OGH 11Os102/99

OGH11Os102/9914.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Harm als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann J***** wegen des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 25. Juni 1999, GZ 5 Vr 9/99-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann J***** des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 7. Jänner 1999 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem strafunmündigen Mittäter versucht, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen, indem er brennendes Papier in einen mit Holz getäfelten Gang des A*****-Heimes warf, in welchem auch leicht brennbare Gegenstände wie Bücher und Schultaschen gelagert waren, wobei es nur auf Grund der rechtzeitigen Entdeckung zu keiner Feuersbrunst kam.

Die gegen diesen Schuldspruch gerichtete, auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht im Recht.

Rechtliche Beurteilung

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Angeklagte, dass der Tatbestand des § 169 Abs 1 StGB nach den getroffenen Feststellungen hinsichtlich der subjektiven Tatseite nicht erfüllt sei. Dies leitet er aus der Urteilsannahme ab, er habe "zumindest in Kauf genommen, dass ein ausgedehntes Schadenfeuer entstehen würde, ..." (US 4), die nach der Beschwerdeansicht lediglich die für den bedingten Vorsatz erforderliche Wissenskomponente zum Ausdruck bringe, einen sicheren Schluss auf seine Willensbildung jedoch nicht zulasse.

Durch die isolierte Betrachtung der zitierten Urteilspassage unterlässt aber der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig den Vergleich des gesamten Tatsachensubstrates mit dem darauf angewendeten Gesetz. Am Ende der Beweiswürdigung stellt nämlich das Erstgericht resümierend fest, dass die Gefährlichkeit der Tathandlung und die möglicherweise daraus entspringenden Folgen für den Angeklagten erkennbar waren, er sich jedoch damit abfand, sodann, dass vom Beschwerdeführer eine Feuersbrunst beabsichtigt oder zumindest in Kauf genommen wurde (US 11) und schließlich der Vorsatz des Angeklagten auf den Nervenkitzel eines Großfeuers mit all seinen Begleitumständen gerichtet war (US 12). Bei der gebotenen - von der Beschwerde aber vernachlässigten - Gesamtschau aller Urteilsannahmen brachte der Schöffensenat somit auch die subjektive Tatseite der angelasteten (versuchten) Brandstiftung mit hinreichender Deutlichkeit zur Darstellung.

Nur zur Klarstellung sei noch vermerkt, dass entgegen den vom Beschwerdeführer zitierten, vereinzelt gebliebenen älteren Entscheidungen (siehe hiezu Leukauf/Steininger Komm3 § 5 RN 17) ein "Inkaufnehmen" als Element des bedingten Vorsatzes nach allgemeinem Sprachgebrauch (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch2 1989 S 823:

etwas Inkaufnehmen = sich mit Unannehmlichkeiten, Nachteilen im Hinblick auf andere Vorteile abfinden) die vom Nichtigkeitswerber vermisste Willenskomponente umschreibt (11 Os 108/98).

Das weitere (undifferenziert auf Z 5 und 10 gestützte) Beschwerdevorbringen moniert das Vorliegen von Begründungs- und Feststellungsmängeln und strebt eine Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten als Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB an.

Der Beschwerde zuwider waren die vermissten Feststellungen, dass sich in unmittelbarer Nähe der Brandausbruchstelle ein (Feueralarm auslösender) Rauchmelder und ein Erziehungszimmer befunden habe, nicht geboten. Denn die daraus nur ableitbare Möglichkeit einer raschen Brandentdeckung und -bekämpfung schließt das Entstehen einer Feuersbrunst keineswegs aus. Bei Berücksichtigung der konkreten Urteilsannahmen, die der Beschwerdeführer übergeht, kommt somit das Vorliegen eines absolut untauglichen Versuchs nicht in Betracht.

Soweit der Nichtigkeitswerber releviert, seine Verantwortung sei nicht hinreichend erörtert worden, ist er auf die ausführliche Beweiswürdigung des Erstgerichtes (US 6 bis 12) zu verweisen, welches sich unter anderem eingehend mit den widersprüchlichen Angaben des Angeklagten und der Tatortbeschaffenheit auseinandergesetzt, jedoch der die vorgeworfene Tat bestreitenden Version mit mängelfreier Begründung den Glauben versagt hat. Dabei konnte es sich nicht nur - entgegen der Mängelrüge aktenkonform - auf jenen Teil der Verantwortung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung stützen, dass er "ein großes Feuer legen wollte" (S 144), sondern auch auf die Darstellung seines Mittäters, der erklärte, dass sie mit der Tat einen Feuerwehreinsatz erreichen wollten (S 149).

Ein formeller Begründungsmangel wird demnach nicht aufgezeigt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, teils als unbegründet in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), sodass die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung gegeben ist (§ 285i StPO).

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte