OGH 11Os86/99

OGH11Os86/9914.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Harm als Schriftführer, in der Strafsache gegen Leon William Martin C***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Leon William Martin C***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Schöffengericht vom 14. April 1999, GZ 15 Vr 964/98-217, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Bierlein, der Angeklagten Leon William Martin C***** und Andre D***** und der Verteidiger Mag. Schuszter und Dr. Mayer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt teils demgemäß, teils auch gemäß § 290 Abs 1 StPO, in den Aussprüchen, wonach Leon C***** und Andre D***** die unter 1 b, 2 b und 3 des Schuldspruches bezeichneten Straftaten als Mitglieder einer Bande begangen haben, sowie demzufolge in der rechtlichen Unterstellung dieser Taten (auch) unter die Qualifikationen des § 28 Abs 3 zweiter Fall und Abs 4 Z 1 SMG und in den diese beiden Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen, jedoch unter Aufrechterhaltung der sie betreffenden Aussprüche über die Vorhaftanrechnung und über die Einziehung des sichergestellten Suchtgiftes aufgehoben und im Umfang der Aufhebung (gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO) in der Sache selbst erkannt:

Leon C***** und Andre D***** werden für die ihnen auf Grund der verbleibenden Schuldsprüche (1 b, 2 b und 3) weiterhin zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich des teils in der Entwicklungsstufe des Versuches verbliebenen, jeweils als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB verwirklichten Verbrechens nach § 28 Abs 2, zweiter, dritter und vierter Fall, Abs 3 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG nach § 28 Abs 4 SMG zu Freiheitsstrafen von

acht Jahren (C*****) und

sechs Jahren (D*****)

verurteilt.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte C***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten C***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (ua) Leon (William Martin) C***** und Andre (Bernard Eveline) D***** der jeweils als Bestimmungstäter begangenen, teils in der Entwicklungsphase des Versuchs (§ 15 StGB) verbliebenen Verbrechen nach § 28 Abs 2 (zweiter, dritter und vierter Fall), Abs 3 erster (überflüssig zusätzlich angeführt auch zweiter) Fall und Abs 4 Z 1 und 3 SMG schuldig erkannt.

Danach (und unter Einbeziehung der Entscheidungsgründe) haben sie im Sommer 1998 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter gewerbsmäßig sowie als (schon einmal wegen einer in § 28 Abs 2 SMG bezeichneten strafbaren Handlung verurteilte) Mitglieder einer Bande den bestehenden Vorschriften zuwider andere mit Beziehung auf ein Suchtgift, dessen Menge (jeweils) zumindest das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28 Abs 6 SMG) ausmacht, nämlich

(1 b) den (in diesem Verfahren unter 1 a des Urteilssatzes deswegen rechtskräftig verurteilten) unmittelbaren Täter Freddy (Eduard Maria) B***** zur (Aus- und) Einfuhr von Ecstasy mit einer Reinsubstanz von

6.700 Gramm MDMA von Belgien (über Deutschland) nach Österreich veranlasst, indem sie ihm das angeführte Suchtgift in Belgien mit dem Auftrag übergaben, es nach Wien zu verschaffen;

(2 b) Freddy (Eduard Maria) B***** ferner zur Ausführung des im Stadium des Versuchs gebliebenen Inverkehrsetzens des zu 1 a bezeichneten Suchtgifts veranlasst, indem sie ihn in Wien beauftragten, das Suchtgift an einen namhaft gemachten vermeintlichen Abnehmer (in Wahrheit an einen verdeckten Ermittler des BMI) unter bestimmten Modalitäten zu übergeben, wobei die Vollendung der Tat an der Festnahme des Freddy B***** am Tatort scheiterte;

(3) als Drogenhändler auftretende verdeckte Ermittler (erfolglos) zum Inverkehrsetzen einer jedenfalls übergroßen Menge Kokain an Freddy B***** zu bestimmen versucht, indem Leon C***** und Andre D***** in Luxemburg und in Wien insgesamt 320.000 holländische Gulden als Anzahlung zum Ankauf für die (auch als Gegengeschäft zu dem unter 2 b angeführten Suchtgifthandel vorgesehene) Kokainlieferung leisteten und danach in Wien die genauen Modalitäten (einschließlich des Ortes, der Zeit und der Form) für die beabsichtigte Übergabe des Suchtgiftes - das der am vereinbarten Übergabsort anwesende Komplize Freddy B***** (dem gemeinsamen Tatplan entsprechend) in Siegendorf im Austausch gegen die (von ihm auszufolgenden) Ecstasy-Tabletten (2 b) entgegennehmen wollte - festsetzten.

