OGH 3Ob108/99z

OGH3Ob108/99z14.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Mario H*****, und 2. Mag. Heinz Peter H*****, beide vertreten durch Mag. Werner Tomanek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 19. Jänner 1999, GZ 41 R 577/98a‑19, den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1999:0030OB00108.99Z.0714.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei, ihr Kosten für ihre Revisionsbeantwortung zuzusprechen, wird abgewiesen.

 

Begründung:

 

Rechtliche Beurteilung

Abgesehen davon, daß die klagende Partei in erster Instanz niemals behauptet hatte, entgegen dem festgestellten Wortlaut des Kaufvertrages vom 30. 8. 1985 hätten nicht der Erstbeklagte und dessen damalige Mitgesellschafterin ihre Anteile an der das gegenständliche Unternehmen betreibenden OHG an den diese fortführenden Einzelkaufmann veräußert, vielmehr sei in Wahrheit der Kaufvertrag zwischen der OHG selbst und dem Übernehmer zustande gekommen, würde sich selbst bei Feststellung einer derartigen Vereinbarung die erste der angeblich zu lösenden erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO keinesfalls stellen. Entgegen der durch nichts begründeten Ansicht der Revisionswerberin kann daran, daß im Zeitpunkt dieses Kaufvertrages ein gespaltenes Mietverhältnis vorlag, kein ernsthafter Zweifel bestehen. Wie sich aus den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes ergibt, gründete die Witwe und Alleinerbin des ursprünglichen Mieters und Unternehmensbetreibers (beginnend ab 1. 1. 1943) mit ihrer Tochter eine OHG, die die bisherige Firma weiterführte. Diese OHG bestand bis zum Ausscheiden des Erstbeklagten und der zweiten Verkäuferin des Kaufvertrages aus 1985 weiter. Tatsachen, aus denen sich ein einverständlicher Übergang des Mietverhältnisses auf die OHG ergeben hätte, wurden nicht behauptet, ebensowenig gibt es derartige Feststellungen. Wie der Oberste Gerichtshof zu EvBl 1988/73 = MietSlg 39.282 = WoBl 1988/56 hervorgehoben hat, kam vor 1982 eine Einbringung der Mietrechte der Substanz nach (die im Zweifel nicht anzunehmen ist; immolex 1999/33, 69 mN) von vornherein nicht in Betracht, vielmehr bestand gerade in der Übertragung des Gebrauches der Nutzungsrechte des Mieters an einen Dritten ein wesentliches Kriterium des gespaltenen Mietrechtsverhältnisses. Damit läge aber bei Veräußerung des Unternehmens durch die OHG an den neuen Inhaber als Einzelunternehmer ein Sachverhalt vor, der dem in der Entscheidung WoBl 1988/5, 21 (zust Würth) = MietSlg 39.284/50 (zust Reich‑Rohrwig/Thiery, Unternehmensübertragung, Gesellschafterwechsel und Mietzinserhöhung, 2. Teil, ecolex 1991, 687 [691]; ebenso Reich‑Rohrwig, Mietzinserhöhung bei Geschäftsraum‑Hauptmiete, 126 und offenbar auch MietSlg 40.290/18 = WBl 1988, 310 = WoBl 1988/77, 140) beurteilten vergleichbar ist. Darauf wäre demnach im Sinne der erstgenannten Entscheidung der hier noch maßgebende § 12 Abs 3 MRG idF vor dem 3. WÄG analog anzuwenden. In diesem Fall wäre der Erwerber des Unternehmens anstelle der Beklagten in das Hauptmietverhältnis eingetreten, weshalb die Aufkündigung den Vormietern gegenüber keinesfalls erfolgreich sein könnte.

