OGH 7Ob321/99b

OGH7Ob321/99b16.2.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine B*****, nunmehr vertreten durch Hausmaninger, Herbst, Wietrzyk Rechtsanwälte-Partnerschaft, in Wien, gegen die beklagte Partei T***** GmbH, *****, nunmehr vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Räumung (Streitwert S 24.000,--), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 8. Juni 1999, GZ 36 R 145/99p-12, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St. Peter in der Au vom 22. Jänner 1999, GZ 2 C 768/98w-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.655,68 (darin enthalten S 609,28 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin schloss als Pächterin eines Grundstücks in W***** mit der beklagten Partei mit schriftlicher "Einverständniserklärung/Mietvereinbarung" vom 8. 5./8. 6. 1998 einen Bestandvertrag betreffend eine Abstellfläche für einen Sammelcontainer zur Erfassung von Altkleidern und -schuhen beginnend ab Juni 1998 für die Dauer von drei Jahren ab. Sie verpflichtete sich, während der Vertragsdauer keine Sammelbehälter eines anderen Unternehmens auf ihrem Grundstück aufzustellen bzw aufstellen zu lassen. Als Entgelt wurde ein Gesamtbetrag von S 6.000,-- bei halbjährlicher Mietzahlung vereinbart. Der Vertrag enthält ua noch folgende Bestimmungen:" Der Vermieter wird von etwaigen Ansprüchen Dritter, die im Zusammenhang mit der Aufstellung des Sammelbehälters und der Sammlung von Altkleidern entstehen könnten, freigestellt. Die bedarfsgerechte Entleerung wird durch die Firma T***** GmbH veranlasst."

Vertragsgemäß stellte die Beklagte einen Sammelbehälter auf dem Grundstück der Klägerin auf.

In der Folge forderten die Gemeinde W***** und der Gemeindeverband für Umweltschutz in der Region A***** (im folgenden GVU A*****) die Klägerin auf, dafür Sorge zu tragen, dass der Behälter wieder entfernt werde. Die Sammlung von Alttextilien (Altstoffen) widerspreche § 9 Abs 1 und 2 des Niederösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes (NÖ AWG 1992); die Erfüllung der Vereinbarung der Streitteile durch die Klägerin könne daher als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- geahndet werden.

Daraufhin kündigte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 25. 6. 1998 die "Einverständniserklärung/Mietvereinbarung" fristlos "wegen Rechtswidrigkeit" auf und forderte sie gleichzeitig auf, den Sammelbehälter bis längstens 30. 6. 1998 zu entfernen.

