OGH 2Ob22/97t

OGH2Ob22/97t2.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Daniel H*****, und 2. Rachael Anne H*****, beide wohnhaft bei der sie vertretenden Mutter Michelle Marie B*****, England, vertreten durch Dr. Rudolf Bruckenberger, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. Garry H*****, England, 2. A***** GmbH, *****, und 3. E***** Versicherungs-AG, *****, alle vertreten durch Dr. Ernst Blanke und Dr. Christoph Gernerth Mautner Markhof, Rechtsanwälte in Hallein, wegen 257.698 S, infolge der Rekurse der klagenden Parteien und der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 2. Oktober 1996, GZ 2 R 44/96w-57, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 18. September 1995, GZ 9 Cg 391/93b-45, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Rekursen der klagenden Parteien und der beklagten Parteien wird keine Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz zu behandeln.

Text

Begründung

Den Erstbeklagten trifft das Alleinverschulden an einem Verkehrsunfall, der sich am 26. 9. 1987 gegen 2.30 Uhr auf der Katschberg-Bundesstraße B 99 ereignete. Bei diesem Unfall wurde der leibliche, außereheliche Vater der beiden Kläger, Uwe F*****, der in dem vom Erstbeklagten gelenkten PKW der Marke Opel Kadett mitfuhr, getötet. Zum Unfallszeitpunkt war die zweitbeklagte Partei Halterin dieses Fahrzeuges, die drittbeklagte Partei war Haftpflichtversicherer. Im Verfahren 9 Cg 149/92 (9 Cg 256/90) des Landesgerichtes Salzburg brachten die nunmehr klagenden Parteien gegen die (auch hier) beklagten Parteien eine Feststellungsklage ein. Über Antrag der klagenden Parteien erging gegen die zweit- und drittbeklagte Partei ein - in Rechtskraft erwachsenes - Versäumungsurteil, in welchem festgestellt wurde, daß die zweit- und drittbeklagte Partei den klagenden Parteien zur ungeteilten Hand für sämtliche künftige Schäden aus dem erwähnten Unfall haftungs- und ersatzpflichtig sind, wobei diese Haftung hinsichtlich der drittbeklagten Partei mit der in dem zwischen der zweit- und drittbeklagten Partei abgeschlossenen Versicherungsvertrag ausgewiesenen Haftpflichtversicherungssumme der Höhe nach begrenzt ist.

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger gemäß § 1327 ABGB Ersatz für den durch die Tötung ihres leiblichen Vaters entgangenen Unterhalt, und zwar der Erstkläger unter Berücksichtigung einer durch die drittbeklagte Partei geleisteten Akontozahlung von 50.000 S und inklusive pauschalierter Zinsen von 9.000 S für Oktober 1987 bis Oktober 1991 77.280 S samt 4 % Zinsen seit 1. 10. 1991 sowie die Zweitklägerin für April 1988 bis Oktober 1991 unter Berücksichtigung einer von der drittbeklagten Partei geleisteten Akontozahlung von 50.000 S und inklusive pauschalierter Zinsen von 6.000 S insgesamt 24.088 S samt 4 % Zinsen seit 1. 10. 1991, wobei hinsichtlich der Berechnung der pauschalierten Zinsen kein näheres Vorbringen erstattet wurde. Ferner begehren der Erstkläger von November 1991 bis November 1994 monatliche Rentenzahlungen von 2.540 S und die Zweitklägerin von November 1991 bis März 1994 solche von monatlich

2.150 S. Die Kläger brachten dazu vor, die drittbeklagte Partei habe die Ansprüche der Kläger dem Grunde nach ausdrücklich anerkannt. Die Mutter der Kläger habe seit dem erwähnten Unfall keinerlei soziale Unterstützungen für die Kläger, wie Kinderbeihilfe, Waisenrente und dergleichen bezogen. Die geltend gemachten Schadenersatzforderungen errechneten sich in Anlehnung an die in ständiger Rechtsprechung angewandten Regelbedarfssätze für die Unterhaltsbemessung.

