OGH 5Ob305/98h

OGH5Ob305/98h13.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Univ. Prof. Dkfm. Dr. Ing. Rudolf E*****, 2. Denise E*****, beide vertreten durch Dr. Ingrid Huber, Rechtsanwältin in Graz, wider die beklagte Partei Heinz-Peter L*****, vertreten durch Dr. Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert S 310.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 29. Juni 1998, GZ 11 R 210/97a-56, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29. September 1997, GZ 26 Cg 222/94x-49, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig der Umwidmung des im Wohnungseigentum der klagenden Parteien stehenden, eine Fläche von rund 218,86 m**2 umfassenden ersten Dachgeschosses des Hauses 1 der Liegenschaft 1190 Wien, Unterer Schreiberweg 10, in Wohnraum zuzustimmen und demgemäß den Umwidmungsplan Beilage ./P zu unterfertigen, wobei mit Rechtskraft des Urteils die Willenserklärung als abgegeben gilt, abgewiesen wird.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 199.450,35 bestimmten Prozeßkosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz (darin S 11.856,- Barauslagen und S 31.291,72 Umsatzsteuer) sowie die mit S 30.514,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 14.575,- Barauslagen und S 2.656,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Winter 1971/1972 errichtete die B***** Baugesellschaft mbH in *****, ein Mehrfamilienhaus aufgrund eines Bauplans vom Oktober 1970, welchem am 26. 4. 1971 die Baubewilligung erteilt worden war. Über dem Dachgeschoß war ein "Spitzboden" vorgesehen, der jedoch vom Dachboden durch eine Decke getrennt und nicht zugänglich war. Die Treppe endete bei den Dachbodenräumen.

Ohne Willen und ohne Kenntnis der Wohnungseigentumsbewerber (mit Ausnahme der Helga M*****, der Rechtsvorgängerin der Kläger) wurde jedoch von der Wohnungseigentumsorganisatorin der Spitzboden ausgebaut und vom Dachboden eine Treppe auf den Spitzboden errichtet.

Bei Abschluß des Wohnungseigentumsvertrages am 22. 11. 1971 wurde Helga M***** Wohnungseigentum am "gesamten Dachgeschoß in einer Größe von 218,86 m**2" eingeräumt. Der "Spitzboden" fand im Wohnungseigentumsvertrag keine Erwähnung. Die Parteien des Wohnungseigentumsvertrags - mit Ausnahme von Helga M***** - gingen von der Errichtung nur eines Dachgeschosses aus, die Entstehung eines zweiten Dachgeschosses wurde nicht bedacht. Der der Baubewilligung zugrundeliegende Plan (Bescheid vom 26. 4. 1971), der nur ein Dachgeschoß zeigte, wies die Tür dazu 60 cm von der letzten Stufe der Stiege entfernt aus. Mit Bescheid der MA 37 vom 10. 5. 1971 wurde von der Baubehörde eine Änderung des Plans dahin zur Kenntnis genommen, daß alle Waschküchen und Trockenräume im Dachgeschoß entfielen, sodaß zwei Dachbodenräume blieben. Beim Zugang zum Dachgeschoß wurden keine Änderungen ausgewiesen. Im Bescheid der MA 37 vom 17. 5. 1972 wurden geringfügige Änderungen bewilligt, wobei diesem Bescheid ein von Dr. P***** als Bevollmächtigter sämtlicher Miteigentümer unterfertigter Plan zugrundelag, in dem der Eingang beim Dachgeschoß verändert dargestellt wurde, weil nicht nur die Wand bei der Eingangstür, sondern auch die anschließenden Wände entfernt wurden. Eine vertragliche Einigung der Miteigentümer über die Vorverlegung der Dachgeschoßtür lag dem nicht zugrunde und eine neue Lage der Dachgeschoßtür ist darin auch nicht dargestellt.

