OGH 6Ob90/99z

OGH6Ob90/99z24.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Johann Quendler und Dr. Alexander Klaus, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Dr. Peter K***** , vertreten durch Dr. Gerda Kostelka-Reimer, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, Widerrufs und Veröffentlichung (Streitwert im Revisionsverfahren 240.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 28. Jänner 1999, GZ 3 R 173/98b-26, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 29. Juli 1998, GZ 37 Cg 31/97f-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, das in Ansehung der Abweisung des Hauptbegehrens bestätigt wird, wird in Ansehung des Eventualbegehrens dahin abgeändert, daß es wie folgt zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, Behauptungen des Inhaltes, bei der Übernahme des Radiosenders "Radio Freies Europa" seien die Vertragspartner geprellt worden, sowie inhaltsgleiche Behauptungen ab sofort zu unterlassen, diese Behauptungen binnen drei Monaten als unwahr zu widerrufen und den Widerruf in den Oberösterreichischen Nachrichten nicht hinter Seite 2 mit dem gleichen Veröffentlichungswert, wie er dem Artikel "K***** wirft FP Mogeln bei der Steuer vor" in den Oberösterreichischen Nachrichten vom 23. 10. 1996 auf Seite 2 zukommt, sowie weiters in der Austria Presseagentur, und zwar mit dem gleichen Veröffentlichungswert, wie er der APA-Meldung APA 404 5 II 0366 zukommt, zu veröffentlichen.

Die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betreibt als Inhaberin einer gesetzlich konzessionierten Sendebewilligung den Sender "Radio Freies Europa", dessen Sendegebiet den Bereich Oberitalien (bis 1997 auch Kärnten) erfaßte. Sie führte ursprünglich die Firma S*****, die nach Übernahme der Geschäftsanteile durch die nunmehrigen Gesellschafter in H*****. geändert wurde. Die D ***** nahm die Klägerin aus einem 1991 abgeschlossenen Werbevertrag vor dem vereinbarten Schiedsgericht auf Schadenersatz wegen Nichtzuhaltung dieses Vertrages in Anspruch. Mit Schiedsspruch vom 27. 8. 1995 sprach der bestellte Schiedsrichter der D ***** einen Betrag von umgerechnet rund 9,000.000 S zu. Der Schiedsspruch wurde bis heute nicht exekutiert und der Betrag von der Klägerin auch nicht gezahlt.

Am 22. 10. 1996 hielt der Beklagte eine Pressekonferenz im Parlament ab, bei der er unter anderem behauptete, daß die Klägerin in enger Verbindung zur FPÖ stehe und deren Bundesobmann Dr. Jörg H***** selbst den Auftrag zum Erwerb des Senders gegeben habe. Er legte den Journalisten Aufstellungen über die angebliche Chronologie der "Senderübernahme" und über angebliche Firmenverflechtungen zur Einsicht vor. Er erhob den Vorwurf, daß an Mitarbeiter des Senders unangemeldet oder unter der Hand erhebliche Gehaltsbestandteile bezahlt und die Arbeitnehmer auf diese Art und Weise um ihre sozialen Rechte und Arbeitnehmerrechte "geprellt" würden. Es liege ein Schiedsgutachten vor, wonach den Rechtsvorgängern der Klägerin die 9,000.000 S nicht gezahlt worden seien. Der Beklagte wies darauf hin, daß, wenn der Schiedsspruch richtig sei, die Vertragspartner oder Vorbesitzer um den Betrag von 9,000.000 S "geprellt" worden seien; er legte den Journalisten eine Ablichtung des Schiedsspruchs zur Einsicht vor.