Die beklagten Parteien wendeten unter Hinweis auf die schon geleisteten Teilzahlungen ein, es lägen keine verläßlichen Grundlagen vor, aus denen die Kläger Ansprüche aus dem Titel des entgangenen Unterhalts ableiten könnten. Es sei zwar auch auf Schadenersatzansprüche mittelbar Geschädigter grundsätzlich österreichisches Recht anzuwenden, diese Ansprüche hingen jedoch von der Unterhaltsberechtigung der Kläger ab, wofür das Unterhaltsstatut maßgebend sei, sodaß die von den Klägern angewendete Berechnungsmethode nicht zulässig sei, weil eine Berechnung nach dem Regelbedarf im englischen Recht ausgeschlossen sei. Auch habe der verstorbene Vater für seine Kinder nicht ausreichend gesorgt und wäre auch nicht in der Lage gewesen, ein Einkommen zu erzielen, das es ihm erlaubt hätte, für seine Kinder Unterhalt zu leisten. Zudem müßten sich die Kläger die auf sie entfallenden Sozialleistungen, wie Waisenrente, Kinderbeihilfe etc, anrechnen lassen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren vollinhaltlich ab. Es traf - über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus und soweit für das Rekursverfahren noch von Bedeutung - noch folgende Feststellungen:

Vom 4. 4. 1987 bis knapp vor dem Unfall war Uwe F***** bei der Firma M***** beschäftigt. Er verdiente in dieser Zeit 1.402,95 Pfund und bezahlte davon insgesamt 353,16 Pfund an Steuern. "Es kann keine Feststellung darüber getroffen werden", ob Uwe F***** im Zeitraum zwischen der Geburt des Erstklägers (23. 12. 1984) bis zum Arbeitsbeginn bei der Firma M***** einer Beschäftigung nachging und wieviel er hiebei verdiente. Zum Zeitpunkt des Unfalls war er offensichtlich ohne Beschäftigung, weil das Arbeitsverhältnis mit der Firma M***** am 10. 9. 1987 geendet hatte. "Es kann keine Feststellung darüber getroffen werden", daß sich die finanziellen Verhältnisse des Uwe F***** ab Oktober 1987 geändert hätten und er in weiterer Zukunft in der Lage gewesen wäre, regelmäßige Unterhaltszahlungen für die Kläger zu leisten.

Um Sozialunterstützung auf Basis "ledige Mutter mit Kind" zu erhalten, gab die Mutter der Kläger hinsichtlich des Erstklägers an, daß der Vater unbekannt sei, weil die finanziellen Bedingungen zu unsicher waren und Uwe F***** kein geregeltes Einkommen hatte, da er immer wieder bei verschiedenen Stellen arbeitete und dazwischen immer wieder arbeitslos war. Wenn Uwe F***** über Geld verfügte, gab er der Mutter der Kläger diverse Geldbeträge für den Haushalt und bezahlte auch gelegentlich Kleidung für den Erstkläger. Uwe F***** und die Mutter der Kläger heirateten nicht, weil die finanziellen Verhältnisse Uwe F*****s zu unsicher waren. "Es kann nicht festgestellt werden", daß Uwe F*****, der Erstkläger und die Mutter der Kläger ein eheähnliches (wohl: familienähnliches) Leben führten, und daß Uwe F***** beabsichtigte, die Mutter der Kläger zu heiraten. Er besuchte den Erstkläger und dessen Mutter nur über das Wochenende und sehr selten während der Woche.

