Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.623,04 (davon S 603,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, wonach die Klägerin, die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension erfüllt (§§ 271 Abs 1, 273 Abs 1 ASVG), ist zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Den Revisionsausführungen ist ergänzend entgegenzuhalten, dass bei der Klägerin bei Eintritt in das Berufsleben - abgesehen von der festgestellten Einschränkung des Anmarschweges zu einem öffentlichen Verkehrsmittel auf 200 bis 300 m, die sie allerdings nicht hinderte, tatsächlich ihren Arbeitsplatz zu erreichen - noch die Voraussetzungen für eine Bürohilfskraft sowohl in geistiger als auch körperlicher Hinsicht vorlagen. Erst während des Berufslebens kam es bei der Klägerin zur Ausbildung eines organischen Psychosyndroms, das sie letztlich von dieser Berufstätigkeit ausschloss.
Die beklagte Partei bekämpft in ihrer Revision ausschließlich, dass vom Berufungsgericht ein Herabsinken der Arbeitsfähigkeit der Klägerin angenommen wurde, obwohl der Klägerin von Beginn an ein 200 bis 300 m übersteigender Anmarschweg nicht möglich war. Dazu ist sie aber auf die mit SSV-NF 1/67 (dort: Einäugigkeit des Versicherten seit wenigen Wochen nach der Geburt) begründete ständige Rechtsprechung zu verweisen, dass sich ein Versicherter, der trotz einer von Beginn an bestehenden Behinderung einer Berufstätigkeit nachgeht, nach Erwerb der Anspruchsvoraussetzungen für die Invaliditätspension nicht darauf berufen kann, dass er wegen dieser Behinderung nicht in der Lage sei, seiner Tätigkeit weiter nachzugehen. Auch im Fall SSV-NF 4/60, der auf diesem Grundsatz aufbaut, ging es darum, dass die Versicherte ihr Begehren auf eine Pensionsleistung wegen geminderter Arbeitsfähigkeit auf eine von Beginn an bestandene Arbeitswegbeschränkung gründete; dies kommt auch deutlich im Rechtssatz zum Ausdruck, wo hervorgehoben wird, dass die Berufsunfähigkeit nicht auf diese (eingebrachte) Behinderung gegründet werden könne (vgl auch SSV-NF 4/160: Taubstummheit und Grenzdebilität seit früher Jugend; SSV-NF 5/100: Taubstummheit seit der Kindheit). Zu Grunde liegt dem, dass dann wenn eingebrachte Behinderungen bestehen, diese bei Prüfung eines Pensionsanspruches wegen geminderter Arbeitsfähigkeit außer Betracht zu bleiben haben und nur zu untersuchen ist, ob sich außerhalb dieser eingebrachten Behinderung eine Änderung ergeben hat, die zu einem Herabsinken der Arbeitsfähigkeit geführt hat.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den zitierten Vorentscheidungen insofern, als hier von der Versicherten nicht die Anmarschwegbeschränkung zur Begründung der Berufsunfähigkeit ins Treffen geführt wird, sondern das erst während des Berufslebens erfolgte Herabsinken der Arbeitsleistung an sich zufolge eines nachträglich eingetretenen organischen Psychosyndroms. Insoweit stellt die beklagte Partei aber gar nicht in Frage, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin, was die eigentliche Arbeitsleistung betrifft, erst nach Eintritt der Klägerin in das Erwerbsleben herabgesunken ist, wird die in das Berufsleben eingebrachte Anmarschwegbeschränkung außer Betracht gelassen, so ergibt sich, dass durch das Herabsinken der Leistungsfähigkeit der Klägerin in anderen Bereichen die Voraussetzungen für den Eintritt der Berufsunfähigkeit im Sinne des § 273 ASVG erfüllt sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)