Anläßlich der Bewilligung eines Aufzugsschachtes wurde ein Plan eingereicht, der weder dem baubewilligten Plan noch den Änderungen des Plans zum Bescheid der MA 37 vom 17. 5. 1972 entspricht. Es findet sich wiederum ein "Platzl" vor der Eingangstür im Ausmaß von 60 cm, das jedoch keine Begrenzung vor der Tür hat. Auch dieser Plan weist eine über das Erstgeschoß hinausgehende Treppe auf, die jedoch nicht bis zum Spitzboden reicht. Der dem Bescheid der Baubehörde vom 2. 4. 1973 zugrundeliegende Plan, der ebenfalls von Dr. P***** als Vertreter der Grundeigentümer unterfertigt wurde, zeigt Eingangssituation in das Dachgeschoß wie in der Baubewilligung, jedoch ergänzt um die Tür zum Aufzugsschacht.

Welcher Plan der Benützungsbewilligung vom 10. 9. 1974 zugrunde gelegt wurde, konnte nicht festgestellt werden.

Im Zuge der Bauausführung war die Gestaltung des Daches so geändert worden, daß die Dachhöhe an die Nebenhäuser angeglichen und damit angehoben wurde. Tatsächlich wurde der Spitzboden des Hauses ausgebaut und eine Treppe nach oben hergestellt.

Helga M*****, die Rechtsvorgängerin der Kläger, die das Wohnungseigentum am Dachboden erworben hatte, nahm in der Folge auch den "Spitzboden" in Besitz. Dies zunächst ohne Kenntnis der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer, allerdings in Absprache mit der Wohnungseigentumsorganisatorin; sie war die spätere Gattin des Geschäftsführers der B***** Baugesellschaft mbH.

Der Spitzboden findet sich auch nicht in der Wohnungseigentums-Parifizierung.

Im heutigen Spitzboden befinden sich an mehreren Stellen Kaminputztürchen und Installationen der Gemeinschaftsantenne sowie der Sicherungskasten.

In der mündlichen Berufungsverhandlung stellten die Parteien außer Streit, daß der Wohnungseigentumsvereinbarung ein Plan zugrunde gelegt wurde, der den mit Bescheid vom 10. 5. 1971 und 26. 4. 1972 genehmigten Einreichplänen (MA 37, XVIV-1/71 und MA 37 XVIV-4/71) entspricht, ebenso die darin vorgesehene Schraffierung (vgl auch Beilage ./Q und AS 62).

Die Gesamtfläche des Dachgeschosses in den abgegrenzten Räumlichkeiten ist mit 217,06 m**2 ausgewiesen.

Heute liegt die Wohnungstür zum ersten Dachgeschoß unmittelbar nach der letzten Stufe des dorthin führenden Stiegenhauses und in derselben Ebene 20 cm davon entfernt befindet sich eine weitere Tür, die in das Rauminnere des ersten Dachgeschosses öffnet und zur Stiege in den Spitzboden führt. Dies wird in dem angeschlossenen Plan Beilage ./P richtig wiedergegeben. Es steht nicht fest, wann die Errichtung der Tür an dieser Stelle erfolgte.

Zwischen den Parteien ist nicht strittig, daß die Kläger zur Umwidmung der Dachgeschoßräume in Wohnräume vertraglich berechtigt sind. Dies wurde nämlich schon anläßlich der Wohnungseigentumsbegründung vereinbart. Deshalb, weil damals eine geringerwertige Parifizierung der Dachbodenräume erfolgte, hat die Rechtsvorgängerin der Kläger die Erhaltung des Daches vertraglich übernommen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin formal die Zustimmung des Beklagten - die anderen Mit- und Wohnungseigentümer haben offenbar die Zustimmung erteilt - zur Genehmigung des angeschlossenen Planes Beilage ./P, der die vorgesehenen Umwidmungen im Dachgeschoß ausweist. Gleichzeitig ist jedoch darin (ohne daß dies planlich in Form farbiger Darstellung kenntlich gemacht wird) die Zustimmung zur Versetzung der Dachbodeneingangstür direkt an das Ende der Stiege beinhaltet.