Die Mutter der Kläger wendet für den Unterhalt des Erstklägers monatlich 36,33 Pfund und für den Unterhalt der Zweitklägerin 31,33 Pfund auf. Weitere Unterhaltsbedürfnisse haben die Kläger nicht. Die Mutter ist seit November 1991 verheiratet. Weder sie noch ihr Mann gehen einer geregelten Arbeit nach.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, nach Artikel 3, 8 und 11 (gemeint: des Haager Straßenverkehrsübereinkommens) sei auf den vorliegenden Fall österreichisches Recht anzuwenden, weil sich der Unfall in Österreich ereignet habe, was auch für mittelbar Geschädigte gelte. Nach § 1327 ABGB stehe den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetz zu sorgen gehabt habe, das zu, was ihnen durch den Tod des Unterhaltspflichtigen entgangen sei. Der Hinterbliebene sei so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre. Unterhaltsentgang sei nur dann zu ersetzen, wenn dieser konkret gegeben sei, nicht aber schon dann, wenn nur eine gesetzliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung bestanden habe. Der Getötete habe zum Unfallszeitpunkt (und auch davor) keinen Unterhalt geleistet. Auch sei nicht erwiesen, daß er dies in Zukunft jemals beabsichtigt habe oder gekonnt hätte. Auch bei Anwendung englischen Rechts bestehe der Ersatzanspruch nicht zu Recht. Das gegen die zweit- und drittbeklagte Partei in Rechtskraft erwachsene Feststellungsurteil könne ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis führen.

Das Berufungsgericht hob infolge Berufung der klagenden Parteien das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück, wobei es aussprach, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Zutreffend habe das Erstgericht den von den Klägern geltend gemachten Anspruch nach österreichischem Recht beurteilt, weil das nach dem Haager Straßenverkehrsübereinkommen berufene Recht auch auf die von nur mittelbar Geschädigten erhobenen Schadenersatzansprüche anzuwenden sei. Hänge der Anspruch Dritter allerdings von ihrer Unterhaltsberechtigung ab, sei dafür das Unterhaltsstatut maßgebend. Bei Ansprüchen auf das Entgangene nach § 1327 ABGB handle es sich um keinen Unterhaltsanspruch, sondern um einen Schadenersatzanspruch, sodaß bei dessen Ermittlung Billigkeitserwägungen keinen Platz hätten. Nach ständiger Rechtsprechung richte sich der Schadenersatzanspruch nach dem tatsächlich entzogenen Unterhalt. Maßgebend für die Berechnung des Entgangenen seien die tatsächlich erbrachten, Unterhaltscharakter aufweisenden Leistungen, sofern sie nicht auffallend über das gesetzliche Maß des Unterhalts hinausgingen, also noch einigermaßen im Verhältnis zu diesem stünden. Im gegenständlichen Fall richteten sich daher die Voraussetzungen und der Umfang der Haftung, das Bestehen und die Art der zu ersetzenden Schäden sowie die Art und der Umfang des Schadenersatzes nach österreichischem Recht; die Frage, ob der Vater der Kläger ohne seinen durch den Unfall verursachten Tod den Klägern gegenüber unterhaltspflichtig gewesen sei oder geworden wäre, sei hingegen nach dem Recht des Unterhaltsstatuts zu beurteilen, da die Kläger ihren gewöhnlichen Aufenthalt in England hätten und offenbar auch die englische Staatsbürgerschaft besäßen. Diese Rechtsansicht sei aber nicht unstrittig. So sei der Oberste Gerichtshof in einigen Entscheidungen davon ausgegangen, daß im Rahmen des § 1327 ABGB der gesetzliche Unterhalt geschuldet werde, wenn die tatsächlichen Unterhaltsleistungen des Getöteten darunter lägen. Dieser Ansicht habe sich auch Reischauer mit dem gewichtigen Argument angeschlossen, die Unterhaltsforderung (für die Zukunft) sei unabhängig davon, ob bis zum Tod weniger als der gesetzliche Unterhalt geleistet worden sei, im Ausmaß des gesetzlichen Unterhaltsanspruches untergegangen. Dem Unterhaltsberechtigten wäre es jederzeit freigestanden, den vollen Unterhalt zu begehren. Was man einem nahen Angehörigen (ohne dazu verpflichtet zu sein) belasse, müsse man einem Verletzer nicht belassen. Diese Ansicht erscheine für den österreichischen Rechtsbereich auch insofern konsequent, als hier der Unterhaltsberechtigte seit Einführung des UVG selbst dann in den Genuß des gesetzlichen Unterhalts kommen könne, wenn dieser beim Unterhaltspflichtigen nicht eintreibbar sei. Insofern könnte der gesetzliche Unterhalt als "tatsächlich entgangen" angesehen werden. Im vorliegenden Fall sei diese Rechtsansicht aber nicht anwendbar. Zum einen stehe nicht fest, ob es auch in England dem österreichischen Unterhaltsvorschußgesetz vergleichbare Bestimmungen gebe. Zum anderen lägen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, daß die Mutter der Kläger den gesetzlichen Unterhalt beim verunglückten Vater der Kläger eingefordert hätte. Vielmehr sei aus ihrem festgestellten bisherigen Verhalten zu folgern, daß sie es auch in Zukunft vorgezogen hätte, den Behörden gegenüber zu behaupten, den Aufenthalt des Vaters der Kläger nicht zu kennen, dadurch für sich und die Kinder höhere Sozialhilfe zu beziehen und sich im übrigen mit dem zu begnügen, was der Vater der Kinder an gelegentlichen Beiträgen zur Haushaltsführung geleistet habe.

