OGH 4Ob169/99b

OGH4Ob169/99b13.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei t***** Verlagsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. M***** GmbH & Co KG, 2. M***** GmbH, 3. M***** Zeitungsvertriebs GmbH & Co KG, 4. M***** Zeitungsvertriebs GmbH, *****, alle vertreten durch Giger, Ruggenthaler & Simon, Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 500.000 S, Streitwert im Provisorialverfahren 450.000 S), infolge Revisionsrekurses und Revision der beklagten Parteien gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien als Rekurs- und Berufungsgericht vom 12. April 1999, GZ 15 R 66/98f-10, womit die Entscheidung des Handelsgerichtes Wien vom 10. März 1998, GZ 38 Cg 121/97y-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung, einschließlich des bestätigten Teils, insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Einstweilige Verfügung

Der dritt- und der viertbeklagten Partei wird ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die von der erstbeklagten Partei verlegte NEUE KRONEN ZEITUNG, welche die Ankündigung enthält, daß beim Verkauf der Zeitung, insbesondere bei der Bestellung eines neuen Abonnements, Gratisgaben, insbesondere ein Gratis-Handy und 500 S Gesprächs-Gutschrift gewährt werden, zu vertreiben.

Das Mehrbegehren, der erst- und der zweitbeklagten Partei werde ab sofort verboten, beim Vertrieb der von der erstbeklagten Partei verlegten Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere der NEUEN KRONEN ZEITUNG, anzukündigen, daß sie beim Kauf der Zeitung, insbesondere bei der Bestellung eines neuen Abonnements, Gratisgaben, insbesondere ein Gratis-Handy und 500 S Gesprächs-Gutschrift, gewähren, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erst- und zweitbeklagten Partei die mit 7.933,68 S (darin 1.322,28 S USt) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Rekurs- und Revisionsrekursverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erst- und zweitbeklagten Partei die mit 21.826,80 S (darin 3.637,80 S USt) bestimmten Kosten des Rekurs- und Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es, einschließlich des bestätigten Teils, insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Der dritt- und der viertbeklagten Partei wird ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die von der erstbeklagten Partei verlegte NEUE KRONEN ZEITUNG, welche die Ankündigung enthält, daß beim Verkauf der Zeitung, insbesondere bei der Bestellung eines neuen Abonnements, Gratisgaben, insbesondere ein Gratis-Handy und 500 S Gesprächs-Gutschrift gewährt werden, zu vertreiben.

Die klagende Partei wird ermächtigt, den Urteilsspruch auf Kosten der dafür zur ungeteilten Hand haftenden dritt- und viertbeklagten Partei binnen sechs Monaten ab Rechtskraft in der Größe einer ganzen Seite der NEUEN KRONEN ZEITUNG zu veröffentlichen.

Das Mehrbegehren, der erst- und der zweitbeklagten Partei werde ab sofort verboten, beim Vertrieb der von der erstbeklagten Partei verlegten Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere der NEUEN KRONEN ZEITUNG, anzukündigen, daß sie beim Kauf der Zeitung, insbesondere bei der Bestellung eines neuen Abonnements, Gratisgaben, insbesondere ein Gratis-Handy und 500 S Gesprächs-Gutschrift, gewähren; die klagende Partei werde ermächtigt, den Urteilsspruch auch auf Kosten der dafür zur ungeteilten Hand haftenden erst- und zweitbeklagten Parteien binnen sechs Monaten ab Rechtskraft in der Größe einer ganzen Seite der NEUEN KRONEN ZEITUNG zu veröffentlichen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erst- und zweitbeklagten Partei ihre mit 19.938,24 S (darin 3.323,04 S USt) bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die dritt- und viertbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei ihre mit 24.072,24 S bestimmten halben Prozeßkosten (darin 3.323,04 S USt und 4.134 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der erst- und zweitbeklagten Partei die mit 38.582,40 S (darin 5.105,40 S USt und 7.950 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die dritt- und viertbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei ihre mit 36.992,40 S bestimmten halben Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens (darin 5.105,40 S USt und 6.360 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Verlegerin der Wochenzeitschrift "t*****". Einzige Gesellschafterin der Klägerin ist die Verlagsgruppe N***** Gellschaft mbH & Co. KG; persönlich haftende Gesellschafterin dieser KG ist die Verlagsgruppe N***** Gesellschaft mbH, deren Geschäftsführer zugleich auch Geschäftsführer der Klägerin sind. Die Drittbeklagte, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Viertbeklagte ist, vertreibt die von der Erstbeklagten, deren persönlich haftende Gesellschafterin die Zweitbeklagte ist, verlegte Tageszeitung "NEUE KRONEN ZEITUNG"; Verlags- und Vertriebsgesellschaft haben dieselben Geschäftsführer.

