Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 6.695,04 (darin S 1.115,84 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Eigentümer eines an die Liegenschaft der Kläger angrenzenden Grundstücks (in der Folge Geschädigter) erlitt im Jahre 1989 durch eine von der Liegenschaft der Kläger ausgehende Überflutung einen Schaden, dessen Ersatz er mit einer im Jahr 1990 beim Erstgericht gegen die nunmehrigen Kläger und damaligen Beklagten anhängig gemachten Klage geltend machte. Die Kläger brachten ihrerseits noch im Zuge des vom Geschädigten gegen sie angestrengten Verfahrens gegen den Beklagten die hier vorliegende Klage auf Feststellung dessen Haftung für jeden aus der vorerwähnten Überflutung der Nachbarliegenschaft entstehenden Schaden ein. Diese Klage wurde dem Beklagten am 27. 8. 1992 zugestellt; das Verfahren über die Feststellungsklage wurde mit Beschluß vom 23. 10. 1992 - über Antrag der Kläger - bis zur rechtskräftigen Erledigung des zwischen dem Geschädigten und ihnen anhängigen Vorprozesses unterbrochen. In diesem verkündeten sie dem Beklagten mittels eines diesem am 16. 7. 1993 zugekommenen Schriftsatzes den Streit und forderten ihn auf, dem Vorprozeß auf ihrer Seite als Nebenintervenient beizutreten. Dieser Aufforderung leistete der Beklagte keine Folge. Im Vorprozeß wurde ausgesprochen, daß die Kläger für den gesamten Schaden des Geschädigten einzustehen hätten; der für die Kläger eintretende Haftpflichtversicherer zahlte dem Geschädigten S 547.052,-- "an Hauptsache", S 196.906,-- an Zinsen und S 968.446,-- an Verfahrenskosten (des Geschädigten und der Kläger), insgesamt somit S 1,712.404.
Die Kläger setzten das unterbrochene, gegen den Beklagten gerichtete Verfahren mit der Behauptung fort, ihr Haftpflichtversicherer habe ihnen die auf ihn übergegangene Ersatzforderung zum Inkasso und zur gerichtlichen Geltendmachung abgetreten. Sie begehrten nunmehr den Ersatz von S 1,712.404,-- sA und brachten insbesondere vor, daß ihnen der Beklagte auch die Zinsen und Kosten des Vorprozesses zu ersetzen habe, zumal die Kläger den Vorprozeß zum klaren und überwiegenden Vorteil des nunmehrigen Beklagten geführt hätten.
Das Begehren "in der Hauptsache" ist durch Zuspruch von S 273.526,-- sA und Abweisung des gleich hohen Mehrbegehrens rechtskräftig erledigt. Gegenstand dieser Entscheidung sind nur mehr die im Vorprozeß durch den Haftpflichtversicherer ersetzten Verfahrenskosten sowie die im Vorprozeß den Klägern zur Zahlung auferlegten Zinsen; die Kläger haben ihr Begehren auf 50 % der von ihnen insoweit behaupteten Schadenssumme, somit auf S 580.922,90 samt 4 % Zinsen seit 30. 6. 1995 eingeschränkt. Der Beklagte habe diese Kosten und Zinsen zu ersetzen, weil ihm seine Verpflichtung zum Schadenersatz nicht nur aufgrund der Streitverkündigung, sondern auch infolge ihrer bereits zuvor erfolgten Zustellung der Feststellungsklage, der Teilnahme im Vorprozeß als Zeuge und überhaupt aufgrund der Kenntnis des Schadens und seiner eigenen Haftung bekannt gewesen sei. Es wäre ihm jedenfalls schon ab Zustellung der Feststellungsklage möglich gewesen, den Schaden zu liquidieren oder zumindest als Nebenintervenient dem Vorprozeß beizutreten. Es wäre unbillig, wenn nur einer von mehreren Solidarschuldnern, der mehr oder weniger zufällig vom Gläubiger in Anspruch genommen worden sei, die Zinsen und die Kosten eines solchen Verfahrens endgültig zu tragen habe; aufgrund des vorliegenden Sachverhalts hafte der Beklagte aus dem Titel der Geschäftsführung ohne Auftrag.