Am 22. 10. 1996 erging eine Aussendung der Austria Presse Agentur (im folgenden APA) nachstehenden Inhalts:

"K***** wirft FPÖ "Steuerhinterziehung" vor

Utl.: SPÖ-Klubobmann: Für "Sender Freies Europa" Beschäftigte unter der Geringfügigkeitsgrenze bezahlt =

Wien (APA) - SPÖ-Klubobmann K***** hat am Dienstag der FPÖ "Steuerhinterziehung" vorgeworfen. Der Vorwurf bezieht sich auf die Verbindungen der FPÖ zum Sender "Radio Freies Europa", der von Tarvis nach Kärnten ausstrahlt. Die FPÖ habe für den Sender Beschäftigte mit einem Gehalt von 3.600 Schilling und einer Spesenpauschale von 12.000 Schilling angestellt. Dieses Verhältnis könne wohl nicht stimmen. Für die 12.000 Schilling Einkommensäquivalent wären Steuern zu zahlen, meinte K***** in einer Pressekonferenz. Die Beschäftigten seien zudem um ihre Sozialversicherung geprellt worden, indem sie ein Gehalt unter der Geringfügigkeitsgrenze bekommen haben. ****

K***** legte ein "Netzwerk" von FPÖ-Obmann Jörg H***** vor, das die Firmenverflechtungen um "Radio Freies Europa" darstellt. Demnach sei der Sender von der Firma HaiRuKo (Steht für H*****, den ehemaligen Bundesgeschäftsführer Gernot R***** und den Kärntner Geschäftsführer Armin K*****, Anm.) gekauft worden. H***** selbst habe dazu den Auftrag erteilt, R***** und K***** hätten die Verhandlungen geführt. Bei dieser Übernahme seien die ehemaligen Geschäftsführer um neun Millionen Schilling "geprellt" worden. Dies habe ein Schiedsgerichtsverfahren bestätigt.

Für den Betrieb des Senders habe man die Firma A***** eingesetzt, die die Mitarbeiter für den Sender beschäftige. Geschäftsführer sei auch hier Armin K*****. Einen Exklusivvertrag für die Werbung mit dem Sender hätten die Kärntner Nachrichten, die zu 100 Prozent im Besitz der FPÖ-Kärnten seien.

Der Vorwurf K*****s lautet nun konkret, daß die Firma A***** für "Radio Freies Europa" Beschäftigte für ein Gehalt von 3.600 Schilling plus 12.000 Schilling Spesen angestellt habe. Die genaue Zahl der zu diesen Bedingungen Angestellten sei nicht bekannt. Um die Verbindung Bediensteter der FPÖ zu untermauern, teilte K***** auch mit, daß ein Bediensteter der FPÖ, der auch von der Partei bezahlt werde, als Redakteur für den Sender arbeite.

K***** hielt H***** vor, in der Fernsehsendung "Zur Sache" am vergangenen Sonntag noch "mit einer Unverfrorenheit" erklärt zu haben, daß er mit alldem nichts zu tun habe. Ein Protokoll der Verkaufsverhandlungen und ein Schiedsspruch, die K***** in der Pressekonferenz vorlegte, belegten aber seine, K*****s, Darstellung. Es zeige sich damit, daß H***** zwar von sozialem Gewissen rede, aber Arbeitnehmer "wie das Letzte" behandle, indem er ihnen den Versicherungsschutz vorenthalte."

Diese Aussendung gelangte dem Beklagten am 22. 10. 1996 spätestens bis 15,00 Uhr zur Kenntnis. Er erkannte, daß die Passage "bei dieser Übernahme seien die ehemaligen Geschäftsführer um S 9,000.000 'geprellt' worden", nicht der von ihm getätigten Aussage entsprach. Er verlangte von der APA keine Richtigstellung zur Presseaussendung, weil er dies für politisch untunlich hielt. Er war auch insbesondere der Meinung, daß die inkriminierte Behauptung nicht Kern seiner politischen Kritik gewesen sei und daher in den Medien nicht erscheinen werde. In der Ausgabe der Oberösterreichischen Nachrichten vom 23. 10. 1996 erschien dennoch ein Artikel über die gegenständliche Pressekonferenz, der unter anderem die Passage "bei dieser Übernahme seien die ehemaligen Geschäftsführer um 9,000.000 S 'geprellt' worden, was ein Schiedsgerichtsverfahren bestätigt habe", enthielt.

