisiertes Handelssystem. Die Börse unterliege der Aufsicht des Bundesministeriums für Finanzen und falle unter die kartellrechtliche Ausnahmebestimmung des § 5 KartG. Art 82 EG gelte dann nicht, wenn - wie hier - eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betroffen sei. Zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Ein wettbewerbswidriges Verhalten liege nicht vor.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Der Kläger ziele wirtschaftlich darauf ab, das Rad der Entwicklung für Börsengeschäfte zurückzudrehen. EQOS diene dem direkten Geschäftsabschluss zwischen Börsenmitgliedern und sehe eine Vermittlung von Börsengeschäften nicht vor. Es sei daher technisch unmöglich, dem Kläger die Vermittlung in einem vollautomatischen Handelssystem zu ermöglichen. Die vermittelnde Tätigkeit des Sensals werde daher nicht durch die AGB des Erstbeklagten, sondern durch das vollautomatische Handelssystem selbst verhindert, dessen technische Gegebenheiten in den AGB nur ihren Niederschlag fänden. Dem Begehren des Klägers zu entsprechen, würde bedeuten, dass EQOS funktionsuntüchtig gemacht werden müsste und XETRA nicht eingeführt werden könnte. Eine derartige Entscheidung bedeute jedoch einen Vorgriff auf das Ergebnis des Hauptverfahrens, dies sei im Sicherungsverfahren ausgeschlossen. Auch sei der Sicherungsantrag zu unbestimmt, weil im Fall seiner Stattgebung die Fragen, welches konkrete Verhalten die Erstbeklagte zu unterlassen habe, damit der Kläger als Sensal Wertpapiere an der Wiener Wertpapierbörse vermitteln könne, welche konkreten Bestimmungen der AGB die Erstbeklagte nicht verwenden und welche Systeme die Zweitbeklagte nicht einsetzen dürfe, in das Exekutionsverfahren verlagert würden.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zulässig sei. Die Einführung eines vollautomatisierten Handelssystems, bei welchem der Vermittler wegrationalisiert werde, sei durch das BörseG, das den Willen des Gesetzgebers unmissverständlich zum Ausdruck bringe, gedeckt. Der Kläger bekämpfe weder die Gültigkeit des Gesetzes noch behaupte er, dass ihm bei der unvermeidlichen (weitgehenden) Wegrationalisierung die Erstbeklagte als beliehenes Unternehmen oder die Zweitbeklagte ihm vermeidbare Rechtsnachteile zugefügt hätten. Aus prozessualer Sicht sei das angestrebte Verbot der Anwendung von EQOS (und eines allfälligen Nachfolgesystems) unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit unbedenklich.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, weil ein gleichartiger Sachverhalt noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs war; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger vertritt den Standpunkt, die Erstbeklagte habe als Art des Börsehandels den Handel einerseits durch ein automatisiertes Handelssystem, andererseits durch Vermittler bestimmt; es sei dann aber sittenwidrig, letztere durch Maßnahmen der Beklagten faktisch an der Vermittlung von Wertpapieren des Amtlichen Handels zu hindern. Dies widerspreche auch dem in § 26 Abs 1 BörseG angeordneten Gleichbehandlungsgebot aller Marktteilnehmer. Der Zweitbeklagten sei vorzuwerfen, EQOS so konzipiert zu haben, dass der Kläger nicht tätig werden könne. Die Beklagten verstießen als Monopolisten gegen gemeinschaftsrechtliche Wettbewerbsbestimmungen, indem sie den Kläger unter Ausnützung ihrer Marktmacht vom Markt verdrängten. Dazu ist zu erwägen:

Durch die Novelle BGBl I 1998/11 hat das BörseG 1989 eine grundlegende Umgestaltung erfahren. Die zuvor öffentlich-rechtliche Konstruktion des für den Börsebetrieb verantwortlichen Rechtsträgers "Börsekammer" wurde zugunsten eines Betriebs durch private Rechtsträger in Form eines Konzesssionssystems aufgegeben (§§ 2ff BörseG). Der Markt der Börse wird nunmehr vom Rechtsträger "Börseunternehmen" (seit April 1998 die Erstbeklagte) geleitet und verwaltet.

