OGH 11Os6/99

OGH11Os6/9929.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juni 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Vielhaber als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Horst K***** und Katharina H***** wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 35 Abs 3, 38 Abs 1 lit a FinStrG und anderer Finanzvergehen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Horst K***** und Katharina H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 28. August 1998, GZ 10 Vr 328/98-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Knibbe, des Vertreters des Hauptzollamtes Graz, Dr. Zenker, der Angeklagten Horst K***** und Katharina H***** und des Verteidigers Dr. Vacarescu zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung des Horst K***** wird nicht Folge gegeben; hingegen wird jener der Katharina H***** dahin Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 50.000 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt wird.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Horst K***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach §§ 35 Abs 3, 38 Abs 1 lit a FinStrG, des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a 1. Deliktsfall, 38 Abs 1 lit a und 13 FinStrG sowie des teils vollendeten, teils versuchten vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 44 Abs 1 lit b und 13 FinStrG sowie Katharina H***** der Finanzvergehen des teils vollendeten, teils versuchten Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a 1. Deliktsfall und 13 FinStrG und des teils vollendeten, teils versuchten vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach §§ 44 Abs 1 lit b und 13 FinStrG, jeweils als Beitragstäterin nach § 11 dritter Fall FinStrG, schuldig erkannt.

Danach hat Horst K***** in Spielfeld

A/I/ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

1/ von Jänner 1995 bis Ende Juni 1997 in zahlreichen Angriffen vorsätzlich eine Verkürzung von Eingangsabgaben dadurch bewirkt, daß er insgesamt 12.000 Stück Zigaretten verschiedener Sorten, die er zunächst als Reisefreimenge in das Zollgebiet eingeführt hatte, in Österreich weiterverkaufte, sie sohin entgegen einem Verbot oder einer Verpflichtung verwendete, und es unterließ, dies dem Zollamt vorher anzuzeigen,

2/ eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich Zigaretten verschiedener Sorten, in den nachangeführten Stückzahlen vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet

a/ verbracht, und zwar von Anfang Juni (richtig: Juli - US 7, 11) 1997 bis Oktober 1997 in zahlreichen Angriffen 82.000 Stück,

b/ zu verbringen versucht, und zwar am 25. November 1997 7.800 Stück,

II/ durch die zu I/2/ genannten Handlungen zu seinem Vorteil vorsätzlich Monopolgegenstände (§ 17 Abs 4 FinStrG) einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider eingeführt bzw einzuführen versucht.

Katharina H***** hat nach dem Inhalt des Schuldspruchs zu den unter A/I/2/ und II/ beschriebenen strafbaren Handlungen vorsätzlich teilweise beigetragen, indem sie im Zeitraum August 1997 bis 25. November 1997 in zehn Fällen für (ihren Sohn) Horst K***** insgesamt 119 Stangen Zigaretten kaufte, ihm zur Verstauung im PKW übergab und als Beifahrerin bei den Schmuggelfahrten, bei denen er weitere 160 Stangen Zigaretten nach Österreich verbrachte, fungierte.

