OGH 4Ob304/99f

OGH4Ob304/99f18.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Heinz Kosesnik-Wehrle und Dr. Stefan Langer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herwig Fuchs, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 426.000 S), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 26. August 1999, GZ 2 R 178/99i-45, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 3. Mai 1999, GZ 18 Cg 72/96d-40, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil - unter Einschluss des nicht angefochtenen Ausspruchs - insgesamt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren,

1. die beklagte Partei sei schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes zu unterlassen,

a) Arzneimittel, insbesondere Melatonin-ACE- Kapseln, im Inland abzugeben oder für die Abgabe im Inland bereitzuhalten, bevor diese durch das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz zugelassen sind;

b) Arzneimittel, insbesondere Melatonin-ACE- Kapseln, ohne Gebrauchsinformation im Sinne des § 8 Abs 1 AMG oder mit nach § 8 Abs 2 und 3 AMG lediglich mangelhafter Gebrauchsinformation in Verkehr zu bringen;

c) Arzneimittel, insbesondere Melatonin-ACE- Kapseln, in Verkehr zu bringen, wenn diese nicht sämtliche in § 7 AMG vorgeschriebenen Kennzeichnungen enthalten;

d) Arzneimittel, insbesondere Melatonin-ACE- Kapseln, an Dritte zu Zwecken des Versandhandels abzugeben;

2. der klagenden Partei werde die Ermächtigung erteilt, den klagestattgebenden Spruch dieses Urteils im Umfang des Unterlassungsgebots binnen drei Monaten nach Rechtskraft dieser Entscheidung auf Kosten der beklagten Partei einmal in der Zeitschrift "Auto-Touring" im Textteil, halbseitig, mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und Fettdruckumrandung zu veröffentlichen;

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 144.889,38 S (darin 24.148,23 S USt) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 95.916 S (darin 12.011 S USt und 23.850 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 19. 10. 1994 schlossen die Parteien vor dem Landesgericht Innsbruck im Verfahren 9 Cg 206/94s einen Vergleich, mit welchem sich die Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtete, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,

a) Arzneimittel, insbesondere den in Neuner's Figurpaket enthaltenen Neuner's Kräutertee Nr 25 - Entschlackungstee - an Abnehmer zu versenden;

b) sich beim Inverkehrbringen von Verzehrprodukten und Lebensmitteln, insbesondere in Neuner's Figurpaket bzw den darin enthaltenen Neuner's Kräuterelixier, Neuner's Kräuterkapseln und Neuner's Mate-Tee auf schlankmachende oder gesundheitserhaltende Wirkungen dieser Produkte zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;

c) für Arzneimittel, insbesondere den im Neuner's Figurpaket enthaltenen Neuner's Kräutertee Nr 25 unter Weglassung der Gebrauchsinformation im Sinne des § 8 AMG bzw der im § 54 AMG geforderten Hinweise zu werben.

Durch diesen Vergleich, der mit dem von der Klägerin im dortigen Verfahren erhobenen Unterlassungsbegehren ident war, sollte klargestellt werden, dass Arzneimittel nicht versandt werden dürfen und dass für diese auch nicht in gesetzwidriger Weise geworben werden darf. Anlass war "Neuner's Figurpaket", das nur beispielsweise in den Vergleichstext aufgenommen wurde, während vom Vergleich Arzneimittel ganz allgemein erfasst werden sollten. Über den Vergleichstext hinausgehende Nebenabreden wurden nicht getroffen; insbesondere sollten nicht irgendwelche Arzneimittel vom Vergleich ausgenommen werden.

Produkte, die Melatonin enthalten, sind Arzneimittel und als zulassungspflichtige Arzneispezialitäten zu beurteilen. Die Melatonin-ACE-Kapseln sind im Inland nicht als Arzneispezialitäten zugelassen. Die Beklagte bewirbt Melatonin-ACE-Kapseln in einigen deutschen Bundesländern, in denen der Vertrieb erlaubt ist. Am Erwerb dieses Produkts Interessierte können telefonische Bestellungen bei der Beklagten aufgeben. Die Beklagte bringt die bestellten Waren sodann mit einem eigenen Fahrzeug nach Deutschland und versendet sie dort per Post. Die Beklagte gibt solche Kapseln jedoch nicht im Inland ab und hält solche auch nicht bereit, um sie im Inland abzugeben.