§ 56 Abs 1 BörseG ordnet an, dass das Börseunternehmen die Art des Börsehandels unter Bedachtnahme auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Börsehandel, die schutzwürdigen Interessen des anlagesuchenden Publikums, die Wirtschaftlichkeit, die Art der Handelsgegenstände und das Ausmaß der Umsätze bestimmt. Zulässig sind unter diesen Voraussetzungen insbesondere der Handel durch Vermittler, durch ein automatisiertes Handelssystem, durch Zuruf und durch verbindliche Nennung von An- und Verkaufspreis durch ein Börsemitglied (Market Maker). Auch die Verwendung mehrerer Handelsarten an einer Börse ist zulässig.

Die Materialien zur Regierungsvorlage (abgedruckt bei Weilinger, BörseG 77) führen dazu aus, dass an verschiedenen ausländischen Börsen automatisierte Handelssysteme bereits die Vermittler und den Börsesaal überflüssig gemacht haben (London, Kopenhagen); andere Börsen wollen derartige automatisierte Handelssysteme alternativ oder bloß zur Unterstützung der Vermittler einsetzen (zB Paris, Amsterdam). Das neue Börserecht soll es der Börse überlassen, welches der beiden Systeme sie einsetzt.

Das Börseunternehmen kann demnach grundsätzlich unter allen denkbaren Arten des Börsehandels wählen, wobei für die Ermessensausübung bestimmte Kriterien vorgegeben sind, es kann aber auch verschiedene Handelsarten gleichzeitig zulassen (Feuchtmüller/Lucius/Schaffer, BörseG 92).

Die Erstbeklagte hat im Zeitpunkt ihrer Einsetzung als Börseunternehmen das seit Juni 1996 an der Wiener Börse eingeführte automatisierte Handelssystem EQOS vorgefunden und sich für dessen Beibehaltung entschieden. Unbestritten blieb, dass daneben den Sensalen weiterhin ein im Börsegebäude befindlicher Raum zur Verfügung steht, in dem sie während der Börsezeit den Handel auch mit jenen Wertpapieren vermitteln können, die in EQOS einbezogen sind; die solcherart "händisch" vermittelten Geschäfte können sodann in das automatisiert durchgeführte Abwicklungssystem eingegeben werden. Den allein zum Börsehandel berechtigten Börsemitgliedern (Kalls/Puck in Aicher/Kalss/Oppitz, Grundfragen des neuen Börserechts 327) werden also von der Erstbeklagten (unter teilweiser Mitwirkung der Zweitbeklagten) an der Wertpapierbörse zwei Handelssysteme grundsätzlich gleichrangig zur Verfügung gestellt, wobei der Kläger nur an einem der beiden beteiligt ist. Dieser Zustand entspricht der Vorgabe des § 56 Abs 1 BörseG und ist demnach nicht gesetzwidrig.

Die Beklagten verstoßen aber auch nicht gegen § 26 Abs 1 BörseG:

Diese Bestimmung verlangt eine Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer (worunter weder der Kläger noch die Beklagten fallen) nach gerechten Regeln und richtet sich insbesondere gegen Insider- oder Scheingeschäfte zur Benachteiligung Dritter; ein an das Börseunternehmen gerichteter Auftrag, alles vorzukehren, damit verschiedene an der Börse nebeneinander bestehende Handelssysteme von den Marktteilnehmern auch gleichmäßig in Anspruch genommen werden, kann daraus hingegen nicht abgeleitet werden.