Wenngleich in der Revision zu Recht auf die Problematik hingewiesen wird, daß nach den Feststellungen der Erstbeklagte und seine Mitgesellschafterin aus der OHG ausschieden, bevor der Kaufvertrag über ihre Anteile mit dem Erwerber abgeschlossen wurde, ist dafür für die Revision schon deshalb nichts zu gewinnen, weil man dann, wenn man das Datum des Kaufvertrages ernstnähme, auch dazu käme, daß zur Zeit dieses Kaufvertrages die OHG mangels einer Mehrheit von Gesellschaftern gar nicht mehr bestanden hätte. Diese hätte dann aber auch nicht im Sinne der Rechtsansicht der Revisionswerberin ihr Unternehmen veräußern können. Die von der Revisionswerberin geforderte Gesamtschau kann daher nur zu dem vom Berufungsgericht gefundenen Ergebnis führen, daß eben doch die Veräußerung von OHG‑Gesellschaftsanteilen erfolgte, was zwanglos damit erklärt werden kann, daß lediglich die schriftliche Fassung des Kaufvertrags erst nachträglich erfolgte und der Eintritt des neuen Unternehmensinhabers und der Austritt der früheren beiden Gesellschafter in Erfüllung dieses Kaufvertrages erfolgte.

Ausgehend von den Feststellungen der Tatsacheninstanzen hätte sich also durch die Veräußerung der Gesellschaftsanteile an der OHG, die in den Mieträumlichkeiten das Unternehmen betrieb, an der Mieterstellung der Beklagten nichts geändert, wenn man die vom Berufungsgericht angenommene Zustimmung des Zweitbeklagten ausklammert. Aber auch in diesem Fall stellt sich die in der Revision aufgeworfene Frage nach dem Übergang der Hauptmietrechte, wenn lediglich von einem Mithauptmieter Anteile eines Unternehmens erworben werden, nicht, weil eben, wie dargelegt, vom Erwerber sämtliche Gesellschaftsanteile erworben wurden.

Was die zweite relevierte Rechtsfrage angeht, lassen die Ausführungen der außerordentlichen Revision insofern an Deutlichkeit zu wünschen übrig, als nicht im einzelnen erklärt wird, welche Vermutungen des Berufungsgerichtes nicht vom Vorbringen der Beklagten gedeckt wären. Die Klägerin hat im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens präzisiert, daß sie den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG darin verwirklicht sehe, daß die Beklagten den Mietgegenstand dem nunmehrigen Einzelinhaber des im Mietobjekt betriebenen Unternehmens überlassen hätten. Wenn es auch zutrifft, daß die Beklagten das Vorliegen des Kündigungsgrundes lediglich unsubstantiiert bestritten haben, kann darin, daß sich das Berufungsgericht auf die Rechtsprechung stützte, wonach eine Weitergabe im Sinne dieser Gesetzesstelle nur vorliegt, wenn die selbständige Verwertung des Bestandrechts im Vordergrund steht (Nachweise bei Würth in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 30 zu § 30 MRG), ein Abweichen von einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht erkannt werden, hat doch die klagende Partei niemals behauptet, die Veräußerung der OHG‑Anteile habe in erster Linie dem verpönten Zweck gedient.

Nach all dem kann es darauf, ob das Berufungsgericht zu Recht ohne entsprechende Behauptung der Beklagten eine schlüssige Zustimmung des Zweitbeklagten zur Veräußerung angenommen hat, nicht ankommen, weil selbst für den Fall der Verneinung dieser Frage keine entscheidungswesentliche Rechtsfrage berührt würde.

Bereits mehrfach wurde vom Obersten Gerichtshof klargestellt, daß die Veräußerung von Anteilen einer Gesellschaft, die in den Mieträumen ein Unternehmen betreibt, und das Ausscheiden aus dieser Gesellschaft der Veräußerung des Unternehmens als Ganzes gleichzuhalten ist, weshalb dadurch der Kündigungsgrund des § 19 Abs 2 Z 10 MG (nunmehr § 30 Abs 2 Z 4 MRG) nicht hergestellt wird (MietSlg 23.393 mwN). Diese Auffassung wurde auch in MietSlg 38.454 und WoBl 1989/12, 45 zutreffend aufrecht erhalten. Auf die Frage, ob darin auch eine Unternehmensveräußerung im § 12 Abs 3 MRG aF zu sehen ist (verneinend etwa ecolex 1991, 618 = EvBl 1992/1, 23 = WoBl 1991/116, 192), kommt es im Kündigungsprozeß nicht entscheidend an.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 508a Abs 2 Satz 2 iVm §§ 50, 40 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte