OGH 15Os181/99

OGH15Os181/9927.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Jänner 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Handler als Schriftführer, in der Strafsache gegen Marco J***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Marco J***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. August 1999, GZ 5a Vr 9712/98-86, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Marko J***** wurde (I/1) des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB und (II) des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er, soweit für die Behandlung der den Schuldspruch zu I/1 anfechtenden Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung, am 5. Jänner 1999 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit Christian T***** sowie den gesondert verfolgten Mario F*****, Christian L***** und Christian C***** mit Gewalt gegen eine Person einem anderen fremde bewegliche Sachen mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen, indem sie auf zwei Jugendliche einschlugen und ihnen ein Mobiltelefon wegnahmen.

Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Behauptung der Mängelrüge (Z 5), die Annahme der subjektiven Tatseite zum Raub sei durch "die Beweisergebnisse" nicht gedeckt und im Urteil nicht begründet, verfehlt ebenso wie der Einwand, das Erstgericht wäre bei ausreichender Auseinandersetzung mit "allen Zeugenaussagen" zu anderen Feststellungen gekommen, im übrigen hätte es bei Beurteilung der inneren Tatseite berücksichtigen müssen, dass "in den Aussagen" übereinstimmend eine Rauferei dargestellt wurde, mangels Substantiierung eine prozessordnungsgemäße Darlegung.

Die Behauptung, das Erstgericht habe Teile der Aussage des Mitangeklagten T*****, der gesondert verfolgte Mittäter F***** und L***** und des Zeugen M***** übergangen, bei deren Würdigung es den Raubvorsatz des Angeklagten hätte verneinen müssen, versucht, aus isoliert hervorgehobenen Einzelaspekten dieser Aussagen und daran knüpfender eigenständiger, jedoch verfahrensfremder Würdigung der Beweisergebnisse zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis zu gelangen. Das Schöffengericht hat sich jedoch - dem Gebot der gedrängten Darstellung im Sinn des § 270 Abs 1 Z 5 StPO Rechnung tragend - mit den Angaben der Belastungszeugin Ja***** sowie den Abweichungen der Angaben des Erst- und des Zweitangeklagten und der weiteren Verfahrensbeteiligten einschließlich der leugnenden Verantwortung des Angeklagten hinreichend auseinandergesetzt und dargelegt, warum es von der Täterschaft des Nichtigkeitswerbers ausgegangen ist (US 11 und 12). Dass diesem die angeführten Gründe nicht überzeugend scheinen und - neben den im Urteil folgerichtig gezogenen Schlüssen - auch andere, für ihn günstigere denkbar wären, ist Ergebnis der freien richterlichen Beweiswürdigung.

Die Kritik, das Urteil hätte sich mit den Aussagen von C***** und Ja***** "genau" auseinandersetzen bzw "ausführlich" darlegen müssen, warum die Aussage des Ferdinand Mi***** eine Gefälligkeitsaussage darstelle, attestiert diesem insoweit ohnedies deren Erörterung und damit formale Mängelfreiheit. Zudem läßt § 270 Abs 2 Z 5 StPO eine "gedrängte" Darstellung der Urteilsgründe genügen (Mayerhofer StPO4 § 270 E 78).

Der weiters erhobene Einwand, das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien sei "nicht wirklich" verlesen, widerspricht dem - insofern vollen Beweis machenden - Hauptverhandlungsprotokoll vom 16. August 1999, wonach das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien, AZ 9 Vr 11/99, Hv 8/99, einverständlich verlesen wurde (S 9/III). Dazu genügt im Übrigen der Hinweis, dass bei Verzicht beider Prozessteile auf die (tatsächliche) Vorlesung (bzw Vorführung) von im § 252 (Abs 2 und Abs 1) StPO genannten Schriftstücken bzw technischer Aufzeichnungen die Art, wie ein solches Beweismittel in der Hauptverhandlung vorgekommen ist (§ 258 Abs 1 erster Satz StPO), einer nachträglichen Beschwerde aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO entzogen ist (14 Os 129/98, 13 Os 153/99). Folgerichtig hätte es zur gesetzmäßigen Ausführung einer auf die Missachtung der Förmlichkeit des § 258 Abs 1 zweiter Satz StPO angelegten Mängelrüge der - hier unterlassenen - Behauptung bedurft, dass auf die tatsächliche Verlesung des Urteils des Jugendgerichtshofes Wien zum AZ 9 Vr 11/99 nicht verzichtet worden sei.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich - zum Teil unter Wiederholung der Argumente der Mängelrüge -, indem sie bloß Beweiswerterwägungen anstellt, ohne zu getroffenen Feststellungen konkret aus den Akten Gegenteiliges aufzeigen zu können, ebenfalls in einem unzulässigen Angriff auf die den Tatrichtern zukommende Beweiswürdigung. Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen werden mit diesem Vorbringen nicht geweckt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) sucht unter Behauptung von (vermeintlichen) Feststellungsmängeln die vom Erstgericht getroffenen, dem Beschwerdeführer nicht genehmen Konstatierungen durch für ihn günstigere zu ersetzen, bekämpft aber damit unter Vernachlässigung der Sachverhaltsfeststellungen das Urteil - wiederum unzulässig - nach Art einer Schuldberufung.

Mit dem Einwand, bei der vom Erstgericht zum Raubvorsatz getroffenen Feststellungen (US 8) handle es sich lediglich um den - in der Aktenlage nicht gedeckten - Versuch der Lösung einer Rechtsfrage, verlässt auch die Subsumtionsrüge (Z 10) den Boden der Urteilsannahmen, weshalb die Kritik an der rechtlichen Unterstellung ebenso eine Orientierung am Verfahrensrecht verfehlt (§ 285a Z 2 StPO).

Die Rechtsrüge erweist sich demgemäß insgesamt als nicht gesetzgemäß ausgeführt.

Die in der Äußerung vertretene Meinung des Angeklagten, die Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe von Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO schließe die Anwendung des § 285d StPO aus, ist verfehlt, denn nur prozessordnungsgemäß ausgeführte Rechtsrügen führen zur Anordnung eines Gerichtstages (Mayerhofer aaO § 285a E 61; EvBl 1997/154 uam).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen.

Über die Berufung wird der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

Stichworte