(Nur) der Angeklagte Leon C***** bekämpft die ihn betreffenden Schuldsprüche mit einer auf die Gründe der Z 2, 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; lediglich die Subsumtionsrüge, mit der er die angenommene Qualifikation bandenmäßiger Begehung nach § 28 Abs 4 Z 1 SMG anficht, ist im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Unter dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 2) macht der Beschwerdeführer geltend, dass er sowie die beiden Mitangeklagten nach Einleitung der Voruntersuchung entgegen der Vorschrift des § 198 StPO (wonach die Beschuldigtenvernehmung in diesem Verfahrensstadium nur dem Untersuchungsrichter zukommt) von Beamten der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für das Burgenland vernommen und diese nichtigen Vorerhebungsakte trotz seiner Verwahrung in der Hauptverhandlung verlesen worden seien.

Der Einwand versagt aus mehreren Gründen:

Abgesehen davon, dass eine (ergänzende) Befragung durch Gendarmeriebeamte (wie auch der Beschwerdeführer im Ergebnis nicht verkennt) lediglich in Ansehung des Mitangeklagten D***** zeitlich nach Einleitung der gegen ihn geführten Voruntersuchung erfolgte (S 1 des Antrags- und Verfügungsbogens iVm S 170/I und S 257 ff/I), während die Vernehmungen des Nichtigkeitswerbers und des Komplizen Freddy B***** (ebenso wie die Erstbefragung des Angeklagten D*****) jeweils vor der diese Prozessphase auslösenden Beschlussfassung der Untersuchungsrichterin stattfanden (abermals S 1 des Antrags- und Verfügungsbogens iVm S 166, 168/I und S 35 ff, 45 ff, 55 f/I), hat der Schöffensenat nach dem Inhalt des ungerügt gebliebenen Hauptverhandlungsprotokolls nur die vom (frühere Aussagen nicht umfassenden) Verlesungsgebot des § 252 Abs 2 StPO betroffenen Aktenteile vorgetragen (S 387/III), sodass die relevierten Protokolle (entsprechend den in § 252 Abs 1 StPO statuierten Beschränkungen) gar nicht verlesen wurden.

Dass, wie der Beschwerdeführer in seiner Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur ausführt, das Schöffengericht eine Passage der Aussage des Zweitangeklagten in seine Beweiswürdigung miteinbezog, beweist keinesfalls die Verlesung dieses Protokolls. Die inkriminierte Aussage, welche im Übrigen nur die mögliche Kenntnis des Drittangeklagten von der erwarteten Kokainlieferung zum Gegenstand hatte, wurde vom Schöffensenat aber auch nicht zur Begründung einer Feststellung herangezogen und betrifft somit auch unter dem Aspekt des allenfalls in Betracht zu ziehenden Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 StPO keine entscheidende Tatsache.

Darüberhinaus übersieht der Angeklagte, dass es dem Untersuchungsrichter auch nach Einleitung der Voruntersuchung grundsätzlich unbenommen bleibt, sich gemäß § 26 Abs 1 StPO bei seinen Erhebungen (auch in Bezug auf Vernehmungen) anderer Behörden zu bedienen (Mayerhofer aaO § 26 E 6), weshalb durch die Sicherheitsbehörden verfasste Protokolle nicht von vornherein in den Bereich nichtiger Vorerhebungsakte iS der Z 2 fallen.

