OGH 5Ob6/00v

OGH5Ob6/00v25.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1.) Günther Tebbich, Angestellter, 2.) Veronika R*****, Hausfrau, 3.) Martha S*****, Hausfrau, 4.) Alice S*****, Hausfrau, 5.) Maria T*****, Hausfrau, und 6.) Adelinde B*****, Hausfrau, ***** alle vertreten durch Dr. Wolfgang Flucher, Rechtsanwalt in Villach, gegen den Antragsgegner Ernst P*****, Unternehmer, ***** vertreten durch Dr. Herwig Rischnig, Rechtsanwalt in Villach, wegen § 37 Abs 1 Z 13 iVm § 45 MRG über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 15. Juli 1999, GZ 2 R 158/99h-14, womit infolge Rekurses des Antragsgegners der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Villach vom 29. März 1999, GZ 6 Msch 39/97m-9, teils aufgehoben, teils bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsteller sind Mieter, der Antragsgegner ist Vermieter der im Objekt ***** gelegenen Wohnungen. Die Antragsteller beantragten - soweit für das Revisionsrekursverfahren erheblich - die Überprüfung der ordnungsgemäßen Vorschreibung und der Angemessenheit der seit 7. 9. 1995 begehrten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge sowie, den Antragsgegner allenfalls zur Rückzahlung dieses seit 1. 10. 1995 eingehobenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge zu verhalten. Mit Schreiben vom 14. 7. 1995 und vom 7. 9. 1995 sei den Hauptmietern des Hauses ein EVB, beginnend mit 1. 10. 1995, vorgeschrieben worden, wobei die Berechnung des Betrages auf Basis der Kategorie C vorgenommen worden sei. Dies sei mit der Finanzierung dringend notwendiger Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten begründet worden, insbesondere zur notwendigen Sanierung der Außenfassade, wobei die Kosten für die Sanierung vom Antragsgegner mit mindestens S 200.000 bekanntgegeben worden seien. Eine Sanierung sei aber nicht erfolgt, der Antragsgegner habe lediglich eine Färbelung der Fassade vornehmen lassen. Der Antragsgegner verweigere die Abrechnung über die Verwendung der EVB. Der Antragsgegner habe insbesondere den Formvorschriften des § 45 Abs 2 MRG nicht Genüge getan, nämlich sein Verlangen spätestens einen Monat vor dem Zinstermin, zu dem die Entrichtung des EVB gefordert werde, schriftlich mit der Verpflichtung bekanntzugeben, dass er den so geforderten EVB zur Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten, deren Kosten durch die anrechenbare Mietzinsreserve nicht gedeckt seien, verwenden werde. Überdies seien ausreichende Mietzinsreserven vorhanden.

Der Antragsgegner beantragte die Abweisung diesese Begehrens. Tatsächlich seien Sanierungsarbeiten im Umfang von S 252.720 durchgeführt und dem Antragsgegner in Rechnung gestellt worden. Eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Rechnungslegung über die Verwendung des eingehobenen EVB bestehe nicht.