Da die beklagte Partei dieser Aufforderung nicht Folge leistete, erhob die Klägerin das gegenständliche entsprechende Räumungsbegehren. Gemäß § 9 Abs 1 NÖ AWG seien Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte im "Pflichtbereich" (der durch die vom GVU Amstetten erlassene Abfallwirtschaftsverordnung festgelegt wird und in dem sich das gegenständliche Grundstück befindet) verpflichtet, Abfälle, zu denen gemäß § 3 Z 2 lit e leg cit auch Altstoffe wie "zB Papier, Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Textilien" gehörten, nur durch Einrichtungen der Gemeinde oder Einrichtungen, deren sich die Gemeinde bediene, erfassen und behandeln zu lassen. Das NÖ AWG gebe daher ausschließlich den Gemeinden das Recht, bzw gemäß § 9 Abs 3 leg cit auch die Pflicht, Abfälle zu erfassen und zu behandeln. Die Beklagte sei auf Grund des NÖ AWG nicht zur direkten Erfassung von Altstoffen wie zB Textilien und damit auch nicht zur Aufstellung eines Sammelbehälters auf dem Grundstück der Klägerin berechtigt. Wenn diese den Sammelbehälter weiterhin aufgestellt lasse, könne sie zumindest als Beitragstäterin nach den Strafbestimmungen des § 33 Abs 1 Z 2 und Z 14 NÖ AWG belangt werden. Ergänzende Regelungen zur dargestellten Gesetzeslagen seien in § 4 Abs 2 und 3 der Abfallwirtschaftsverordnung des GVU A***** enthalten. Weil die "Einverständniserklärung/ Mietvereinbarung" gegen verwaltungsbehördliche Strafbestimmungen verstoße, sei sie gemäß § 879 Abs 1 ABGB von Anfang an nichtig gewesen. Jedenfalls liege aber im Hinblick auf das Strafrisiko für die Klägerin, verbunden mit der Unzulässigkeit der Tätigkeit der Beklagten, die nicht über die notwendige Gewerbeberechtigung verfüge, ein wichtiger Grund vor, der die Klägerin zur Kündigung der Vereinbarung mit sofortiger Wirkung berechtige.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Räumungsbegehrens und wendete ein, das Verhalten der Klägerin sei verwaltungsrechtlich nicht strafbar. Strafbar könnte sich die Klägerin, wenn überhaupt, nur dann machen, wenn sie selbst Altstoffe in einem nicht von der Gemeinde genehmigten Sammelcontainer einbringe. Im übrigen widerspreche das vom NÖ AWG vorgesehene Monopol für die Erfassung und Behandlung von Alttextilien den Wettbewerbsbestimmungen der Art 81 ff EGV (nach der Zitierweise des EuGH lt ABl Nr. C 246 vom 28. 8. 1999: Art 81 ff EG).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Abfallbegriff nach dem NÖ AWG bedürfe einer berichtigenden und ergänzenden Auslegung. Wenngleich § 3 Z 2 lit e leg cit auch Textilien zu den Altstoffen zähle, könnten darunter nicht alle gebrauchten Textilien verstanden werden, sondern nur unbrauchbare und wertlose. Dies ergebe sich einerseits aus einem Vergleich mit den anderen unter § 3 Z 2 leg cit angeführten Abfallarten und andererseits daraus, dass anderenfalls jede Altkleidersammlung durch karitative Unternehmen bzw jedes Überlassen von gebrauchten Kleidern an andere Personen unzulässig wäre. Nichtig sei die Vereinbarung selbst dann nicht, wenn man jedes Sammeln von Altkleidern und -schuhen als ein Erfassen und Behandeln von Abfall iSd NÖ AWG ansehen wollte, denn es sei durchaus denkbar, dass die Beklagte im Sinne des § 9 Abs 1 NÖ AWG von der Gemeinde W***** als Einrichtung zur Erfassung und Behandlung von Abfall herangezogen werde. Wer zur Ausübung einer bestimmten, an sich zulässigen Tätigkeit ein Grundstück miete, habe sich selbst um die Erlangung der allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen zu kümmern. Der Abschluss von Bestandverträgen verstoße gegen kein Gebot des NÖ AWG. Sollte die Beklagte auf dem gemieteten Grundstück tatsächlich eine verwaltungsstrafrechtlich verbotene Tätigkeit ausüben, so habe sie dies selbst zu verantworten. Ein das Aufstellen des Sammelbehälters untersagender rechtskräftiger Bescheid sei bisher nicht erlassen worden. Es liege ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Mietvertrag über eine unbewegliche Sache vor, den die Klägerin mangels eines wichtigen Grundes iSd § 1118 ABGB weder aufkündigen noch vorzeitig auflösen könne.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, dass es dem Räumungsbegehren stattgab, wobei es die Erhebung der ordentlichen Revision für zulässig erklärte.

Dem Erstgericht sei darin beizupflichten, dass der gegenständliche Bestandvertrag nicht gesetzeswidrig sei. Das NÖ AWG enthalte keine Bestimmung, wonach bereits der Vertragsabschluss als nichtig zu qualifizieren wäre.

