OGH 7Ob239/99v

OGH7Ob239/99v8.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schenk und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei B*****, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei 1. Egon L***** , 2. Irene K*****, beide vertreten durch Dr. Helmuth Hackl, Rechtsanwalt in Linz, sowie 3. Ellengard L*****, vertreten durch Dr. Alfred Jäger und Dr. Hansjörg Kaltenbrunner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung, Unterlassung und Zuhaltung eines Bestandvertrages (Gesamtstreitwert S 500.000), infolge Rekurses der erst- und zweitbeklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 11. Februar 1999, GZ 11 R 25/99v-13, womit infolge Rekurses sämtlicher Gegner der gefährdeten und beklagten Parteien die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichtes Linz vom 30. November 1998, GZ 8 C 2399/98b-2, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Rekurswerber haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der am 30. 11. 1998 eingebrachten Klage, gerichtet auf

verband die klagende (als gefährdete) Partei (im folgenden Klägerin) den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung des Inhalts, zur Sicherung ihres Anspruches gegen ihre Gegner (im folgenden Beklagte) auf Unterlassung von Handlungen, die die Bestandrechte der klagenden Partei an dem klagsgegenständlichen Bestandobjekt gefährden könnten, sowie auf Zuhaltung des Bestandvertrages und Übergabe des im Klagebegehren näher genannten Bestandobjektes, den beklagten Parteien ab sofort bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Rechtsstreites zu verbieten, Handlungen zu setzen, die die Bestandrechte der klagenden Partei an dem genannten Bestandobjekt gefährden könnten, insbesondere mit Dritten Mietverträge über dieses Bestandobjekt oder Teile hievon abzuschließen und/oder Dritten Benützungsrechte in welcher Form immer an diesem Bestandobjekt oder Teilen hievon einzuräumen und/oder Dritten dieses Bestandobjekt oder Teile hievon zu übergeben.

Das Erstgericht erließ diese einstweilige Verfügung - gegen Auferlegung einer Sicherheitsleistung von S 1,5 Mio, welche erlegt wurde - antragsgemäß ohne vorherige Anhörung der Beklagten als Gegner der gefährdeten Partei.

Das von sämtlichen drei beklagten Parteien angerufene Rekursgericht gab deren Rekurs Folge, hob die angefochtene einstweilige Verfügung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrenergänzung auf. Es sprach weiters aus, daß der Entscheidungsgegenstand S 260.000 übersteige und der Rekurs (zufolge Bejahung mehrerer, im einzelnen ausführlich formulierter erheblicher Rechtsfragen) an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Der gegen diesen Beschluß gerichtete - erkennbar auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte - Rekurs der erst- und zweitbeklagten Parteien mit dem Antrag, in Stattgebung des Rechtsmittels die angefochtene Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des klägerischen Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuändern, ist aus folgenden Gründen zurückzuweisen:

Rechtliche Beurteilung

In der am Tag des Einlangens dieses Rekurses beim Erstgericht durchgeführten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung zog die klagende Partei ihren Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zurück, beantragte jedoch Kostenzuspruch für das Provisorialverfahren. Das Erstgericht nahm hierauf mit Beschluß vom 17. 3. 1999 (ON 18) diese Rücknahmeerklärung zur Kenntnis, erklärte das Provisorialverfahren für beendet, verpflichtete die klagende Partei, den beklagten Parteien die Kosten des gesamten Provisorialverfahrens, einschließlich des in der Kostennote des rekurrierenden Beklagtenvertreters mitaufgenommenen Rekurses an den Obersten Gerichtshof (dort allerdings unrichtig als "Revision" bezeichnet) zu ersetzen und wies die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Linz an, die vereinbarte Sicherheitsleistung nach Rechtskraft dieses Beschlusses an die Klägerin rückzuüberweisen. Über einen hiegegen von der Klägerin ergangenen Kostenrekurs hat das Rekursgericht bislang noch nicht entschieden (ON 24).