Soweit Leon C***** die Anwesenheit der amerikanischen Ermittler, welche nach der Aktenlage im Einverständnis mit den österreichischen Sicherheitsbehörden als verdeckte Fahnder im Inland tätig waren (S 7 ff, 77, 103 ff/I; 349 ff, insbes S 361/III) sowie deren angebliche Beteiligung an der Befragung sowohl während seiner Vernehmung als auch im Rahmen der Vernehmung der Mitangeklagten durch Beamte des Landesgendarmeriekommandos Burgenland kritisiert, vermag er weder nach der ins Treffen geführten noch nach einer anderen Gesetzesstelle einen nichtigkeitsbegründenden Verfahrensfehler aufzuzeigen. Bei seinem in diesem Zusammenhang vorgebrachten Hinweis auf die Bestimmung des § 59 ARHG wiederum geht der Beschwerdeführer verfahrensfremd von der Durchführung einer Rechtshilfehandlung ausländischer Organe in Österreich aus, obgleich selbst eine unter (hier nicht aktueller) Verletzung inländischer Hoheitsrechte zustande gekommene Beweisgewinnung deren Verwertung im Urteil nicht hindern würde (vgl Mayerhofer aaO § 281 Z 2 E 5).

Es liegt aber auch die (mit teils hypothetischen Annahmen) reklamierte Verletzung des in Art 6 EMRK statuierten Fairneßgebotes (Z 4) nicht vor, weil der Angeklagte sowohl bei seiner Behauptung der Beeinträchtigung von Interessen eines fremden Staates als auch beim (aktenwidrigen) Vorwurf fehlender richterlicher Kontrolle verkennt, dass die Zulässigkeit von Beweisen nach der Rechtsprechung des EuGH vom jeweiligen innerstaatlichen Recht zu regeln ist (Mayer B-VG2 Art 6 MRK D II 2 aE).

Schließlich mangelt dem gesamten bisher behandelten Vorbringen der erforderliche Einfluss auf die angefochtene Entscheidung (§ 281 Abs 3 StPO), weil der Schöffensenat in seinen Urteilsfeststellungen nur die Verantwortung der Angeklagten in der Hauptverhandlung, nicht indes deren Angaben im Vorverfahren verwertet hat (US 15 ff).

Entgegen der weiteren Beschwerdeargumentation (Z 3) begründet die (von Amts wegen vorgenommene) - teilweise - Ausschließung der Öffentlichkeit (S 303/III) ebenfalls keine Nichtigkeit. Das Erstgericht war nämlich unter den gegebenen Umständen nach der Bestimmung des § 229 StPO zu dieser Maßnahme berechtigt: Auf Grund der Sensibilität des in der Hauptverhandlung von den zeugenschaftlich befragten in- und ausländischen verdeckten Ermittlern teils eingehend erläuterten Themas grenzüberschreitenden kriminaltaktischen Vorgehens bei Bekämpfung international organisierten illegalen Drogenhandels unter namentlicher Bezeichnung weiterer Kontaktpersonen (S 305 ff/III) lagen nicht nur Gründe der öffentlichen Ordnung für den Ausschluss vor (Mayerhofer aaO § 229 E 3 f), sondern erforderten auch gravierende (gegenüber der Kontroll- und Präventivfunktion der öffentlichen Durchführung der Hauptverhandlung eindeutig vorrangige) schutzwürdige Interessen aller vernommenen Drogenfahnder - einschließlich jenes (anonym vernommenen) Zeugen, dessen Angaben zur Person unterbleiben konnten (§ 166a StPO - S 373 ff/III), - die in Rede stehende prozessuale Beschränkung (§ 229 Abs 1 und Abs 2 StPO; ähnlich JUS 1997/6/2190).