Die Klägerin sei aber zur Vertragsauflösung aus wichtigem Grund gemäß § 1118 erster Fall ABGB berechtigt. Unter einem erheblich nachteiligen Gebrauch sei jedes Verhalten des Vertragspartners zu verstehen, das die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar mache. Darunter falle zB eine ordnungswidrige Verwendung des Bestandobjekts, wenn deshalb dem Bestandgeber schon eine Verwaltungsstrafe drohe. Verstöße gegen zwingende gesetzliche und zudem mit Verwaltungsstrafsanktionen verbundene Bestimmungen des Abfallwirtschaftsrechtes dürften nicht gebilligt werden und müssten demnach auch auf privatrechtliche Dispositionen durchschlagen. Der Umstand, dass die Beklagte keine Einbindung in das gesetzlich vorgegebene System der Erfassung und Behandlung von Textilabfällen im "Pflichtbereich" erwirken habe können, bilde einen erheblichen nachteiligen Gebrauch, der der Klägerin die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar mache und sie zur Vertragsaufhebung gemäß § 1118 ABGB erster Fall berechtige. Gemäß § 3 Z 1 NÖ AWG seien Abfälle im Sinne dieses Gesetzes bewegliche Sachen, deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen wolle oder entledigt habe oder deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse geboten sei. Zu den Abfallarten gehörten gemäß § 3 Z 2 lit e leg cit unter anderem Altstoffe, ds Abfälle, die einer zulässigen Verwendung oder Verwertung zugeführt würden oder zuzuführen seien (zB Papier, Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Textilien). Gemäß § 9 Abs 1 leg cit seien im Pflichtbereich die Grundstückseigentümer bzw Nutzungsberechtigten verpflichtet, Abfälle nur durch Einrichtungen der Gemeinde, oder deren sich die Gemeinde bediene, erfassen und behandeln zu lassen. Die Gemeinden hätten nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes für die Erfassung und Behandlung der Abfälle zu sorgen und Einrichtungen zu schaffen oder anzubieten (§ 9 Abs 3 leg cit), wobei unter Erfassung jedes Zuführen von Abfällen zu einer Behandlung, insbesondere die Abholung, die Abfuhr und die vorübergehende Lagerung von Abfällen zu verstehen sei (§ 3 Z 3 leg cit). Zufolge der gemäß § 28 leg cit erlassenen Abfallwirtschaftsverordnung des GVU A***** umfasse der Pflichtbereich alle Grundstücke, auf denen gewöhnlich Abfall anfallen könne, ua auch die Gemeinde W***** (§ 2 Teilgebiet III). In § 4 Abs 3 lit d der zitierten Verordnung werde hinsichtlich der Erfassung und Behandlung von Abfällen für Alttextilien verfügt, dass bei diversen Altstoff-Sammelinseln Container aufgestellt sind und die Standorte ortsüblich verlautbart werden. Nach § 33 Abs 1 Z 2 und 14 NÖ AWG begehe eine Verwaltungsübertretung, wer im Pflichtbereich Abfälle nicht durch Einrichtungen der Gemeinde erfassen und behandeln lässt und Bestimmungen der Abfallwirtschaftsverordnung der Gemeinde zuwiderhandelt. Schon nach dem Gesetzes- und Verordnungstext könne kein Zweifel daran bestehen, dass auch die in der streitgegenständlichen Vereinbarung angesprochenen "Altkleider und -schuhe" als "Alttextilien" dem Abfallbegriff unterlägen. Auf den wirtschaftlichen Wert der weggegebenen Sachen komme es entgegen der Auffassung des Erstgerichtes nicht an. "Entledigung" sei eine Handlung, die darauf abziele, einen Stoff oder Gegenstand einer Verwertung oder Beseitigung zuzuführen. Diese Handlung könne freiwillig gesetzt (subjektiver Abfall) oder aber erzwungen werden (objektiver Abfall). Dieses weite Verständnis von Entledigung decke sich mit der Rechtsprechung des EuGH, der schon vor der Änderung der RL 75/442/EWG durch die RL 91/156/EWG ausgesprochen habe, dass der Begriff "Abfälle" ganz allgemein Stoffe und Gegenstände betreffe, deren sich der Besitzer entledige, ohne dass nach dessen Absicht unterschieden würde. Dass der Besitzer, der sich eines Stoffes oder Gegenstandes entledige, dessen wirtschaftliche Wiederverwendung durch andere ausschließen wolle, sei für die Annahme, dass dadurch Abfall anfalle, nicht erforderlich. Ebensowenig schade die tatsächliche Eignung eines Stoffes oder Gegenstandes zur wirtschaftlichen Wiederverwendung der Abfalleigenschaft; im Gegenteil: ein nationaler Abfallbegriff, der wiederverwendbare Stoffe und Gegenstände nicht erfasse, sei mit den RL 74/442/EWG und 78/319/EWG nicht vereinbar. In den Erwägungsgründen der neuen RL 91/156/EWG werde es sogar für wünschenswert gehalten "die Rückführung und Wiederverwendung von Abfällen als Rohstoffe zu fördern"; außerdem werde die Erlassung "besonderer Vorschriften über wiederverwendbare Abfälle" angekündigt. Abfall (im subjektiven Sinn) sei also jeder Stoff und jeder Gegenstand, der einer Abfallgruppe unterfalle und den der Besitzer "von seiner ursprünglichen Zweckbestimmung freimache, um ihn zu verwerten oder zu beseitigen". In diesem Sinne sei bereits ausgesprochen worden, dass auch Altpapier und Altglas Abfalleigenschaft aufweise. Einer Wertung als Abfall stehe nicht entgegen, dass Altpapier in geordneter und organisierter Weise gesammelt und der Wiederverwertung zugeführt werde. Bereits daraus folge, dass die abgeschlossene Beseitigungskette keinesfalls gegen die Abfalleigenschaft eingewendet werden könne. Auch Altglas stelle als "Altstoff" (§ 2 Abs 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 - AWG) "Abfall" im Sinne von § 2 AWG dar, wobei die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Z 2 AWG (objektiver Abfallbegriff) nicht geprüft zu werden bräuchten, wenn jene des § 2 Abs 1 Z 1 AWG (subjektiver Abfallbegriff) erfüllt seien, was bei einer Verbringung zur Verwertung der Fall sei. Die von den Streitteilen als Vertragszweck vereinbarte "exklusive Erfassung von Altkleidern und -schuhen über ein spezielles Containersystem" verstoße daher gegen die Bestimmungen des NÖ AWG sowie der Abfallwirtschaftsverordnung des GVU A*****. Soferne die Klägerin nicht ohnedies als unmittelbare Täterin der Straftatbestände nach § 33 Abs 1 Z 2 und 14 NÖ AWG in Betracht komme, laufe sie jedenfalls Gefahr, als Beitragstäterin verfolgt zu werden. Das NÖ AWG verstoße nicht gegen die Wettbewerbsbestimmungen der Art 85 ff EG-Vertrag (jetzt Art 81 ff EG), weil die nationale Regelung nur einen nationalen Bewerber betreffe und überdies sogar die bereits zitierte Abfall-RL ausdrücklich vorsehe, dass die Mitgliedstaaten die zuständigen Behörden einzusetzen und zu bestimmen hätten, die damit beauftragt seien, in einem bestimmten Gebiet die Maßnahmen zur Abfallbeseitigung zu planen, zu organisieren, zu genehmigen und zu überwachen und dass weiters die zur Beseitigung der Abfälle berechtigten natürlichen oder juristischen Personen vorgegeben werden könnten (die wiederum der Überwachung durch die zuständigen Behörden unterlägen).