Walter R***** hat Anfang 1997 in einer nicht näher bekannten Zeitschrift ein Inserat betreffend Beres-Tropfen gelesen. Das in dem Inserat beschriebene und beworbene Booklet "Beres-Tropfen - Heilmittel der Zukunft", welches unter einer im Inserat angegebenen Telefonnummer bestellt werden kann, soll (nach den darin enthaltenen Angaben) "eine gute Einführung in die chemische Substanz und die biologischen sowie klinischen Wirkungen der Beres-Tropfen Plus" geben. Das Buch verweist darauf, dass "Dr. Josef Beres mit seiner bahnbrechenden Arbeit ein Präparat entwickelt hat, das weltweit seinesgleichen sucht: Die Beres-Tropfen Plus. Er hat erkannt, welche wichtige Rolle Spurenelemente für die Gesundheit und das Immunsystem spielen. Dieses Buch beschreibt Wirkung und Anwendung der Tropfen und lässt Personen zu Wort kommen, denen dieses Präparat bei allen möglichen Krankheiten und Leiden geholfen hat". Walter R***** wählte die im Inserat angegebene Telefonnummer, worauf sich eine Mitarbeiterin der Beklagten meldete und dem Anrufer auf dessen Anfrage erklärte, dass die Tropfen gegen Neurodermitis, Osteoporose und Psoriasis "gut sein sollten" und auch krebsheilende Wirkung hätten. Der Anrufer bestellte daraufhin dieses Produkt, das ihm von der Beklagten per Post zugesandt wurde. Die Tropfen waren in ein kleines Fläschchen abgefüllt, das in einem Karton mit englischsprachiger Aufschrift verpackt war. Das auf dem Fläschchen angebrachte Etikett enthielt folgende Aufschriften: "Distributed by Beres Co., Budapest"; "30 ml"; "Beres-Drops Plus"; eine unleserliche Unterschrift; die Worte "Batch No" samt den Ziffern "823450785"; "Expiry: 2 years approval No: OGYI-248/1991". Dem Päckchen war ein Beipacktext in englischer Sprache angeschlossen. In anderen Fällen werden den Tropfen auch Beipackzettel in deutscher Sprache zugegeben. Es steht nicht fest, dass dieses Produkt arzneiliche Wirkungen entfaltet; eine behördliche Zulassung gem § 11 Abs 1 AMG besteht nicht.

In der Ausgabe März 1996 der Zeitschrift "Auto-Touring" warb die Beklagte mit einem Inserat für ein Schlankheitsmittel (Apple Light-Kur). Nach dem Text des Inserats sollen durch bestimmte Apfelwirkstoffe Darmbeschwerden und -pilze sowie Magenentzündungen positiv beeinflusst und bei Darmträgheit, rheumatischen Beschwerden, Nervenleiden und Nikotinsucht gesundheitliche Verbesserungen erreicht werden. Eine Mitarbeiterin der Klägerin bestellte dieses Produkt bei der Beklagten; es wurde ihr zusammen mit einem Informationsblatt über die Melatonin-ACE-Kapseln zugesandt. Bestandteil der Apple Light-Kur sind unter anderem auch Algentabletten, deren Zusammensetzung und arzneiliche Wirksamkeit nicht näher feststeht. Weder die Apple Light-Kur als solche noch die darin enthaltenen Algentabletten sind von der zuständigen Behörde im Sinne des § 1 Abs 1 AMG als Arzneimittelspezialitäten zugelassen. Es steht auch nicht fest, ob die übrigen Bestandteile der Apple Light-Kur arzneiliche Wirkungen entfalten.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes zu unterlassen,

a) Arzneimittel, insbesondere Melatonin-ACE- Kapseln, im Inland abzugeben oder für die Abgabe im Inland bereitzuhalten, bevor diese durch das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz zugelassen sind;

b) Arzneimittel, insbesondere Melatonin-ACE- Kapseln, ohne Gebrauchsinformation im Sinne des § 8 Abs 1 AMG oder mit nach § 8 Abs 2 und 3 AMG lediglich mangelhafter Gebrauchsinformation in Verkehr zu bringen;

c) Arzneimittel, insbesondere Melatonin-ACE- Kapseln, in Verkehr zu bringen, wenn diese nicht sämtliche in § 7 AMG vorgeschriebenen Kennzeichnungen enthalten;

d) Arzneimittel, insbesondere Melatonin-ACE- Kapseln, an Dritte zu Zwecken des Versandhandels abzugeben. Die Klägerin begehrt weiters die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung.