Da dem gemäß § 250 Abs 1 StPO während der Beweisaufnahme zeitweise (aus Gründen des Zeugenschutzes) aus dem Gerichtssaal entfernten Angeklagten C***** die während seiner Abwesenheit abgelegten Aussagen vom Vorsitzenden zur Kenntnis gebracht wurden (S 385/III), liegt der weiters relevierte Verstoss gegen die (ungeachtet der undifferenzierten Anführung des § 250 StPO in § 281 Abs 1 Z 3 StPO allein unter Nichtigkeitssanktion stehende) Bestimmung des § 250 Abs 1 StPO ebenfalls nicht vor. Die zudem geltend gemachte Verletzung der Vorschrift des § 250 Abs 3 StPO, welche mit einem seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1998 nicht mehr aktuellen Inhalt ins Treffen geführt wird, ist nicht ersichtlich. Da dem Angeklagten das von Art 6 Abs 3 lit d EMRK garantierte Recht, Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen, durch die (auch mehrfach ergriffene - S 309, 319, 340; 363/III) Möglichkeit der Befragung durch den während der relevierten Vernehmungen anwesenden Verteidiger gewahrt war, und der Beschwerdeführer nach Mitteilung der während seiner Abwesenheit stattgefundenen Vorgänge (§ 250 Abs 1 zweiter Satz StPO) eine auf eine ergänzende Befragung der vernommenen Zeugen abzielende Antragstellung (die ihm allenfalls die Bekämpfung des Urteils mittels Verfahrensrüge - Z 4 - ermöglicht hätte) unterlassen hat (S 385, 387/III), geht auch der Vorwurf der Beeinträchtigung des Parteiengehörs ins Leere.

Das weitwendige Vorbringen zu den übrigen verfahrensrechtlichen Nichtigkeitsgründen (Z 4, 5 und 5a) zielt im Ergebnis (bloß) auf die Bestreitung jenes Tatsachensubstrates ab, demzufolge die verdeckten Fahnder der Drug Enforcement Administration (DEA) San Francisco durch ihr Auftreten als Drogenhändler lediglich den bereits vorhandenen Tatentschluss des Angeklagten C***** zum inkriminierten Suchtgifthandel aufgegriffen haben, ohne ihn zur Begehung der inkriminierten Verbrechen zu verleiten (US 8 ff, 17 ff).

Soweit der Beschwerdeführer die Verweigerung der Zulassung von Fragen über die angebliche Informantentätigkeit des Komplizen D***** (S 255, 323/III) kritisiert (Z 4), ist ihm entgegenzuhalten, dass der genannte Mitangeklagte - ebenso wie die vernommenen Zeugen - ohnedies zu diesem Thema von seinem Verteidiger wiederholt befragt wurde (S 249 ff, 293, 317 f, 363 f, 369/III). Im Übrigen wäre Andre D***** selbst im Fall seiner (unter spekulativen Überlegungen behaupteten) Einbindung in die Tätigkeit der ausländischen Ermittler nicht zum "agent provocateur" iS des § 25 StPO geworden, ganz abgesehen davon, dass diese Verfahrensbestimmung nach herrschender Judikatur keine Auswirkungen auf das materielle Strafrecht hat (Mayerhofer aaO § 25 E 11; Foregger/Litzka/Matzka SMG § 28 Erl XII.2., XII.3.).

Die Abweisung der Anträge auf Beischaffung aller verfahrensgegenständlichen Faxnachrichten, digitaler Aufzeichnungen über Telefonanrufe und Videoaufnahmen sowie auf Vernehmung des Zeugen Dirk K***** zu diesem Komplex (S 291 f, 293 iVm S 383 f/III) erfolgte zu Recht, weil es diesfalls prozessordnungsgemäß schon bei Formulierung des Beweisbegehrens in erster Instanz der Darlegung jener Gründe bedurft hätte, aus welchen angenommen werden konnte, dass die begehrte Beweisaufnahme das erwartete Ergebnis (Informantenaktivitäten des Mitangeklagten D*****) haben werden (Mayerhofer aaO § 281 Abs 1 Z 4 EGr 19). Auf erst in der Beschwerde vorgetragene Argumente ist im Hinblick auf das im Nichtigkeitsverfahren geltende Neuerungsverbot (Mayerhofer aaO § 281 E 16, 19) nicht weiter einzugehen.

