OGH 10ObS128/99t

OGH10ObS128/99t5.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Eva Pernt (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Christa Marischka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karl K*****, derzeit ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Rudolf Hartmann, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram und Dr. Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. März 1999, GZ 25 Rs 22/99t-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. August 1998, GZ 35 Cgs 258/97a-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegen zu halten:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß im Verfahren über einen sozialversicherungsrechtlichen Anspruch aus Arbeitsunfällen die Regeln des Anscheinsbeweises modifiziert anzuwenden sind. Auch dann, wenn noch andere Ursachen in Betracht kommen, muß nur feststehen, daß die Körperschädigung eine typische Folge eines als Unfall zu wertenden Ereignisses ist, das im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung stand (§ 175 Abs 1 ASVG) und daher ein Arbeitsunfall war. Steht aufgrund des Anscheinsbeweises der Arbeitsunfall als Ursache der Körperschädigung fest, so genügt der Anscheinsbeweis nur dann nicht, wenn es zumindest gleich wahrscheinlich ist, daß eine andere Ursache die Körperschädigung im selben Ausmaß und etwa zur selben Zeit herbeigeführt hätte und ein solches Ereignis in naher Zukunft auch tatsächlich vorgekommen wäre und die Schädigung ausgelöst hätte (SSV-NF 5/140, 6/3, 7/10, 8/26, 9/17, 11/41; DRdA 1998, 333 [Rud Müller] ua). In noch größerem Maße als beim Indizienbeweis werden beim Anscheinsbeweis Erfahrungssätze herangezogen, um auf wesentliche tatbestandsrelevante Tatsachen, die direkt nicht erwiesen werden können, zu schließen. Steht ein typischer Geschehensablauf fest, der nach der Lebenserfahrung auf einen bestimmten Kausalzusammenhang oder ein Verschulden hinweist, gelten diese Tatbestandsvoraussetzungen auch im Einzelfall aufgrund ersten Anscheins als erwiesen. Der Anscheinsbeweis entspringt richterlicher Rechtsfortbildung zur Bewältigung von Beweisnotständen vorwiegend in Schadenersatzprozessen (Rechberger, Kommentar zur ZPO, Rz 22 vor § 266 mwN; SZ 69/48 ua; 10 ObS 241/98h), darf aber nicht dazu dienen, Lücken der Beweisführung durch bloße Vermutungen auszufüllen (Fasching, ZPR2 Rz 894).

Im vorliegenden Fall hat der Kläger zwar zunächst den Anscheinsbeweis erbracht, daß die Subarachnoidalblutung im Zusammenhang mit seiner Arbeitstätigkeit als Mineur auf einer Baustelle auftrat, während er arbeitsbedingt eine steile Böschung hinaufstieg. Es steht aber fest, daß der Kläger bereits vor dem Unfall an Bluthochdruck und an einem Riesenaneurysma der linken Arteria carotis interna mit sehr hoher Blutungswahrscheinlichkeit litt und die Ruptur eines solchen Aneurysma mit gleicher Wahrscheinlichkeit durch jedes den Blutdruck erhöhende alltägliche Ereignis wie Treppensteigen, harter Stuhlgang oder Koitus, aber wohl auch beschleunigtes Gehen, kurzes schnelles Laufen, leichtes bis mittelschweres Heben (vgl SSV-NF 8/26) ausgelöst worden wäre, aber selbst ohne jede körperliche oder geistige Anstrengung - auch im Schlaf - auftreten konnte. Es ist daher nicht davon auszugehen, daß betriebsbedingte Umstände (wie die Anstrengung durch das Steigen auf eine steile Böschung) die vorhandene innere Ursache wesentlich beeinflußt und deshalb an dem Eintritt des Unfallereignisses auch wesentlich mitgewirkt haben. Die Krankheitsanlage war vielmehr so stark und so leicht ansprechbar, daß es zur Auslösung akuter Erscheinungen nicht besonderer in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß damit ein unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehender Arbeitsunfall nicht vorliegt.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch an den Kläger aus Billigkeit wurden nicht dargetan und sind nach der Aktenlage nicht ersichtlich.

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