Die Beklagte vertreibe Produkte, die den Wirkstoff Melatonin enthielten, insbesondere Melatonin-ACE-Kapseln. Es handle sich dabei um Arzneimittel im Sinne des AMG, wofür keine Zulassung bestehe; auch enthielten die Packungen keine Gebrauchsinformationen und seien entgegen § 7 AMG nicht gekennzeichnet. Die Beklagte bewerbe eine Apple Light-Kur, bei der es sich nach der Art ihres Inverkehrbringens um ein Arzneimittel im Sinne des § 1 AMG handle. Dem in Nachnahme vertriebenen Produkt sei auch ein Prospekt für Melatonin-ACE-Kapseln mit der Telefonnummer der Beklagten beigelegen; die Gebrauchsinformation sei mangelhaft gewesen, das Paket habe nicht sämtliche in § 7 AMG vorgeschriebenen Kennzeichnungen für Arzneimittel enthalten. Weiters versende die Beklagte im Inland auf dem Postweg das Produkt Beres-Tropfen, teilweise auch Beres-Drops Plus genannt, wobei diesen Tropfen nach der Art und Form ihres Inverkehrbringens eine arzneiliche Wirkung beigelegt werde. Sie seien daher schon nach dieser subjektiven Zweckbestimmung als Arzneimittel im Sinne des § 1 AMG zu beurteilen. Es bestehe auch objektive Arzneimitteleigenschaft. Der Versandhandel mit diesem Produkt verstoße gegen § 50 Abs 2 GewO 1994. Die Beklagte handle auch den §§ 7 und 8 AMG zuwider, weil diese Tropfen nicht als Arzneimittel gekennzeichnet seien und keine Gebrauchsinformation enthielten. Es bestehe für diese Tropfen keine Zulassung als Arzneimittel. Zwischen den Streitteilen bestehe keine Vereinbarung, die die Klägerin an einer Verfolgung von Ansprüchen aus dem Vertrieb von Beres-Tropfen durch die Beklagte hindere.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Sie vertreibe keine Produkte, die den Wirkstoff Melatonin enthielten, insbesondere keine Melatonin-ACE-Kapseln, und lasse solche auch nicht über Dritte ausliefern. Sie beziehe von einer anderen Firma ACE-Kapseln und bewerbe und vertreibe diese entsprechend der übernommenen Verpflichtung ausschließlich im Ausland. Die Beklagte bewerbe nur Bücher über die Apple Light-Kur, nicht das Produkt selbst, wobei es sich dabei um kein Arzneimittel, sondern um ein reines Verzehrprodukt (Lebensmittel) handle, das gesetzlich und amtlich zugelassen sei. Auch werde der Einwand der entschiedenen Rechtssache erhoben, weil das Urteilsbegehren bereits durch den Unterlassungsvergleich zu 9 Cg 206/94s des Landesgerichtes Innsbruck abgedeckt und erledigt sei. Der Klägerin fehle daher jegliches weitere Rechtsschutzbedürfnis. Am 23. 9. 1996 sei zwischen den Parteien vereinbart worden, dass die Beklagte Beres-Tropfen, die Apple Light-Kur und andere Produkte in Büchern bewerben dürfe. Demnach könne die Beklagte im Zuge des Verkaufs dieser Bücher auch von den Kunden angeforderte Produkte verkaufen. Diese Vereinbarung sei telefonisch im Frühjahr 1997 zwischen den Parteien bestätigt worden. Eine Weiterverfolgung der geltend gemachten Ansprüche sei unzulässig, weil sich die Parteien verglichen hätten.

Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang den Unterlassungsbegehren zu a) bis c) sowie dem Veröffentlichungsbegehren statt, wobei es in den Unterlassungsverpflichtungen statt "Melatonin-ACE-Kapseln" "Beres-Tropfen" bzw "Beres-Drops Plus" anführte; die Abweisung des Unterlassungsbegehrens zu d) im ersten Rechtsgang erwuchs in Rechtskraft. Das Erstgericht traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen, konnte hingegen nicht feststellen, ob der Apple Light-Kur eine Gebrauchsinformation beigegeben wird, ob die entsprechenden Behältnisse und Außenverpackungen mit Angaben im Sinne des § 7 AMG versehen sind, ob und auf welche Weise die Beklagte allenfalls mit der "Kuranleitung" Informationen über die Apple Light-Kur erteilt hat, ob anlässlich eines Treffens am 29. 9. 1996 zwischen den Streitteilen vereinbart wurde, dass die Beklagte eine Bewerbung von Büchern durchführen darf, wobei in diesen Büchern wiederum die Beres-Tropfen, die Apple Light-Kur und andere Produkte beworben werden dürfen, und ob dabei auch vereinbart wurde, dass im Zuge des Verkaufes dieser Bücher von den Kunden angeforderte entsprechende Produkte verkauft werden dürfen. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass hinsichtlich der Beres-Tropfen schon auf Grund deren subjektiver Zweckbestimmung die Arzneimitteleigenschaft zu bejahen sei, weil sie nach dem Inhalt des Beipacktextes jedenfalls geeignet sein sollen, arzneiliche Wirkungen im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1, 3 und 5 AMG zu entfalten. Die Klägerin bringe solche Tropfen im Versandweg ohne Zulassung nach § 11 Abs 1 AMG in Verkehr, worin ein Verstoß gegen § 1 UWG liege. Nicht entscheidungsrelevant sei, ob für die Beres-Tropfen Verzehrproduktanmeldungen vorlägen, wenn diese Tropfen jedenfalls als Arzneimittel im Sinne des § 1 Abs 1 AMG zu qualifizieren seien. Eine Verzehrproduktanmeldung könne eine solche Zulassung nicht ersetzen. Davon ausgehend müssten die Beres-Tropfen unter anderem beim Inverkehrbringen mit einer Kennzeichnung sowie eine Gebrauchsinformation im Sinne der §§ 7 und 8 AMG versehen sein, wobei die Gebrauchsinformation in deutscher Sprache verfasst sein und in allgemein verständlicher Form bestimmte Angaben enthalten müsse. Das Gleiche gelte für die nach § 7 AMG erforderlichen Angaben auf den Behältnissen und den Außenverpackungen. Die Unterlassungsbegehren seien hinsichtlich der von der Beklagten in Verkehr gebrachten Beres-Tropfen ebenso wie der Apple Light-Kur berechtigt. Ein Wettbewerbsverstoß im Zusammenhang mit Melatonin-ACE-Kapseln durch die Beklagte stehe hingegen nicht fest, weshalb die Bezeichnung dieses Produktes aus dem Unterlassungsbegehren auszuscheiden und statt dessen die Beres-Tropfen aufzunehmen gewesen seien.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit der Maßgabe, dass die Unterlassungsverpflichtung zu lauten habe: "Die Beklagte ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Arzneimittel, insbesondere Beres-Tropfen bzw Beres-Drops Plus, soweit dies hinsichtlich dieser Produkte in Verbindung mit gesundheitsbezogenen Angaben, die den Anschein erwecken, das Produkt sei dazu bestimmt, arzneiliche Wirksamkeit im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 bis 5 AMG zu entfalten, erfolgt,

a) bis zur bescheidmäßigen Zulassung gemäß AMG als Arzneispezialität im Inland abzugeben oder für die Abgabe im Inland bereitzuhalten;

b) ohne oder mit lediglich mangelhafter Gebrauchsinformation iSd § 8 Abs 1 bis 3 AMG in Verkehr zu bringen;

c) in Verkehr zu bringen, wenn diese nicht sämtliche in § 7 AMG vorgeschriebenen Kennzeichnungen enthalten".

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Einwand der entschiedenen Rechtssache sei unbegründet, weil die den Gegenstand des Vergleichs vom 19. 10. 1994 bildende Unterlassungsverpflichtung nach dem aus dem Vergleich abzuleitenden Sinn zugelassene Arzneimittel betreffe, während hier das Inverkehrbringen noch nicht zugelassener Arzneimittel beanstandet werde. Die Beklagte erwecke in Beipackzetteln, Inseraten und Artikeln in von ihr vertriebenen Büchern den Eindruck, Beres-Tropfen seien dazu bestimmt, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Dieses Produkt sei daher als Arzneimittel kraft subjektiver Zweckbestimmung zu beurteilen und bedürfe einer Zulassung gem § 11 Abs 1 AMG vor dessen Inverkehrbringen. Auch einmalige Wettbewerbsverstöße begründeten in der Regel Wiederholungsgefahr. Im Gemeinschaftsrecht sei der freie Warenverkehr für Arzneimittel bisher nicht verwirklicht; die nationalen Zulassungsbehörden entschieden über die Einstufung eines Produkts als Arzneimittel und damit auch über dessen Verkehrsfähigkeit.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht den Umfang des gegen die Beklagte schon bestehenden Unterlassungstitels unrichtig beurteilt hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Die Beklagte vertritt den Standpunkt, die Klägerin besitze auf Grund Punkt a) des Vergleichs vom 19. 10. 1994 schon einen Exekutionstitel, der inhaltsgleich mit dem hier erhobenen Unterlassungsbegehren sei; auch sei die Fassung des Unterlassungsgebots deshalb zu weit, weil nicht zwischen (bewiesener) Versendung an Kunden und (nicht einmal behaupteter) Abgabe außerhalb des Versandhandels an Kunden unterschieden werde. Diesen Ausführungen ist zuzustimmen.