Zur Begründung seines Zulassungsausspruches führte das Berufungsgericht aus, nach der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei noch nicht geklärt, ob und inwieweit auch Alttextilien dem Abfallbegriff des NÖ AWG unterlägen und inwieweit Verstöße gegen das Abfallwirtschaftsrecht im Zusammenhang mit der Alttextilverwertung auf privatrechtliche Vereinbarungen, insbesondere auf Standflächenvermietungen, durchschlügen.

Von der beklagten Partei wird mit der Revision, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht, die Wiederherstellung des Ersturteils angestrebt. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen oder als unberechtigt zu verwerfen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, dass die gegenständliche Rechtssache als Streit über die Auflösung eines Bestandvertrages (Außerstreitstellung AS 32) entgegen der Meinung der Revisionsgegnerin § 502 Abs 5 Z 2 ZPO unterfällt und daher keiner wertmäßigen Revisionsbeschränkung nach Abs 2 (und 3) der genannten gesetzlichen Bestimmung unterliegt.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Sammlung von Altkleidern und -schuhen auf dem von der Klägerin gepachteten Grundstück verstoße gegen § 9 Abs 1 NÖ AWG und die Klägerin laufe Gefahr, als Beitragstäter gemäß § 33 Abs 1 leg cit von der Verwaltungsbehörde bestraft zu werden, weshalb ein Kündigungsgrund iSd § 1118 ABGB vorliege, ist aus folgenden Erwägungen zu billigen:

Ein nachteiliger Gebrauch iSd § 1118 erster Fall ABGB liegt in der wiederholten, länger währenden vertragswidrigen Benützung des Bestandgegenstandes oder in der Unterlassung notwendiger Vorkehrungen, sofern hiedurch wichtige Interessen des Bestandgebers verletzt werden oder die Substanz des Bestandgegenstandes erheblich beeinträchtigt wird (vgl MietSlg 34.260 uva). Der nachteilige Gebrauch muss nicht in einer Beschädigung der Bestandsache zum Ausdruck kommen; er ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn wirtschaftliche oder sonstige wichtige Interessen des Bestandgebers durch die Art der Benützung geschädigt oder gefährdet werden (MietSlg 40.168 uva). Dass beim Bestandgeber bereits ein Schaden eingetreten sei, ist nicht Voraussetzung (vgl MietSlg 23.183; MietSlg 40.168 ua). Im Sinne der stRsp ist ein nachteiliger Gebrauch des Bestandgegenstandes ua auch dann gegeben, wenn der Bestandnehmer einen widmungswidrigen Zustand schafft, durch den wichtige Interessen des Bestandgebers beeinträchtigt werden. So kann etwa, da der Bestandgeber gegenüber der Bau- und Feuerpolizei für die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und Auflagen verantwortlich ist, auch durch bauordnungswidrige oder feuerpolizeiwidrige Einrichtungen oder Unterlassungen eine erhebliche Verletzung der Interessen des Bestandgebers eintreten (vgl MietSlg 40.168; MietSlg 42.131). Ob ein erheblich nachteiliger Gebrauch vorliegt, ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (vgl MietSlg 15.287; MietSlg 24.167; SZ 48/132; RZ 1982/19 ua).