Diese Schuldsprüche bekämpfen der Erstangeklagte mit auf Z 10 und 11 sowie die Zweitangeklagte mit auf Z 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden, welchen in keinem der Anfechtungspunkte Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist zu bemerken, daß die Beschwerdeführer in ihrem Rechtsmittelantrag unter anderem begehren, der Nichtigkeitsbeschwerden Folge zu geben, nach § 288a StPO die Hauptverhandlung zu vernichten und die Sache zur nochmaligen Verhandlung vor das zuständige Gericht erster Instanz zu verweisen. Der Oberste Gerichtshof "vernichtet" die Hauptverhandlung nach der erwähnten Gesetzesbestimmung aber nur im Falle des Vorliegens des Nichtigkeitsgrundes des § 281a StPO (Unzuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz, der die Versetzung in den Anklagestand ausgesprochen hat), verweist die Sache an das zuständige Gericht erster Instanz und ordnet die nötige Verfahrensverbesserung an. Da im vorliegenden Strafverfahren ein Oberlandesgericht gemäß §§ 214 und 218 StPO nicht tätig war, ist nicht nachvollziehbar, worin die Angeklagten den Nichtigkeitsgrund nach § 281a StPO erblicken. Auf diesen Beschwerdeantrag ist daher nicht weiter einzugehen.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) des Angeklagten K*****, mit welcher er die Konsumtion der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols durch das Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels darzutun versucht, ist teilweise nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt und im übrigen unbegründet.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen waren Tatobjekt der (somit echt realkonkurrierenden) Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels (Urteilsfaktum A/I/2/) und der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben (Urteilsfaktum A/I/1/) nicht idente, sondern verschiedene, in gesonderten Angriffen nach Österreich verbrachte Zigarettenmengen, nämlich zum einen 82.000 und 7.800 Stück sowie zum anderen 12.000 Stück (US 2, 3, 6 ff). Der Beschwerdestandpunkt des Zurücktretens der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben gegenüber dem gewerbsmäßigen Schmuggel als bloße (idealkonkurrierende) Begleittat orientiert sich sohin nicht am festgestellten Urteilssachverhalt.

In Ansehung des Konkurrenzverhältnisses des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels zum Finanzvergehen des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols ist dem Beschwerdeführer zu erwidern, daß diese Delikte zufolge der Verschiedenheit der geschützten Rechtsgüter (Abgaben- bzw Monopolhoheit) echt idealkonkurrierend zusammentreffen und daher - durchaus im Einklang mit Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK - gesondert zuzurechnen sind (13 Os 27/95, 13 Os 158/79; Dorazil/Harbich, FinStrG, § 35 E 20 mwN; Fellner, FinStrG, §§ 21 und 22 Anm 3 mwN).

Die Feststellungsmängel in bezug auf den Tatbeitrag zum Schmuggel von 160 Stangen Zigaretten nach Österreich behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit a) der Beschwerdeführerin H***** wird ebenfalls nicht prozeßordnungsgemäß zur Darstellung gebracht, weil sie wesentliche Urteilsfeststellungen übergeht, welche aber eine für die Annahme der Beitragstäterschaft auch in dieser Beziehung hinreichende Tatsachengrundlage bieten. Denn nach den Urteilsannahmen (US 8-9) war die Begleitung des Erstangeklagten als Beifahrerin für die unentdeckte Verbringung der zuvor arbeitsteilig gekauften gesamten Konterbande tatplanessentiell, um durch gemeinsames Auftreten beim Grenzübertritt den Anschein der Seriosität zu wahren und dadurch Zollkontrollen zu vermeiden. Damit hat die nach Überzeugung des Erstgerichts diesbezüglich vorsätzlich handelnde Zweitangeklagte aber auch in dieser Beziehung einen die Tatausführung durch den Erstangeklagten jedenfalls zumindest durch intellektuelle Förderung unterstützenden Tatbeitrag geleistet.

Unbegründet ist schließlich auch die Strafzumessungsrüge (Z 11 zweiter Fall) beider Angeklagter, mit welcher sie die erschwerende Berücksichtigung des Zusammentreffens dreier bzw zweier Finanzvergehen als Verletzung des Doppelverwertungsverbots behaupten. Anders als bei der die gesetzliche Strafdrohung bestimmenden Höhe der Wertbeträge (§ 21 Abs 2 FinStrG) handelt es sich beim Zusammentreffen von (verschiedenen) Finanzvergehen mit darin manifesten Verstößen gegen unterschiedliche gesetzliche Verbote um einen nach den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung (§ 32 Abs 2 und 3 StGB; § 23 Abs 2 FinStrG) für die Gewichtung der Strafzumessungsschuld als aggravierend bedeutsamen Umstand, der vom Erstgericht bloß versehentlich als besonderer Strafzumessungsgrund angeführt wurde und solcherart Nichtigkeit nicht begründet (13 Os 27/95, 12 Os 102/89; vgl auch Dorazil/Harbich, FinStrG, § 23 E 11c mwN; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 11 E 8).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Horst K***** nach §§ 35 Abs 4, 38 Abs 1, 44 Abs 2 lit c FinStrG unter Anwendung des § 21 FinStrG eine Geldstrafe von 240.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit vier Monate Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 19 Abs 1 lit a und Abs 4 FinStrG eine Wertersatzstrafe von 128.592 S, im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe, und über Katharina H***** nach §§ 35 Abs 4, 44 Abs 2 lit c FinStrG unter Anwendung des § 21 FinStrG eine Geldstrafe von 79.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß § 19 Abs 1 lit a und Abs 4 FinStrG eine Wertersatzstrafe von 32.148 S, im Falle der Uneinbringlichkeit ein Monat Ersatzfreiheitsstrafe.

