OGH 5Ob68/99g

OGH5Ob68/99g21.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers Dr. Erwin G*****, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Ö*****bank, *****vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 1 Abs 2 Z 2 MRG und § 1 MG, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. Juli 1998, GZ 39 R 338/98i-10, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 12. März 1998, GZ 4 Msch 145/97t-6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Rekursgericht hat die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses deshalb für gegeben erachtet, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob durch ein in einem Mietvertrag vereinbartes Recht des Vermieters, bei Verlust der Dienstnehmereigenschaft des Mieters diesen zu kündigen sowie durch die Vereinbarung der Erhöhung des Mietzinses auf das Dreifache bei Verlust der Dienstnehmereigenschaft des Mieters bis zur Räumung der Wohnung der rechtliche Charakter einer Dienstwohnung verloren gehe.

Diese Fragen sind aber durch gesicherte Rechtsprechung zur Definition einer Dienstwohnung, die im folgenden dargestellt wird, bereits ausreichend geklärt.

Die Zurückweisung eines ordentlichen Rechtsmittels wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz, § 528a ZPO, § 37 Abs 3 Z 16 MRG).

Rechtliche Beurteilung

Voranzustellen ist, dass Grund für die Ausnahmeregelung des MRG bei Dienstwohnungen der Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis ist, der es angebracht erscheinen läßt, auf die Überlassung der Wohnung nicht die Schutzbestimmungen des MRG (bzw des MG) anzuwenden, sondern dieses Rechtsverhältnis wie den die Geschäftsgrundlage bildenden Arbeitsvertrag nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu behandeln (SZ 66/71 = DRdA 1994, 156 [Kirner]; auch 9 ObA 155/94; 3 Ob 94/98m; alle RIS-Justiz 0020441).

Erst durch die am 1. 1. 1982 in Kraft getretene Bestimmung des § 1 Abs 2 Z 2 MRG wurden Wohnungen, die auf Grund eines Dienstverhältnisses oder im Zusammenhang mit einem solchen überlassen werden, ausdrücklich vom Anwendungsbereich des MRG ausgenommen. Das MG enthielt überhaupt keine entsprechende, in diese Richtung weisende Bestimmung, weshalb erst auf interpretativem Wege die Nichtanwendbarkeit des MG auf Dienstwohnungen angenommen wurde (Hofmann-Wellenhof in HdBzMRG 130 f). Im Geltungsbereich des MG unterlagen Benützungsverhältnisse nicht den Schutzbestimmungen des Gesetzes, wenn die Überlassung der Wohnung - entgeltlich oder unentgeltlich - auf die Dauer des Dienstverhältnisses beschränkt war, sodass das Bestandverhältnis - sofern überhaupt ein solcher Vertrag abgeschlossen worden war - zugleich mit dem Dienstverhältnis endete und der Benützungstitel erlosch (zur Rechtslage nach dem MG: SZ 13/119, 34/182; MietSlg 33.147; 36.240/16; 37.230/9; 42.180 = WoBl 1991/46 ua). Durch die Bestimmung des § 1 Abs 2 Z 2 MRG (die an § 88 Abs 1 EheG anschließt: AB 880 BlgNR 15. GP 2) wurden die Grenzen des Anwendungsbereichs der Kündigungsschutzvorschriften für die dort genannten Bestandobjekte deutlich enger gezogen, als dies nach der bisherigen Rechtslage der Fall war (MietSlg 36.240/16; 37.230/9 ua). Die Bestimmungen des MRG sind nicht auf Wohnungen anzuwenden, die auf Grund eines Dienstverhältnisses oder im Zusammenhang mit einem solchen überlassen wurden.

Die Vorinstanzen haben zutreffend unter Zitierung der zu § 1 Abs 2 Z 2 MRG ergangenen Rechtsprechung ausgeführt, dass das vorliegende Vertragsverhältnis als Vertrag über eine Dienstwohnung zu qualifizieren sei und daher nicht den Bestimmungen des MRG hinsichtlich der Mietzinsbildung unterliege.

Dabei wurde lediglich übersehen, dass der Vertragsabschluss am 1. Juni 1970, somit noch im Geltungsbereich des MG, erfolgte.