Das Erstgericht erkannte mit Sachbeschluss, dass die Vorschreibung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge seit 1. 10. 1995 gegenüber dem Erst- bis Fünftantragsteller nicht rechtmäßig erfolgt sei (Punkt 2. des Sachbeschlusses). Den Antrag auf inhaltliche Überprüfung der Hauptmietzinsabrechnung der Jahre 1991 bis 1996 (inklusive EVB) wies es wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges zurück und verwies die Antragsteller damit auf den streitigen Rechtsweg. Außerdem wies es den Antrag der Antragsteller auf Rückzahlug der seit 1. 10. 1995 eingehobenen EVB ab (Punkt 4.). Punkt 2 des angefochtenen Sachbeschlusses (- nur dies ist Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens -) begründete das Erstgericht damit, dass das erstmalige Verlangen der Entrichtung des Erhaltungsbeitrages bei sonstiger Unwirksamkeit die gesetzlich normierten Form- und Inhaltserfordernisse enthalten müsse. Die Schreiben des Antragsgegners erfüllten die Voraussetzungen nicht, weil es an einer Verpflichtungserklärung im Sinne des § 25 Abs 2 MRG mangle.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Punkt des Sachbeschlusses in Ansehung des Erstantragstellers, hinsichtlich der Zweit- bis Fünftantragsteller hob es diesen Beschlussteil auf. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich der Bestätigung im Punkt 2 den Betrag von S 130.000 nicht übersteige, gemäß § 528 Abs 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 18 und 18 a MRG der ordentliche Revisionsrekurs aber zulässig sei. Es schloss sich der in 5 Ob 2331/96x (= immolex 1997/41 = EWR I/45/15 f ua) geäußerten Ansicht des erkennenden Senates an, dass die Einhebung der EVB - wie bisher - auch nach der durch das 3.WRG geschaffenen Rechtslage die privatrechtliche Verpflichtung des Vermieters voraussetze, die eingehobenen Beträge zur Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten zu verwenden, deren Kosten durch die anrechenbare Mietzinsreserve nicht gedeckt seien. Der Mangel der dem Gesetz entsprechenden Verpflichtungserklärung des Vermieters bedeute somit das Fehlen einer Wirksamkeitsvoraussetzung. Die schon vor dem

3. WÄG geltende Verwendungspflicht sollte nach dem Willen des Gesetzgebers durch die neuen Bestimmungen auch nicht beseitigt werden (Bericht des Bautenausschusses vom 3.WÄG, 1268 BlgNR 18.GP, wiedergegeben bei Würth/Zingher Wohnrecht 94, 118).

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil fraglich sei, ob die Verpflichtungserklärung des Vermieters im Aufforderungsschreiben nach § 45 Abs 2 MRG auch noch angesichts der durch das 3. WÄG geschaffenen Rechtslage eine Wirksamkeitsvoraussetzung darstelle und die zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, 5 Ob 2331/96x, im wesentlichen nur verfassungsrechtliche Bedenken behandelt und verneint habe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der diesbezügliche Antrag der Antragsteller (gemeint: des Erstantragstellers) abgewiesen werde.

Der Erstantragsteller beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 45 Abs 2 Satz 2 MRG idF vor dem 3. WÄG musste der Vermieter, welcher einen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag einheben wollte, sein Verlangen dem Hauptmieter spätestens einen Monat vor dem Zinstermin, zu dem er die Entrichtung des Erhaltungsbeitrages forderte, schriftlich mit der Verpflichtung bekannt geben, dass er den so geforderten Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag innerhalb von zehn Jahren ab der jeweiligen Entrichtung zur Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten, deren Kosten durch die anrechenbare Mietzinsreserve nicht gedeckt waren, verwenden und hierüber jeweils zum 30. Juni eines Kalenderjahres eine gesonderte Abrechnung (§ 20 Abs 3) legen werde; ferner hatte die schriftliche Aufforderung die Höhe des für den Mietgegenstand zu entrichtenden Hauptmietzinses oder erhöhten Hauptmietzinses, die Nutzfläche und bei Wohnungen auch die Ausstattungskategorie im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages zu enthalten. Abs 7 leg cit enthielt die Sanktion, dass der Vermieter, der die von den Hauptmietern entrichteten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge nicht innerhalb der Frist von zehn Kalenderjahren zur Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten verwendete, deren Kosten durch die anrechenbare Mietzinsreserve nicht gedeckt waren, die vom Hauptmieter entrichteten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge zuzüglich einer angemessenen Verzinsung unverzüglich zurückzuerstatten hatte. Durch das 3. WÄG fiel sowohl die zehnjährige Verbrauchsfrist als auch die Sanktion des früheren Abs 7 leg cit weg. Geblieben ist aber (§ 45 Abs 2 Satz 2 MRG idF des 3. WÄG) das durch die Wohnrechtsnovelle 1999 modifizierte Schriftlichkeitsgebot mit der ausdrücklichen (schriftlichen) Verpflichtungserklärung des Vermieters, dass er den so geforderten Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag zur Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten, deren Kosten durch die anrechenbare Mietzinsreserve nicht abgedeckt sind, verwenden werde. Aus der Beibehaltung des Formerfordernisses einer schriftlichen Verpflichtungserklärung im oben angeführten Sinne ist der Wille des Gesetzgebers zu erschließen, die Wirksamkeit des Verlangens des Vermieters nach einem Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag an die Einhaltung der vorgeschriebenen Form zu binden. Wenngleich Würth in seiner Kritik (Wohnrecht 94 Anm 1 zu § 45 MRG, WoBl 1997, 144; Miet- und Wohnrecht20 Rz 13 zu § 45 MRG) diese Formalität als sinnlos ansieht, bestreitet er offenbar nicht die Einhaltung der vorgeschriebenen Form als Wirksamkeitsvoraussetzung, wenn er als "formale Voraussetzung" für die Einhebung ein beim Mieter einen Monat vor Wirksamkeit einlangendes schriftliches "Verlangen" des Vermieters mit Angabe der Höhe des Hauptmietzinses, der Nutzfläche und bei Wohnungen der Ausstattungskategorie, verbunden mit einer Verpflichtungserklärung, den so geforderten EVB "zur Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten, deren Kosten durch eine anrechenbare Mietzinsreserve nicht gedeckt sind, zu verwenden" ansieht (Miet- und Wohnrecht20 Rz 13 zu § 45 MRG). Würth meint lediglich im Gegensatz zu der in 5 Ob 2331/96x (= WoBl 1997/37, EWR I/45/15 f ua) zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung, dass eine erteilte Verpflichtungserklärung keine besondere Rückzahlungsverpflichtung oder andere Sanktionen mit sich bringt, die über die Bestimmung des § 6 Abs 2 MRG hinausgingen. Auf diese Kontroverse braucht aber hier nicht eingegangen zu werden, weil allfällige Rückforderungsansprüche nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens sind.