Aus der ins Treffen geführten Sicht des Art 6 Abs 1 EMRK verkennt der Angeklagte zudem, dass die Provokation durch einen Lockspitzel auch nach der (von ihm fehlinterpretierten) Judikatur der Straßburger Instanzen nur dann relevant ist, wenn die Tätigkeit des verdeckten Fahnders dem Fairnessgebot widerspricht, was eine über bloß passive Ermittlungstätigkeit hinausgehende Einflussnahme auf das kriminelle Verhalten im Sinne einer Anstiftung voraussetzt.

Eine solche ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn das Verfahren ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bietet, der Angeklagte hätte die in Rede stehende strafbare Handlung ihrer Art nach auch ohne die Intervention der verdeckten Ermittler begangen - was vorliegend allein schon die mehrfache Vorverurteilung des Beschwerdeführers nahelegt (vgl Newsletter 1995, 181; Frowein/Peukert EMRK-Komm2 Art 6 Rz 107; 15 Os 181/98; ÖJZ 1999, 434 - Fall Texeira de Castro gegen Portugal).

Darüberhinaus läuft die gewünschte Beweisführung im Ergebnis auf die Durchführung eines unzulässigen Erkundungsbeweises hinaus, weil der Angeklagte mit spekulativen und zudem (wie schon erwähnt) teils neu vorgebrachten Argumenten die bloß abstrakte Möglichkeit einer Förderung der Wahrheitsfindung behauptet, ohne dem Erfordernis einer ausreichenden Konkretisierung der Erfolgsaussicht der Beweisführung Genüge zu tun (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 88 ff).

Da das Vorhandensein von Videoaufzeichnungen über die Zusammenkünfte des Beschwerdeführers mit ausländischen verdeckten Fahndern in den USA in der Hauptverhandlung ohnedies bekannt wurde (S 307 f/II), schlägt der erneut unter dem Aspekt des Art 6 Abs 1 EMRK erhobene Einwand der fehlenden Offenlegung des gesamten Beweismaterials fehl, da dem Angeklagten (im Unterschied zu der dem Fall Edward gegen das Vereinigte Königreich zugrunde gelegenen Sachverhaltskonstellation - ÖJZ 1993, 391) die Stellung entsprechender Beweisanträge und die Geltendmachung der (wenngleich aus den oben dargelegten Gründen erfolglos gebliebenen) Verfahrensrüge (Z 4) ermöglicht wurde.

Die (teils auch unter dem Aspekt materieller Nichtigkeit - nominell Z 9 lit a - erfolgte) Ausführung der Protokollsrüge ist einer Behandlung im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens grundsätzlich nicht zugänglich, weil nur die gänzliche Unterlassung einer Protokollsaufnahme nach § 271 Abs 1 StPO mit Nichtigkeit bedroht ist. Davon abgesehen ist diesem Vorbringen im Umfang der zwischenzeitig vom Vorsitzenden (iS des im Übrigen erfolglos gebliebenen Berichtigungsantrages ON 231 iVm 236/III) vorgenommenen Korrektur des Haupverhandlungsprotokolls (ON 237/III iVm S 293/III) der Boden entzogen.

Die mit der Mängelrüge (Z 5) vorgebrachte Unvollständigkeit der Urteilsbegründung in Bezug auf die Angaben des Mitangeklagten D***** liegt nicht vor, weil das Erstgericht dessen Darstellung, Kontaktperson der amerikanischen Ermittler gewesen zu sein (S 229 ff/III), ohnedies berücksichtigt (US 16 f), daraus jedoch empirisch einwandfrei und lebensnah nicht die gewünschten Deduktionen (Erwecken des Tatenschlusses bei Leon C*****) abgeleitet hat.