Die Klägerin begehrt Unterlassung der in der APA-Meldung formulierten Behauptung, in eventu der Behauptung, es seien die Vertragspartner oder die Rechtsvorgänger um 9,000.000 S geprellt worden, sowie inhaltsgleicher Behauptungen, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufes in den Oberösterreichischen Nachrichten sowie in der APA. Das gleichzeitig erhobene Schadenersatzbegehren ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Der Beklagte habe gegenüber der APA die unwahre, wirtschaftliche Interessen der Klägerin beeinträchtigende Behauptung aufgestellt, im Zusammenhang mit der Veränderung von Eigentumsverhältnissen betreffend den von der Klägerin betriebenen Radiosender seien ehemalige Geschäftsführer um 9,000.000 S geprellt worden. Sollte der Beklagte von der APA unrichtig zitiert worden sein, wäre er verpflichtet gewesen, eine Richtigstellung des Fehlzitats zu verlangen. Daß er dies nicht getan habe, spreche dafür, daß er entweder die Äußerung gemacht habe oder sie doch als seine Äußerung habe gelten lassen wollen. Sie sei ihm schon deshalb zuzurechnen, weil er sie trotz Kenntnis nicht dementiert habe. Der gegen die Klägerin erwirkte Schiedsspruch sei mangelhaft und nicht rechtsverbindlich, er decke jedenfalls nicht den Vorwurf des "Prellens".

Der Beklagte beantragte Klageabweisung und wendete ein, er habe die ihm vorgeworfene Äußerung nicht getätigt und sei von der APA unrichtig zitiert worden. Seine Äußerungen enthielten zulässige politische Kritik und seien im Zusammenhang mit der politischen Diskussion über die FPÖ gefallen, die in einem Naheverhältnis zur Klägerin stehe; sie seien wertende Meinungsäußerungen und unüberprüfbare Werturteile und erfüllten den Tatbestand des § 1330 Abs 2 ABGB nicht.

Das Erstgericht wies das Schadenersatzbegehren ab und verpflichtete den Beklagten im Sinn des Hauptbegehrens, Behauptungen des Inhalts, bei der Übernahme des Radiosenders seien ehemalige Geschäftsführer um 9,000.000 S geprellt worden (sowie inhaltsgleiche Behauptungen), ab sofort zu unterlassen, diese Behauptungen als unwahr zu widerrufen und den Widerruf in den Oberösterreichischen Nachrichten und gegenüber der APA zu veröffentlichen. Weiters verurteilte es den Beklagten zum Kostenersatz.

Vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ausgehend hielt das Erstgericht ergänzend fest, es könne nicht festgestellt werden, daß die Klägerin ehemalige Geschäftsführer um 9,000.000 S geprellt hätte. Es beurteilte die von der APA verwendete Formulierung als Tatsachenbehauptung. Der durchschnittliche Leser verstehe unter "Prellen", daß die Klägerin bewußt und in schon betrügerischer Absicht einer Zahlungspflicht nicht nachgekommen sei, um sich zu bereichern, bzw daß sie sich bei der Senderübernahme unlauterer Methoden bedient und die Geschäftsführer übervorteilt hätte. Das seien überprüfbare Inhalte. Aus der Erwähnung der Übernahme des Senders durch die Klägerin und der in unmittelbarer Folge aufgestellten Behauptung ergebe sich deutlich, daß die Klägerin als Schädiger angesprochen werde. Bloße - gegen die FPÖ gerichtete - politische Kritik liege nicht vor. Die verbreitete Äußerung verstoße gegen § 1330 Abs 1 und 2 ABGB und sei dem Beklagten - wenngleich sie von jener Äußerung abweiche, die er tatsächlich getätigt habe - zuzurechnen. Er sei zwar in der Aussendung unrichtig zitiert worden, als hochrangigem Politiker komme ihm jedoch die Verpflichtung zu, die unrichtige Wiedergabe seiner Aussagen zu bekämpfen, wolle er diese nicht gegen sich gelten lassen. Dies müsse umso mehr gelten, als sich aus der unrichtig wiedergegebenen Aussage massive Vorwürfe gegenüber Dritten ergeben. Der Beklagte habe den Eindruck seiner übrigen Vorwürfe nicht schwächen wollen und damit bewußt in Kauf genommen, daß ihm die unrichtig zitierte Aussage zugeschrieben werde. Er habe den Leser im Glauben gelassen, daß er selbst diese Behauptung aufgestellt habe, sie sei ihm daher in der in der APA-Aussendung wiedergegebenen Form zuzurechnen. Den Wahrheitsbeweis habe der Beklagte nicht erbracht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, unter welchen Umständen sich jemand eine von einem Dritten verfälscht wiedergegebene Äußerung zurechnen lassen müsse, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Der Beklagte müsse die von der APA unrichtig wiedergegebene Äußerung nicht gegen sich gelten lassen. Auch von einem Politiker könne nicht verlangt werden, im Falle eines unrichtigen Zitates durch Presseagenturen oder Massenmedien von sich aus tätig zu werden. Gerade in Anbetracht der Häufigkeit derartiger unkorrekter, unvollständiger oder mißverständlicher Zitate erschiene dies auch nicht zumutbar. Der beim Medienkonsumenten durch die unrichtige Weiterleitung einer Äußerung entstehende Eindruck, die Äußerung sei tatsächlich in der publizierten Form abgegeben worden, seien nur jenem zuzurechnen, der die Unrichtigkeit der verbreiteten Äußerung zu verantworten habe, nicht aber den Äußernden selbst. Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung SZ 7/133. Entgegen dem dort zugrundeliegenden Sachverhalt habe der Beklagte im vorliegenden Fall keineswegs sein (grundsätzliches) Einverständnis dazu erteilt, daß "in seinem Namen" bestimmte öffentliche Erklärungen abgegeben werden. Er habe im Rahmen einer Pressekonferenz in Zielrichtung eines politischen Gegners Vorwürfe erhoben und Erklärungen abgegeben, es könne keine Rede davon sein, daß die APA ihre Aussendungen "im Namen des Beklagten" getätigt habe. Da der Beklagte die ihm zu Unrecht zugeschriebene Äußerung gar nicht getätigt habe, könne ihm eine solche Behauptung auch nicht untersagt werden. Das Hauptbegehren sei daher jedenfalls abzuweisen.