Mangels Fehlens einer solchen Verpflichtungserklärung ergibt sich im vorliegenden Fall, dass die Vorinstanzen zu Recht die Wirksamkeit des Einhebungsbegehrens verneint und die Vorschreibung der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge seit 1. 10. 1995 gegenüber dem Erstantragsteller nicht rechtmäßig erklärt haben. Dem vom Revisionsrekurswerber im Revisionsrekurs vorgebrachten Argument der Heilung durch widmungsgemäße Verwendung der EVB ist folgendes entgegenzuhalten: Der erkennende Senat hat zu 5 Ob 77/98d (= WoBl 1998/231 ua) bereits ausgesprochen, dass die Nichteinhaltung der im Gesetz (§ 45 Abs 2 MRG) vorgeschriebenen Form durch widmungsgemäße Verwendung der vom Vermieter eingehobenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge geheilt werden kann. Darauf hat sich der Antragsgegner wohl im Verfahren erster Instanz gestützt, doch wurden hiezu keine Feststellungen getroffen. In seinem Rekurs gegen den Sachbeschluss des Erstgerichtes hat der Antragsgegner aber dann ausschließlich die Sanktionslosigkeit der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form releviert, den Einwand einer Heilung aber nicht mehr aufrecht erhalten.

Allgemein gilt, dass eine im Berufungsverfahren unterbliebene (oder nicht gehörig ausgeführte) Rechtsrüge im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden kann (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 5 zu § 503). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn sich die Rechtsrüge in der Berufung nur auf eine von mehreren Ansprüchen oder einen von mehreren Punkten der angefochtenene Entscheidung bezieht (RIS-Justiz RS0043573). Diese Grundsätze sind auch auf Revisionsrekurse in Verfahren nach § 37 MRG, in denen das Rekursgericht funktionell gleich einem Berufungsgericht tätig wird, anzuwenden (vgl 5 Ob 95/99b). Bleibt demnach, wie im vorliegenden Fall, die Nichtbeachtung eines im Verfahren erster Instanz erhobenen Einwandes im Rekursverfahren ungerügt, kann dies nicht im Revisionsrekurs nachgetragen werden.

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