Der Kläger bekämpft den - seiner Behauptung nach bestehenden - faktischen Zustand, dass die Börsemitglieder die beiden an der Wiener Börse bestehenden Handelssysteme nicht gleichmäßig in Anspruch nehmen, sondern sich ausschließlich des automatisierten Handelssystems EQOS bedienten. Dass für diese Ungleichbehandlung (ihre Richtigkeit unterstellt) die Beklagten verantwortlich wären, ist nicht zu erkennen. Sensale sind zwar in das automatisierte Vermittlungssystem nicht einbezogen; dies liegt allerdings nicht an dessen besonderer Ausgestaltung im Einzelfall, sondern ist systembedingt, weil bei dieser Handelsart alle Aufträge direkt (also ohne Zwischenschaltung eines Vermittlers) über das Eingabegerät des Börsemitglieds abgesetzt werden (Kalss/Puck aaO 340). Die Börsemitglieder treffen dabei ihre Entscheidung, welches der beiden Handelssysteme sie sich bei der Abwicklung ihrer Geschäfte bedienen, selbständig im Rahmen ihrer Privatautonomie; dass die Beklagten auf diese Willensbildung mit unlauteren Mitteln Einfluss nähmen, hat der Kläger nicht behauptet.

Den Beklagten kann auch nicht vorgeworfen werden, ihre Marktmacht zum Nachteil des Klägers zu missbrauchen. Ein von den Beklagten zu verantwortender kartellrechtlicher Missbrauchtatbestand liegt - ohne auf das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen einzugehen - schon deshalb nicht vor, weil sich die Tätigkeit der Beklagten darin erschöpft, ihre Dienstleistungen (Leitung und Verwaltung der Börse bzw Betrieb eines automatisierten Börse-Handelssystems) ohne Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot auf dem Markt zu positionieren; ein über das bloße Auftreten auf dem Markt hinausgehendes Verhalten, das unter kartellrechtlichen (oder auch wettbewerbsrechtlichen) Gesichtspunkten bedenklich wäre (vgl dazu etwa die in § 35 KartG und Art 82 EG beispielsweise aufgezählten Fallgruppen), wird vom Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Die Erlangung und Behauptung einer marktbeherrschenden Stellung für sich allein ist aber keine vom Gesetz verpönte Verhaltensweise (Barfuss/Wollmann/Tahedl, Österreichisches Kartellrecht, 97). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH, wonach unter missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung nur solche Verhaltensweisen eines Unternehmens in beherrschender Stellung fallen, die die Struktur eines Markts beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des fraglichen Unternehmens bereits geschwächt ist, und die die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch die Verwendung von Mitteln behindern, welche von den Mitteln eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistung der Marktbürger abweichen (Nachweise bei Stockenhuber, Europäisches Kartellrecht, 95). Ein diesen Anforderungen entsprechendes Verhalten der Beklagten liegt nicht vor. Die Verwendung einer neuen Technik, die einen im allgemeinen Interesse liegenden technischen Fortschritt darstellt, kann nicht als Missbrauch betrachtet werden (EuGH Slg 1985, 873 ff - British Telecommunications, zitiert bei Tahedl, Der Missbrauch marktbeherrschender Stellung im österreichischen Kartellrecht, 182).

Der vom Kläger bekämpfte Zustand ist letzlich darin begründet, dass sich das nach Meinung der Marktteilnehmer für sie effizientere und günstigere Handelssystem EQOS auf dem Markt durchgesetzt hat. Die freie unternehmerische Entscheidung der Börsemitglieder für ein bestimmtes Handelssystem wirkt sich naturgemäß zu Lasten des damit in Konkurrenz stehenden Handelssystems, an dem der Kläger beteiligt ist, aus, ohne dass dieses sich auf dem Markt einstellende Ergebnis von den Beklagten unter Einsatz sitten- oder kartellrechtswidriger Mittel herbeigeführt worden wäre. Dem Revisionsrekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Ein Streitgenossenzuschlag gebührt gem § 15 RATG nur dann, wenn ein Rechtsanwalt in einer Rechtssache mehrere Personen vertritt oder mehreren Personen gegenübersteht; keiner dieser Fälle liegt hier vor.

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