Hinsichtlich des Eventualbegehrens vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, der Beklagte habe wohl die Äußerung, es seien Vertragspartner oder Rechtsvorgänger um 9,000.000 S geprellt worden, getätigt, die gleichzeitig vorgenommene Einschränkung "wenn der Schiedsspruch richtig sei" sei jedoch erheblich. Indem der Beklagte zu Beginn der Pressekonferenz auf die engen Verbindungen der FPÖ zur Klägerin hingewiesen habe, habe er seine Vorwürfe als primär politisch motiviert und gegen einen bestimmten politischen Gegner gerichtet zu erkennen gegeben. Sein Hauptvorwurf richte sich dagegen, daß die - angeblich der FPÖ nahestehende - Klägerin durch eine fragwürdige rechtliche Konstruktion ihre Mitarbeiter um die sozialrechtliche Absicherung prelle. Wenngleich der in zweiter Linie erhobene Vorwurf, Vertragspartner geprellt zu haben, auch so ausgelegt werden könnte, daß dieser Betrag herausgelockt oder im Bewußtsein der Rechtswidrigkeit vorenthalten worden sei, so müsse doch im vorliegenden Fall auf den Gesamtzusammenhang der Äußerung Bedacht genommen werden. Es könne dabei nicht vernachlässigt werden, daß der Beklagte den Vorwurf des "Prellens" ausdrücklich unter die Bedingung gestellt habe, daß dies nur dann der Fall sei, wenn der vorliegende Schiedsspruch richtig sei. Schon damit habe er hinreichend deutlich gemacht, daß er den erhobenen Vorwurf für den Fall der Unrichtigkeit des Schiedsspruches gar nicht erheben wolle. Damit könne seine Äußerung aber vernünftigerweise nur so verstanden werden, daß er einen Schiedsspruch in Händen halte, aus dem sich ergebe, daß die Klägerin Vertragspartner nicht bezahlt und diese daher um den Betrag "geprellt" habe. Wenngleich unter "Prellen" üblicherweise ein durchaus unehrenhaftes Verhalten zu verstehen sei, so sei dieses allgemeine Verständnis im vorliegenden Fall erheblich zu relativieren. Der Beklagte habe einerseits deutlich gemacht, daß er durch seine Äußerungen Vorwürfe gegen den politischen Gegner (die FPÖ) einschließlich ihrer Repräsentanten erheben wolle, wobei den bei derartigen Pressekonferenzen anwesenden Journalisten durchaus bewußt sei, daß in solchen Fällen schärfere Formulierungen gewählt werden, als dies bei anderen Gelegenheiten üblich sei. Schon aus diesen Gründen könnte der Vorwurf des "Prellens" als bloße Synonym für die Tatsache verstanden werden, daß der angesprochene Schuldner ungeachtet eines entsprechenden Schiedsspruches der darin ausgesprochenen Zahlungsverpflichtung nicht nachkomme. Überdies habe es der Beklagte nicht beim bloßen Vorwurf der Nichtzahlung bzw des "Prellens" bewenden lassen, sondern den anwesenden Journalisten eine Ablichtung des Schiedsspruches zur Einsicht vorgelegt. Er habe damit deutlich zu erkennen gegeben, daß er Gelegenheit geben wolle, sich näher zu informieren und habe damit rechnen dürfen, daß die Anwesenden seine Äußerungen nicht einfach in der für ihn ungünstigsten Auslegung verstehen und verbreiten würden. Vielmehr habe er erwarten dürfen, daß jene Journalisten, die beabsichtigten, auch über die Nichtzahlung der 9,000.000 S zu berichten, weitere Informationen aus der aufliegenden Ablichtung des Schiedsspruches einholen würden. Unter diesen Umständen könne daher der Vorwurf des "Prellens" nach dem Gesamteindruck der anwesenden, an sachlicher Information interessierten Journalisten nur so verstanden werden, daß die Klägerin aus den im Schiedsspruch dargelegten Gründen verpflichtet sei, ihren Vertragspartnern 9,000.000 S zu zahlen, dies aber unterlassen habe. Die zu beurteilende Äußerung erweise sich daher in ihren wesentlichen Teilen als wahrheitsgemäß, so daß auch das Eventualbegehren unbegründet sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig und teilweise berechtigt.