Die Kläger stützen ihr Klagebegehren darauf, daß der Beklagte aufgrund des Wohnungseigentumsvertrags, in dem der Rechtsvorgängerin der Klägerin der gesamte Dachboden im Ausmaß von 218,86 m**2 ins Wohnungseigentum übertragen wurde und sie der Umwidmung zugestimmt hätten, zur Unterfertigung dieses Einreichplans verpflichtet sei. Ein Recht zur Benützung des Dachgeschosses stehe dem Beklagten nicht zu. Die Verlegung der Wohnungseingangstür sei nur eine geringfügige Änderung, die durch den Wohnungseigentumsvertrag zulässig sei. Diese sei auch durch Dr. P***** im Vollmachtsnamen aller Miteigentümer bei der Baubehörde beantragt und genehmigt worden.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Die Kläger hätten sich das zweite Dachgeschoß (= Spitzboden) angeeignet und verweigerten den übrigen Mit- und Wohnungseigentümern den Zugang dazu. Rechtskräftig sei zwischen den Parteien festgestellt worden, daß das zweite Dachgeschoß (Spitzboden) nicht vom Wohnungseigentum der Kläger umfaßt sei. Die Kläger seien nicht bereit, für diese Zusatzfläche den übrigen Mit- und Wohnungseigentümern einen Ausgleichsbetrag zu zahlen. Der Spitzboden stehe damit im gemeinsamen Eigentum aller Mit- und Wohnungseigentümer. Ein ausschließliches Benützungsrecht der Kläger daran bestehe ebenfalls nicht. Die Kläger seien daher nicht berechtigt, den Beklagten vom Zutritt zum Spitzboden durch Anbringung der Dachbodeneingangstür an der beabsichtigten Stelle auszuschließen. Der Beklagte sei auch bereits mit Räumungsklage gegen die Kläger dahin durchgedrungen, daß diese nicht nur den Stiegenaufgang zum Dachboden, sondern auch den Aufgang zum Spitzboden von eigenen Fahrnissen zu räumen hätten.

Der dem Umwidmungsbegehren zugrunde gelegte Plan der Kläger stimme auch nicht mit dem von sämtlichen Miteigentümern unterfertigten Bestandplan überein. In diesem sei die Eingangstür zum ersten Dachgeschoß nicht unmittelbar am Stufenende, sondern erst 60 cm dahinter festgelegt, sodaß ein "Platzl" entstehe, von dem aus man in das zweite Dachgeschoß gelangen könne.

Die Kläger seien auch rechtskräftig verpflichtet worden, die ohne baubehördliche Bewilligung im Dachgeschoß sowie im Spitzboden des Hauses durchgeführten Abänderungen zu entfernen und die Dachgeschoßtür an die im Konsensplan vorgesehene Stelle zu versetzen.

Der dem Klagebegehren zugrunde gelegte Plan Beilage ./P sei daher ohnedies nicht genehmigungsfähig.

Das Gericht erster Instanz gab dem Klagebegehren statt und verpflichtete den Beklagten, der begehrten Umwidmung zuzustimmen und die Beilage ./P zu unterfertigen.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin, daß die Nutzung des gesamten Dachgeschosses der Rechtsvorgängerin der Kläger vorbehalten gewesen sei. Durch die nachträgliche Schaffung eines zweiten Dachgeschosses sei eine nach der Übung des redlichen Verkehrs zu treffende ergänzende Vertragsauslegung notwendig geworden, weil die Parteien des Wohnungseigentumsvertrags an diesen Fall nicht gedacht hätten und daher keine entsprechende Regelung vorgesehen hätten. Hätten die Wohnungseigentümer diesen Fall bedacht, hätten sie jenem Wohnungseigentümer, dem das Dachgeschoß zur alleinigen Nutzung überlassen worden war, die Vorverlegung seiner Wohnungstüre bewilligt, weil keiner der Mit- und Wohnungseigentümer (auch nicht derjenige des Dachgeschosses) auf eine Mitbenützung des Spitzbodens Anspruch erheben könne. Dies ergebe sich durch ergänzende Vertragsauslegung nach den Regeln des § 13 Abs 2 WEG.

Aus dem Bescheid der MA 37 vom 17. 5. 1972, der aufgrund eines von Dr. P***** im Namen aller Miteigentümer unterfertigten Planes ergangen sei, sei für die Kläger allerdings nichts zu gewinnen, weil der Unterfertigung dieses Planes keine Einigung der Miteigentümer vorangegangen sei.

Der Beklagte könne seine Weigerung, dem Plan Beilage ./P seine Zustimmung zu erteilen und ihn zu unterfertigen, nicht mit eigenen Benützungsrechten am Spitzboden begründen. Eine Benützbarkeit des Spitzbodens für die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer sei nämlich im Wohnungseigentumsvertrag nicht vorgesehen worden. Durch die Schaffung und gleichzeitige Absperrung eines zweiten Dachgeschosses sei daher für die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer auch keine Verschlechterung der Situation eingetreten.

