OGH 3Ob125/97x

OGH3Ob125/97x28.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian S*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Elfriede H*****, 2. Verlassenschaft nach Margarethe B*****, 3. Ludwig L*****, 4. Dkfm Heinrich L*****, und 5. Inge M*****, die erst-, zweit- und fünftbeklagte Partei vertreten durch Dr. Engelbert Reis, Rechtsanwalt in Horn, die dritt- und viertbeklagte Partei vertreten durch Dr. Theo Feitzinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft (Streitwert S 500.000,--), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 30. Jänner 1997, GZ 16 R 251/96s-23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. September 1996, GZ 27 Cg 328/94t-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Der Kläger ist zu einem Zehntel, die Erstbeklagte zu vier Zehntel, die zweitbeklagte Partei zu zwei Zehntel und der Dritt-, der Viert- und die Fünftbeklagte sind zu jeweils einem Zehntel Miteigentümer einer Liegenschaft, auf der ein Zinshaus steht, dessen Fassade sich in schlechtem Zustand befindet, dessen Fenster erneuerungsbedüftig sind und dessen Dach sanierungsbedürftig ist. Sämtliche Wohnungen weisen die Ausstattungskategorie D auf und werden an elf Mieter zu einem monatlichen Mietzins von S 8,20/m**2 vermietet. Zur Aufbringung der Sanierungskosten wurde am 5. 12. 1994 ein Verfahren nach §§ 18, 19 MRG bei der zentralen Schlichtungsstelle im Namen der Mehrheit der Eigentümer durch die Hausverwalterin eingeleitet.

Mit seiner am 28. November 1994 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft an der oben näher bezeichneten Liegenschaft durch Zivilteilung und brachte dazu im wesentlichen vor, daß, das sich auf der Liegenschaft ein Zinshaus befinde, eine Realteilung derselben nicht möglich sei.

Der Dritt- und der Viertbeklagte anerkannten den Anspruch des Klägers und begehrten lediglich den Zuspruch ihrer Verfahrenskosten, weil sie für die gegen sie erhobene Klage keinen Anlaß gegeben hätten.

Die Erst-, die Zweit- und die Fünftbeklagte beantragten Abweisung des Klagebegehrens und wandten zusammengefaßt ein, daß die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft zur Unzeit und damit zum Nachteil der Beklagten erfolge. Das Gebäude sei ein an elf Parteien vermietetes Zinshaus und befinde sich in einem reparaturbedürftigen Zustand. Zur Bestreitung der Sanierungskosten sei am 5. 12. 1994 bei der Schlichtungsstelle ein Antrag auf Mietzinserhöhung gemäß §§ 18, 19 MRG gestellt worden, über den bislang noch nicht entschieden worden sei. Auf diesem Wege könnten die Kosten für die Sanierung problemlos hereingebracht werden. Nach Durchführung der nötigen Sanierungsarbeiten sei jedenfalls ein höherer Versteigerungserlös zu erwarten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; es traf im wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, daß die Reparatur- bzw Sanierungsbedürftigkeit dann den Einwand der Unzeit begründe, wenn die für diese Arbeiten erforderlichen Mittel vorhanden oder unschwer zu beschaffen seien, wobei der Umstand der Unzeit jedoch nur vorübergehender Natur sein dürfe. Durch die (positive) Durchführung eines Verfahrens nach §§ 18, 19 MRG seien die finanziellen Mittel für die notwendige Renovierung unschwer zu beschaffen, weshalb nach Erledigung der Arbeiten mit einem höheren Versteigerungserlös zu rechnen sei. Dieser Umstand bedinge, daß dem Teilungsbegehren des Klägers das Hindernis der Unzeit entgegenstehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in Behandlung der Rechtsrüge aus, daß der schlechte Bauzustand eines Hauses und dessen Reparaturbedürftigkeit das Teilungshindernis der Unzeit darstellen könnten, vorausgesetzt, daß die Mittel zur Reparatur zur Verfügung stünden oder in absehbarer Zeit unschwer beschafft werden könnten, und daß ein entsprechend hoher Versteigerungserlös zu erwarten sei. Aus den Kostenvoranschlägen seien die zu erwartenden Gesamtkosten der Reparatur unschwer zu entnehmen und es dürfte naturgemäß auch mit einem mindestens um diesen Betrag erhöhten Verkaufserlös gerechnet werden. Das erstgerichtliche Urteil enthalte zwar keine ziffernmäßige Feststellung eines zu erwartenden Verkaufserlöses, aber die zutreffende Feststellung, daß die Durchführung der notwendigen Sanierungsarbeiten eine nicht unerhebliche Steigerung des Verkehrswertes bedeute. Die nicht näher verifizierten Überlegungen des Berufungswerbers, für wen die steuerliche Absetzbarkeit wesentlich sei, könnten daher vernachlässigt werden. Nach ständiger Rechtsprechung stelle es eine unschwere Aufbringung der notwendigen finanziellen Mittel dar, wenn eine Antragstellung nach §§ 18, 19 MRG möglich sei. Die in Aussicht gestellten Mietzinserhöhungen würden sich in einem Ausmaß bewegen, das nicht geeignet wäre, eine Unvermietbarkeit des Teilungsobjektes zu begründen. Auch stelle das Verfahren nach §§ 18, 19 MRG einen nur vorübergehenden Umstand dar, zumal keinerlei Hinweise auf Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Natur bei der Durchführung dieses Verfahrens vorlägen.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Teilungshindernis der Unzeit abgewichen ist.

