OGH 12Os112/99

OGH12Os112/9928.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Oktober 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. E. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mittermayr als Schriftführer, in der Strafsache gegen Friedrich M***** und eine andere Angeklagte wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Friedrich M***** und Franziska H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. April 1999, GZ 12 b Vr 3787/98-84, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Friedrich M***** und Franziska H***** wurden, und zwar Friedrich M***** jeweils, Franziska H***** teilweise als Beteiligte nach § 11 zweiter Fall FinStrG (A) des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG, (B) des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und (C) des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit b FinStrG schuldig erkannt. Danach haben sie, Friedrich M***** in der Zeit von Jänner 1991 bis Dezember 1992, Franziska H***** in der Zeit von Jänner 1991 bis zum Frühjahr 1994 (in Wien - US 10), Friedrich M***** als faktischer Geschäftsführer nachgenannter Firmen die jeweiligen de iure Geschäftsführer bestimmt, fortgesetzt vorsätzlich eine Verkürzung nachgenannter Abgaben zu bewirken, Franziska H***** als de iure Geschäftsführerin der Firma P***** GmbH, vorsätzlich eine Verkürzung nachgenannter Abgaben bewirkt "bzw" als faktische Geschäftsführerin der Pr***** GesmbH zur Abgabenverkürzung bestimmt, und zwar

A. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen, nämlich durch Nichtabgabe solcher Voranmeldungen "bzw" Verschweigung von Erlösen eine für gewiß gehaltene Verkürzung der selbst zu berechnenden Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für folgende Voranmeldungszeiträume, nämlich

I. hinsichtlich der P***** GesmbH für die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Mai 1991

um 1,503.104 S;

II. hinsichtlich der Pr***** GesmbH

1. für die Voranmeldungszeiträume Jänner bis Dezember 1993

um 89.400 S;

2. für die Voranmeldungszeiträume Jänner und Februar 1993

um 338.718 S;

B. hinsichtlich der Firma Pr***** GesmbH unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Unterlassung der Einbehaltung und Abfuhr eine Verkürzung der selbst zu berechnenden Kapitalertragssteuer, und zwar

1. für 1992 um 162.735 S und

2. für 1993 um 163.461 S;

C. hinsichtlich der Pr***** GesmbH unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 EStG entsprechenden Lohnkonten eine für gewiß gehaltene Verkürzung der Lohnsteuer für 1992 um 129.316 S sowie von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für das Jahr 1992 um 21.102 S.

Den dagegen vom Angeklagten Friedrich M***** aus Z 3, 5, 5a, 9 lit a und lit b sowie 10, von Franziska H***** aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Friedrich M*****:

Rechtliche Beurteilung

Schon der Einwand, durch die in der Hauptverhandlung am 3. März 1999 vorgenommene Verlesung der Angaben des Zeugen Pr***** sei im Hinblick darauf, daß dieser sich in der fortgesetzten Hauptverhandlung gemäß § 152 Z 1 StPO der Aussage entschlagen habe, eine Vorschrift verletzt worden, deren Beobachtung das Gesetz bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt (Z 3), geht ins Leere, weil das thematisierte Beweisergebnis im Urteil nicht verwertet wurde (US 13 - Mayerhofer StPO4 § 281 Z 3 ENr 21).

Der Mängelrüge (Z 5) ist vorweg zu erwidern, daß der nur einen formalen Vergleich gestattende Nichtigkeitsgrund der (hier wiederholt monierten) Aktenwidrigkeit mit der Behauptung eines Widerspruchs zwischen den auf tatsächlichen Schlußfolgerungen beruhenden Feststellungen der Tatrichter und den diesen mitzugrunde gelegten Beweisergebnissen (hier der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers) nicht prozeßordnungsgemäß zur Darstellung gebracht werden kann (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 EGr 185, 191).

