OGH 5Ob244/98p

OGH5Ob244/98p11.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Günther G*****, vertreten durch Dr. Johannes Waldbauer, Dr. Roland Paumgarten, Dr. Helmut Naschberger, Mag. Michael Waldbauer, Rechtsanwälte in Kufstein, wider den Antragsgegner Roman R*****, vertreten durch Dr. Thomas Treichl, Mag. Martin Krumschnabel, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen § 26 Abs 1 Z 5 WEG (§ 16 Abs 3 WEG), infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 2. Juli 1998, GZ 2 R 635/97i-15, womit infolge Rekurses des Antragsgegners der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 19. August 1997, GZ Msch 135/97v-9, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Antragsgegners wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 bis Z 18b MRG in Verbindung mit § 26 Abs 2 WEG und § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a ZPO in Verbindung mit § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Antragsteller begehrt als Mit- und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft, die der Antragsgegner bis zum 31. 12. 1993 verwaltete, diesen zur Herausgabe der unstrittig der Höhe nach feststehenden Rücklage von S 85.279,13 an den neuen Verwalter zu verhalten (§ 16 Abs 3 WEG).

Der Antragsgegner tritt dem Begehren im Wesentlichen mit der Begründung entgegen, seiner Herausgabeverpflichtung stünden eigene Forderungen gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft entgegen. Es existierten zwei Hausverwaltungskonten, die erheblich überzogen seien und zu deren Abdeckung der Antragsgegner nicht in Vorlage treten müsse. Er erklärte daher die "Aufrechnung seiner eigenen Forderungen gegen einen allfälligen Auszahlungsanspruch auf die Rücklage". Dabei berief er sich auf die Rechtsänderungen durch das 3. WÄG hinsichtlich der Rechtsnatur der Rücklage nach § 16 WEG.

Beide Vorinstanzen verhielten den Antragsgegner zur Herausgabe der der Höhe nach unstrittigen Rücklage an den neuen Verwalter.

Das Rekursgericht ging in Übereinstimmung mit dem Erstgericht davon aus, daß für die noch vor Inkrafttreten des 3. WÄG beendete Verwaltungstätigkeit des Antragsgegners noch die alte Rechtlage zum Tragen komme. Demnach sei jeder einzelne Wohnungseigentümer legitimiert gewesen, einen Antrag nach § 16 Abs 3 WEG zu stellen. Der vom Antragsgegner angestrebten Aufrechnung stehe § 1440 ABGB entgegen.

Allerdings bestehe zur Frage, ob nach Bestellung eines gemeinsamen Verwalters einzelne Mit- und Wohnungseigentümer noch zu selbständigen Vertretungshandlungen im Rahmen der ordentlichen Verwaltung berechtigt seien, divergierende Rechtsprechung des Höchstgerichtes. Deshalb erklärte das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

Gegen diesen Sachbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Antragsabweisung.

Der Antragsteller beantragte, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

Die an sich für Dauerrechtsverhältnisse überflüssige Bestimmung des Art III Abschnitt II Z 1 des 3. WÄG (Würth in WohnR 94 Anm 1 zu Art III Abschnitt II) ändert nichts daran, daß die neuen Rechtsvorschriften in der Regel nur auf nach Inkrafttreten des 3. WÄG verwirklichte Sachverhalte angewendet werden können (5 Ob 2148/96k). Das hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals im Zusammenhang mit der Frage der Legitimation einzelner Wohnungeigentümer zur Durchsetzung, vor Inkrafttreten des § 13c WEG entstandener Ansprüche ausgesprochen. Durch die Schaffung der neuen Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 13c WEG gehen Dritte, die vor Inkrafttreten des 3. WÄG gegen einzelne Miteigentümer Rechte erworben haben, dieser nicht verlustig (1 Ob 72/97p = SZ 70/159; 5 Ob 646/97t, 5 Ob 113/98y, 5 Ob 306/98f).

Der Anspruch auf Herausgabe der Rücklage entstand im hier vorliegenden Fall zweifelsfrei vor Inkrafttreten des 3. WÄG, sodaß die zur alten Rechtslage bestehende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Aktivlegitimation jedes einzelnen Wohnungseigentümers für Anträge auf Abrechnung der Rücklage oder Herausgabe des Rücklagenüberschusses (§ 16 Abs 3 WEG) an den neuen Verwalter hier jedenfalls weiter anzuwenden ist (5 Ob 152/86 = MietSlg 38.636).

Zur neuen Rechtslage, wonach die Rücklage als gebundenes Sondervermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft konzipiert ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, daß nur mehr der Wohnungseigentümergemeinschaft die Antragslegitimation nach § 16 Abs 3 WEG zukommt (5 Ob 93/98g = WoBl 1998, 341/226 mit Anm Call = EWR II/16/7 ff).

Unzweifelhaft ist im vorliegenden Fall noch die Vorschrift des § 16 Abs 2 idF vor dem 3. WÄG anzuwenden, wonach die Rücklage gebundenes Sondervermögen aller Mit- und Wohnungseigentümer war. Erst seit der durch das 3. WÄG geänderten Rechtslage ist die ausdrückliche Zweckwidmung der Rücklage für die Kosten von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten weggefallen. Die Rücklage ist nun für alle Arten von Liegenschaftsaufwendungen, etwa auch für die Überbrückung von Finanzierungslücken bei der Abdeckung von Bewirtschaftungskosten verwendbar (5 Ob 367/97z = EWR II/16/4 ff). Nach der alten Rechtslage war der Verwalter jedenfalls zur Abdeckung von Bewirtschaftungskosten oder Finanzierungslücken für andere Liegenschaftsaufwendungen aus der Rücklage nicht berechtigt, weshalb ihm nach § 1440 ABGB auch eine dementsprechende Aufrechnung mit eigenen Forderungen untersagt war.

Die Vorinstanzen haben in Übereinstimmung mit der Rechtslage vor dem

3. WÄG und der dazu bestehenden Rechtsprechung die allein entscheidungsrelevanten Fragen zutreffend gelöst, ohne daß darüberhinaus eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu klären wäre.

Der Revisionrekurs ist daher unzulässig.

Der Ersatz rechtsfreundlicher Vertretung im Rechtsmittelverfahren kommt infolge der Regelung des § 37 Abs 3 Z 19 iVm § 26 Abs 2 WEG nicht in Betracht.

Stichworte