Demnach hafteten dem Urteil sekundäre Feststellungsmängel an, weil in keiner Weise - auch nicht durch negative Feststellungen - Feststellungen dazu getroffen worden seien, in welchem Umfang und wie häufig der Vater der Kläger solche Unterhaltsleistungen erbracht habe. Soweit die Mutter der Kläger bei ihrer Zeugenvernehmung dazu nicht befragt worden sei, liege auch ein Stoffsammlungsmangel vor. Sekundäre Feststellungsmängel seien auch insofern gegeben, als sich die Kläger bei der Ausmittlung des "Entgangenen" iSd § 1327 ABGB im Rahmen der Vorteilsausgleichung durch den Tod des Unterhaltspflichtigen bewirkte höhere Sozialleistungen, wie Waisenrente etc, anrechnen lassen müßten. Dazu hätten die Beklagten zwar ein Vorbringen erstattet, Feststellungen seien diesbezüglich allerdings nicht getroffen worden und lägen dazu auch keine Verfahrensergebnisse vor. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht daher mit den Parteien zu erörtern haben, inwiefern sich die von den Klägern bezogenen Sozialleistungen zufolge des Todes des Unterhaltspflichtigen erhöht oder verringert hätten. Ferner werde das Erstgericht mit den Parteien zu erörtern haben, inwiefern das in Beilage A in der Übersetzung ausgewiesene Arbeitsende "10. 9. 1987" auf einen Übersetzungsfehler zurückzuführen sei. Ein solcher Fehler dürfte tatsächlich vorliegen, zumal Uwe F***** nach dem Akteninhalt offensichtlich auf einer für die Firma M***** durchgeführten Dienstfahrt verunglückt sei. Daß Uwe F***** nur ein geringfügiges Einkommen bezogen habe (hiefür aber immerhin Lohnsteuer entrichten habe müssen), schließe nicht aus, daß er durchaus Unterhaltsleistungen an seine Hinterbliebenen erbracht habe, die ihnen nach seinem Tod entgangen seien. Selbst nach den Feststellungen des Erstgerichtes habe der Vater der Kläger nämlich Zahlungen geleistet, wenn er über Geld verfügt habe. Dazu stünden die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung des Ersturteils, wonach der Getötete zum Zeitpunkt seines Todes (und auch vorher) nicht Unterhalt geleistet habe, in Widerspruch, sodaß insofern eine widersprüchliche und damit mangelhafte Begründung des Erstgerichtes vorliege.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob im Rahmen des § 1327 ABGB zumindest der gesetzliche Unterhalt zuzusprechen sei, nicht einheitlich sei, und die Entscheidungen ZVR 1994/90 und JBl 1990, 240 Fälle betroffen hätten, in denen der von den Unterhaltspflichtigen geleistete Unterhalt offenbar über dem gesetzlichen Unterhalt gelegen sei, woraus nicht ohne weiteres auf den hier zu beurteilenden Fall geschlossen werden könne.