Im Verfahren 38 Cg 119/97 des Handelsgerichtes Wien standen einander als Klägerin die Verlagsgruppe N***** GmbH & Co KG und als Beklagte M***** GmbH & Co KG und die M***** GmbH gegenüber; das Verfahren endete mit folgendem gerichtlichen Vergleich: "1. Die beklagten Parteien verpflichten sich ab sofort, es bei sonstiger Exekution zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes in den von ihnen verlegten Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere in der "Neuen Kronen-Zeitung", a) anzukündigen, daß sie Gratisgaben gewähren, wenn der Erhalt dieser Gratisgaben durch den Kauf der Zeitung ermöglicht oder erleichtert wird, insbesondere Autobahnvignetten an die Inhaber von Autonummern, die angekündigtermaßen in künftigen Ausgaben der Zeitung bekanntgegeben werden; b) solche auf diese Weise angekündigte Gratisgaben zu gewähren. 2. Die klagende Partei wird ermächtigt, Punkt 1. dieses Vergleiches auf Kosten der dafür zur ungeteilten Hand haftenden beklagten Parteien binnen sechs Monaten ab Rechtskraft in der "NEUEN KRONEN ZEITUNG" zu veröffentlichen, wobei die Veröffentlichung in einen Kasten zu setzen ist, sie im Blatt nicht hinter der Seite 25 zu erscheinen hat sowie die Überschrift "Vergleich" in der Größe der Überschrift der inkriminierten Veröffentlichung "Die ersten 200 Gewinner!", der übrige Text in der Größe des Fließtextes der inkriminierten Veröffentlichung und die Prozeßparteien im Fettdruck zu setzen sind. 3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem Gericht vorbehalten." Dieser Vergleich wurde abgeschlossen, noch bevor eine Tagsatzung im hier anhängigen Verfahren stattgefunden hat.

Das Titelblatt der "Neuen Kronen Zeitung" vom 13. 12. 1997 enthielt folgende Ankündigung: "Krone-Weihnachts-Aktion. Gratis-Handy + S 500.- zum Krone-Abo". Das Titelblatt derselben Zeitung, Ausgabe vom 20. 2. 1998, enthielt folgende Ankündigung: "Beetle Gewinnspiel! Gewinnschein morgen in der Krone".

