OGH 4Ob343/98i

OGH4Ob343/98i13.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich H***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Mag. Ernst Lehenbauer, Rechtsanwalt in Enns, wider die beklagte Partei Johann O*****, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Zwischenantrags auf Feststellung (Gesamtstreitwert 550.000 S), infolge außerordentlicher Revision und Rekurses der beklagten Partei gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 16. Oktober 1998, GZ 6 R 81/98v-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 16. Februar 1998, GZ 4 Cg 284/95p-18, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben und der Zwischenantrag des Beklagten auf Feststellung zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Dem in der Revision enthaltenen Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zu 1.:

Die Entscheidung hängt nicht von der Lösung der in der Revision als erheblich bezeichneten und breit erörterten gewerberechtlichen Fragen ab, ob "die Wirksamkeit eines Rauchfangkehrerwechsels....von der Ausstellung eines Wechselberichtes abhängig ist" und "wie ein Rauchfangkehrerwechsel vorzunehmen ist, welche Bedeutung ein Wechselbericht...sowohl für die Rechtswirksamkeit eines Rauchfangkehrerwechsels als auch für Beweiszwecke bzw die Anspruchsgrundlagen eines Inhabers eines Kehrobjektes, das bei Kehr- oder Überprüfungsarbeiten durch einen Rauchfangkehrer nach einem Wechsel ohne entsprechenden Wechselbericht beschädigt wurde".

Rechtliche Beurteilung

Bei der Behandlung eines Unterlassungsanspruchs nach § 7 UWG ist zunächst zu prüfen, wie die beanstandete Äußerung nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise bei ungezwungener Auslegung aufzufassen ist (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 26 Rz 7; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht20, Rz 20 zu § 14 dUWG); dabei kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den daraus ermittelten Gesamteindruck der zu beurteilenden Äußerung an (SZ 68/177 = ÖBl 1996, 124 - Leserverblödung uva). Bei mehrdeutigen oder unklaren Angaben muß der Äußernde stets die ungünstigste Auslegung - sofern sie noch ernstlich in Betracht kommt - gegen sich gelten lassen (MR 1994, 111 - Nazijournalismus; Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht2 33; Baumbach/Hefermehl aaO).

Gegenstand der vorliegenden Unterlassungsklage ist das Rundschreiben des - am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligten (erst-)beklagten - Verpächters des Rauchfangkehrerbetriebs vom 1. 11. 1995, welches der (zweit-)Beklagte als Pächter den Kunden übergeben hat und in dem ua folgendes ausgeführt wurde:

"....Ich bin nach wie vor Inhaber der Kehrberechtigung für das Kehrgebiet E***** und den Bezirk L*****. Aus gesundheitlichen Gründen habe ich meinen Betrieb an..... (den Beklagten) mit dem Standort.... verpachtet. Sollten in Ihrem Haus die gesetzlich vorgeschriebenen Kehrarbeiten bzw Überprüfungen von der.....(Klägerin)...durchgeführt werden, so wäre dies illegal, da kein dem Gesetz entsprechender Rauchfangkehrerwechsel laut § 176a der Gewerbeordnung für Oberösterreich vorgenommen wurde. Wenn Ihnen durch eventuell unsachgemäß verrichtete Kehr- bzw Überprüfungsarbeiten Schäden entstehen, wären diese dann nicht bzw nur sehr schwer einzufordern....."

Die angesprochenen Kunden - also die Besitzer der Häuser ("Kehrobjekte") - konnten daraus schließen, daß es für sie von Nachteil wäre, wenn sie die Klägerin beauftragt hätten oder noch beauftragen würden. Mit der beanstandeten Behauptung wurde ihnen nämlich suggeriert, die Klägerin wäre gewissermaßen einem Pfuscher gleichzuhalten, dessen Heranziehung illegal ist und die Kunden um mögliche Schadenersatzansprüche bringen könnte. Ein solches Verständnis liegt nahe, weil die Möglichkeit der freien Wahl des Rauchfangkehrers noch nicht in das allgemeine Bewußtsein eingedrungen ist. Soweit die Leser des Schreibens zur Meinung gelangen konnten, sie würden mit der Auftragserteilung an die Klägerin gegen die Gewerbeordnung verstoßen, also illegal handeln und sich den mit illegalem Handeln verbundenen Nachteilen aussetzen, wurden sie in Irrtum geführt. In Wahrheit ließ es die Gewerbeordnung schon 1994 zu, einen anderen Rauchfangkehrer im gleichen Kehrbezirk zu beauftragen. Die Erstattung eines Wechselberichts ist Pflicht des früheren Rauchfangkehrers; das Unterbleiben eines solchen Berichts kann dem Kunden keinen rechtlichen Nachteil zufügen.

Die beanstandete Äußerung über die unmögliche oder erschwerte Einforderung von Schadenersatzansprüchen wegen unsachgemäßer Kehr- und Überprüfungsarbeiten konnte das Publikum - entgegen den Revisionsausführungen - nur auf mangelhafte Arbeiten der Klägerin und nicht auf Fehler des Beklagten beziehen. Schon der Grundsatz, daß jeder die für ihn ungünstigste Auslegung seiner Äußerung gegen sich gelten lassen muß, steht einer Deutung des beanstandeten Satzes in dem Sinn entgegen, der Beklagte werde , wenn er fehlerhaft gearbeitet habe, mangels des - von ihm zu erstellenden - Wechselberichts Schadenersatz verweigern oder verzögern.

