OGH 5Ob263/99h

OGH5Ob263/99h28.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian P*****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, und der Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei 1.) Dr. Wolfgang G*****, und 2.) Dr. Karl N*****, beide vertreten durch Dr. Alois Nußbaumer und andere Rechtsanwälte in Vöcklabruck, gegen die beklagten Parteien 1.) Reinhart H*****, 2.) Theresia H*****, beide vertreten durch Dr. Walter Breitwieser und Mag. Paul Max Breitwieser, Rechtsanwälte in Wels, 3.) Walter L*****, 4.) Oslinde L*****, beide vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt in Linz, 5.) Alfred S*****, vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt in Linz, 6.) Dietrich H*****, und 7.) Ulrike J*****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterfertigung eines Vertrages (S 300.000,--), infolge Revision der klagenden Partei und der Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 18. Mai 1999, GZ 6 R 215/98z-33, womit das Teilurteil des Landesgerichtes Wels vom 29. Juni 1998, GZ 5 Cg 212/97v-19, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den sechst- und siebtbeklagten Parteien die mit S 15.783,76 (darin S 2.630,63 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die erst-, zweit- und fünftbeklagten Parteien haben die Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen wurden vom klagenden Wohnungseigentumsorganisator und vom zweiten Hälfteeigentümer der Liegenschaft sämtliche Liegenschaftsanteile an Wohnungssuchende abverkauft. Nach Begründung von Wohnungseigentum und Verbücherung der Kaufverträge sind acht Wohnungseigentumseinheiten vorhanden. Die ehemaligen Hälfteeigentümer halten keine Miteigentumsanteile. Neben dem Wohnungseigentum existiert kein schlichtes Miteigentum. An den strittigen Flächen im Dachgeschoß wurde weder selbständiges Wohnungseigentum (§ 1 Abs 1 WEG) noch Zubehör-Wohnungseigentum (§ 1 Abs 2 WEG) begründet. Von der Nutzflächenfestsetzung wurden sie nicht erfasst.

Rechtliche Beurteilung

Dass ein Sondernutzungsvorbehalt des Wohnungseigentumsorganisators, der sich den künftigen Dachbodenausbau offenhalten will, unter § 24 Abs 1 Z 1 WEG fällt, wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs schon zum Ausdruck gebracht (MietSlg 33/6 und 33/24). Anders wäre die Rechtslage, wenn der Dachboden im Zubehör-Wohnungseigentum des Wohnungseigentumsorganisators stünde (vgl zur Differenzierung MietSlg 33/24; Würth in Rummel2 § 24 WEG Rz 5), was hier aber nicht zutrifft. Die solche Fälle betreffenden, eine Umwidmung nach § 13 Abs 2 WEG prüfenden Entscheidungen (WoBl 1990/29 [Call] = MietSlg 41/6; 5 Ob 52/83, nur teilweise veröffentlicht in MietSlg 36.615) sind daher entgegen der Ansicht des Klägers nicht einschlägig. Dies trifft auch auf die von den Rechtsmittelwerbern weiters zitierte Entscheidung WoBl 1991/108 [Call, Würth] = MietSlg 42/37 zu, die einen Streit zwischen Miteigentümern (Wohnungseigentumsbewerbern) über die Art des Dachgeschoßausbaues (Vergrößerung der Wohnflächen) zum Gegenstand hatte.

Richtig ist, daß die Rechtsprechung § 24 Abs 1 WEG dahin teleologisch reduziert, daß nur unbillige, einer vernünftigen Interessenabwägung widersprechende Beschränkungen der den Wohnungseigentumsbewerbern oder Wohnungseigentümern nach dem Gesetz zustehenden Nutzungs- und Verfügungsrechte rechtsunwirksam sind, nicht aber solche, die ein Wohnungseigentumsbewerber bei Gleichgewicht der Vertragslage auf sich nehmen würde; die Beweislast für die mangelnde Beschränkungseignung einer Vereinbarung im Sinne des § 24 Abs 1 Z 1 WEG im konkreten Fall trifft allerdings den Begünstigten (zuletzt 5 Ob 103/99d = WoBl 1999/134 [Call] mwN).

In vertretbarer Weise hat nun das Berufungsgericht ein solches Gleichgewicht der Vertragslage nicht angenommen. Es hat insbesondere darauf verwiesen, daß das Bauansuchen für den Dachbodenausbau fast gleichzeitig mit der Unterfertigung der Kaufverträge eingereicht wurde, dass die Verträge nur eine ganz allgemein gehaltene, einen Kaufvertrags-Nachtrag ansprechende Vertragsklausel enthalten (die nunmehr Grundlage der Klage ist), dass bei der Besprechung beim Notar ein Parifizierungsgutachten mit acht (und nicht neun) Wohnungseigentumseinheiten durchgegangen wurde und dass die Aufklärung des Notars über die weiteren Absichten des Wohnungseigentumsorganisators (unter Umständen könnten sich die Nutzwerte ändern, weil eventuell im Dachgeschoß Wohnungen geschaffen würden) "kryptisch" war. Diese Umstände zeigen insgesamt die organisatorische und wissensmäßige Übermacht der Wohnungseigentumsorganisatoren im Verhältnis zu den Revisionsgegnern. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sich das Berufungsgericht im vorliegenden Fall zu einer teleologischen Reduktion des § 24 Abs 1 WEG nicht veranlasst gesehen hat.

Die Auffassung des Berufungsgerichtes, die in Rede stehende Vereinbarung sei gemäß § 24 Abs 1 Z 1 WEG unwirksam, steht somit mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Einklang. Die Wahrnehmung dieser Unwirksamkeit ist durch das Prozeßvorbringen der Beklagten, die das Bestehen einer vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung von Miteigentumsanteilen bestritten haben, gedeckt. Auf die Frage des Schriftlichkeitsgebotes des § 2 Abs 2 Z 1 WEG muß nicht mehr eingegangen werden.

Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, war die Revision - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 41, 50 ZPO. Die Sechst- und Siebtbeklagten haben im Gegensatz zu den übrigen Revisionsgegnern auf die Unzulässigkeit der Revisionen in zweckentsprechender Weise hingewiesen.

Stichworte