Die Revision erweist sich im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch als berechtigt.

Das Gesetz gewährt jedem Miteigentümer in § 830 ABGB das Recht, jederzeit die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft zu verlangen; er kann mit diesem unbedingten Anspruch nur dann nicht durchdringen, wenn die Teilung zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen begehrt wird; ein Aufschub kommt aber nur in Betracht, wenn es sich um vorübergehende, der Teilung entgegenstehende Umstände handelt, die bei dem Aufschub entfallen können, nicht aber bei dauernden Umständen dieser Art (SZ 47/119 mwN; MietSlg 34.069; MietSlg 39.046 ua; Gamerith in Rummel2 Rz 3 zu § 830). Unzeit ist ein objektiver, außerhalb der Beteiligten bestehender und für alle Beteiligten in gleicher Weise wirkender Umstand (SZ 69/169; 3 Ob 290/97m; 2 Ob 53/97a ua; Gamerith aaO Rz 6 mwN aus der Rechtsprechung), der die Teilung zwar nicht verhindert, sie aber zur gegebenen Zeit für unzweckmäßig und für beide Teile schädigend macht; sie liegt insbesondere vor, wenn sich kein angemessener Preis erzielen läßt (SZ 47/119 mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung bewirkt die Reparatur- und Sanierungsbedürftigkeit eines Hauses nur dann Unzeit im Sinne des § 830 ABGB, wenn die für diese Arbeiten erforderlichen Mittel vorhanden sind oder in absehbarer Zeit unschwer beschafft werden können und nach Durchführung der entsprechenden Arbeiten ein höherer Versteigerungserlös zu erwarten ist (MietSlg 31.058 mwN; MietSlg 37.042; MietSlg 39.046; Gamerith aaO Rz 9); dies hat der Beklagte zu behaupten und zu beweisen. Der für die Behauptung der Unzeit beweispflichtige Teilungsgegner muß dazu die konkreten Umstände aufzeigen, die als Teilungshindernisse in Betracht kommen, wozu die allgemeine Behauptung, daß die Klage unzeitgemäß sei, nicht ausreicht (MietSlg 37.042; MietSlg 39.046 ua). Hiezu wurde in der Rechtsprechung auch schon darauf hingewiesen, daß die Erzielung eines höheren Versteigerungserlöses - insbesondere aus einkommenssteuerrechtlichen Überlegungen - durchaus nicht selbstverständlich ist (JBl 1982, 209; MietSlg 39.046). Es kann sich also im Einzelfall ohne weiteres ergeben, daß das zum Verkauf stehende Wohngebäude in reparaturbedürftigem Zustand einen höheren Verkehrswert hat als nach Durchführung der Reparatur hat, weshalb nicht in vereinfachender Weise mit Anspruch auf generelle Gültigkeit - sohin im Gegensatz zur Auffassung des Erstgerichtes und des Berufungsgerichtes - behauptet werden kann, es sei für ein reparaturbedürftiges Wohngebäude ein geringerer Versteigerungserlös zu erzielen als für ein instandgehaltenes (vgl JBl 1982, 209).

Bei der demnach hier entscheidungswesentlichen Frage, ob nach Durchführung der entsprechenden Reparatur- und Sanierungsarbeiten ein höherer Versteigerungserlös zu erwarten ist, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage, sondern um eine Tatfrage. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes hat das Erstgericht hiezu nicht festgestellt, daß die Durchführung der notwendigen Sanierungsarbeiten eine nicht unerhebliche Steigerung des Verkehrswertes bedeuten würde. Im Ersturteil finden sich zwar im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der Sache entsprechende Ausführungen und es trifft auch zu, daß es sich um Tatsachenfeststellungen handeln kann, wenn Rechtsausführungen im Urteil auch Ausführungen enthalten, die dem Tatsachenbereich zuzuordnen sein können (JUS Z 1513). Dies kann aber dann nicht gelten, wenn - wie hier - solche Ausführungen in den Beweisergebnissen keinerlei Grundlage finden, wozu hier überdies noch kommt, daß sich Ausführungen mit ähnlichem Inhalt in der bereits wiedergegebenen Rechtsprechung finden, was die Annahme nahelegt, daß die Ausführungen im Ersturteil auf die in diesen Entscheidungen enthaltene rechtliche Beurteilung Bezug nehmen. Im übrigen wäre, ginge man von der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes aus, diesem ein Verfahrensmangel unterlaufen, weil der Kläger die bezogenen Ausführungen im Ersturteil in seiner Berufung, wenngleich allerdings entsprechend im Rahmen des Berufungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache, bekämpfte, das Berufungsgericht dann aber diese Ausführungen im Sinne seiner Ansicht als Tatsachenrüge ansehen und sich damit auseinandersetzen hätte müssen. Das Erstgericht wird somit im fortzusetzenden Verfahren diejenigen Feststellungen zu treffen haben, welche die Beurteilung der Frage ermöglichen, ob die Durchführung der notwendigen Reparaturarbeiten bei der Versteigerung der den Gegenstand der Klage bildenden Liegenschaft voraussichtlich zu einer ins Gewicht fallendne Erhöhung des Verkaufserlöses führen würde. Ist dies zu bejahen, wäre ferner zu klären, ob die für die Reparatuarbeiten erforderlichen Mittel in absehbarer Zeit zur Verfügung stehen werden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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