Soweit die Beschwerde die erstgerichtlichen Feststellungen zu den subjektiven Tatbestandserfordernissen als "unbegründet und zum Teil mangelhaft begründet" und die Urteilsannahme, wonach der Beschwerdeführer faktischer Geschäftsführer der in Rede stehenden Unternehmen und als solcher dominant war, als unbegründet rügt, übergeht sie die gerade dazu dargelegten Urteilserwägungen (US 10 ff, 14 f) und verfehlt solcherart gleichfalls eine gesetzmäßige Darstellung.

Abgesehen davon ist im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer in Frage gestellten faktischen Geschäftsführerschaft bei der P***** GesmbH zu berücksichtigen, daß er mit rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. Oktober 1998, GZ 12aE Vr 5659/98-99, als de facto geschäftsführender Gesellschafter unter anderem auch der P***** GesmbH der Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 mit einem Tatzeitraum von Februar 1989 bis Juli 1991 schuldig erkannt wurde. Die materielle Rechtskraft dieses strafgerichtlichen Schuldspruchs bewirkt, - solange er nicht durch eine Wiederaufnahme beseitigt ist - daß damit für den Rechtskreis des Angeklagten mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann, bindend festgestellt ist, daß er die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des betreffenden Urteils begangen hat. Das Erstgericht war sohin, soweit die Frage, ob Friedrich M***** faktischer Geschäftsführer der P***** GesmbH war, im Rahmen des bis Juli 1991 hier aktuellen Tatzeitraumes an den rechtskräftigen Kridaschuldspruch gebunden (Entscheidung des verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs vom 17. Oktober 1995, AZ 1 Ob 612/95; 12 Os 63/99).

Im Hinblick auf die (unbekämpfte) Konstatierung des Schöffensenats, wonach die Angeklagte H***** im wesentlichen jeweils mit Buchhaltung und Verrechnung befaßt war (US 11), war der Umstand, daß die Zeugin Z***** angab, als Leiterin eines mit Buchhaltungs- und Lohnverrechnungsaufgaben für die in Rede stehenden Bauunternehmen beauftragten Rechenzentrums nur mit der Zweitangeklagten Kontakt gehabt zu haben (137 ff/VII), nicht gesondert erörterungsbedürftig.

Die Beschwerdebehauptung, der (die Pr***** GesmbH betreffende) Schlußbericht des Finanzamtes für Körperschaften vom 2. Februar 1994 besage, - hier allein relevant - "daß Pr***** verantwortlich ist", findet im Akteninhalt keine Deckung. Denn in diesem Bericht wird resümierend unmißverständlich festgehalten, daß die beiden Angeklagten als die tatsächlichen Machthaber des genannten Unternehmens anzusehen sind (ON 31).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich, indem sie die (ohnehin nicht verwerteten - US 13) Angaben der Zeugen Pr***** und Dr. H***** unsubstantiiert als Schutzbehauptungen abqualifiziert, den Vorsatz des Beschwerdeführers in Frage stellt und Zeugenaussagen in verfälschender Verkürzung nur partiell zitiert, im hier unzulässigen Versuch, durch Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer Schuldberufung der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers doch noch zum Durchbruch zu verhelfen.

Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermissenden Beschwerdeausführungen (Z 9 lit a) sind auf das dazu bei Erledigung der insoweit mit der Rechtsrüge im Widerspruch stehenden Mängelrüge bereits Gesagte zu verweisen.

Der Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe es unterlassen, sich mit den Voraussetzungen des § 42 StGB auseinanderzusetzen, kann schon im Hinblick auf die - nur eine der zwingend kumulativ erforderlichen Voraussetzungen betreffende - unsubstantiierte Behauptung, der Angeklagte habe sich bemüht, "die Folgen zu beseitigen, wenn auch zum Teil erst im Konkursverfahren" die einzelne, deutliche und bestimmte Bezeichnung (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO) der tatsächlichen Gegebenheiten, aus denen der Nichtigkeitsgrund resultieren soll, nicht entnommen werden.