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1709 ff; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 9 ff vor § 461; SZ 67/230; 6 Ob 377/97b; weitere Nachweise in RIS-Justiz RS0002495 und 0041770) setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, somit ein Anfechtungsinteresse voraus. Der Rechtsmittelwerber muß durch die angefochtene Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt sein und damit ein rechtliches Interesse an der Anfechtung haben. Dieses Rechtsschutzbedürfnis muß auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel vorhanden sein (3 Ob 79/98h; RS0002495 und 0041770). Sein Fehlen macht das Rechtsmittel unzulässig (JBl 1977, 650; 3 Ob 150/94; 6 Ob 377/97b). Dies hat der Oberste Gerichtshof im Falle der Zurückziehung eines EV-Antrages während anhängigen Rechtsmittelverfahrens bereits in seiner Entscheidung 8 Ob 612/88 ausgesprochen; ebenso auch schon früher im Falle der Zurückziehung einer Klage unter Anspruchsverzicht bei gleichzeitigem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des erhobenen Anspruches während des anhängigen Rechtsmittelverfahrens im Provisorialverfahren (4 Ob 365/75).

Gleiches hat auch im hier vorliegenden Fall zu gelten. Durch die gänzliche Zurückziehung ihres EV-Antrages vor Rechtsmittelvorlage an den Obersten Gerichtshof samt darauf beruhender beschlußmäßiger Beendigung des Provisorialverfahrens durch das Erstgericht ist für die rekurrierenden erst- und zweitbeklagten Parteien jegliches Anfechtungsinteresse gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes in Wegfall geraten. Eine Beschwer kann auch nicht daraus abgeleitet werden, daß diesen Beklagten unter Umständen Ersatzansprüche nach § 394 EO (aus der zunächst bewilligten und bis zum Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes aufrechten, durch die Antragszurückziehung sich jedoch als ungerechtfertigt erwiesenen einstweiligen Verfügung) zustehen können, weil sie diese zufolge Beendigung des Provisorialverfahrens ungeachtet einer Sachentscheidung durch den Obersten Gerichtshof verfahrensrechtlich jederzeit begehren und durchsetzen können. Einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, ob die seinerzeit beantragte einstweilige Verfügung zu Recht erlassen wurde (Entscheidung des Erstgerichtes), abzuweisen gewesen wäre (vorliegender Rekursantrag), oder zufolge erforderlicher Ergänzungen noch nicht entscheidungsreif ist (so das Rekursgericht), käme damit nur theoretisch-abstrakte Bedeutung zu, was aber nicht Aufgabe einer Rechtsmittelentscheidung sein kann (RZ 1974/21).

Aus dieser Zurückweisung des Rechtsmittels mangels Beschwer steht den Rechtsmittelwerbern aber auch kein Kostenersatzzuspruch im Lichte der Bestimmung des § 50 Abs 2 ZPO, welche gemäß § 402 Abs 4 iVm § 78 EO auch im Provisorialverfahren Anwendung findet, zu. Dies folgt nämlich bereits daraus, daß das Erstgericht mit Beschluß vom 17. 3. 1999 (Punkt 2. desselben: ON 18) die klagende und gefährdete Partei schuldig erkannte, den erst- und zweitbeklagten Parteien auch die Kosten des Rekurses (an den Obersten Gerichtshof) vom 12. 3. 1999 (in der Entscheidung unrichtig: 20. 3. 1999) zu ersetzen, sodaß ohnedies - ungeachtet der hiezu noch nicht ergangenen Entscheidung des Rekursgerichtes über den hiegegen erhobenen Kostenrekurs der Klägerin (ON 20 iVm 24) - bereits eine (wenngleich noch nicht rechtskräftige) Kostenentscheidung zugunsten der Rechtsmittelwerber vorliegt, sodaß dem Obersten Gerichtshof insoweit auch keine funktionelle Zuständigkeit zu einer (nach dem Verfahrensstand neuerlichen) Kostenentscheidung zukommt.

Aus allen diesen Erwägungen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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