OGH 5Ob40/00v

OGH5Ob40/00v29.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Franz Kurt C*****, vertreten durch Mag. Nadja Horvath, Mietervereinigung Österreichs, gegen die Antragsgegner 1. Maria O*****, 2. Oscar Gonzalez H*****, und 3. I***** GmbH & Co KG, ***** wegen § 37 Abs 1 Z 13 MRG über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17. Juni 1999, GZ 39 R 283/99b-12, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11. Mai 1999, GZ 41 Msch 19/99x-8, aufgehoben (abgeändert) wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, den Antragsgegnern die mit S 33,-

bestimmten Barauslagen für die Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Drittantragsgegnerin ist Minderheitseigentümerin der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus *****. Mit ihrem Miteigentumsanteil ist Wohnungseigentum an der Wohnung top 4 dieses Hauses verbunden. Diese Wohnung wurde 1976, lange vor Begründung des Wohnungseigentums an den Antragsteller vermietet.

Gegen eine Entscheidung der Schlichtungsstelle, mit der gemäß § 37 Abs 1 Z 13 MRG iVm § 45 MRG über Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge für die Wohnung top 4 abgesprochen wurde, hat die Hausverwalterin namens der drei Antragsgegner (die Mehrheitseigentümer des Hauses sind) das Gericht angerufen, war jedoch dazu nur von der Drittantragsgegnerin formell bevollmächtigt. Das Erstgericht wies deshalb die Anrufung zurück. Es war der Meinung, dass ein solcher Schritt eine Verwaltungshandlung sei, die nur von der Mehrheit der Miteigentümer gesetzt werden könne. An diesem Umstand ändere die nach dem Mietvertragsabschluss erfolgte Begründung von Wohnungseigentum nichts.

Das Rekursgericht bejahte hingegen die Legitimation der Drittantragsgegnerin zur Anrufung des Gerichtes, hob deshalb den erstgerichtlichen Beschluss auf und erteilte dem Erstgericht den Auftrag zur Einleitung und Fortsetzung des Mietrechtsverfahrens nach § 37 Abs 1 Z 13 MRG unter Abstandnahme vom herangezogenen Zurückweisungsgrund. Es ließ sich dabei von folgenden Erwägungen leiten:

Bei Abschluss eines Mietvertrages vor Begründung des Wohnungseigentums an der Liegenschaft komme es zu einem Vertragseintritt der neuen Miteigentümer und Wohnungseigentümer in das Mietverhältnis. Die Miteigentümer blieben für die Ansprüche des Mieters aus dem mit ihm abgeschlossenen "Altmietvertrag" weiterhin passiv legitimiert (vgl 5 Ob 446/97t). Der jeweilige Wohnungseigentümer könne jedoch nach der jüngsten Rechtsprechung, auch wenn er nur Mitvermieter ist, alle jene Rechte alleine geltend machen, die ihm die ausschließliche Nutzung "seines" Objektes ermöglichen. Er bedürfe hiezu weder der Zustimmung noch der Mitwirkung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft, weil sie ihm alle die ausschließliche Nutzung des Wohnungseigentumsobjektes sichernden Rechte bereits eingeräumt haben. Partei eines das vermietete Wohnungseigentumsobjekt betreffenden Verfahrens sei somit nicht der Miteigentümer allein, sondern alle Mit- bzw Wohnungseigentümer, als deren Vertreter der Nutzungsberechtigte auftritt (vgl 5 Ob 492/97g; 5 Ob 238/98f; RIS-Justiz RS0107643 und RS0109175).

Die Anrufung des Gerichts nach § 40 Abs 1 MRG stelle eine Verwaltungshandlung für die Eigentümergemeinschaft im Rahmen dieser Übertragung der Gestaltungsrechte dar, sodass entgegen der Ansicht des Erstgerichts die dem Wohnungseigentümer eingeräumten Nutzungsrechte und die ihm durch den Wohnungseigentumsbegründungsvertrag abgetretenen Gestaltungsrechte, von denen er alleine Gebrauch machen könne, auch die hier vorliegende Verwaltungshandlung umfasse.