Gleiches gilt für die Subsumtionsrüge, die - abermals unsubstantiiert - die Annahme des (hier) nicht in die gerichtliche Zuständigkeit fallenden Finanzvergehens der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 FinStrG anstrebt und sich solcherart in zweifacher Hinsicht als nicht zielführend erweist.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Franziska H*****:

Der die Mängelrüge (Z 5) dieser Angeklagten einleitende Einwand, das angefochtene Urteil enthalte zu den Schuldspruchfakten A/II.1. und 2. keine Tatsachenfeststellun- gen (sachlich Z 9 lit a) übergeht prozeßordnungswidrig die dazu getroffenen Urteilsannahmen (US 11 f).

Ob die die Firma Pr***** GesmbH betreffenden Abgabenhinterziehungen durch Unterlassung von Voranmeldungen oder Abgabe unrichtiger Voranmeldungen bewirkt wurden, kann im Hinblick auf die Gleichwertigkeit der in Rede stehenden Begehungsarten auf sich beruhen. Abgesehen davon stützten sich die die Schuldsprüche tragenden Feststellungen des Erstgerichtes unter anderem auch auf das Ergebnis der finanzbehördlichen Erhebungen (US 8, 14 f), womit hinreichend klargestellt ist, daß sie sich konkret auf die Abgabe inhaltlich unkorrekter Voranmeldungen gründen (vgl Schlußbericht des Finanzamtes für Körperschaften vom 2. Februar 1994 - 439/III).

Das Erstgericht nahm bei sonst völliger Fakten- identität den Tatzeitraum im Falle des Erstangeklagten M***** mit Jänner 1991 bis Dezember 1992 an, im Falle der Beschwerdeführerin hingegen - unreflektiert anklagekonform - mit Jänner 1991 bis zum Frühjahr 1994. Wie sich schon aus der Fälligkeit jener Abgaben (für Jänner und Februar 1993 - Schuldspruchfaktum A/II.2.) ergibt (§ 21 Abs 1 UStG - jeweils spätestens der 15. Tag des auf einen Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonat), deren Hinterziehung sie - chronologisch zuletzt - als Bestimmungstäterin mitzuverantworten hat, ist die Tatzeitbenennung bis Frühjahr 1994 ersichtlich auf ein Versehen des Erstgerichtes zurückzuführen, sodaß der behauptete Auslandsaufenthalt der Beschwerdeführerin vom 10. März 1993 bis 1998, der die - insoweit unmißverständlich konkret - inkriminierten Bestimmungshandlungen vor dem 10. März 1993 unberührt läßt, keine entscheidungswesentlichen Tatsachen betrifft. Gleiches gilt für die von der Angeklagten divergent zu den diesbezüglichen Urteilsannahmen bezeichnete Dauer ihrer Lebensgemeinschaft mit dem Erstangeklagten.

Zur problematisierten Frage der Kenntnis der Zweitangeklagten von der Beendigung und vom Abschluß von Bauarbeiten ist auf das zum Aufgabenbereich der Beschwerdeführerin anläßlich der Erledigung der Mängelrüge des Angeklagten M***** bereits Gesagte zu verweisen.

Richtig ist, daß nach den Ergebnissen des Verfahrens nur ein "schwarzes" Kassabuch geführt wurde. Aktenwidrig hingegen ist die Beschwerdebehauptung, aus der Aussage des Zeugen B***** ergebe sich, daß dieses Kassabuch mit der P***** GesmbH "nichts zu tun hatte", ergibt sich doch aus seinen Angaben (85 oben/VII) das Gegenteil.

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) darauf abstellt, daß die Zahlungsunfähigkeit der P***** GesmbH bereits im ersten Quartal des Jahres 1991 eintrat, weshalb Umsatzsteuerzahlungen für die Zeiträume Jänner bis Mai 1991 (Schuldspruchfaktum A/I.) anfechtbar gewesen wären, vergleicht sie die entscheidungsrelevanten Urteilsannahmen nicht mit der darauf angewendeten Gesetzesbestimmung des § 33 Abs 2 lit a FinStrG, weil die Hinterziehung der Umsatzsteuervorauszahlung (hier) bereits mit der Abgabe nicht alle steuerpflichtigen Umsätze erfassender Voranmeldungen bei entsprechendem Fristablauf vollendet ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher schon in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285a, 285d StPO). Daraus resultiert die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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