Gestützt auf die Ankündigung auf dem Titelblatt der Zeitung der Beklagten vom 13. 12. 1997 begehrt die Klägerin, a) den Beklagten ab sofort zu verbieten, beim Vertrieb der von der Erstbeklagten verlegten Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere der Neuen Kronen Zeitung, anzukündigen, daß sie beim Kauf der Zeitung, insbesondere bei der Bestellung eines neuen Abonnements, Gratisgaben, insbesondere ein Gratis-Handy und 500 S Gesprächs-Gutschrift, gewähren; b) die KLÄGERIN werde ermächtigt, den Urteilsspruch auf Kosten der dafür zur ungeteilten Hand haftenden Beklagten binnen sechs Monaten ab Rechtskraft in der Größe einer ganzen Seite der NEUEN KRONEN ZEITUNG zu veröffentlichen. Zur Sicherung des Unterlassungsbegehrens stellt die Klägerin einen gleichlautenden Sicherungsantrag. Durch die Ankündigung werde für die Bestellung eines Zeitungsabonnements ein unsachlicher Kaufanreiz geboten; dies sei als unzulässige Zugabe zu beurteilen, wofür der Verleger hafte.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrags und des Klagebegehrens. Dritt- und Viertbeklagte stünden zur Klägerin, die kein Vertriebsunternehmen sei, in keinem Wettbewerbsverhältnis. Auch überlasse die Klägerin den Vertrieb ihrer Zeitschrift der Drittbeklagten, sodaß beide einander ergänzten und zusammenarbeiteten. In den beanstandeten Ankündigungen finde sich kein Hinweis auf die Dritt- und Viertbeklagte; die Klägerin habe auch nicht vorgebracht, inwieweit Dritt- und Viertbeklagte an den der Erstbeklagten als Verlegerin zuzurechnenden Veröffentlichungen beteiligt seien. Ein Zeitungsvertrieb hafte für Wettbewerbsverstöße in den von ihm vertriebenen Zeitschriften nur dann, wenn er Kontrollmaßnahmen unterlasse, obwohl er konkreten Anlaß zur Annahme haben müsse, die Zeitungen enthielten Wettbewerbsverstöße. Erst- und Zweitbeklagte hätten im Verfahren vor dem Handelsgericht Wien zu 38 Cg 119/97d in ihrer Äußerung vom 30. 12. 1997 der Verlagsgruppe N***** GmbH & Co KG den Abschluß eines Vergleichs angeboten, bei dem die angebotene Unterlassungs- und Ermächtigungsverpflichtung inhaltlich dem hier gestellten Begehren entspräche. Zwischen der Klägerin und der Verlagsgruppe N***** Gesellschaft mbH & Co KG bestünden derartige tatsächliche und rechtliche Bindungen, daß nach der Lebenserfahrung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, daß das schutzwürdige Interesse der Klägerin durch die Verlagsgruppe N***** GmbH & Co KG vollwertig gewahrt werde. Auf Grund dieses Vergleichsanbots sei somit hier die Wiederholungsgefahr weggefallen und es bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Erlangung eines gleichlautenden Unterlassungstitels gegen die Erst- und Zweitbeklagte. Überdies sei das Unterlassungsbegehren ohne jede Einschränkung auf Handlungen im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs formuliert, was aus dem UWG nicht ableitbar sei. Das Veröffentlichungsbegehren sei unmäßig und weit überzogen, weil es nicht nur der Beseitigung eines allenfalls erweckten irreführenden oder unrichtigen Eindruckes des angesprochenen Publikums, sondern auch der Schädigung oder Anprangerung der Beklagten dienen solle.

Die Klägerin hält dem entgegen, daß eine weitere Klageführung mehrerer Verletzter erst dann entbehrlich sei, wenn einer von ihnen über einen rechtskräftigen Exekutionstitel verfüge, was nicht der Fall sei. Ein Wettbewerbsverhältnis könne auch zwischen Unternehmen verschiedener Absatzstufen bestehen. Die Drittbeklagte sei ein Organ der Erstbeklagten und besorge den Vertrieb der Verlagsprodukte; die Geschäftsführer beider Gesellschaften seien identisch. Der Wettbewerbsverstoß sei daher auch der Dritt- und Viertbeklagten zuzurechnen. Das im Parallelprozeß erstattete Vergleichsanbot sei nicht ausreichend, weil es die Wiederholungsgefahr nicht beseitige. Die Beklagten seien nicht ernstlich bemüht, ihren Unterlassungsverpflichtungen zu entsprechen; erst am 21. 2. 1998 sei wieder ein Gewinnspiel auf der Titelseite der "Neuen Kronen Zeitung" angekündigt worden.

