Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die am 7. 11. 1975 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Krems vom 31. 10. 1996 aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers geschieden. In dem von der Beklagten eingebrachten Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens gem §§ 81 ff EheG brachte die Beklagte in der Berechnung ihrer Aufteilungsforderung einen Betrag von 200.000 S zugunsten des Klägers in Anrechnung; dabei handle es sich um einen ihr vom Kläger zur Erfüllung eines Übergabsvertrags zur Verfügung gestellten Betrag. Das Aufteilungsverfahren ist noch nicht rechtskräftig beendet.
Der Kläger begehrt 200.000 S sA mit dem Vorbringen, er habe der Beklagten 1991 ein Darlehen in Höhe von mindestens 448.480 S zum Ankauf eines Liegenschaftsanteils gewährt, das er teils durch Überziehung seines Gehaltskontos, teils in bar, jedoch zur Gänze aus Mitteln aufgebracht habe, die er schon vor der Eheschließung besessen habe. Die Beklagte verweigere vereinbarungswidrig die Rückzahlung des Darlehens, habe ihre Verpflichtung jedoch mehrfach, so in ihrem Antrag gem §§ 81 ff EheG und auch in diesem Verfahren, anerkannt. Das Klagebegehren werde auch auf Bereicherung und alle weiteren möglichen Rechtsgründe gestützt.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Übergabspreis für die Liegenschaft sei von den Streitteilen gemeinsam aufgebracht worden; Modalitäten der Rückzahlung des Darlehens seien mit dem Kläger nicht besprochen worden. Ein Anerkenntnisvertrag sei nie zustandegekommen. Es sei Schikane, wenn der Kläger von der Beklagten eine Zahlung fordere, obwohl er wisse, daß diese die geforderte Darlehensrückzahlung nicht leisten könne und ihr der Kläger aus der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse rund 5,3 Mio S schulde. Die Beklagte wendet einen ihr gem §§ 81 ff EheG zustehenden Aufteilungsanspruch bis zur Höhe der Klageforderung aufrechnungsweise gegen diese ein.
Der Kläger hält dem entgegen, daß ein Aufteilungsanspruch der Beklagten nicht bestehe und eine Aufrechnung im übrigen deshalb unzulässig sei, weil es sich beim Aufteilungsanspruch um einen Rechtsgestaltungsanspruch handle.
Das Erstgericht sprach (in einem Urteil mit dreigliedrigem Spruch) aus, daß die Klageforderung mit 200.000 S und die eingewendete Gegenforderung jedenfalls bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht bestehen und wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte habe durch rechnerische Berücksichtigung von 200.000 S in ihrem Antrag gem § 81 ff EheG die Klageforderung anerkannt, der Kläger habe dieses Anerkenntnis angenommen. Der Forderung des Klägers stehe eine wesentlich höhere Geldforderung der Beklagten, unter anderem aus der Aufteilung eines Wertpapiervermögens, aufrechenbar gegenüber. Die Fälligstellung des Klagebetrags und die Klageführung erschiene daher schikanös und sittenwidrig, zumal die Beklagte nicht in der Lage sei, den geforderten Betrag zu zahlen.
Das Berufungsgericht hob infolge Berufung des Klägers, der in seiner Rechtsrüge ausschließlich die Bejahung der Gegenforderung durch das Erstgericht bekämpfte, das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zur Prüfung der Frage zulässig sei, ob das Berufungsgericht berechtigt sei, das Zurechtbestehen der Klageforderung zu beurteilen. Eine Gegenforderung könne nur dann im streitigen Verfahren mittels (prozessualer) Aufrechnungseinrede geltend gemacht werden, wenn dafür ebenfalls der streitige Rechtsweg offenstehe oder der Außerstreitrichter Ansprüche bereits rechtskräftig zuerkannt habe; beides sei hier nicht der Fall. Die Unzulässigkeit der Aufrechnungseinrede führe aber noch nicht zum Erfolg der Berufung, weil auch das vom Erstgericht angenommene Zustandekommen eines Anerkenntnisvertrags einer Prüfung durch das Berufungsgericht bedürfe. Auch wenn die Beklagte keine Berufung erhoben habe, könne von einer Teilrechtskraft in Ansehung des Ausspruchs über den Bestand der Klageforderung nicht ausgegangen werden, weil es sich bei diesem Ausspruch weder um ein Feststellungs-, noch um ein Zwischenurteil, sondern um eine logische Prämisse der Entscheidung über das Zahlungsbegehren handle, die nicht der Rechtskraft fähig sei. Ob tatsächlich - wie das Erstgericht meine - ein Anerkenntnisvertrag hinsichtlich der Klageforderung zustandegekommen sei, könne ohne ergänzende Beweisaufnahme nicht abschließend beurteilt werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Kläger hält das berufungsgerichtliche Verfahren für mangelhaft, weil das Berufungsgericht - mangels Berufung durch die Beklagte - nicht berechtigt gewesen sei, den Ausspruch des Erstgerichts über den Bestand der Klageforderung zu überprüfen; es hätte vielmehr die von ihm zu Recht als unzulässig beurteilte Gegenforderung zurückweisen und der Klageforderung stattgeben müssen. Dazu ist zu erwägen:
Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, zur Überprüfung der Klageforderung auch ohne Berufung der Beklagten und ohne darauf abzielenden Rechtsmittelantrag des Klägers berechtigt zu sein, auf die Rechtsprechung, wonach dann, wenn im Berufungsverfahren - wie im vorliegenden Fall - die Bekämpfung des im Ersturteil enthaltenen Ausspruchs über die Höhe der Klageforderung unterbleibe, insoweit nicht Teilrechtskraft eintrete. Bei einem infolge einer prozessualen Aufrechnungseinrede zu fällenden dreigliedrigen Urteil sei weder die Entscheidung über die Klageforderung noch jene über die Gegenforderung für sich allein der Rechtskraft fähig, sondern lediglich die sich daraus ergebende Entscheidung über das Klagebegehren (EvBl 1992/193; RZ 1982/42; MietSlg 33.649; SZ 68/44; SZ 70/97). Daraus wurde der Schluß gezogen, daß dann, wenn ein Klagebegehren wegen einer bis zu dessen Höhe als zu Recht bestehend angenommenen Gegenforderung zur Gänze abgewiesen wird, die Beklagte nicht verpflichtet sei, die ihr ungünstige Feststellung über das Bestehen der Klageforderung zu bekämpfen, weil dieser - bloß eine logische Prämisse der Entscheidung über das Zahlungsbegehren bildende - Ausspruch weder als Feststellungs- noch als Zwischenurteil in Rechtskraft erwachsen könne. Die in erster Instanz obsiegende Partei müsse deshalb auch nicht für sie ungünstige Feststellungen in der Berufungsbeantwortung bekämpfen, um jene - soweit für die rechtliche Beurteilung relevant - im Revisionsverfahren aufgreifen zu können (EvBl 1992/193; RZ 1982/42; MietSlg 33.649; SZ 68/44). Von dieser Rechtsprechung abzuweichen besteht kein Anlaß.
Wie der Spruch eines Urteils im Fall der Erhebung einer Gegenforderung zu lauten hat, ist in der ZPO nicht geregelt; § 545 Abs 3 Geo sieht in solchen Fällen die Fällung eines mehrgliedrigen Urteils vor, das bereits im Urteilsspruch über den Bestand und die Aufrechenbarkeit der Gegenforderung abspricht. Dieses Urteil hat in seinen beiden ersten Teilen (nur) feststellenden Charakter (Fasching, LB**2 Rz 1293). Wie bei anderen Urteilen auch erwächst mangels Anfechtung nur jener Teil des Spruchs in Rechtskraft, der den Leistungsbefehl enthält oder das Klagebegehren abweist. Der Ausspruch über den Bestand der Klageforderung oder der eingewendeten Gegenforderung kann prozessual nicht anders behandelt werden als jeder sonstige für zu Recht bestehend erkannte Einwand (etwa der Verjährung, der außergerichtlichen Aufrechnung oä), der zwar im Ergebnis zur Klageabweisung führt, für sich allein (da nur aus den Gründen ersichtlich) aber nicht der Rechtskraft fähig ist. Inwieweit die zufolge ihrer Aufrechnungseinrede in erster Instanz obsiegende Beklagte ein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung des Ausspruchs besitzt, daß die Klageforderung zu Recht bestehe (bejahend JBl 1959, 157; EvBl 1969/396; MietSlg 33.649 mwN; zuletzt 8 Ob 31/86), bedarf hier keiner weiteren Prüfung.
Ist daher - trotz unterbliebener Berufung der Beklagten - der Ausspruch des Erstgerichts über den Bestand der Klageforderung nicht in Rechtskraft erwachsen, war das Berufungsgericht berechtigt, auch das Vorliegen des vom Kläger behaupteten Darlehens- bzw. Anerkenntnisvertrages in seine rechtliche Prüfung miteinzubeziehen und dem Erstgericht im angefochtenen Beschluß darauf bezogene Aufträge zur Verfahrensergänzung zu erteilen. Diese Aufträge beruhen auf einer zutreffenden Rechtsansicht (§ 510 Abs 3 ZPO); ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist, kann der Oberste Gerichtshof hingegen nicht überprüfen (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 5 zu § 519 mN).
Beizutreten ist insbesondere der Auffassung des Gerichts zweiter Instanz, die Aufrechnungseinrede sei unzulässig. Auch für die Aufrechnungseinrede müssen nämlich die positiven Prozeßvoraussetzungen (inländische Gerichtsbarkeit und Zulässigkeit des Rechtsweges) vorliegen (Fasching III 578 und LB2 Rz 1290; Rechberger/Simotta, Grundriß des österr. Zivilprozeßrechts4 Rz 483). Die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges muß bei Unanwendbarkeit des § 40a JN zur Nichtigkeit des Prozesses führen (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 42 JN). Gegenforderungen, für die der Rechtsweg oder der streitige Rechtsweg nicht zulässig ist (hier: Aufteilungsansprüche nach § 81 ff EheG), können im streitigen Verfahren nicht aufrechnungsweise eingewendet werden (SZ 22/50; SZ 23/149; SZ 55/55; JBl 1988, 735). Nur dann, wenn derartige Ansprüche von der zuständigen Behörde (vom Außerstreitrichter) schon rechtskräftig zuerkannt worden sind, können sie im Zivilprozeß aufrechnungsweise zur Schuldtilgung eingewendet werden (SZ 22/50; JBl 1988, 735; 7 Ob 2334/96b); dies ist hier nicht der Fall.
Die Entscheidung über die Prozeßkosten gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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