Die Einwände zum Schuldspruch 3) orientieren sich prozessordnungswidrig nicht am gesamten maßgeblichen Urteilssachverhalt und der darauf bezogenen Beweiswürdigung, wonach dem Angeklagten versuchte Bestimmungstäterschaft in Form des Bestimmungsversuches nach §§ 15 Abs 2, 12 zweiter Fall StGB zum Verbrechen nach § 28 SMG vorgeworfen wird, in welchem Fall die vom Gesetz geforderte Ausführungsnähe nicht Nähe zur Tat, sondern zur Bestimmung eines anderen zur Tat voraussetzt (Fabrizy in WK § 12 Rz 64 ff; Hager/Massauer in WK1 §§ 15, 16 Rz 163 f; Kienapfel AT6 E 6 Rz 10). Indem der Nichtigkeitswerber aus punktuell betrachteten Urteilspassagen im Konnex mit ebenfalls aus dem Zusammenhang gelösten und damit sinnentkleidet wiedergegebenen Beweisdetails das Erreichen der Ausführungsnähe zur Inverkehrsetzung des Kokain in Frage stellt, bezieht er sich auf die vom Schuldspruch nicht erfasste Sachverhaltsvariante der Bestimmung der vermeintlichen Drogenhändler zum Versuch, die (nur) dann gegeben wäre, wenn die (arbeitsteilig mitwirkenden) Scheinverkäufer in das Versuchsstadium der angesonnenen Tat (hier: der Inverkehrsetzung des Kokains) eingetreten wären (Fabrizy aaO Rz 64).

Die Argumentation der Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich zum einen in einer Wiederholung der schon im Rahmen der Mängelrüge (unter Verkennung der Kriterien des aktuellen Bestimmungsversuches) erhobenen Einwände zur Ausführungsnähe, ohne erhebliche Bedenken an den wesentlichen Tatsachenannahmen an Hand der Aktenlage aufzeigen zu können; zum anderen gipfeln die Ausführungen abermals im Versuch, die Rolle des Mitangeklagten Andre D***** als "agent provocateur" unter Zugrundelegung eines hypothetischen Verlaufs der Kontaktaufnahme zwischen dem Beschwerdeführer und den verdeckten Ermittlern zu bekräftigen. Damit unternimmt Leon C***** aber nur erneut einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Versuch, die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung mit dem Ziel zu bekämpfen, die Glaubwürdigkeit seiner in der Hauptverhandlung vorgetragenen (indes denkrichtig verworfenen - US 17 ff) Verantwortung (S 271 ff/III) zu untermauern.

Schließlich orientiert sich der Beschwerdeführer auch in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht am Urteilssachverhalt, indem er abermals - nun unter dem Prätext eines Feststellungsmangels - die Einhaltung der Grundsätze eines fairen Verfahrens wegen der behaupteten gravierenden Einflussnahme der verdeckten Fahnder auf sein Verhalten in Frage stellt. Hiebei negiert er unter Rückgriff auf angebliche Verfahrensresultate prozessordnungswidrig jene ausdrücklichen Urteilskonstatierungen, denenzufolge er die ihm vorgeworfenen Straftaten aus eigenem Antrieb begangen hat (US 8 ff). Wie schon in der Stellungnahme zu den Verfahrensrügen dargelegt, übersieht er zudem, dass selbst eine Verletzung des § 25 StPO (die primär eine Anordnung instruktiven Charakters an die Sicherheitsorgane enthält) keine Nichtigkeit bewirkt.

Im bisher aufgezeigten Umfang erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur als unberechtigt. Daran vermag auch die in der Äußerung zum Croquis der Generalprokuratur vorgetragene Argumentation des Beschwerdeführers, soweit sie nicht schon erörtert wurde, nichts zu ändern.

Zutreffend wendet sich der Angeklagte hingegen in seiner Subsumtionsrüge (Z 10) gegen die der Qualifikation nach § 28 Abs 4 Z 3 SMG (ua) zugrundeliegende Annahme, dass er die ihm vorgeworfenen Straftaten als Mitglied einer Bande begangen hätte.