Die Auffassung der Revision, der Beklagte müsse sich das von der APA unrichtig wiedergegebene Zitat zurechnen lassen, weil er diese ihm zugeschriebene Äußerung nicht dementiert habe, wird nicht geteilt. Die Klägerin strebt mit ihrem Hauptbegehren die Unterlassung einer Äußerung an, die der Beklagte so nicht abgegeben hat. Ein derartiger Anspruch findet im § 1330 ABGB keine Grundlage. Im Gegensatz zu bisher entschiedenen Fällen der Repräsentantenhaftung (SZ 60/49; Korn/Neumayr, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht, 56 mwN) und der Haftung für Erklärungen bevollmächtigter Vertreter (MR 1997, 23 [Korn]) handelte die APA im Rahmen ihrer Aussendung weder als Repräsentant des Beklagten noch als sein (rechtsgeschäftlich) bevollmächtigter Vertreter (vgl Koziol, Haftpflichtrecht II2, 176), sie zitierte ihn lediglich (unrichtig). Auch der von der Revision aufgezeigten Entscheidung SZ 7/133 lag ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Während der in SZ 7/133 zur Haftung Herangezogene sein grundsätzliches Einverständnis zur Abgabe öffentlicher Erklärungen in seinem Namen abgegeben hatte, ist dies hier nicht der Fall. Der Beklagte hat die APA nicht (auch nicht stillschweigend) bevollmächtigt, Erklärungen in seinem Namen abzugeben; er hat es ihr nur freigestellt, im Rahmen ihrer Presseaussendungen zu berichten und ihn dabei zu zitieren. Daß aber - wie die Revision vermeint - den Beklagten bei Erkennen des unrichtigen Zitats eine Handlungspflicht zur Abgabe eines Dementis treffen würde, ist beim vorliegenden Sachverhalt nicht zu erkennen. Dem Berufungsgericht ist aus den von ihm angeführten Gründen zuzustimmen, daß von einem Politiker nicht verlangt werden kann, im Falle eines unrichtigen Zitates durch Presseagenturen oder in Massenmedien von sich aus tätig zu werden. Das Berufungsgericht hat demnach das Hauptbegehren zu Recht abgewiesen.

Die Revision wendet sich aber zu Recht gegen die zum Eventualbegehren vertretene Auffassung des Berufungsgerichtes, der vom Beklagten formulierte Vorwurf des "Prellens" von Vertragspartnern könne nach dem Gesamteindruck nur so verstanden werden, daß die Klägerin aus den im Schiedsspruch dargelegten Gründen verpflichtet gewesen sei, ihren Vertragspartnern 9,000.000 S zu zahlen, dies jedoch unterlassen habe. Die diesbezüglichen Einwendungen der Revision sind beachtlich.

Im Zusammenhang mit seinen gegen den politischen Gegner gerichteten Vorwürfen (bei Übernahme des Radiosenders Steuerhinterziehungen begangen zu haben und Beschäftigte durch Zahlungen unter der Geringfügigkeitsgrenze um ihre Sozialversicherung zu bringen) nannte der Beklagte auch die Firma der Klägerin und erhob unter Hinweis auf ein vorliegendes Schiedsgutachten den Vorwurf des "Prellens" von Vertragspartnern. Ob sich dieser Vorwurf im Sinn einer politischen Auseinandersetzung nur gegen den politischen Gegner oder aber auch gegen die Klägerin selbst richten, hängt nicht davon ab, wie er gemeint war, sondern wie er von der Öffentlichkeit aus seinem Gesamtzusammenhang verstanden wird. Der Beklagte hat wohl zunächst Vorwürfe gegen den politischen Gegner erhoben, zugleich aber auch - eindeutig erkennbar - die Klägerin unmittelbar massiv angegriffen. Soweit sich seine Äußerungen daher auf die Klägerin selbst und nicht mehr nur auf den politischen Gegner beziehen, kann sich der Beklagte bei seiner Wortwahl nicht darauf berufen, im Rahmen eines politischen Meinungstreites auch schärfere Formulierungen wählen zu dürfen. Der Grundsatz, wonach im politischen Meinungsstreit auch schärfere Ausdrücke verwendet werden dürfen, findet dort seine Grenze, wo dritte Rechtssubjekte und nicht bloß der politische Gegner - angegriffen werden und betroffen sind.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes kann der Hinweis auf das vom Beklagten vorgewiesene Schiedsgutachten seinen Vorwurf nicht in dem Sinn relativieren, daß er ihn nur unter der Bedingung der Richtigkeit des Schiedsgutachtens erheben wolle. Zum einen verpflichtet das Schiedsgutachten die Klägerin lediglich zur Zahlung wegen Nichtzuhaltung des Vertrages und enthält keine Anhaltspunkte für ein den Tatbestand des "Prellens" nahelegendes unehrenhaftes Verhalten. Zum anderen äußert der Beklagte mit seiner Formulierung jedenfalls den Verdacht, die Beklagte habe "geprellt". Daß aber der inkriminierte Vorwurf in Vermutungsform geäußert wird, vermag an der grundsätzlichen Haftung des Täters nichts zu ändern (Korn/Neumayr, Persönlichkeitsschutz 58; Reischauer in Rummel ABGB2 Rz 14 zu § 1330; SZ 69/113; 6 Ob 218/98x, 6 Ob 7/99v, 6 Ob 25/99s). Eine Haftung auch für in Verdachts(Vermutungs-)form abgegebene Äußerungen ist zu bejahen, weil der Ehrenschutz nicht durch geschickte Formulierungen verhindert werden darf (6 Ob 25/99s).

