OGH 1Ob167/99m

OGH1Ob167/99m27.8.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut H*****, vertreten durch Dr. Georg Minichmayr, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei A***** reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Josef Broinger, Rechtsanwalt in Eferding, wegen 7 Mio S sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. März 1999, GZ 11 R 32/99a-32, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

a) Eine Kommanditgesellschaft (KG), deren Gesamtrechtsnachfolger der Kläger ist, hatte mit der Rechtsvorgängerin und Vertragsübergeberin der beklagten Partei am 28. März 1984 ein Versicherungsberatungsübereinkommen - als Dauerschuldverhältnis - mit folgendem hier wesentlichen Inhalt abgeschlossen: "Das ...

Beratungsübereinkommen ist ein Werkvertrag. Es gelten die

gesetzlichen Bestimmungen über den Werkvertrag, sofern die

nachstehenden Punkte keine andere Regelung enthalten. Grundleistungen

der ... (Rechtsvorgängerin des Klägers) sind die Überprüfung

sämtlicher Versicherungspolizzen auf ihre inhaltliche Zweckmäßigkeit

und richtige Prämienberechnung, ... die Regulierung von

Versicherungsverträgen ... sowie eine umfassende Information und

Beratung über Änderungen im Versicherungswesen. ... Sonderleistungen

... - wie Liquidation Ihrer Schadensfälle, die Einholung von

Gutachten ... werden gesondert honoriert. ... Das Grundhonorar ...

ist jeweils am Jahrestag des Abschlusses dieser Vereinbarung bzw. zum

festgesetzten Fälligkeitstermin im vorhinein zu entrichten. Das

Jahresgrundhonorar wird in vier gleichen Raten jeweils am 1. Jänner,

1. April, 1. Juli und 1. Oktober vorgeschrieben. ... Als

Jahres-Mindest-Grundhonorar gilt ein Betrag von ..." Der Kläger

schrieb am 8. Juli 1992 an die beklagte Partei: "... Wir nehmen Bezug

auf die persönliche Unterredung zwischen Ihnen und Herrn ... (Kläger)

... und teilen Ihnen mit, daß Herr ... (Kläger) aus persönlichen

Gründen ersucht, die Zusammenarbeit "A*****-H*****" mit sofortiger Wirkung als erloschen zu betrachten. Gleichzeitig ersuchen wir Sie um Nennung Ihres Vorschlages für die Honorierung für den Zeitraum 1. 1. 1992 bis 30. 6. 1992. Wir möchten nicht versäumen, uns für die lange, gedeihliche Zusammenarbeit auch auf diesem Wege nochmals zu bedanken und hoffen, daß Sie für diesen Schritt Verständnis aufbringen. ...

Aus den gleichen persönlichen Gründen sieht sich Herr ... (Kläger)

nicht in der Lage, das Angebot 'Konsulentenvertrag' zu akzeptieren

..." Das Antwortschreiben der beklagten Partei vom 22. Juli 1992

lautet auszugsweise wie folgt: "... Ihrem Wunsch hinsichtlich

Beendigung der Zusammenarbeit zwischen Ihnen bzw. Ihrer Firma und der A*****-Unternehmensgruppe kommen wir gerne nach, ist es doch eine Bestätigung der bereits klaren Rechtslage. Gemäß Punkt III. des abgeschlossenen Werkvertrages/Konsulentenvertrages vom 20. 5. 1992, abgeschlossen zwischen der A***** Versicherungsdienst GmbH und der ... KG, war der bisherige Beratervertrag mit Wirkung 30. 4. 1992 außer Kraft gesetzt worden und ist endgültig erloschen. Die Beendigung des ehemaligen Beratervertrages haben wir auch mit unserem Schreiben vom 15. 6. 1992 endgültig bestätigt. ..."

Daß das Berufungsgericht im Schreiben vom 8. Juli 1992 ein "Anbot" für die einvernehmliche Vertragsauflösung und keine einseitige Auflösung des Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund sah, begründet keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Denn die Auslegung von rechtsgeschäftlichen Parteienerklärungen, von denen nicht anzunehmen ist, daß sie in vergleichbarer Form neuerlich vorkommen, begründet im allgemeinen wegen der über den Anlaßfall nicht hinausgehenden Bedeutung die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht (1 Ob 85/98a uva; RIS-Justiz RS0044298). Auch die Beurteilung, ob eine bestimmte Erklärungsabsicht eines Vertragsteils (hier:

einvernehmliche oder einseitige Vertragsauflösung aus wichtigen Gründen) für den anderen Vertragsteil erkennbar war, geht in ihrer Bedeutung nicht über den Einzelfall hinaus (9 Ob 1765/91 ua). Eine auffallende Fehlbeurteilung der zweiten Instanz, die jedenfalls der Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte (1 Ob 85/98a uva), etwa weil die berufungsgerichtliche Auslegung bestehenden allgemeinen Auslegungsregeln (§§ 914 f ABGB) widerspräche, unlogisch oder mit den Sprachregeln unvereinbar wäre (MietSlg 38/32), ist nicht zu erkennen. Nach allgemeiner Verkehrsauffassung versteht man unter "persönlichen Gründen" solche der eigenen Sphäre und nicht solche, die einem aus einem Verhalten des Vertragspartners die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses billigerweise nicht mehr zumutbar erscheinen läßt, somit zu einer vorzeitigen Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses berechtigen. Ein wichtiger Grund in diesem Sinn ist dem Schreiben vom 8. Juli 1992 auch nicht zu entnehmen.