Das Erstgericht erkannte den Beklagten mit Endurteil schuldig, den Klägern S 122.034,34 samt 4 % Zinsen seit 30. 6. 1995 zu zahlen, und wies das Mehrbegehren von S 458.888,56 samt 4 % Zinsen seit 30. 6. 1995 ab. Der Beklagte habe lediglich zu 50 % für jene Schäden einzustehen, die dem Geschädigten aufgrund des Vorprozesses ersetzt worden seien. Das Haftungsausmaß sei durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 1 Ob 257/98w endgültig festgestellt. Der Beklagte könne nur zum Ersatz jener Prozeßkosten und Zinsen herangezogen werden, die nach der im Vorprozeß an ihn erfolgten Zustellung der Streitverkündigung aufgelaufen seien. Allein die Kenntnis des Beklagten von der Existenz des Vorprozesses könne die formelle Streitverkündigung und die damit verbundene Aufforderung, dem Verfahren als Nebenintervenient beizutreten, nicht ersetzen. Eine Prozeßführung "im Interesse des regreßpflichtigen Solidarschuldners" könne nur für die Zeit ab Zustellung der Streitverkündigung angenommen werden; erst ab diesem Zeitpunkt habe der Beklagte durch seine Untätigkeit zu erkennen gegeben, daß er nicht bereit sei, den Schaden anzuerkennen und selbst zu bezahlen.
Die Kläger bekämpften den abweislichen Teil dieses Urteils nur insoweit, als ihnen nicht weitere S 87.590,60 samt 4 % Zinsen seit 30. 6. 1995 zugesprochen wurden. Diesen Betrag errechneten sie aus den in der Zeit vom 27. 8. 1992 (Zustellung der Feststellungsklage) bis 15. 7. 1993 (Tag vor der Zustellung der Streitverkündigung) aufgelaufenen Prozeßkosten im Vorprozeß und den in diesem Zeitraum aufgelaufenen Zinsen.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung; es sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Für Zinsen und Kosten des Vorprozesses, die vor der am 16. 7. 1993 erfolgten Zustellung der Streitverkündigung an den Beklagten angefallen seien, habe dieser nicht einzustehen. Das Erfordernis einer formellen Streitverkündigung samt damit verbundener Aufforderung, dem Verfahren auf Seite des in Anspruch genommenen Solidarschuldners als Nebenintervenient beizutreten, erscheine zum Ausschluß von Zweifelsfällen, ob und inwieweit eine Abwehr(maßnahme) eines vom Gläubiger in Anspruch genommenen Solidarschuldners auch dem klaren und überwiegenden Vorteil eines ihm gegenüber regreßpflichtigen weiteren Solidarschuldners diene, zweckmäßig und sachgerecht. Die Klage des vom Gläubiger in Anspruch genommenen Solidarschuldners auf Feststellung der Haftung eines diesem gegenüber regreßpflichtigen weiteren Solidarschuldners sei einer Streitverkündigung nicht gleichzuhalten.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Es entspricht nunmehr ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofs, daß ein Solidarschuldner die Prozeßkosten (eines Vorprozesses) anteilig zu tragen hat, wenn er sich trotz Streitverkündigung nicht am Prozeß zwischen dem Gläubiger und dem in Anspruch genommenen Solidarschuldner beteiligte, weil dann anzunehmen sei, daß er die Prozeßführung durch diesen als auch in seinem Interesse gelegen betrachtete (1 Ob 76/98b; 1 Ob 256/98y; 7 Ob 203/98y; 7 Ob 277/98f; SZ 70/241; SZ 70/200; vgl MietSlg 49.124). Diese Erwägungen gelten nach der Judikatur auch für den von den Klägern bzw deren Haftpflichtversicherer ersetzten Verzögerungsschaden: Der Eintritt eines solchen Schadens ist notwendige Folge der Prozeßführung und dem Prozeßaufwand gleichzuhalten (7 Ob 277/98f; SZ 70/241). Eine Prozeßführung (auch) im Interesse des Beklagten kann aber nur für die Zeit ab Zustellung der Streitverkündigung angenommen werden. Ab diesem Zeitpunkt hat der Beklagte durch seine Untätigkeit zu erkennen gegeben, daß er nicht bereit ist, den Schaden anzuerkennen und selbst zu bezahlen. Das Argument, der Prozeß sei auch in seinem Prozesse geführt worden, versagt für die Zeit vor der Streitverkündigung. Ab diesem Zeitpunkt haben aber die Mitschuldner gemeinsam den Verzögerungs- und Kostenschaden zu vertreten, wobei mangels Behauptung oder Beweises eines unterschiedlichen Verfahrensaufwands im Vorprozeß, der im Interesse beider Parteien geführt wurde, der Schaden zu gleichen Teilen zu tragen ist (7 Ob 277/98f; SZ 70/241).