Der erkennende Senat hat wiederholt (4 Ob 311/98h; 4 Ob 211/99d; 4 Ob 212/99a) ausgesprochen, dass - soweit nicht schon nach der objektiven Zweckbestimmung ein Arzneimittel im Sinne des § 1 Abs 1 AMG vorliegt - die subjektive Zweckbestimmung des Herstellers dafür ausschlaggebend ist, ob es sich bei einem Stoff, der dazu bestimmt ist, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genusszwecken zu dienen (§ 3 LMG), um ein Arzneimittel oder um ein Verzehrprodukt handelt. Behauptet der Hersteller arzneiliche Wirkungen seines Produkts und bringt er es damit als Arzneimittel in Verkehr, so unterliegt es den Zulassungsbestimmungen des Arzneimittelgesetzes und darf nur nach seiner Zulassung als Arzneimittel vertrieben werden (§ 11 Abs 1 AMG). Der Hersteller handelt demnach gesetzwidrig, wenn er das Arzneimittel vertreibt, ohne über die notwendige Zulassung zu verfügen.

Die Beklagte stellt in der Revision nicht mehr in Abrede, beim Vertrieb ihres Produkts Beres-Tropfen bzw Beres-Drops Plus arzneiliche Wirkungen behauptet zu haben; damit hat die Beklagte ihr Produkt subjektiv als Arzneimittel bestimmt und folglich ein Arzneimittel im Versandhandel in Verkehr gebracht. Zu prüfen bleibt demnach, ob dieser Verstoß schon zur Gänze vom Unterlassungsgebot in Punkt a) des Vergleichs vom 19. 10. 1994 umfasst wird, worin der Beklagten ganz allgemein verboten wird, Arzneimittel an Abnehmer zu versenden.

Gewährt ein Sachverhalt inhaltsgleiche wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche unter dem Aspekt von Verstößen gegen mehrere Rechtsnormen, liegt also Anspruchskonkurrenz vor, steht es dem Kläger im Wettbewerbsprozess grundsätzlich frei, welchen oder welche der mehreren Verstöße er zur Grundlage seiner Unterlassungsklage macht. Ist der Kläger aber schon in der Lage, gegen den beanstandeten Sachverhalt mit einem von ihm erwirkten Exekutionstitel vorzugehen, dann erreicht er mit einer auf denselben Sachverhalt gegründeten Unterlassungsklage, auch wenn sich diese gegenüber dem Vorprozess auf die Verletzung einer anderen Rechtsnorm stützen kann, keinen verbesserten Rechtsschutz.

Das von der Klägerin im Vorprozess erwirkte Unterlassungsgebot wird durch den unter "insbesondere" angeführten Beispielsfall nicht eingeschränkt, sondern nur verdeutlicht (vgl MR 1996, 37 - Casino-Gewinnspiel; ÖBl 1997, 222 - BILLA-Bons; WBl 1999, 42; 4 Ob 174/98m), es umfasst daher auch den hier zu beurteilenden Verstoß durch Versendung von Beres-Tropfen. Dieser Vergleich ermöglicht der Klägerin daher nicht nur, den zukünftigen Versandhandel der Beklagten mit bereits zugelassenen Arzneimitteln - als Verstoß gegen § 59 Abs 9 AMG -, sondern auch einen Versandhandel mit noch nicht als Arzneimitteln zugelassenen Produkten bei gleichzeitiger Behauptung arzneilicher Wirkungen - als Verstoß gegen § 11 Abs 1 AMG - im Exekutionsweg abstellen zu lassen. Nichts anderes gilt, soweit die Beklagte mit dem Versand ihrer Produkte auch gegen § 8 AMG (Abgabe ohne oder mit mangelhafter Gebrauchsinformation) und gegen § 7 AMG (Abgabe mit mangelhafter Kennzeichnung) verstößt: Mit dem Unterlassungsgebot des Vergleichs vom 19. 10. 1994 steht der Klägerin ein Exekutionstitel zur Verfügung, der es ihr ermöglicht, auch gegen dieses beanstandete Verhalten vorzugehen.