Die Beklagten führen dazu aus, angesichts des am 23. 2. 1998 im Parallelverfahren abgeschlossenen Vergleichs bestehe kein Grund, trotz der Gewinnspielankündigung in der Zeitungsausgabe vom 21. 2. 1998 an ihrem Unterlassungswillen zu zweifeln.

Das Erstgericht wies Sicherungsantrag und Klagebegehren ab. Mit dem abgeschlossenen Vergleich sei das Rechtsschutzinteresse der Klägerin betreffend Erst- und Zweitbeklagte weggefallen; zwischen der zu 38 Cg 119/97d klagenden Partei und der Klägerin im hier zu entscheidenden Verfahren bestünden nämlich auf Grund des Mutter-Tochter-Verhältnisses derartige Beziehungen, daß das schutzwürdige Interesse der Klägerin durch den Exekutionstitel, den die Verlagsgruppe N***** GmbH & Co KG im Parallelverfahren erlangt habe, vollwertig gewahrt scheine. Die Klägerin hätte deshalb nach Abschluß des dortigen Vergleichs hinsichtlich Erst- und Zweitbeklagter auf Kostenersatz einschränken müssen. Hinsichtlich Dritt- und Viertbeklagter lasse sich deren Verhalten keinesfalls unter das geltend gemachte Unterlassungsbegehren subsumieren, weil sie die von der Klägerin beanstandete Ankündigung nicht vorgenommen hätten.

Das Rekurs- und Berufungsgericht gab dem Sicherungsantrag und dem Klagebegehren hinsichtlich des Veröffentlichungsbegehrens in der beantragten Form, hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens modifiziert dahin statt, daß Erst- und Zweitbeklagter verboten wird, beim Vertrieb der von der Erstbeklagten verlegten Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere der "Neuen Kronen Zeitung", anzukündigen, daß sie beim Kauf der Zeitung, insbesondere bei der Bestellung eines neuen Abonnements, Gratisgaben, insbesondere ein Gratis-Handy und 500 S Gesprächs-Gutschrift, gewähren, und daß Dritt- und Viertbeklagter verboten wird, die von der Erstbeklagten verlegte "Neue Kronen-Zeitung" mit der Ankündigung, daß sie beim Kauf der Zeitung, insbesondere bei der Bestellung eines neuen Abonnements, Gratisgaben, insbesondere ein Gratis-Handy und 500 S Gesprächs-Gutschrift, gewähren, zu vertreiben. Es sprach für beide Entscheidungen aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs und die ordentliche Revision zulässig sei. Ein zugunsten der Muttergesellschaft bestehender Exekutionstitel wahre zwar grundsätzlich auch das Rechtsschutzinteresse der Tochtergesellschaft. Bei den Wettbewerbsverstößen im Parallelverfahren und im vorliegenden Fall handle es sich aber um jeweils selbständig zu beurteilende Verstöße gegen das Zugabenverbot. Sowohl der Vergleich als auch das hier erhobene Begehren hätten zunächst denselben, dem Gesetzestext entsprechenden Wortlaut, als sie das Verbot der Ankündigung umfaßten, Gratisgaben zu gewähren; der Unterschied bestehe in der sodann jeweils nachfolgenden Konkretisierung durch die Formulierung im mit "insbesondere" eingeleiteten Satzteil. Bei den Ankündigungen der Gratisgewährung von Autobahn-Vignetten und der Gewährung in Form eines Handys samt Gesprächsgutschrift handle es sich um verschiedene Tatbestände, die in keinem Zusammenhang stünden. Nach der Judikatur werde gefordert, daß das Unterlassungsbegehren die Unterlassungspflicht so deutlich kennzeichnen müsse, daß die Verletzung gemäß § 355 EO exekutiv durchsetzbar sei. Es werde eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes schon deshalb für notwendig erachtet, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Der Kern der Verletzungshandlung müsse dabei so erfaßt sein, daß unter den Schutzumfang des Unterlassungsbegehrens nicht nur völlig gleichartige Handlungen, sondern auch alle anderen fielen, die diesen Kern unberührt ließen. Das Gewähren von Autobahn-Vignetten und das Gewähren von Gratis-Handys samt Gutschrift hätten keinen derartigen gemeinsamen Kern; es lägen zwei völlig verschiedenartige Handlungen vor. Der auf die "Autobahn-Vignetten" bezogene Unterlassungsvergleich könne daher noch nicht als ein tauglicher Exekutionstitel bezüglich der Unterlassung der Gewährung von Gratis-Handys samt Gutschriften angesehen werden. Im Falle einer Verweigerung einer Exekutionsführung würde das hier vorliegende Problem in einen Impugnationsprozeß vor das Exekutionsgericht verlagert werden, was zur Folge hätte, daß über eine Angelegenheit der Kausalgerichtsbarkeit kein fachmännischer Laienrichter beigezogen würde. Ein weiterer Umstand, der ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin bejahen lasse, liege hier darin, daß die Klägerin auch ein Veröffentlichungsbegehren stelle; ihr Interesse daran sei als besonders gewichtig anzusehen, zumal hiedurch einem weiteren Publikum vor Augen geführt werde, daß ein Wettbewerbsverstoß erfolgt sei. Es sei ein besonderes Interesse der Klägerin an der Urteilsveröffentlichung in derselben Aufmachung wie der Wettbewerbsverstoß zu bejahen, was durch den abgeschlossenen Unterlassungsvergleich nicht gewährleistet sei.