b) Die Lösung der Verjährungsfrage durch die zweite Instanz steht im Einklang mit der Rspr: Nach den vom Kläger in zweiter Instanz gar nicht bekämpften erstrichterlichen Feststellungen haben die Streitteile die aus dem Versicherungsberatungsübereinkommen resultierenden Rechtsfolgen den gesetzlichen Bestimmungen über den Werkvertrag unterworfen, jedoch abweichend von § 1170 ABGB zugunsten der Rechtsvorgängerin des Klägers als Unternehmerin ein jeweils in vierteljährlichen Raten im vorhinein am 1. Jänner, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober zur Zahlung fälliges Jahrespauschalhonorar vereinbart. Der Honoraranspruch für das 1. Quartal 1992 wurde somit am 1. Jänner 1992, für das 2. Quartal 1992 am 1. April 1992 und für Zeitraum vom

1. bis einschließlich 22. Juli 1992 (Tag der einvernehmlichen Vertragsauflösung) als Teil des 3. Quartals mit 1. Juli 1992 fällig. Da für die hier zu beurteilende Honorarforderung unbestritten die dreijährige Verjährungsfrist gilt (§ 1486 Z 1 ABGB), war der klageweise geltend gemachte Honoraranspruch für den Zeitraum 1. Jänner bis 22. Juli 1992 bei Klageeinbringung am 7. Juli 1995 bereits verjährt.

Der Revisionswerber übersieht, daß die Regel des § 1170 ABGB nur gilt, wenn nichts anderes vereinbart wurde (vgl Rebhahn in Schwimann2, § 1170 ABGB Rz 4 mwN), daß im vorliegenden Fall die Streitteile als "Werklohn" einen viermal jährlich fälligen im vorhinein zu bezahlenden Jahrespauschalbetrag bedungen haben, daß nur ein solcher begehrt wird, daß es daher zum Eintritt der Fälligkeit keiner Rechnungslegung bedurfte und eine unterbliebene Rechnungslegung auf den Verjährungsbeginn somit ohne Einfluß war (Rebhahn aaO Rz 11 mwN). Für den Fristbeginn ist nicht das Ende des Abrechnungszeitraums (Ende der Beratungstätigkeit mit zusätzlicher Frist zur Rechnungslegung) maßgeblich. Denn einerseits tritt bei Abbestellung eines Werks durch den Werkbesteller die Fälligkeit sofort ein, weil das Unterbleiben des Werks oder die Nichtbeendigung des übernommenen Geschäfts bereits feststeht (5 Ob 98/59, 7 Ob 529/88 ua), was auch für die einvernehmliche Vertragsauflösung zu gelten hat; andererseits bleiben beim Werkvertrag Vereinbarungen über die Fälligkeit des Werklohns (hier: quartalsmäßige Bezahlung des festgelegten Jahrespauschalhonorars im vorhinein) auch bei (hier: einverständlicher) Abbestellung des Werks in Geltung (5 Ob 98/59; RIS-Justiz RS0021845). Daß der vereinbarte Fälligkeitszeitpunkt vor der einvernehmlichen Beendigung des Versicherungsberatungsübereinkommens liegt, schadet nicht. Die in der Entscheidung SZ 39/211 und in Folgeentscheidungen vertretene Auffassung, für den Beginn der Verjährung des Anwaltshonorars sei die Beendigung des Auftragsverhältnisses in einer bestimmten Rechtssache maßgebend, und solange der Anwalt noch in die Lage kommen könne, pflichtgemäß im Interesse seines Klienten in dieser Rechtssache tätig zu werden, sei das Mandatsverhältnis nicht erloschen und daher auch die Fälligkeit des Honoraranspruches nicht eingetreten, erweist sich hier angesichts der Fälligkeitsvereinbarung der Streitteile als unanwendbar.

c) Von der Berufungsinstanz verneinte Verfahrensmängel - hier unterlassene Vernehmung dreier Zeugen - können nicht neuerlich in dritter Instanz geltend gemacht werden. Im übrigen hat die zweite Instanz ohnehin den 22. Juli 1992, wofür die Zeugen geführt worden waren, und nicht wie der Erstrichter den 30. April 1992 bzw 20. Mai 1992 als maßgeblichen Zeitpunkt für die Vertragsauflösung angesehen. Die Auflösung erfolgte, wie bereits dargestellt, einvernehmlich, sodaß die Frage, ob der Kläger auch zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen wäre, unerheblich ist. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß der Rechtsvorgängerin des Klägers bis zur einvernehmlichen Vertragsauflösung, somit bis 22. Juli 1992, ein - nun freilich verjährter - Honoraranspruch zustand. Die Frage, ob bis zu diesem Zeitpunkt daneben oder nur der Werkvertrag/Konsulentenvertrag bestand, ist unerheblich, behauptete doch der Kläger, dieser Vertrag habe nie Rechtswirksamkeit erlangt, und leitet aus dessen Bestehen auch keine Ansprüche ab.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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