Allein die von der Klägerin aufgezeigte - unbestimmte - Möglichkeit einer zukünftigen Gesetzesänderung etwa dahin, dass das Verbot des Versandhandels mit Arzneimitteln aufgehoben würde, was zur Folge hätte, dass die Klägerin ohne neuen Prozess nicht gegen einen Versandhandel der Beklagten unter Verstoß etwa gegen § 11 Abs 1 AMG vorgehen könnte, ist noch nicht als konkrete und unmittelbar drohende Gefährdung von Interessen der Klägerin zu beurteilen, der ein Rechtsschutzinteresse an einem weiteren Titel begründen könnte.

Für die Klägerin ist nichts daraus zu gewinnen, dass sie ihr Unterlassungsbegehren in den Punkten a) bis c) allgemein gefasst und nicht auf den Versandhandel eingeschränkt hat. Ist nämlich - wie hier - nur ein Vertrieb von Arzneimitteln ohne Zulassung im Versandhandel bewiesen und bestehen keine Anhaltspunkte dafür, die Beklagte werde solche Produkte auch auf andere Weise in Verkehr bringen, ist das von der Klägerin begehrte Gebot zu weit. Die Fassung eines Unterlassungsbegehrens hat sich nämlich immer am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren (ÖBl 1980, 46 - Hol Dir Geld vom Staat; SZ 69/284 uva).

Richtig ist zwar, dass auch Umgehungen durch den Vepflichteten nicht allzu leicht ermöglicht werden sollen (ÖBl 1993, 36 - Ronald Leitgeb uva). Bei Schaffung eines Unterlassungstitels ist jedoch stets die tatsächlich verübte Handlung in den Mittelpunkt zu stellen; sie kann dann allenfalls (unter Erfassung des Kerns der Verletzungshandlung) allgemeiner gefasst und ihr so ein breiterer Rahmen gegeben werden, damit unter den Schutzumfang des Unterlassungsanspruchs nicht nur völlig gleichartige Handlungen, sondern auch alle anderen fallen, die diesen Kern unberührt lassen (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II; ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille; MR 1999, 229 - Konflikte ua). Hat aber die Beklagte Arzneimittel nur im Postversand auf den Markt gebracht, handelt es sich dabei um eine besondere Form des Warenabsatzes, der einer Abgabe von Arzneimitteln auf andere Weise, wie etwa durch Apotheken, nicht gleichgehalten werden kann.

Sind daher schutzwürdige Interessen der Klägerin durch den von ihr

bereits erwirkten Vergleich vollständig abgedeckt, muss ihr

Rechtsschutzbedürfnis in diesem Umfang verneint werden (MR 1996, 37 =

ecolex 1996, 179 = RdW 1996, 170 mwN; ecolex 1991, 262).

Ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin lässt sich auch nicht mit dem Veröffentlichungsbegehren begründen: Der erkennende Senat hat schon wiederholt ausgesprochen, dass die Einrede des mangelnden Rechtsschutzinteresses wegen Vorhandenseins eines Exekutionstitels nur in Ausnahmefällen und bei Vorliegen eines ganz besonderen Interesses an einer Urteilsveröffentlichung in Frage kommen könnte, wofür jedenfalls der Kläger behauptungs- und beweispflichtig wäre (SZ 66/146 mwN). Die Klägerin hat dazu nichts vorgebracht. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus in diesem Zusammenhang auch der Charakter des Veröffentlichungsanspruchs als unselbständiger Nebenanspruch im Verhältnis zum Begehren auf Unterlassung (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 34 Rz 21 mit Nachweisen zur Rsp in FN 82): Kommt es (hier: infolge fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses) zu keiner Stattgebung in der Hauptsache, muss dies gleichermaßen auch auf einen damit verbundenen Nebenanspruch durchschlagen (so schon 4 Ob 169/99b = RdW 1999, 717). Der Revision war somit Folge zu geben und das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der Ansatz nach TP 3A RAT beträgt bei einer Bemessungsgrundlage von 551.000 S nur 7.963 S; die Streitverhandlung am 12. 6. 1996 hat nur zwei Stunden gedauert.

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