Sei zwischen den Streitteilen ein die unentgeltliche Gewährung von Zugaben betreffender Unterlassungsvergleich abgeschlossen worden, welcher insbesondere auf die Gewährung von "Autobahn-Vignetten" konkretisiert war, so könnten mit diesem Titel innerhalb der Verjährungsfrist einer Judikatschuld sämtliche wettbewerbs- widrigen Verstöße gegen die Zugabenbestimmungen erfaßt werden. Die Klägerin könnte demnach auf Grund des Unterlassungsvergleichs vom 22. 2. 1998 im Verfahren 38 Cg 119/97 des Handelsgerichtes Wien während der Verjährungsfrist einer Judikatschuld bei jedem behaupteten Verstoß gegen die Zugabenbestimmungen durch die Beklagten bereits Exekution führen; eine solche Vorgangsweise würde aber wohl der Absicht der Vergleichsparteien nicht gerecht. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren habe die Klägerin darauf hingewiesen, daß es den Beklagten am ernstlichen Bemühen für die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtungen fehle. Die Beklagten hätten bereits im Parallelverfahren mit ihrer Äußerung vom 30. 12. 1997 den Abschluß eines Vergleichs angeboten. Im vorliegenden Verfahren sei es unmittelbar vor der letzten Tagsatzung am 23. 2. 1998 zum Abschluß des Unterlassungs- und Veröffentlichungsvergleichs gekommen. Trotz des Vergleichsanbots und des Abschlusses des Vergleichs vom 23. 2. 1998 hätten die Beklagten in der Ausgabe der Neuen Kronen Zeitung vom 21. 2. 1998 bereits neuerlich ein Gewinnspiel auf der Titelseite mit den Worten "Gewinnschein morgen in der Krone" angekündigt. Unter diesen Umständen könne in dem am 23. 2. 1998 abgeschlossenen Vergleich auch eine das nunmehrige Verfahren betreffende Absicht einer Streitbereinigungs- wirkung nicht ohne weiteres erkannt werden. Im vorliegenden Verfahren habe keine der Parteien behauptet, daß mit dem im Parallelverfahren abgeschlossenen Vergleich auch die Absicht verbunden gewesen sei, die vorliegende Rechtssache zu bereinigen (vgl § 1389 erster Satz ABGB); im Hinblick auf die neuerliche Gewinnspielankündigung der Beklagten sei eine solche Absicht vielmehr auszuschließen.

