OGH 2Ob192/99w

OGH2Ob192/99w1.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter F*****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei V*****, vertreten durch Dr. Herbert Handl, Rechtsanwalt in Wr. Neustadt, wegen S 54.620 s.A. infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 14. April 1999, GZ 11 Nc 9/99d-7, womit der Delegierungsantrag der beklagten Partei an das Bezirksgericht Wr. Neustadt abgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, das sie zu lauten hat:

Zur Verhandlung und Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien das Bezirksgericht Wr. Neustadt bestimmt.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 4.058,88 (hierin enthalten S 676,48 USt) bestimmten Kosten des Rekurses zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit der beim Erstgericht (Bezirksgericht Innere Stadt Wien) eingebrachten Mahnklage begehrt der Kläger von der beklagten Partei als Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten zweiten Fahrzeuges den Ersatz seines Schadens aus einem Verkehrsunfall am 28. 4. 1998 im Gemeindegebiet von Oberpiesting, Bezirk Wr. Neustadt.

Die Beklagte erhob gegen den antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl Einspruch und stellte gleichzeitig den Antrag auf Delegierung der Rechtssache gemäß § 31 JN aus Zweckmäßigkeitsgründen an das Bezirksgericht Wr. Neustadt. Der Kläger sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus; das Erstgericht hielt eine solche (im Rahmen seines Vorlageberichtes an das Oberlandesgericht) für zweckmäßig, weil die Vernehmung von Zeugen und Parteien vor dem erkennenden Gericht für die Sachverhaltsermittlung zielführender erscheine als deren Vernehmung im Rechtshilfeweg.

Das Oberlandesgericht Wien wies den Delegierungsantrag ab, weil keine Gründe vorlägen, welche eine Delegierung aus beiderseitigen Zweckmäßigkeitsgründen gemäß § 31 JN berechtigt erscheinen ließen. Die Unfallörtlichkeit samt Sichtverhältnissen lasse sich aus Fotos im Strafakt erschließen. Besondere Umstände, aus denen hervorginge, daß die Einvernahme des Klägers und der Zeugen nur an Ort und Stelle durchgeführt werden könnte, lägen nicht vor. Bei einer Verhandlung im Gerichtsgebäude des Bezirksgerichtes Wr. Neustadt würden ebenso Anreisekosten der Zeugen zu diesem Gericht wie zu jenem nach Wien anfallen. Mit der Delegation wäre schließlich auch eine wesentliche Verteuerung des Verfahrens für den Kläger verbunden, müßte doch dieser seinem Anwalt für die Teilnahme an den Verhandlungen vor dem auswärtigen Bezirksgericht den doppelten Einheitssatz bezahlen und gleichzeitig der in Wien wohnhafte Kläger seine eigenen Anreisekosten zum Bezirksgericht Wr. Neustadt selber tragen. Im übrigen habe auch die beklagte Partei selbst ihren Sitz in Wien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Delegierungsantrag Folge gegeben und die Rechtssache dem Bezirksgericht Wr. Neustadt delegiert werde.

Der zutreffend (EvBl 1987/204; AnwBl 1987, 672/2759) beim Oberlandesgericht als zur Entscheidung über den Delegierungsantrag zuständigen Gericht eingebrachte Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichtes liegen im vorliegenden Fall ausreichend erhebliche sachliche Gründe der Verfahrensökonomie und damit Zweckmäßigkeit im Sinne des § 31 Abs 1 JN für die beantragte Delegierung vor. Nach den vorliegenden Beweisanträgen kommen - neben Urkundenbeweisen und der Verlesung von Akten (vor allem des Strafaktes gegen den Kläger) - die Vernehmung des im Sprengel des (bisherigen) Erstgerichtes wohnhaften Klägers sowie zweier im Sprengel des Bezirksgerichtes Wr. Neustadt wohnhafter Zeugen, darunter des Lenkers des bei der beklagten Partei haftpflichtversicherten Fahrzeuges, sowie (unter Umständen) die Durchführung eines gerichtlichen Augenscheines - eventuell mit Hinzuziehung eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigen an der Unfallstelle, welche gleichfalls im Sprengel des Bezirksgerichtes Wr. Neustadt gelegen ist - in Betracht. Damit liegen jedoch ausreichende Gründe dafür vor, jenem Grundsatz Rechnung zu tragen, der auch in der Bestimmung des § 20 EKHG gesetzlich zum Ausdruck kommt, daß nämlich Schadenersatzprozesse grundsätzlich bei jenem Gericht durchzuführen sind, in dessen Sprengel sich der Unfall ereignete. Hiedurch ist im vorliegenden Fall - auch unter Bedachtnahme auf die vom Oberlandesgericht in den Vordergrund gerückte Verdoppelung des Einheitssatzes für den in Wien anstelle des (neuen) Prozeßgerichtes ansässigen Klagevertreter - nach Auffassung des Senates ausreichend Gewähr dafür geboten, daß den bei Delegierungen stets in den Vordergrund gerückten Grundsätzen der Verfahrensökonomie, Prozeßverkürzung und Unmittelbarkeitswahrung (bei den Beweisaufnahmen) auch hier entsprechend Genüge getan wird.

In diesem Sinne war daher dem Rekurs Folge zu geben und zufolge Überwiegens der Argumente für die beantragte Delegierung anstelle des bisherigen Prozeßgerichtes das Bezirksgericht Wr. Neustadt zu bestimmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Dadurch, daß sich die klagende Partei gegen den Delegierungsantrag aussprach, ist sie gegenüber der obsiegenden beklagten Partei in einem Zwischenstreit (4 Nd 501/98) unterlegen. Der Einheitssatz für den Rekurs beträgt beim Streitwert von S 54.620,-- gemäß § 23 Abs 3 RATG nur 60 %; für das vorliegende Rekursverfahren fällt auch keine (im übrigen auch gar nicht entrichtete) Pauschalgebühr nach TP2 GGG an.

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