Unter Bedachtnahme auf die auch in Bezug auf das Nebenstrafrecht heranzuziehende Begriffsbestimmung des § 278 StGB (Foregger/Litzka/Matzka aaO § 27 Erl VII 3; § 28 Erl IX 1; 15 Os 125/95) setzt eine "Bande" die Verbindung zumindest dreier Personen zur fortgesetzten Begehung gleichartiger, im Einzelnen noch unbestimmter Straftaten (hier: nach § 28 SMG) voraus. Der Zusammenschluss zu einer Gemeinschaft, die auf Erreichung des verpönten Zweckes ausgerichtet ist, bedarf zwar keiner besonderen Organisation, erfordert aber eine ernsthafte Einigung der Täter dahingehend, für eine gewisse Dauer zwecks künftiger verbrecherischer Betätigung zusammenzubleiben, sich dem Willen der Gemeinschaft zu unterwerfen und allen Beteiligten auf Grund ihrer Zugehörigkeit zur Bande einen entsprechenden Rückhalt bei der Ausführung der ins Auge gefassten - in der Regel nach arbeitsteiligen Prinzipien geplanten - Straftaten zu gewähren (Leukauf/Steininger Komm3 § 278 RN 2; Kienapfel BT II3 § 130 RN 16, 21 f).

Die Auffassung des Erstgerichts, der Beschwerdeführer sowie der Mitangeklagte D***** hätten gemeinsam mit dem (in Bezug auf die Bandenzugehörigkeit allerdings vorsatzlosen) Komplizen Freddy B***** sowie mit den von vornherein bloß zum Schein an den Suchtgiftdelikten mitwirkenden verdeckten Ermittlern eine "Bande" gebildet und die in Rede stehenden Straftaten als deren Mitglied begangen (US 22 f), ist daher verfehlt. Wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet, mangelt es im vorliegenden Fall an den essentiellen Kriterien eines vorsätzlichen Zusammenschlusses mindestens dreier Personen zur Verfolgung des verpönten Zweckes. Denn lediglich die Angeklagten Leon C***** und D***** handelten nach den maßgeblichen Urteilsfeststellungen im Bewusstsein und mit dem Willen der Bandenzugehörigkeit, während diese subjektiven Voraussetzungen bei den anderen Mitwirkenden nicht vorlagen. Vorsatzlos oder bloß scheinhalber handelnde Beteiligte können in Bezug auf die Bandenmitgliedschaft schuldunfähigen oder strafunmündigen Komplizen nicht gleichgesetzt werden, weil sich letztere - im Gegensatz zu von vornherein ohne voluntative Komponenten mitwirkenden Personen - grundsätzlich (wenngleich strafrechtlich irrelevant) willentlich zu einer Bande zusammenschließen können (in diesem Sinne - vom Erstgericht ersichtlich missverstanden - Leukauf/Steininger aaO § 278 RN 2, 3; ferner Kienapfel BT II3 § 130 RN 24).

Die Qualifikation des § 28 Abs 4 Z 1 erster Fall SMG liegt daher (ebenso wie jene nach Abs 3 zweiter Fall) schon mangels Bandenbildung nicht vor, weshalb ein Eingehen auf die weiteren Einwände gegen diese Qualifikation unterbleiben kann.

Da sich der vom Angeklagten C***** aufgezeigte Subsumtionsirrtum auch zum Nachteil des Mitangeklagten Andre D***** auswirkt (der kein Rechtsmittel gegen das Urteil ergriffen hat), war insoweit mit einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO vorzugehen.

Der Nichtigkeitsbeschwerde, welche im Übrigen zu verwerfen war, war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur teilweise Folge zu geben und spruchgemäß mit einer Teilaufhebung vorzugehen.

Bei der notwendig gewordenen Strafneubemessung war bei Leon C***** die mehrfache Tatbegehung, die bereits zweimalige einschlägige Vorabstrafung, der rasche Rückfall und die das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge um ein Vielfaches übersteigende Suchtgiftmenge als erschwerend zu werten, als mildernd hingegen der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist.

Bei Andre D***** wiederum fielen ebenfalls das Zusammentreffen mehrerer Straftaten und die Menge des verfahrensverfangenen Suchtgiftes, dazu noch einschlägige Vorstrafen als erschwerend zur Last, während diesem Angeklagten als mildernd neben der teilweisen Versuchsdelinquenz auch sein reumütiges Geständnis zuzurechnen war.

Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe entsprechen die verhängten Freiheitsstrafen der unrechtsbezogenen Schuld der beiden Angeklagten.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte C***** auf die Neubemessung der Strafe zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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