Dritt- und Viertbeklagte hätten durch den Vertrieb den Wettwerbsverstoß gefördert. Aus der (undeutlichen) Formulierung des Klagebegehrens sei zu erkennen, daß das Verbot des Vertriebs gemeint sei. Wer die ihm zum Zwecke des Vertriebs übermittelten Zeitungen versende, nehme zwar den Vertrieb bewußt vor, der Inhalt der Zeitungen müsse ihm aber nicht bewußt sein; ein bloßes Vertriebsunternehmen sei nicht verpflichtet, die von ihm vertriebenen Zeitungen gleichsam als Zensor auf allfällige Rechtsverletzungen hin zu überprüfen. Im vorliegenden Fall ergebe sich, daß der Wettbewerbsverstoß bereits auf der ersten Seite der vertriebenen Zeitung erfolgt und dadurch zumindest auffällig gewesen sei. Darüber hinaus sei die Personenidentität bei den Geschäftsführern der Beklagten zu berücksichtigen, die folglich Kenntnis vom Zugabenverstoß und vom Vertriebsweg der Zeitungen hätten haben müssen. Sie hätten auch die Möglichkeit gehabt, den Wettbewerbsverstoß durch den Vertrieb zu verhindern, weshalb auch Dritt- und Viertbeklagte die Gehilfenhaftung für den Vertrieb der gegen die Wettbewerbsbestimmungen verstoßenden Zeitung treffe.

Rechtliche Beurteilung

Revisionsrekurs und Revision der Beklagten sind zulässig, weil das Gericht zweiter Instanz von den Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen ist; die Rechtsmittel sind teilweise berechtigt.

1. Zum Rechtsschutzinteresse bei bestehendem Exekutionstitel

Aus der Erwägung, daß ein auf Unterlassung eng umrissener Eingriffe ganz bestimmter Art lautender Exekutionstitel vielfach wertlos ist, weil der Verpflichtete durch Eingriffe ähnlicher Art den gleichen Erfolg erwirken kann, hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, daß eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes meist notwendig ist, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen. Eine Möglichkeit, Umgehungen zu verhindern, bestehe darin, die tatsächlich verübte Handlung bei ihrer Beschreibung allgemeiner zu fassen und ihr damit einen breiteren Rahmen zu geben. Dabei müsse der Kern der Verletzungshandlung so erfaßt sein, daß unter den Schutzumfang des Unterlassungsanspruches nicht nur völlig gleichartige Handlungen, sondern auch alle anderen fallen, die diesen Kern der Verletzungshandlung unberührt lassen (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II; ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille). Bei Verstößen gegen das Zugabenverbot erachtet der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung eine allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes schon deshalb für gerechtfertigt, weil es dem Unternehmer bei Auswahl der Zugabe im allgemeinen nicht so sehr auf die besondere Beschaffenheit der Ware, sondern auf ihren Wert ankommt und er das Verbot einer bestimmten Zugabe nur allzu leicht durch Verwendung einer anderen - nicht einmal ähnlichen - Ware als Zugabe umgehen könnte (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II; ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille; ÖBl 1998, 250 - NEWS-Gewinnspiele). An dieser Rechtsprechung ist ungeachtet der Bedenken des Gerichts zweiter Instanz festzuhalten.