Die gegen diesen Aufhebungsbeschluß gerichteten Rekurse der klagenden Parteien und der beklagten Parteien sind aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, jedoch im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Nach ständiger Rechtsprechung kann der Oberste Gerichtshof der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß ein Sachverhalt noch nicht genügend geklärt ist - richtige rechtliche Beurteilung vorausgesetzt - nicht entgegentreten. Soweit das Berufungsgericht daher für aufklärungsbedürftig ansah, ob Uwe F***** vor oder nach seinem Tod bei der Firma M***** ausgetreten ist, ist dies von der Sachverhaltsebene her nicht weiter in Frage zu stellen. Eine diesbezüglich nähere Aufklärung ist auch aus rechtlichen Erwägungen - wie unten noch näher darzulegen sein wird - erforderlich, zumal für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch auch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen maßgeblich ist und zudem eine wahrscheinliche Entwicklung des Einkommens des Getöteten zu berücksichtigen ist (ZVR 1994/90; 2 Ob 33/92 ua; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 24 zu § 1327).

Der von den beklagten Parteien in der Klagebeantwortung geltend gemachte, später aber nicht mehr relevierte Einwand, daß die Mutter nicht die nach dem Gesetz vorgesehene Vertreterin zur Einbringung der Klage sei (AS 25), ist nicht berechtigt, weil dann, wenn - wie hier - die Eltern nicht verheiratet sind, gemäß Sec 2 (2) Children Act 1989 (nur) der Mutter die elterliche Veranwortung für das Kind zukommt. Diese elterliche Verantwortung schließt nach Sec 3 (3) Children Act 1989 insbesondere auch das Recht ein, im eigenen Namen (zum Nutzen des Kindes) dem Kind zustehende Vermögensgegenstände jeglicher Art und wo immer belegen in Besitz zu nehmen oder einzufordern (vgl Bergmann-Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 37 und 59 f). Auch wurde die gegenständliche Klage mit Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 10. 6. 1992, 20 P 99/92-2, pflegschaftsgerichtlich genehmigt (ON 12), wobei im vorliegenden Fall zu Recht die inländische Pflegschaftsgerichtbarkeit als gegeben angesehen wurde (EFSlg 63.946; ZVR 1997/32 ua; Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 110 JN).

Zutreffend haben die Vorinstanzen die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche nach österreichischem Recht beurteilt. Gemäß Art 3 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens (BGBl 387/1975) ist im Hinblick auf den Unfallsort österreichisches Recht anzuwenden. Wie der erkennende Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, ist das nach dem Haager Straßenverkehrsübereinkommen berufene Recht auch auf die von nur mittelbar Geschädigten erhobenen Schadenersatansprüche anzuwenden. Hängt der Anspruch Dritter allerdings von ihrer Unterhaltsberechtigung ab, so ist dafür das Unterhaltsstatut maßgebend (ZVR 1994/90; JBl 1990, 240; ZVR 1990/87 ua). Nach österreichischem Recht bestimmen sich damit die Voraussetzungen und der Umfang der Haftung, das Bestehen und die Art der zu ersetzenden Schäden sowie die Art und der Umfang des Schadenersatzes. Die Frage, ob und wie weit Uwe F***** als Vater den Klägern gegenüber unterhaltspflichtig war oder - hinsichtlich der Zweitklägerin - ohne seinen durch den Verkehrsunfall verursachten Tod geworden wäre, ist jedoch nach dem Recht des Unterhaltsstatuts der Kläger zu beurteilen. Diesbezüglich steht - wie unten noch darzulegen sein wird - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes jedoch noch nicht fest, daß die Frage der Unterhaltsansprüche der Kläger nach englischem Recht zu beurteilen ist.

Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der Tod, so muß gemäß § 1327 ABGB den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetz zu sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden. Diese Bestimmung, die § 844 BGB entspricht und eine Sonderregelung zugunsten mittelbar Geschädigter enthält, gewährt nach ständiger Rechtsprechung dem nach dem Gesetz Unterhaltsberechtigten Ansprüche auf Ersatz einer entgangenen tatsächlichen Unterhaltsleistung und keinen Unterhaltsanspruch (SZ 45/143; EvBl 1975/104; ZVR 1994/90 uva; Reischauer in Rummel2 Rz 13 zu § 1327 ABGB mwN; Harrer in Schwimann2 Rz 12 zu 1327 ABGB). Auch der Anspruch der Kinder nach § 1327 ABGB ist ein derartiger originärer Schadenersatzanspruch gegen den Schädiger. Der Hinterbliebene ist grundsätzlich so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre (ZVR 1989/136; ZVR 1990/123; 1 Ob 155/97v ua).

Bei der Bemessung der Schadenersatzansprüche der Hinterbliebenen ist zunächst von den Verhältnissen (bis) zum Todes- bzw Verletzungszeitpunkt (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II, 154 mwN) auszugehen (ZVR 1989/76 ua; Reischauer aaO Rz 23). Das gilt insbesondere für das Einkommen des Getöteten. Als "entgangen" im Sinne des § 1327 ABGB ist auch "künftig Entgehendes" zu verstehen (ZVR 1975/116; 1 Ob 155/97v ua). Künftige Entwicklungen der Einkommens- und Lebensverhältnisse sind, soweit möglich, bei der Bemessung im Rahmen einer Prognose zu berücksichtigen; künftig Entgehendes ist daher nach dem gewöhnlichen, das heißt wahrscheinlichen Lauf der Dinge (§ 1293 ABGB) zu bemessen (ZVR 1994/90; 2 Ob 33/92; 1 Ob 155/97v uva). Für die Berechnung des Entgangenen im Sinne dieser Gesetzesstelle kommt es nach ständiger Rechtsprechung auf den tatsächlich entzogenen Unterhalt an. Woher der Unterhaltspflichtige sein für Unterhaltszwecke verwendetes Einkommen bezog, ist für einen Schadenersatzanspruch seiner Hinterbliebenen wegen entgangenen Unterhalts nach § 1327 ABGB unerheblich (ZVR 1979/181; ZVR 1980/323; ZVR 1989/109; ZVR 1990/123; ZVR 1994/129 uva). Der Oberste Gerichtshof hält nunmehr seit Jahren an der Rechtsprechung fest, wonach dann, wenn der tatsächlich geleistete Unterhalt höher war als die gesetzliche Unterhaltspflicht, jedenfalls der tatsächlich geleistete Unterhalt zu ersetzen ist, auch wenn er reichlich bemessen war, soweit er nach den Umständen nur einigermaßen mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht ins Verhältnis gesetzt werden kann (ZVR 1989/109; ZVR 1990/123; ZVR 1994/90; ZVR 1994/129 ua). Hat der Unterhaltsverpflichtete jedoch weniger gezahlt, als der gesetzlichen Unterhaltspflicht entspricht, wurde von einem Teil der Rechtsprechung nur der tatsächlich geleistete Unterhalt ersetzt (ZVR 1956/36; ZVR 1956/40; ZVR 1959/11; ZVR 1973/39; ZVR 1983/17 ua), von einem anderen Teil der Rechtsprechung wurde jedoch der gesetzliche Unterhaltsanspruch als Mindestanspruch gewährt (SZ 14/97; ZVR 1960/335; EFSlg 27.222; ZVR 1978/23; ZVR 1979/181 = EFSlg 31.586; EFSlg 54.294; 2 Ob 572/90). Jenen Entscheidungen, die den gesetzlichen Unterhaltsanspruch als Mindestanspruch gewähren, wurde in der Lehre der Vorzug gegeben. Reischauer (aaO Rz 22) begründete dies damit, daß die Unterhaltsforderung (für die Zukunft) im Ausmaß des gesetzlichen Unterhaltsanspruches untergegangen sei und insofern ein positiver Schaden entstanden sei; dies unabhängig davon, ob bis zum Tod weniger als der gesetzliche Unterhalt geleistet worden sei. Dem Unterhaltsberechtigten wäre es jederzeit frei gestanden, den vollen Unterhalt zu begehren. Was man einem nahen Angehörigen (ohne dazu verpflichtet zu sein) belasse, müsse man einem Verletzer nicht belassen. Eine im Vermögen des Hinterbliebenen existierende konkrete Forderung sei vernichtet worden; dies sei konkreter positiver Schaden, genauso wie das Entstehen einer Verbindlichkeit. Koziol (aaO, 155) hält ebenfalls eine solche - allerdings seiner Ansicht nach objektiv abstrakte - Berechnung des entgangenen Unterhaltes für möglich. Apathy (Kommentar zum EKHG Rz 20 zu § 12) hält es für problematisch, wenn die Judikatur bisweilen die Ersatzpflicht auf den tatsächlich entzogenen Unterhalt beschränkt habe, wenn dieser niedriger als der gesetzliche gewesen sei. Dem sei entgegenzuhalten, daß der Unterhaltsberechtigte jederzeit die - durch die Tötung entzogene - Möglichkeit gehabt hätte, den gesetzlichen Unterhalt zur Gänze einzufordern.