Der Vorwurf des "Prellens" enthält bei der gebotenen ungünstigsten Auslegung (MR 1998, 273 - Waldorf Schulen mwN) in seinem Gesamtzusammenhang erkennbar die Tatsachenbehauptung, die Klägerin sei ihren Zahlungspflichten bewußt und in betrügerischer Absicht nicht nachgekommen, sie habe ihren Vertragspartner durch unlautere, strafrechtlich relevante Methoden übervorteilt, verbunden mit dem Hinweis, dies ergebe sich auch aus dem vorliegenden Schiedsgutachten. Dieser Vorwurf ist nicht nur kreditschädigend, sondern auch beleidigend im Sinn des § 1330 Abs 1 ABGB. Der Wahrheitsbeweis obliegt daher dem Beklagten (MR 1996, 16 mwN, zuletzt 6 Ob 7/99v und 6 Ob 25/99s). Der Beklagte hat den Wahrheitsbeweis zwar in Aussicht gestellt, jedoch nicht erbracht. Das vorliegende Schiedsgutachten vermochte die Wahrheit seiner Behauptungen nicht zu erbringen, weil es wohl die Klägerin zur Zahlung von 9,000.000 S verpflichtete, jedoch keine Anhaltspunkte für ein dem "Prellen" zugrundeliegendes unlauteres Verhalten darlegt. Daß aber die Klägerin ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, vermag für sich allein - mangels Hinzutretens besonderer Unlauterkeitskriterien - den Vorwurf des "Prellens" noch nicht zu rechtfertigen.

Das auf Unterlassung des vom Beklagten tatsächlich formulierten Vorwurfs gerichtete Eventualbegehren erweist sich somit als berechtigt.

Der Beklagte konnte aus den ihm vorliegenden Unterlagen auch nicht von der Richtigkeit seines gegen die Klägerin gerichteten Vorwurfes ausgehen. Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren sind daher gleichfalls berechtigt, wobei eine angemessene Leistungsfrist gesetzt wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43 Abs 1 und 50 Abs 1 ZPO. Während das Hauptbegehren die Unterlassung einer tatsächlich nicht abgegebenen Äußerung aus der Erwägung anstrebt, sie sei dem Beklagten zuzurechnen, weil er sie nicht dementiert habe, richtet sich das Eventualbegehren auf Unterlassung der tatsächlich abgegebenen Äußerung, beruht somit auf einer anderen tatsächlichen Grundlage. In einem solchen Fall ist eine Kostenentscheidung nach § 43 Abs 1 ZPO berechtigt. Der für die Prüfung des Hauptbegehrens erforderliche Verfahrensaufwand konnte nicht auch für die Prüfung des Eventualbegehrens verwertet werden (vgl 3 Ob 84/97t; RIS-Justiz RS0035842 und RS0109703).

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