Die Ankündigung, eine Autobahn-Vignette als Gratis-Beigabe zu einer Zeitung zu gewähren, ist in ihrem Kern der Ankündigung gleichzuhalten, als Gratis-Beigabe ein Handy samt Gebührengutschrift zu gewähren, bedeuten doch beide Ankündigungen das Versprechen der kostenlosen Zugabe einer wirtschaftlich werthaften Ware oder Leistung; auf die nähere Ausgestaltung der Gratisleistung kommt es im Zusammenhang des § 9a Abs 1 UWG regelmäßig nicht an. Ob eine Ware (Leistung) im Einzelfall als Zugabe iS dieser Bestimmung anzusehen ist, ist überdies zumeist eine Rechtsfrage, die schon auf Grund der Angaben im Exekutionsantrag beurteilt werden kann; auf ein bestimmtes Tatsachenvorbringen, das nur in einem Impugnationsprozeß (ohne Beteiligung eines fachmännischen Laienrichters) beurteilt werden könnte, kommt es hingegen nur in seltenen Fällen an (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II).

Das in dem im Parallelverfahren abgeschlossenen Vergleich enthaltene Unterlassungsgebot wird durch den unter "insbesondere" angeführten Beispielsfall nicht eingeschränkt, sondern nur verdeutlicht (ÖBl 1997, 222 - BILLA-Bons; 3 Ob 199/97d; 4 Ob 174/98m) und umfaßt daher auch den hier zu beurteilenden Verstoß gegen § 9a UWG. Berechtigte aus diesem Unterlassungsvergleich ist die Alleingesellschafterin der Erstklägerin; auf Grund dieser tatsächlichen Bindung ist aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß mit diesem Vergleich das schutzwürdige Interesse auch der Klägerin, Zugabenverstöße der Erst- und Zweitbeklagten hintanzuhalten, vollwertig gewahrt ist (vgl MR 1996, 37 - Casino-Gewinnspiel; WBl 1999, 42; 4 Ob 7/98b). Ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin gegenüber Erst- und Zweitbeklagter läßt sich aber - entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz - auch nicht mit dem Veröffentlichungsbegehren begründen: Der erkennende Senat hat schon wiederholt ausgesprochen, daß die Einrede des mangelnden Rechtsschutzinteresses wegen Vorhandenseins eines Exekutionstitels nur in Ausnahmefällen und bei Vorliegen eines ganz besonderen Interesses an einer Urteilsveröffentlichung in Frage kommen könnte, wofür jedenfalls der Kläger behauptungs- und beweispflichtig wäre (SZ 66/146 mwN). Die Klägerin hat hier nur vorgebracht, daß die im Parallelverfahren angebotene Veröffentlichung "unzureichend" sei; für die Annahme eines besonderen Ausnahmefalls besteht damit noch kein Anlaß. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus in diesem Zusammenhang auch der Charakter des Veröffentlichungsanspruchs als unselbständiger Nebenanspruch im Verhältnis zum Begehren auf Unterlassung (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 34 Rz 21 mit Nachweisen zur Rsp in FN 82): Kommt es (hier: infolge fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses) zu keiner Stattgebung in der Hauptsache, muß dies gleichermaßen auch auf einen damit verbundenen Nebenanspruch durchschlagen.

Richtig ist zwar der Hinweis des Gerichts zweiter Instanz, daß ein Vergleich, welcher über eine besondere Streitigkeit geschlossen worden ist, sich nicht auf andere Fälle erstreckt (§ 1389 erster Satz ABGB). Haben die Vergleichsparteien aber (wie hier im Parallelverfahren) einen Vergleich geschlossen, unter dessen Unterlassungsgebot nach seiner weiten Formulierung jeglicher Verstoß gegen das Zugabeverbot in Verbindung mit einem Zeitungsverkauf fällt, so kommt es auf die Absicht der Parteien bei der Beurteilung, ob ein Begehren schon vom Vergleich umfaßt ist, nicht an. In Ansehung der Erst- und Zweitbeklagten waren deshalb die abweisenden Entscheidungen des Erstgerichts wiederherzustellen.