Einer dagegen von der beklagten Partei erhobenen Berufung gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es traf die oben wiedergegebene ergänzende Feststellung darüber, welcher Plan der Wohnungseigentumsvereinbarung zugrundegelegen sei.

In rechtlicher Hinsicht widersprach das Berufungsgericht zunächst der Ansicht des Erstgerichtes, daß sich im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Ausschluß aller Mit- und Wohnungseigentümer von der Nutzung des Spitzbodens ergebe. Bei diesem Teil des Hauses handle es sich um einen allgemeinen Teil, der also der allgemeinen Benützung durch die Miteigentümer zuzurechnen sei. Das sei zwischen den Streitparteien in verschiedenen Verfahren rechtskräftig ausgesprochen worden, etwa darin, daß den Klägern rechtskräftig die Räumungsverpflichtung hinsichtlich des Spitzbodens selbst und des Zugangs zum Spitzboden auferlegt worden sei. Auch sei ein Antrag der Kläger, der Umwidmung der Dachbodenräumlichkeiten ohne Stiegenab- bzw -aufgänge in Wohnungsräumlichkeiten zu dulden und entsprechende Baupläne zu unterfertigen (§ 13 Abs 2 Z 4 WEG) rechtskräftig zu 41 R 1014/85 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien im wesentlichen deshalb abgewiesen worden, weil durch die begehrte Umwidmung den Mit- und Wohnungseigentümern der Zugang zum zweiten Dachgeschoß versperrt werde. Das Rekursgericht sei in der Begründung der Abweisung davon ausgegangen, daß sich das Wohnungseigentum der Antragsteller (= Kläger) nur auf jene Teile des Dachgeschosses beziehe, die nicht den erforderlichen Stiegenaufgang zum Spitzboden beträfen.

Das Berufungsgericht führte aus, daß sich die Parteien des Wohnungseigentumsvertrags obligatorisch darauf geeinigt hätten, daß den Klägern das Wohnungseigentum am gesamten Dachboden und zwar im Ausmaß von 218,86 m**2 zukommen solle. Der Begründung des dinglichen Rechtes sei allerdings der Plan über die abgegrenzte Wohneinheit (vgl auch § 5 Abs 2 lit a WEG 1948; § 12 Abs 2 Z 2 WEG 1975) zugrundezulegen, wonach die "Wohnungseinheit" des Dachgeschosses 60 cm vor dem Stiegenaufgang ende, also diese 60 cm noch in den Bereich der allgemeinen Nutzung fielen.

Die Parteien hätten sich im Wohnungseigentumsvertrag dazu verpflichtet, nach Durchführung des Bauvorhabens eine Neuparifizierung durchzuführen, welche auch auf mittlerweile eingetretene Änderungen in der Planung Rücksicht zu nehmen hätte. Die Vertragsteile hätten Dr. Helmut P***** Vollmacht und Auftrag erteilt, eine Neuparifizierung und anschließende Berichtigung der sich aus dem neuen Parifizierungsbescheid ergebenden geänderten Anteile im Grundbuch durchzuführen. Sie hätten erklärt, sich der Neuparifizierung zu unterwerfen und darauf verzichtet, die Sache bei Gericht anhängig zu machen. Weiters hätten sie auf Wertausgleich verzichtet, der sich aus einer Veränderung der Miteigentumsanteile ergeben könnte. Diese vertragliche Bestimmung sei maßgeblich für den Umfang der Dr. P***** erteilten Vollmacht. Weil aber die Vertragsparteien im Wohnungseigentumsvertrag der Rechtsvorgängerin der Kläger bereits das gesamte Dachgeschoß mit 218,86 m**2 zugeordnet hätten, sei dadurch die Notwendigkeit einer Interessenabwägung im Sinn des § 13 Abs 2 Z 2 WEG bereits vorweggenommen worden. Die Parteien des Wohnungseigentumsvertrags hätten also damit bereits einer Umwidmung eines allgemeinen Teils in Wohnungseigentum der Kläger zugestimmt.