Bereits zu 5 Ob 18/61 = MietSlg 8671 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass eine widmungswidrige Verwendung des Bestandobjekts durch den Mieter (dort die Verwendung eines konsensmäßig als Garage gewidmeten Raumes als Lebensmittelgeschäft) insbesondere dann einen erheblichen nachteiligen Gebrauch und damit einen Auflösungsgrund iSd § 1118 ABGB darstellen könne, wenn dem Vermieter wegen der widmungswidrigen Verwendung des Bestandobjekts schon die Verhängung von Verwaltungsstrafen angedroht wurde (vgl SZ 23/124; SZ 31/158; MietSlg 4998). Allerdings sei der Vermieter, der selbst das Bestandobjekt zu einem widmungswidrigen Gebrauch vermietet habe, nicht ohne weiteres berechtigt, den Auftrag der Verwaltungsbehörde, das Bestandobjekt der konsensmäßigen Widmung zuzuführen, dem Mieter gegenüber als Vertragsauflösungsgrund geltend zu machen. Denn in diesem Fall gehe im Verhältnis zwischen dem Vermieter und dem Mieter die vertragliche Regelung vor, der zufolge der Bestandgeber gemäß § 1096 ABGB verpflichtet sei, dem Bestandnehmer den bedungenen Gebrauch zu verschaffen und zu sichern. Ergebe sich aus dem Bescheid der Verwaltungsbehörde, dass eine Widmungsänderung Garage-Lebensmittelgeschäft nur wegen des Fehlens eines Aborts abgelehnt wurde, sei der Vermieter demnach verpflichtet, dem Mieter eine Klosettanlage einzurichten oder ihm den Zutritt zu einem im Haus vorhandenen Abort zu ermöglichen.

Im vorliegenden Fall wurde zwischen den Streitteilen im Bestandvertrag eine gegen eine gesetzliche Bestimmung verstoßende Widmung vorgenommen. Hier besteht für die Klägerin als Vermieterin keine Möglichkeit, der beklagten Partei durch eine entsprechende Maßnahme eine widmungsgemäße Benützung des Bestandobjekts zu ermöglichen. Vielmehr wäre es an der beklagten Partei gelegen, einen entsprechenden Behördenauftrag zur Entsorgung von Altkleidern und -schuhen zu bekommen. Bemühungen in diese Richtung wurden von der beklagten Partei aber nicht einmal behauptet. Die Beklagte steht vielmehr auf dem Standpunkt, auch ohne einen solchen Auftrag zur Entsorgung von Altkleidern und -schuhen berechtigt zu sein. Da dies - wie noch zu zeigen sein wird - allerdings nicht zutrifft, ist der Ansicht des Berufungsgerichtes beizutreten, die Klägerin laufe Gefahr, sich als Beitragstäter nach § 33 NÖ AWG strafbar zu machen, weshalb ein wichtiger Grund vorliege, der die Klägerin gemäß § 1118 ABGB zur Kündigung berechtige.

Die beklagte Partei versucht in der Revision ausführlich darzulegen, dass die Klägerin verwaltungsbehördliche Sanktionen (letztlich) nicht zu befürchten habe, da Altkleider und -schuhe kein Abfall im Sinne der RL 75/442/EWG des Rates vom 15. 7. 1975 über Abfälle seien. Dies schlage auf die nationale Regelung insofern durch, als die gemeinschaftsrechtliche Auslegung des Abfallbegriffs maßgeblich sei. Aber selbst wenn Altkleider und -schuhe als Abfall anzusehen wären, sei ein Verstoß gegen § 9 Abs 1 NÖ AWG bzw § 4 Abs 2 und 3 lit d der Abfallwirtschaftsverordnung des Gemeindeverbands für Umweltschutz in der Region A***** (Blg G) unbeachtlich, weil diese Bestimmungen den wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen der Art 81 ff EG bzw dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit nach den Art 28 ff EG widersprächen.

Beide Einwände sind nicht stichhältig:

Eine einheitliche Definition von Abfall existiert im Gemeinschaftsrecht nicht (Breier/Vygen in Lenz, EG-Vertrag Komm2 Rz 41 zu Vorbem Art 174 - 176). Nachdem lange Zeit umstritten war, ob die Abfallverbringung dem Gebot des freien Warenverkehrs Art 28 EG (früher Art 30 ff EG-Vertrag) oder dem Dienstleistungsrecht Art 49 EG (früher Art 59 ff EG-Vertrag) unterliegt, hat der EuGH immerhin für das Primärrecht insoweit eine einheitliche Einordnung vorgenommen, als er Abfälle generell als Waren iSd Art 28 EG behandelt, da sie entweder einen eigenen Handelswert hätten oder im Hinblick auf Handelsgeschäfte verbracht würden (EuGH, C-2/90 , Kommission/Belgien Slg 1992, I-4431; für Altöle und Schlachtabfälle bereits Rs. 172/82, Syndicat national des fabricants raffineurs ua/Inter Huiles, Slg 1983, 555; Rs. 296/82, Rhone Alpes Huiles/Syndicat national des fabricants raffineurs ua, Slg 1984, 575; Rs. 173/83, Kommission/Frankreich, Slg 1985, 491; Rs. 240/83, Procureur de la Republique/ADBHU, Slg 1985, 531; Rs. 118/86, Openbaav Ministerie/Neutsvoederfabriek Nederland BV, Slg 1987, 3883). Im sekundären gemeinschaftlichen Abfallrecht werden unterschiedliche Definitionen für Abfall verwendet. Gemäß Art 1 Buchstabe a) der RL 91/156/EWG vom 18. 3. 1991 über Abfälle (ABl nr 78,32 vom 26. 3. 1991) sind Abfälle "alle Stoffe und Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführte Gruppe fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss". Nach Auffassung des EuGH sind Abfälle auch "Stoffe und Gegenstände, die zur Wiederverwertung geeignet sind"; der Abfallbegriff setze nicht voraus, dass der Besitzer, der sich eines Stoffes oder eines Gegenstandes entledige, dessen wirtschaftliche Wiederverwendung durch andere ausschließen wolle (EuGH, C-206, 207/88, Strafverfahren gegen G. Vessoso und E. Zanetti, Slg 1990, I-1461/1477; C-359/88 , Strafverfahren gegen E. Zanetti, Slg 1990, I-1509/1522; C-422/92 , Kommission/Deutschland, Slg 1995, I-1097; C-304/94 ; Tombesi ua, Slg 1997, I-3561; C-129/96 , Inter-Environment Wallonie, Slg 1997, I-7411). Der Abfallbegriff der RL 91/156/EWG wurde in Art 2a der VO (EWG) NR. 259/93 vom 1. 2. 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABl 1993 L 30, 1) übernommen. Auch die RL 91/689/EWG vom 12. 12. 1991 über gefährliche Abfälle (ABl 377, 20) übernimmt den allgemeinen Abfallbegriff, grenzt die gefährlichen Abfälle aber auf im Anhang enumerativ (also aufzählend) aufgeführte Stoffe oder Materialien ein (Breier/Vygen aaO). In der Entscheidung der Kommisson vom 20. 12. 1993 über ein Abfallverzeichnis gemäß Art 1 Buchstabe a) der RL 75/442/EWG des Rates über Abfälle 94/3/EG heisst es ua, dass der damit erstellte "Europäische Abfallkatalog (EWC)" für alle Abfälle gelte, ungeachtet dessen, ob sie zur Beseitigung oder zur Verwertung bestimmt seien. Der EWC sei ein harmonisiertes, nicht erschöpfendes Verzeichnis von Abfällen, dh ein Verzeichnis, das gemäß dem Ausschussverfahren regelmäßig überprüft und gegebenenfalls geändert werde. Die Aufnahme eines Stoffes in den EWC bedeute jedoch nicht, dass es sich bei diesem Stoff unter allen Umständen um Abfall handle. Der Eintrag sei nur dann von Belang, wenn die Definition von Abfall in Art 1 Buchstabe a) der RL 75/442/EWG zutreffe. Wie die Klägerin in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend ausführt, finden sich im genannten Abfallverzeichnis die Bezeichnungen "Bekleidung" und "Textilien".

Nach § 3 NÖ AWG gelten im Sinne dieses Gesetzes als: "1.) Abfälle:

Bewegliche Sachen, deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat oder deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse geboten ist. Eine Erfassung und Behandlung ist im öffentlichen Interesse so lange nicht geboten, als eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist, in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht oder nach dem Ende ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung im unmittelbaren Bereich des Haushaltes bzw der Betriebsstätte auf eine zulässige Weise verwendet oder verwertet wird.

...

2.) Abfallarten:

....

e.) Altstoffe:

Abfälle, die einer zulässigen Verwendung oder Verwertung zugeführt werden oder zuzuführen sind (zB Papier, Pappe, Glas, Metall, Kunststoff, Textilien)."

Der Meinung des Berufungsgerichtes, auf dessen eingehende Ausführungen zum (objektiven und subjektiven) Abfallbegriff verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO), dass nach dem eben auszugsweise wiedergegebenen Wortlaut des § 3 NÖ AWG (der sich mit der Definition in der RL 91/156 grundsätzlich deckt) Altkleider und -schuhe, deren man sich entledigen will und daher - allenfalls auch in Erwartung einer Wiederverwertung - in einen Sammelcontainer wirft, Abfall darstellen, wird von der Revision ohnehin nicht widersprochen. Davon, dass unter gemeinschaftsrechtlichen Aspekten aber, wie die Beklagte meint, Art 3 NÖ AWG einschränkend dahin auszulegen wäre, dass solche Altkleider und -schuhe nicht mehr unter den Begriff der Abfälle zu subsumieren wären, kann nach der eben dargestellten Rechtslage keine Rede sein. Ein in diesem Zusammenhang von der Revisionswerberin angeregtes Vorabentscheidungsverfahren ist daher nicht erforderlich.

Da der Abfallbegriff des § 2 des Bundesgesetzes vom 6. 6. 1990 über die Vermeidung und Behandlung von Abfällen (BGBl Nr 325/1990 - AWG), wie die Klägerin selbst einräumen muss, mit jenem des obzitierten § 3 NÖ AWG im Wesentlichen wortgleich ist, ist nicht erfindlich, worauf der von der Revision noch erhobene Einwand zielt, das Bundesrecht überlagere bzw verdränge das NÖ AWG.

Aber auch der weitere Einwand, wonach § 9 Abs 1 Satz 1 NÖ AWG und § 4 Abs 2 AWVO der GVU A***** (Blg G) mit dem Gemeinschaftsrecht in Widerspruch stünden, geht ins Leere. Die bereits mehrfach erwähnte RL 75/442/EWG des Rates vom 15. 7. 1975 über Abfälle fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zur Vermeidung und Wiederverwendung von Abfall zu ergreifen sowie Abfallbeseitigungspläne aufzustellen. Es wurde die Einführung eines Genehmigungsverfahrens für diejenigen Unternehmen oder Anlagen vorgesehen, die für andere Abfälle aufbereiten, lagern oder ablagern. Die Genehmigung wird von der zuständigen Behörde erteilt und kann nicht durch die Zustimmung des Eigentümers ersetzt werden, auf dessen Grundstück die Abfälle abgelagert werden (EuGH, Rs. 372-374/85, Strafsache gegen O. Traen ua, Slg 1987, 2141, 2157). Am 1. 4. 1993 trat die auf Art 130s EG-Vertrag (jetzt Art 157 EG) gestützte ÄnderungsRL 91/156/EWG vom 18. 3. 1991 (ABl, nr L 78, 32) in Kraft, mit der die RL 75/442/EWG novelliert wurde. Danach sind die Mitgliedstaaten zum Aufbau einer ausreichenden Entsorgungsinfrastruktur verpflichtet mit dem Ziel einzelstaatlicher Entsorgungsautarkie. Abfall soll grundsätzlich möglichst in der Nähe des Ortes beseitigt werden, an dem er anfällt (Krämer in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Komm EU-/EG-Vertrag5 Vorbem zu Art 130v bis 130t, Rz 53). Nach Auffassung des EuGH, C-203/96 , Chemische Avfallstoffen Dusseldorp ua/Minister Volkshuisvesting, Slg 1998, I-4075, Rn 25 ff, sieht die RL aber nicht die Anwendung der Grundsätze der Entsorgungsautarkie und der Nähe auf die zur Verwertung bestimmten Abfälle vor (Breier/Vygen aaO Rz 44). Der EuGH hat in seinem Urteil C-155/91 , Kommission/Rat, Slg 1993, I-939 klargestellt, dass "die RL 91/156 über Abfälle bezweckt, die Bewirtschaftung von Industrie- und Haushaltsabfällen im Einklang mit den Erfordernissen des Umweltschutzes sicherzustellen". Zwar sind Abfälle, seien sie rückführbar oder nicht, als Erzeugnisse anzusehen, deren Verkehr gemäß Art 30 des Vertrages (jetzt Art 28 EG) grundsätzlich nicht verhindert werden darf, doch ist diese Richtlinie nicht darauf gerichtet, den freien Verkehr von Abfällen zu verwirklichen; sie führt vielmehr den in Art 130r Abs 2 des Vertrages (nunmehr Art 174 EG) für die Umweltpolitik der Gemeinschaft aufgestellten Grundsatz durch, dass Umweltbeeinträchtigungen nach Möglichkeit an ihrem Ursprung zu bekämpfen sind. Demgemäß konnte die Richtlinie rechtsgültig auf der Grundlage von Art 130s des Vertrages (jetzt Art 175 EG) allein erlassen werden." Art 5 und 6 der RL 75/442/EWG des Rates vom 15. 7. 1975 über Abfälle lauten:

Art 5

Die Mitgliedstaaten setzen die zuständige(n) Behörde(n) ein, die damit beauftragt ist (sind), in einem bestimmten Gebiet die Maßnahmen zur Abfallbeseitigung zu planen, zu organisieren, zu genehmigen und zu überwachen oder bestimmen diese Behörde(n).