Da die Drittantragsgegnerin - deren Vollmacht nachgewiesen wurde - Eigentümerin jenes Miteigentumsanteils ist, mit dem das Wohnungseigentum an der vom Antragsteller bewohnten Wohnung verbunden ist, reiche der Nachweis der Bevollmächtigung der einschreitenden Hausverwaltung durch die Drittantragsgegnerin für eine wirksame Anrufung des Gerichts im Sinne des § 40 Abs 1 MRG aus.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine einheitliche Rechtsprechung zum Umfang der schlüssig eingeräumten Verwaltungsrechte des einzelnen Wohnungseigentümers fehle.

Der Antragsteller, der die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses anstrebt, stellt im vorliegenden Revisionsrekurs die Rechtsansicht des Rekursgerichtes in Frage, dass die Legitimation des Wohnungseigentümers zur Anrufung des Gerichts bei Altmietverträgen - bei denen alle Miteigentümer des Hauses Vermieter geblieben sind - anders zu beurteilen sei als die eines schlichten Miteigentümers. Eine solche Verwaltungshandlung könne nach der Judikatur nur von der Mehrheit der Miteigentümer gesetzt werden. Gerade im gegenständlichen Fall eines Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 13 MRG sei daran fest zu halten, weil alle Miteigentümer für die Rückzahlung des EVB haften. Es gehe nicht um ein konkretes rechtliches Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers wie etwa bei der Kündigung des Mietvertrages; hier wolle der Mieter sämtliche Liegenschaftseigentümer in Anspruch nehmen.

Von den Antragsgegnern liegt dazu eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den rekursgerichtlichen Beschluss zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Richtig ist, dass die Anrufung des Gerichtes nach § 40 MRG als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung in der Regel durch die Mehrheit der Miteigentümer des Mietobjektes zu erfolgen hat, wenn die Eigentümergemeinschaft - wie im hier vorliegenden Fall eines Mietvertragsabschlusses vor Begründung von Wohnungseigentum - Vertragspartner des Mieters ist (MietSlg 48.433; MietSlg 48.434; vgl auch 5 Ob 446/97t = EWr I/40/16). Die mit der Begründung von Wohnungseigentum verbundene Übertragung der ausschließlichen Nutzungsbefugnisse an einem bestimmten Objekt lässt jedoch auch die korrespondierenden gemeinschaftlichen Verwaltungsbefugnisse auf den Wohnungseigentümer übergehen. Nach redlicher Verkehrsübung ist anzunehmen, dass sich die Partner eines Wohnungseigentumsvertrages im Zuge der gegenseitigen Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte auch darauf geeinigt haben, jeden Einzelnen mit der notwendigen Verwaltungsvollmacht zur Verwirklichung seines Nutzungsrechtes auszustatten, sofern die Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer nicht gefährdet sind.

Im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 13 MRG iVm § 45 MRG geht es, worauf schon Call hingewiesen hat (Mietrecht und Wohnungseigentum im MRG-Althaus, WoBl 1998, 161 [165]), primär um einen Interessenausgleich zwischen dem Mieter und demjenigen, der den Mietzins lukriert. Mögen sich auch alle Miteigentümer der Liegenschaft in der Rechtsposition des Vermieters befinden, betrifft das Verfahren also doch in erster Linie den Wohnungseigentümer der vermieteten Wohnung. Ihm kommt daher nach dem Gesagten die Verwaltungsvollmacht zu, Schritte zur Einleitung und Fortführung des Verfahrens zu setzen. Interessen der anderen Miteigentümer sind dadurch nicht gefährdet, da sie - wie schon das Rekursgericht zutreffend bemerkte - ohnehin dem Verfahren beizuziehen sind.

Zu Recht hat daher das Rekursgericht die Legitimation der Drittantragsgegnerin zur Anrufung des Gerichtes bejaht.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 Satz 2 MRG iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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