Selbst wenn man aber die Bevollmächtigung des Dr. P***** zur Planunterfertigung in diesem Sinn in Zweifel ziehe, hätten die Kläger doch durch redliche Bauführung Wohnungseigentum bis zur tatsächlichen Abgrenzung der selbständigen Wohneinheit, also bis unmittelbar zum Stiegenaufgang erworben. Die Kläger hätten nämlich als Bauführer in Hinblick auf die namens der Grundeigentümer - der Wohnungseigentümer - abgegebene Zustimmungs- erklärung davon ausgehen dürfen, daß ihrer Bauführung zugestimmt werde.

Die Kläger hätten also Wohnungseigentum am gesamten Dachboden bis zum Stiegenabgang erworben. Die Umwidmung der Dachbodenräume zu Wohn- oder Atelierzwecken sei von Beginn an vereinbart gewesen und werde vom Beklagten auch nicht bestritten. Er sei daher verpflichtet, der begehrten Umwidmung zuzustimmen.

Die rechtskräftig ergangenen Räumungsverpflichtungen gegen die Kläger stünden dem insoweit nicht entgegen, als davon nur der "Stiegenaufgang" erfaßt sei und ausdrücklich festgehalten sei, daß dazwischen das Wohnungseigentum der Kläger begründet worden sei. Die Streitparteien würden sich ohnehin zur baurechtlichen Erhaltung des zweiten Dachgeschosses über eine Regelung des Zugangs und eine einheitliche Antragstellung an die Baubehörde einigen müssen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinn einer vollständigen Klagsabweisung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagenden Parteien beantragen, die Revision wegen deren Unzulässigkeit zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

Zunächst steht unzweifelhaft fest, daß die Kläger Wohnungseigentum am Spitzboden mangels Einigung im Wohnungseigentumsvertrag und mangels einer Parifizierung dieses Teils des Gebäudes nicht erworben haben. Im Zweifel ist dann, wenn zwischen den Miteigentümern nichts anderes vereinbart ist, anzunehmen, daß es sich um einen allgemeinen Teil der Liegenschaft handelt. Dies wurde hinsichtlich des Spitzbodens bereits mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 25. 11. 1981, GZ 13 R 186/81-20, rechtskräftig festgestellt. Auch auf eine ihnen durch Benützungsregelung zukommende Sondernutzung können sich die Kläger nicht berufen. Es steht ihnen daher ein Sondernutzungsrecht auch am Stiegenaufgang zum Spitzboden nicht zu.

Weil die Mit- und Wohnungseigentümer bei Abschluß des Wohnungseigentumsvertrags von der Existenz dieses im gemeinsamen Miteigentum stehenden Gebäudeteils keine Kenntnis hatten, konnte keine Widmung der für die Erreichbarkeit dieses Spitzbodens erforderlichen Teile des Gebäudes getroffen werden. Einer Wohnungseigentumsbegründung für einen einzelnen Miteigentümer steht allerdings nicht nur die vertragliche Widmung als allgemeiner Teil entgegen, sondern auch die Zweckbestimmung, die einer ausschließlichen Benützung zuwider läuft. § 1 Abs 4 WEG in der derzeit geltenden Fassung deckt sich wörtlich mit § 1 Abs 3 WEG 1948 (vgl Faistenberger/Barta/Call Anm 52 zu § 1 WEG). Diese Vorschrift hat zwingenden Charakter (MietSlg 33/11). Entgegenstehende Vereinbarungen und aufgrund solcher Vereinbarungen durchgeführte Grundbuchseintragungen sind nichtig (MietSlg 38/53; WoBl 1992, 20 [Call]). Teile des Hauses, auf deren Mitbenützung auch Dritte angewiesen sind, um ihre individuellen oder gemeinschaftlichen Nutzungsrechte ausüben zu können, sind als allgemeine Teile der Liegenschaft zu qualifizieren, an denen Wohnungseigentum nicht begründet werden kann. Ein Verstoß gegen § 1 Abs 4 WEG 1975 zieht nicht nur die Nichtigkeit einer vertraglichen Widmung sondern sogar die Nichtigkeit der Nutzwertfestsetzung und der darauf allenfalls aufbauenden bücherlichen Eintragung nach sich (5 Ob 113/95; 5 Ob 188/97a).