In Deutschland wird zu § 844 BGB, der § 1327 ABGB entspricht, von Lehre und Rechtsprechung vertreten, daß es bei rechtlich bereits konkret bestehender Unterhaltsleistungspflicht des Getöteten für den Ersatzanspruch des Unterhaltsberechtigten ohne Bedeutung sei, ob der Getötete in der Vergangenheit auf Erfüllung der Pflicht in Anspruch genommen wurde und ob er tatsächlich erfüllt hat; ebenso sei es, da es nur auf die künftige Verpflichtung zur Gewährung des Unterhalts ankomme, bedeutungslos, ob und in welcher Höhe er im Fall seines Fortlebens Unterhalt tatsächlich voraussichtlich geleistet hätte (BGHZ 4, 133, 136 = NJW 1952, 539; VersR 1968, 770; NJW 1974, 1373; NJW 1985, 40, 50; NJW 1993, 124, 125 ua; Karl Schäfer in Staudinger, BGB12 Rz 55 und 64 zu § 844; Stein in Stein-Jonas, Münchner Kommentar zum BGB3 Rz 28 zu § 844).

Auch der erkennende Senat billigt die Ansicht, daß der Schädiger den Unterhaltsberechtigten gemäß § 1327 ABGB eine Unterhaltsrente in der Höhe zumindest des gesetzlichen Unterhaltsanspruches zu leisten hat. Die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen (ZVR 1994/90 und JBl 1990, 240) betrafen jeweils Sachverhalte, bei denen der tatsächlich geleistete Unterhalt - anders als offenbar hier - über dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch lag. Insbesondere dann, wenn der getötete Unterhaltspflichtige weniger zahlte, als er eigentlich seinem Einkommen bzw seinen Fähigkeiten nach leisten hätten müssen, ist aber, wenn eine angemessene Unterhaltsleistung unterblieben ist, weil - wie hier - die in Betracht kommenden Behörden wegen Unkenntnis des wahren Einkommens und der Tatsache der Vaterschaft des Verunglückten eine entsprechende Antragstellung unterlassen haben, der Schaden in der Höhe eines angemessenen Unterhaltes zu berechnen (vgl ZVR 1967/39; 2 Ob 80/73 ua). Im vorliegenden Fall ist überdies zu berücksichtigen, daß die Zweitklägerin zum Unfalls- bzw Todeszeitpunkt ihres Vaters noch gar nicht geboren war. Die Ersatzpflicht, die sich aus der Tötung eines Menschen nach § 1327 ABGB ergibt, erstreckt sich nämlich auch auf Unterhaltsansprüche, die vom Getöteten erst später oder nach Eintritt einer Bedingung - hier:

der Geburt der Zweitklägerin - zu erfüllen gewesen wären (ZVR1980/161; EFSlg 33.800; EFSlg 69.125 ua). Der erkennende Senat hält - den Ausführungen der klagenden Parteien in ihrem Rekurs folgend - sohin an der auch in 2 Ob 243/99w vertretenen Auffassung fest, sodaß im vorliegenden Fall der Umfang des den Klägern zu ersetzenden entgangenen Unterhalts zumindest in Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruches zu gewähren ist, sofern nicht der verstorbene Vater dem Erstkläger tatsächlich einen höheren Unterhalt geleistet hat und der Zweitklägerin nach deren Geburt geleistet hätte.

