Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte hat ihre Rekurskosten endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt 4,892.069,91 sA. Ihm seien Aufwendungen (ua) für den behindertengerechten Umbau seines Elternhauses, für die Anschaffung von Fahrzeugen und für seine Pflege erwachsen. Diese Aufwendungen seien durch seine schwere Behinderung notwendig geworden. Mit dem zu 23 Cg 172/93 ergangenen Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz sei festgestellt worden, daß die Beklagte dem Kläger für alle Folgen aus der unsachgemäßen Behandlung im Landeskrankenhaus Graz vom 27. 6. 1992 zur Gänze zu haften habe.
Der Kläger beantragt, die Rechtssache an das Landesgericht Klagenfurt zu delegieren. Mit Ausnahme eines einzigen - in Tirol wohnhaften - Zeugen wohnten alle von ihm genannten Zeugen im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt. Ein Lokalaugenschein durch das Gericht werde ebenso notwendig sein wie die Prüfung der Umbauarbeiten durch einen Sachverständigen. Der Kläger könne wegen seines Zustands nur in seinem gewohnten Bereich vernommen werden.
Die Beklagte spricht sich gegen die Delegierung aus; sie anerkennt einen Gesamtbetrag von 2,487.500 S und beantragt, das Mehrbegehren abzuweisen. Durch die Behinderung des Klägers seien nur die von ihr anerkannten Aufwendungen verursacht worden. Alle übrigen Aufwendungen seien entweder nicht notwendig gewesen oder nicht ausreichend belegt worden. Gegen die Delegierung wendet die Beklagte ein, daß der nicht im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt wohnhafte Zeuge durchaus im Rechtshilfeweg vernommen werden könne. Das gelte auch für die übrigen Zeugen, die offenbar nur an der behindertengerechten Ausstattung des Hauses mitgewirkt hätten. Um den Anschein jeder Nahebeziehung zu vermeiden, werde es zweckmäßig sein, keinen Sachverständigen aus Klagenfurt oder Graz zu bestellen. Für in anderen Orten wohnhafte Sachverständige sei der Aufwand gleich groß, ob das Verfahren in Graz oder Klagenfurt stattfindet.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht Graz dem Delegierungsantrag statt. Da sich das zu besichtigende Haus in Klagenfurt befinde und auch der Kläger sowie die Mehrzahl der Zeugen dort wohnten, könne die Delegierung zu einer wesentlichen Verkürzung und Verbilligung des Verfahrens beitragen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß gerichtete Rekurs der Beklagten ist nicht berechtigt.
Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anders im Sprengel desselben Oberlandesgerichts gelegenes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Was unter "Gründen der Zweckmäßigkeit" zu verstehen ist, führt das Gesetz nicht näher aus. Nach ständiger Rechtsprechung soll die Delegierung eines anderen Gerichts die Ausnahme bilden, um die Zuständigkeitsordnung nicht in einem unvertretbaren Maße zu lockern. Läßt sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten einer Partei beantworten, so ist der Partei, die der Delegierung widerspricht, der Vorzug zu geben. Die Zweckmäßigkeit der Delegierung ist aber dann zu bejahen, wenn die Rechtssache von einem anderen als dem zuständigen Gericht aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand erledigt werden kann. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß der Durchführung des Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht gegenüber der Zuständigkeitsordnung der Vorzug gebührt. Für die Zweckmäßigkeit der Zuweisung einer Rechtssache an ein anderes Gericht ist demnach insbesondere der Wohnort der Parteien und der namhaft gemachten Zeugen maßgebend (stRsp ua 4 Ob 591/87; 4 Nd 517/98, jeweils mwN; s auch Mayr in Rechberger, ZPO § 31 JN Rz 4f mwN).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger seinen Wohnsitz in Klagenfurt; die weitaus überwiegende Zahl der Zeugen wohnt ebenfalls im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt. Das Oberlandesgericht Graz hat die Zweckmäßigkeit der Delegierung daher zu Recht bejaht. Die dagegen von der Beklagten gebrachten Einwendungen sind nicht stichhaltig:
Auch wenn weder ein Sachverständiger aus Graz noch aus Klagenfurt bestellt werden sollte, um jeden Anschein eines Naheverhältnisses zu vermeiden, so ist dies für die Frage der Zweckmäßigkeit einer Delegierung bestenfalls neutral. Was bleibt, ist die Vernehmung der schon bisher genannten 9 Zeugen, die ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt haben. Alle diese Zeugen müßten entweder nach Graz zureisen oder im Rechtshilfeweg vernommen werden, was in dem einen Fall zu höheren Kosten führte, in dem anderen Fall aber dem Grundsatz widerspräche, daß der Durchführung des Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht der Vorzug vor der Zuständigkeitsordnung gebührt. Ob der ebenfalls in Klagenfurt wohnhafte Kläger aufgrund seines bedauernswerten Zustands überhaupt vernommen werden kann, ist ohne Bedeutung, weil die Delegierung schon wegen des Wohnorts der Zeugen zweckmäßig ist.
Der Rekurs mußte erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.
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