Eine Auslegung des Wohnungseigentumsvertrags dahin, ob von der Wohnungseigentumsbegründung hinsichtlich des Dachgeschosses auch jener Teil (oder ein Teil davon) umfaßt ist, der der Benützung des Stiegenaufgangs zum Spitzboden dient, erübrigten sich schon angesichts dieser Nichtigkeitssanktion.

Die Kläger sind daher nicht in der Lage, ihren Anspruch auf Erteilung einer Zustimmung zum Versetzen ihrer Eingangstüre auf den Wohnungseigentumsvertrag gründen, weil damit die übrigen Mit- und Wohnungseigentümer von allgemeinen Teilen der Liegenschaft ausgeschlossen würden. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß damit den übrigen Miteigentümern, so auch dem Beklagten, noch kein ungehinderter Zugang zum Spitzboden ermöglicht wird.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes wurde Dr. P***** ausschließlich eine Vollmacht zur Durchführung einer Neuparifizierung erteilt, nicht jedoch zu rechtsgeschäftlichen Verfügungen über ihrer Zweckbestimmung nach notwendigerweise allgemeine Liegenschaftsteile. Aus dem Inhalt des Wohnungseigentumsvertrags läßt sich nach dem Vorgesagten einer solcher Vollmachtsumfang schon gar nicht ableiten.

Daneben ist noch beachtlich, daß jener Plan, der Basis des Bescheides der MA 37 vom 17. 5. 1972 war, vom letzten Bescheid der Baubehörde vom 2. 4. 1973 dahin abweicht, daß dieser wiederum die Eingangssituation im Dachgeschoß wie in der Baubewilligung (ergänzt nur um die Tür zum Aufzugsschacht) darstellt (vgl S 10 des Berufungsurteils; AS 63 Mitte).

Damit sind die Kläger auch nicht in der Lage, aus einer nicht mehr konsensgemäßen, früheren baubehördlichen Bewilligung bzw der Planunterfertigung dazu eine rechtsgeschäftliche Zustimmung abzuleiten. Es versteht sich im übrigen von selbst, daß die bewirkte Nichtigkeit der Wohnungseigentumsbegründung an notwendigerweise allgemeinen Teilen der Liegenschaft durch eine Unterfertigung eines Bauplans ohnedies nicht beseitigt worden wäre.

Tatsächlich entspricht der Plan Beilage ./P, dessen Zustimmung mit der vorliegenden Klage erwirkt werden soll, nicht dem konsensgemäßen Zustand, also nicht dem letzten baubehördlich bewilligten Plan. Beabsichtigte Abänderungen der Eingangssituation daran sind im färbigen Original der Beilage ./P allerdings nicht zu ersehen. Eine rechtliche Grundlage dafür, daß der Beklagte diesem nicht den konsensgemäßen Zustand wiedergebenden Plan seine Zustimmung zu erteilen hätte, besteht auch aus diesem Grund nicht.

Daß der in Beilage ./P dargestellte Zustand dem tatsächlich bestehenden Zustand entspricht, hat lediglich zur Folge, daß den Liegenschaftseigentümern mit Berufungsbescheid vom 17. 10. 1986, Zl:

MDR-BXIX-29/86 aufgetragen wurde, u.a. die Dachgeschoßtür an die im Konsensplan vorgesehene Stelle zu versetzen.

Der Vollständigkeit halber ist noch hinzuzufügen, daß die dem ersten Anschein nach den alleinigen Gegenstand des Verfahrens bildende Umwidmung der Dachgeschoßräumlichkeiten in Wohnräume zwischen den Parteien keineswegs strittig ist, weil der Beklagte sich dieser schon aus Anlaß der Wohnungseigentumsbegründung übernommenen Verpflichtung gemäß zu verhalten bereit ist, weshalb sich jegliche Ausführungen darüber erübrigen, insbesondere wo ein Eventualbegehren, das nur die Widmungsänderungen zum Gegenstand hätte, nicht erhoben wurde.

Angesichts der aufgezeigten Problematik der Unmöglichkeit von Wohnungseigentumsbegründung an ihrer Zweckwidmung nach notwendigerweiser allgemeinen Teilen der Liegenschaft lag eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor, die von den Vorinstanzen unrichtig gelöst wurde.

Die Revision war daher berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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