Nach den zugrundezulegenden Feststellungen über den Vertragsinhalt bestehen aber keine Zweifel daran, dass das zwischen den Parteien im Jahre 1970 begründete Rechtsverhältnis über die verfahrensgegenständliche Wohnung auch den Bestimmungen des MG nicht unterlag. Lehre und Rechtsprechung anerkannten im Bereich des MG die Wirksamkeit einer Jumktimierung der Beendigung eines Wohnungsbenützungsrechtes - auch wenn es für sich allein dem mietengesetzlichen Kündigungsschutz unterläge - mit der Beendigung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, wenn dieses nicht bloß Anlass, sondern wesensmäßiger Zweck der Nutzungseinräumung gewesen ist (MietSlg 33.147 mwN) und vereinbarungsgemäß die Überlassung der Wohnung mit dem Dienstverhältnis endete und der Benützungstitel erlosch (MietSlg 37.230/9 mwN). Dem Antragsteller wurde "in Hinblick auf das zwischen ihm und der Antragsgegnerin bestehende Dienstverhältnis" die Wohnung vermietet (Punkt I des Vertrages), wobei das Bestandverhältnis "für die Dauer der Bankzugehörigkeit des Mieters abgeschlossen" wurde (Punkt III des Vertrages) und festgestellt wurde zwischen den Parteien des Vertrages, dass "die Wohnung für die Unterbringung von Bediensteten der Österreichischen Nationalbank bestimmt ist" (Punkt III.2). Für den Fall der Beendigung der Dienstzugehörigkeit des Antragstellers wurde bis zur Räumung der Wohnung eine Erhöhung des Mietzinses auf das Dreifache vereinbart (Punkt II.2).

Damit sind aber auch alle von der Rechtsprechung zur Rechtslage nach dem MG entwickelten essentialia einer Dienstwohnungsvereinbarung erfüllt. Dass sich die Antragsgegnerin daneben noch ein spezielles Kündigungsrecht nach den Bestimmungen des § 19 Abs 2 Z 6 und 7 MG ausbedungen hat, vermag am rechtlichen Charakter der Benützungsvereinbarung nichts zu ändern. Keineswegs trifft, wie dem Antragsteller vorschwebt, zu, dass dadurch die Anwendbarkeit aller Kündigungsbestimmungen des MG vereinbart worden wäre, worauf es aber im übrigen im vorliegenden Fall nicht ankommt. Als Argument dafür, dass damit die Zinsschutzbestimmungen des MG (oder MRG) vereinbart worden wären ist der Hinweis auf dieses spezielle Kündigungsrecht keineswegs geeignet. Eine solche Vereinbarung ist dem Charakter der Überlassung auf Grund eines Dienstverhältnisses ebenso unschädlich wie die Tatsache, dass für den Fall der Beendigung des Nutzungsrechtes (§ III.1 des Vertrages) ein dreifach erhöhter Mietzins vereinbart wurde. Gerade letzteres Argument zeigt in Zusammenhang damit, dass diese Zinsvereinbarung bis zur Räumung der Wohnung gelten sollte, deutlich den Willen der Vertragsteile, dass mit der Beendigung der Bankzugehörigkeit des Antragstellers eben der besondere Charakter des Benützungsverhältnisses nicht mehr besteht. In diesem Fall benützt der Antragsteller die Wohnung zwischen der vertragsgemäßen Beendigung und der Räumung titellos und wird für diesen Zeitraum ein Benützungsentgelt in bestimmter Höhe vereinbart. Ungeachtet dessen unterliegt das Benützungsverhältnis weiterhin der gesetzlichen Ausnahmebestimmung (MietSlg 46.202). Auch die Pensionierung des Antragstellers, die nach der vertraglichen Vereinbarung weiters als "Bankzugehörigkeit" definiert wird, nimmt dem Benützungsvertrag, für den der Dienstvertrag Geschäftsgrundlage war, nicht den Charakter der Dienstwohnung (WoBl 1995/55).

In Hinblick auf die - auch für den Geltungsbereich des MG - klare Rechtslage waren Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen, weshalb der Revisionsrekurs ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts als unzulässig zurückzuweisen war.

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