Die Kläger vertreten die Ansicht, der Umstand, daß der Beklagte von der Klagsführung des Geschädigten gegen sie gewußt habe, sei dem Beklagten zumindest ab dem Zeitpunkt, zu dem die hier vorliegende Feststellungsklage erhoben wurde, insoweit zuzurechnen, als diese Klagszustellung einer Streitverkündigung gleichkäme. Dieser Ansicht ist nicht beizupflichten:
Gemäß § 21 Abs 1 ZPO kann derjenige, der behufs Begründung zivilrechtlicher Wirkungen einen Dritten von einem Rechtsstreit zu benachrichtigen hat, dies durch Zustellung eines Schriftsatzes bewirken, in welchem auch der Grund der Benachrichtigung anzugeben und die Lage des Rechtsstreits, falls derselbe bereits begonnen hat, kurz zu bezeichnen ist. Mit einer solchen Benachrichtigung kann gemäß § 21 Abs 2 ZPO eine in den Vorschriften des bürgerlichen Rechts begründete Aufforderung zur Leistung der Vertretung im bereits anhängigen Rechtsstreit verbunden werden. Im vorliegenden Fall bestand für die Kläger keine gesetzliche Vorschrift, dem Beklagten den Streit zu verkünden, doch haben sie letztlich zweckmäßigerweise zur Bewirkung der Hilfeleistung, die ihnen der Beklagte bei der Führung des Rechtsstreits leisten sollte (vgl Fasching LB2 Rz 414), doch - wenngleich erst längere Zeit nach Erhebung der Feststellungsklage - den Streit verkündet. Die Zustellung einer Feststellungsklage, mit der ein Solidarschuldner einen weiteren Solidarschuldner regreßweise in Anspruch nimmt, hat nicht die Wirkung der Streitverkündigung. Erst durch eine Streitverkündigung wird der vom Streit verständigte Solidarschuldner darauf aufmerksam gemacht, daß der bereits in ein Verfahren Involvierte beabsichtigt, den schon anhängigen Prozeß auch im Interesse des weiteren Solidarschuldners zu führen, also dort nicht nur seine eigenen, sondern auch die fremden Interessen (des weiteren Solidarschuldners) zu verfolgen. Den Prozeßkostenaufwand und auch den Verzögerungsschaden (Begehren auf Bezahlung von Verzugszinsen) kann nämlich ein Solidarschuldner grundsätzlich nur aus dem Rechtsgrund des § 1037 ABGB gegen seinen Mitschuldner geltend machen (SZ 70/241 ua). Dafür ist aber erforderlich, daß der bereits in Anspruch genommene Solidarschuldner als Geschäftsführer ohne Auftrag die Absicht hatte, in fremdem Interesse tätig zu sein und er diesen Umstand - wenngleich er zugleich seine eigenen Interessen verfolgte - auch dem weiteren Solidarschuldner zur Kenntnis brachte; grundsätzlich hat nämlich der Geschäftsführer ohne Auftrag auch zu versuchen, die Einwilligung des Geschäftsherrn zu erlangen (Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 4 und 5 zu § 1035, Rz 1 und 2 zu § 1037). Erhebt der solchermaßen tätig werdende Geschäftsführer ohne Auftrag gegen den präsumtiven weiteren Solidarschuldner lediglich Klage, so kann darin weder der Versuch erkannt werden, die Einwilligung dieses weiteren Schuldners zur Führung des Vorprozesses auf bestimmte Weise zu erlangen, noch hat er damit die Absicht kundgetan, er werde den Vorprozeß (auch) im Interesse des weiteren Solidarschuldners führen. Nur mit der Streitverkündigung, die auch den Grund der Benachrichtigung zu enthalten hat, wird dem weiteren Solidarschuldner verläßlich und klar vor Augen geführt, daß sein Beitritt gewünscht wird, um - auch - zugunsten und im Interesse des weiteren Solidarschuldners tätig werden zu können. Wenn sich der Mitschuldner dann dennoch nicht am Verfahren des vom Geschädigten Belangten beteiligt und diesem die Klärung des gegen beide Schuldner bestehenden Anspruchs des Geschädigten allein überläßt, sind tatsächlich der Kostenaufwand und auch der Verzögerungsschaden im Interesse beider Schuldner entstanden (7 Ob 277/98f; SZ 70/241).
Für die bis zur Streitverkündigung aufgelaufenen Kosten eines Vorprozesses und den bis dahin entstandenen Verzögerungsschaden haftet der vom Geschädigten in Anspruch genommene Solidarschuldner allein; erst ab der Streitverkündigung haben die Mitschuldner gemeinsam den Prozeßkosten- und Verzögerungsschaden zu vertreten.
Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)