Ganz abgesehen davon, daß die Leser des beanstandeten Schreibens den Begriff der Illegalität wohl kaum in Zusammenhang mit einer Verletzung zivilrechtlicher Verpflichtungen gegenüber dem Beklagten in Verbindung bringen konnten, wäre auch ein solches Verständnis Ergebnis einer unwahren Behauptung. Soweit nämlich der Beklagte die Meinung vertritt, die Kunden wären deshalb, weil der Verpächter - wie sich erst nach einem Rechtsmittel- und Beschwerdeverfahren beim VwGH herausgestellt hat - niemals wirksam seine Gewerbebefugnis zurückgelegt habe, noch weiter an die mit diesem geschlossenen Kehrverträge gebunden, so daß die Kunden nicht berechtigt gewesen wären, außerdem noch die Klägerin zu beauftragen, übersieht er völlig, daß der seinerzeitige Käufer des nun vom Beklagten gepachteten Betriebs, Ing. Martin B*****, selbst im Juni 1995 an die Kunden mit der Mitteilung herangetreten ist, nach der nunmehrigen Entscheidung der Landesregierung für Oberösterreich sei ihm die Ausübung des Gewerbes wieder untersagt worden; daher sei es seinen Mitarbeitern und ihm bedauerlicherweise nicht möglich, die Kunden weiter zu betreuen; sie dürften dies auch nicht tun. Nur die Behörde könnte mitteilen, wer nun für die Betreuung zuständig sei. Daraus mußten die ehemaligen Kunden des vom Beklagten gepachteten Unternehmens schließen, daß das Vertragsverhältnis beendet sei und sie einen anderen Rauchfangkehrer beauftragen müßten. Im übrigen wäre ein Auftrag eines Vertragspartners des Verpächters an die Klägerin weder rechtsunwirksam noch "illegal"; es könnte nur neben dem tatsächlich die Arbeit Ausführenden auch der andere zur Durchführung bereite Unternehmer gleichfalls den Werklohn verlangen (§ 1168 Abs 1 ABGB).

Da somit bei Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen ist, war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Zu 2.:

Die Klägerin begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr des Rauchfangkehrergewerbes zu unterlassen, gegenüber Kunden der Klägerin die Behauptung aufzustellen, die von dieser durchgeführten Kehrarbeiten und Überprüfungen wären illegal; für durch unsachgemäß verrichtete Kehr- und Überprüfungsarbeiten entstandene Schäden würden die Kunden keinen bzw sehr schwer Ersatz bekommen.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und stellte im Zuge des Verfahrens den Zwischenantrag auf Feststellung

1. daß die Gewerbeberechtigung des (erstbeklagten) Verpächters für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes, beschränkt auf das Kehrgebiet des politischen Bezirks L***** im Standort E*****, nicht rechtswirksam beendet sei, jedenfalls seit 18. 10. 1993 ununterbrochen aufrecht sei;

2. daß die in Beilage./J enthaltenen Kehraufträge von im einzelnen bezeichneten ehemaligen 420 Kunden des (erstbeklagten) Verpächters an die Klägerin keine Neubeauftragungen und mangels ordnungsgemäßer Wechselanzeigen sowie Wechselberichten im Sinn der Gewerbeordnung rechtsunwirksam seien, so daß diese Kunden nicht rechtswirksam auf die Klägerin gewechselt seien.

Das Erstgericht wies diese Zwischenanträge ab und gab dem Klagebegehren statt.

Aus Anlaß der vom Beklagten erhobenen Berufung hob das Gericht zweiter Instanz die Entscheidung über die Zwischenanträge auf und wies diese zurück. Voraussetzung für einen Zwischenantrag auf Feststellung sei ua die Präjudizialität des festzustellenden Rechtsverhältnisses für die Entscheidung in der Hauptsache. Da im vorliegenden Fall die vom Zwischenfeststellungsantrag betroffenen Rechtsverhältnisse für die Entscheidung über den Unterlassungsanspruch ohne Bedeutung seien, fehlte es an dieser Voraussetzung. Das führe zur Zurückweisung des Antrags.

Der gegen diesen Beschluß - zwar nicht ausdrücklich, aber aufgrund eines Teils der Rechtsmittelausführungen (S. 231 unten) und des (allerdings insoweit verfehlten) Rechtsmittelantrags erkennbar - erhobene Rekurs des Beklagten gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist nicht berechtigt.

Wie schon zu 1. ausgeführt, ist die beanstandete Äußerung unabhängig davon als unwahr zu werten, ob die Gewerbeberechtigung des Verpächters mit der seinerzeitigen bedingten Zurücklegung geendet hat oder nicht; ebenso ist ohne Bedeutung, ob die von verschiedenen ehemaligen Kunden des Verpächters der Klägerin erteilten Aufträge rechtswirksam waren oder nicht. Selbst wenn man nämlich die - nach dem zu 1. Gesagten im übrigen völlig verfehlte - Auffassung teilen wollte, daß die Aufträge der Kunden an die Klägerin zivilrechtlich "unwirksam" gewesen seien, wäre nicht die beanstandete, dahin zu verstehende Behauptung berechtigt, daß ein solcher Auftrag an die Klägerin gewerberechtlich illegal sei und Schadenersatzansprüche unmöglich mache oder erschwere.

Da es somit an einer formellen Voraussetzung für einen Zwischenantrag auf Feststellung gefehlt hat, hat das Berufungsgericht die meritorische Entscheidung des Erstgerichts darüber mit Recht aufgehoben. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung ist nämlich ein solcher Antrag bei Fehlen der prozessualen Voraussetzungen mit Beschluß zurückzuweisen (SZ 40/28; ÖBl 1992, 160 - Fernsehwoche; Fasching LB2 Rz 1083; Rechberger in Rechberger, ZPO, Rz 5 zu § 236).

Dem Rekurs mußte sohin ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt.

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