Art 6

Die in Art 5 genannte(n) zuständige(n) Behörde(n) erstellt (erstellen) sobald wie möglich einen Plan bzw Pläne, der (die) insbesondere folgendes umfasst (umfassen):

In diesem Plan bzw diesen Plänen können beispielsweise angegeben sein:

Art 6, 7, 8 und 9 der RL 91/156/EWG des Rates vom 18. 3. 1991 zur Änderung der RL 75/442/EWG über Abfälle lauten (auszugsweise):

Art 6

Die Mitgliedstaaten schaffen oder benennen die zuständige(n) Behörde(n), deren Auftrag es ist, die Bestimmungen dieser Richtlinie durchzuführen.

Art 7

(1) Zur Verwirklichung der Ziele der Art 3, 4 und 5 erstellt (erstellen) die in Art 6 genannte(n) zuständige(n) Behörde(n) sobald wie möglich einen oder mehrere Abfallbewirtschaftungspläne. Diese Pläne umfassen insbesondere folgendes:

In diesen Plänen können beispielsweise angegebenen sein:

...

(3) Die Mitgliedstaaten können die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um das Verbringen von Abfällen, dass ihren Abfallbewirtschaftungsplänen nicht entspricht, zu unterbinden. Sie teilen der Kommission und den Mitgliedstaaten derartige Maßnahmen mit.

Art 8

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Vorkehrungen, damit jeder Besitzer von Abfällen

Art 9

(1) Für die Zwecke der Art 4, 5 und 7 bedürfen alle Anlagen oder Unternehmen, die die in Anhang II A genannten Maßnahmen durchführen, einer Genehmigung durch die in Art 6 genannte zuständige Behörde. Diese Genehmigung erstreckt sich insbesondere auf

....

Österreich und im speziellen Niederösterreich hat die RL 75/442/EWG bzw 91/156/EWG über Abfälle durch das Abfallwirtschaftsgesetz (BGBl Nr 325/1990) bzw das NÖ AWG 1992 umgesetzt, wobei insbesondere auch den eben zitierten Artikeln entsprochen wurde. § 9 Abs 1 NÖ AWG sieht vor, dass die Grundstückseigentümer bzw Nutzungsberechtigten im sogenannten Pflichtbereich (di gemäß § 3 Z 9 NÖ AWG jener Bereich einer Gemeinde, für den eine Abfallerfassung eingerichtet ist) verpflichtet sind, Abfälle - mit hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen - nur durch Einrichtungen der Gemeinde, oder deren sich die Gemeinde bedient, erfassen und behandeln zu lassen. Die Abfallbewirtschaftung soll also von den Gemeinden selbst, oder von Unternehmen in deren Auftrag durchgeführt werden. Dass die Abfallbewirtschaftung insgesamt sozusagen unter der Ägide der Behörde - hier der Gemeinden - geschieht, entspricht der Intention der genannten Richtlinien, die ausdrücklich vorsehen, dass die Mitgliedstaaten die zuständige(n) Behörde(n) schaffen oder benennen, deren Auftrag es ist, die Bestimmungen dieser Richtlinie durchzuführen.

Dem Einwand eines unzulässigen Monopols bzw eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit ist zu entgegnen, dass der EuGH in seiner bereits erwähnten Entscheidung C-155/91 , Slg 1993, I-939 betont (Rz 13), dass dringende Erfordernisse des Umweltschutzes Ausnahmen vom freien Verkehr von Abfällen rechtfertigen (vgl auch Lux in Groeben/Thiesing/Ehlermann Komm EU-/EG Vertrag5 Vorbem Art 18 bis 29 Rz 16 unter Hinweis auf EuGH C-2/90 Kommission/Belgien Slg 1992, I-4431). Den Behörden der Mitgliedstaaten wurden es anheim gestellt, in Beobachtung des Umweltschutzgedankens die Abfallbewirtschaftung durchzuführen bzw sicherzustellen. Schon nach dem Wortlaut der zitierten Richtlinienbestimmungen kann kein Zweifel bestehen, dass § 9 Abs 1 NÖ AWG und § 4 Abs 2 und 3 AWVO GVU A***** mit den Richtlinien im Einklang stehen. Da der von der Revisionswerberin behauptete Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Art 28 ff und 81 ff EG also ohne weiteres auszuschließen ist, besteht auch in diesem Zusammenhang kein Anlass für ein von der beklagten Partei angeregtes Vorabentscheidungsersuchen.

Die Revision muss erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Stichworte