Soweit es das Berufungsgericht daher für aufklärungsbedürftig ansah, ob, in welchem Umfang und wie häufig der Vater dem Erstkläger Unterhaltsleistungen erbrachte, ist dies - wie bereits oben angeführt - von der Sachverhaltsebene her nicht weiter in Frage zu stellen. Die nähere Aufklärung der dargelegten Umstände ist auch aus den oben angeführten rechtlichen Erwägungen erforderlich. Zudem wird das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren sich mit den gesetzlichen Unterhaltsansprüchen der beiden Kläger auseinanderzusetzen und diesbezüglich entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Dabei ist der Unterhaltsanspruch - insbesondere dessen Höhe - nach dem Recht des Unterhaltsstatuts der Kläger zu beurteilen, wobei entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes noch nicht feststeht, daß diesbezüglich englisches Recht anzuwenden ist. Das Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht (BGBl 1961/293; Haager Unterhaltsstatutabkommen), welches für die gesetzlichen Unterhaltsansprüche aller unverheirateten Kinder unter 21 Jahren, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat haben, gilt, wurde nämlich von Großbritannien bisher nicht ratifiziert. Weil die Kläger sohin ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Vertragsstaat des Haager Unterhaltsstatutabkommens haben, gilt für den gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Kläger das IPRG (Schwimann, Internationales Privatrecht2, 126). Gemäß § 25 Abs 2 IPRG sind die Wirkungen der Unehelichkeit eines Kindes, sohin auch dessen Unterhaltsanspruch, nach dessen Personalstatut, wofür nach § 9 Abs 1 IPRG die Staatsangehörigkeit maßgebend ist, zu beurteilen. Das Erstgericht hat jedoch keine Feststellungen zur Staatsbürgerschaft der Kläger getroffen, sodaß das Berufungsgericht dazu nur ausführen konnte, daß die Kläger offenbar die englische Staatsbürgerschaft besäßen. Auch diesbezüglich wird das Erstgericht die Sachverhaltsgrundlage durch entsprechende Erhebungen noch zu ergänzen haben. Insbesondere für die Festsetzung des (den gesetzlichen Unterhaltsanspruch übersteigenden) Unterhaltsentganges hinsichtlich der nachgeborenen Zweitklägerin ist für den Fall, daß die Eltern bereits ernste und konkrete Vorstellungen von einer gemeinsamen Haushaltsführung und der Art der Betreuung des zu erwartenden Kindes hatten, von der Fiktion auszugehen, sie hätten diese Lebensführung bereits zu Lebzeiten beider Elternteile verwirklicht (vgl EFSlg 69.125). Sollte sich hingegen im fortgesetzten Verfahren ergeben, daß konkrete Anhaltspunkte dafür, wie sich die Einkommensverteilung in der Familie des Getöteten gestaltet hätte, fehlen, wird bei der Berechnung der Schadenersatzansprüche der Kläger und der Hinterbliebenenrenten die Höhe des nach dem anzuwendenden Recht angemessenen Unterhalts maßgebend sein.

Das Berufungsgericht hat somit das Ersturteil im Ergebnis zu Recht aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückverwiesen. Daher erweisen sich die Rekurse als nicht berechtigt. Es waren lediglich die Aufträge an das Erstgericht auf Basis der vom erkennenden Senat vertretenen Rechtsansicht entsprechend - wie oben bereits dargelegt - zu erweitern.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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