Außerdem wurde hinsichtlich des Angeklagten Horst K***** nach § 17 Abs 4 FinStrG die Strafe des Verfalls der beschlagnahmten 7.800 Stück Zigaretten verschiedener Sorten und gemäß §§ 17 Abs 2 lit c Z 3, 89 Abs 7 FinStrG die Strafe des Verfalls des für den beschlagnahmten PKW Marke Mercedes 210 erlegten Freigabebetrages von 317.691 S ausgesprochen.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht beim Angeklagten Horst K***** den langen Deliktszeitraum und das Zusammentreffen von drei Finanzvergehen und bei der Angeklagten Katharina H***** das Zusammentreffen von zwei Finanzvergehen als erschwerend, hingegen bei beiden Angeklagten die bisherige Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis und den Umstand, daß es hinsichtlich des Vorfalles vom 25. November 1997 beim Versuch geblieben ist, als mildernd.

Auf die Frage des Zusammentreffens mehrerer Finanzvergehen als erschwerend wurde bereits bei der Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde (Z 11) eingegangen.

Zur Berufung des Angeklagten K*****:

Die begehrte Herabsetzung der Geldstrafe kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil diesem Angeklagten auch die Verleitung seiner Mutter zu strafbedrohtem Verhalten und eine finanzstrafbehördliche Vormerkung als erschwerend zuzurechnen sind, während der angenommene Milderungsgrund der bisherigen Unbescholtenheit zu entfallen hat. Im übrigen ist den eine geringe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit behauptenden Berufungsausführungen entgegenzuhalten, daß sich der Rechtsmittelwerber, der für das Wohnen im Hause seiner Eltern nur geringe Auslagen hat, einen PKW Marke Mercedes leistet, für den er gegen Werterlag von über 317.000 S die Aufhebung der Beschlagnahme erwirkte.

Insoweit der Angeklagte unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 17 Abs 6, 19 Abs 5 FinStrG zumindest ein teilweises Absehen vom festgesetzten Wertersatz anstrebt, steht diesem Ansinnen sowohl der strafbestimmende Wertbetrag als auch der hohe Schuldgehalt, der sich in zahlreichen Angriffen und dem eigens für Schmuggelfahrten präparierten PKW manifestiert, entgegen.

Zur Berufung der Angeklagten H*****:

Der Berufungswerberin ist insofern beizupflichten, als ihr die Verleitung zu den Straftaten durch den Erstangeklagten sowie hinsichtlich der von ihm selbst gekauften Zigaretten auch die untergeordnete Tatbeteiligung zusätzlich als mildernd anzurechnen sind. Dies rechtfertigt bei Berücksichtigung des Hinzutretens der mehrfachen Angriffe als erschwerend in Zusammenhalt mit allen Strafbemessungskomponenten eine maßvolle Herabsetzung der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe. Generalpräventive Belange hindern allerdings die begehrte Gewährung der bedingten bzw teilbedingten Strafnachsicht.

Was das ebenfalls für die Angeklagte H***** angestrebte Absehen des auferlegten Wertersatzanteiles (§ 19 Abs 5 FinStrG) anlangt, scheitert die Annahme eines Mißverhältnisses an der Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages und an dem wegen mehrfacher Tatbegehung doch bedeutenden Schuldvorwurf.

Über die Berufungen war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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