2. Zur Haftung der Vertriebsgesellschaft

Nach Lehre und stRsp richtet sich der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch nicht nur gegen den unmittelbaren Täter (Störer), also gegen jene Person, von der die Beeinträchtigung ausgeht und auf deren maßgeblichen Willen sie beruht, sondern auch gegen Mittäter, Anstifter und Gehilfen des eigentlichen Störers (ÖBl 1996, 122 - Gratisflugreisen II mwN; Koppensteiner aaO § 34 Rz 42 mit Judikaturnachweisen in FN 162). Dabei kann als Mitwirkung auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte und eigene Prüfungspflichten verletzt hat (so zur wettbewerbs- und urheberrechtlichen Störerhaftung bei vergleichbarer Rechtslage Bundesgerichtshof in GRUR 1999, 418 - Möbelklassiker mwN).

Dritt- und Viertbeklagte haben durch den Vertrieb der Zeitungsausgabe mit der beanstandeten Ankündigung willentlich und adäquat kausal zur wettbewerbswidrigen Ankündigung der Erstbeklagten beigetragen. Die wettbewerbswidrige Zugabenankündigung ist als unschwer zu erkennender - weil auf dem Titelblatt erfolgter - Verstoß gegen § 9a Abs 1 UWG zu beurteilen; er hätte den Geschäftsführern der Dritt- und Viertbeklagter jedenfalls auch dann auffallen müssen, wenn man ihre Prüfungspflicht auf grobe und auffällige Wettbewerbsverstöße beschränkte (so Bundesgerichtshof aaO); auch ist zu unterstellen, daß ihnen schon in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der Erst- und Zweitbeklagten die beanstandete Werbeaktion für Neuabonnenten bei gehöriger Sorgfalt hätte bekannt sein müssen. Auf Grund ihrer doppelten Organstellung in Verlags- und Vertriebsgesellschaft hätten sie den Wettbewerbsverstoß auch abstellen können. An der grundsätzlichen Haftung der Dritt- und Viertbeklagten für die wettbewerbswidrige Ankündigung in der von ihnen vertriebenen Zeitung ist demnach nicht zu zweifeln.

Entgegen der Auffassung der Beklagten werden die Unterlassungsbegehren in Klage und Sicherungsantrag nicht überschritten, sondern nur verdeutlicht, wenn anstatt des begehrten Verbotes, "beim Vertrieb ... anzukündigen", Dritt- und Viertbeklagter verboten wird, die Zeitung mit der beanstandeten Ankündigung zu vertreiben. Das Gericht zweiter Instanz hat sich bei der Neufassung des Urteilsspruchs im Rahmen des von der Klägerin Gewollten und damit innerhalb der von § 405 ZPO gezogenen Grenzen gehalten (4 Ob 102/98y). Die Rechtsmittelwerber machen aber zutreffend geltend, daß das gegen sie ergangene Unterlassungsgebot zu weit gefaßt ist. Tatbestandsmäßig im Sinne des § 1 UWG handelt nämlich nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nur, wer Handlungen, die gegen die guten Sitten verstoßen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes vornimmt. Wenn auch bei im Zeitungsverlagsgeschäft tätigen juristischen Personen Handeln ohne Wettbewerbsabsicht kaum vorstellbar ist, darf ein Unterlassungstitel doch nur in dem vom Gesetz gebotenen Umfang erlassen werden; ein ohne diese Einschränkung erlassenes generelles Verbot gewährte dem Verletzten andernfalls einen vom gesetzlichen Verbot nicht gedeckten Schutz (ÖBl 1999, 95 - PKW-Jahres-Vignette). Hinsichtlich Dritt- und Viertbeklagter war deshalb die angefochtene Entscheidung - mit Ausnahme der aufgezeigten Einschränkung - zu bestätigen.

Im Provisorialverfahren beruht die Entscheidung über die Kosten der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Erst- und Zweitbeklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm 50 ZPO. Im Hauptverfahren ist die gegenüber Erst- und Zweitbeklagter unterliegende Klägerin zum Kostenersatz gem § 41 Abs 1 ZPO verpflichtet, erhält aber ihrerseits ihren halben Verfahrensaufwand von Dritt- und Viertbeklagter ersetzt.

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