OGH 5Ob98/99v

OGH5Ob98/99v27.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin Karin O*****, vertreten durch Dr. Christian Prader, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen die Antragsgegnerin Dr. M***** OHG, *****, vertreten durch Dr. Peter Wallnöfer und Dr. Roman Bacher, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, unter Beteiligung der Miteigentümer Manfred P*****, vertreten durch Dr. Arne Markl, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, und Johannes Heinrich S*****, wegen Abberufung des Verwalters (§ 18 Abs 1 Z 3 iVm § 26 Abs 1 Z 7 WEG) infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 9. Oktober 1998, GZ 2 R 562/97d-32, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 23. Juli 1997, GZ 30 Msch 69/95w-25, teil bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist zu etwa 1/4-Anteil Mit- und Wohnungseigentümerin der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus M*****straße 16. Die Antragsgegnerin ist die mit Zustimmung aller Mit- und Wohnungsmiteigentümer bestellte Verwalterin der Liegenschaft.

Mit den Eigentumsanteilen der Antragstellerin ist Wohnungseigentum an insgesamt 6 Wohnungen bzw sonstigen selbständigen Räumlichkeiten des Hauses verbunden; die übrigen Anteile und Objekte stehen im Mit- bzw Wohnungseigentum der im Kopf der Entscheidung angeführten Verfahrensbeteiligten.

Drei der Eigentumswohnungen der Antragstellerin werden von sogenannten "Altmietern" benützt, also von Personen, deren Mietverhältnisse schon vor der Begründung des Wohnungseigentums bestanden haben.

Am 22. 6. 1995 stellte die Antragstellerin beim Erstgericht den Antrag, die Antragsgegnerin gemäß § 18 Abs 1 Z 3 WEG wegen grober Vernachlässigung ihrer Pflichten als Verwalterin der Liegenschaft abzuberufen. Als Grund für diese Maßnahme führte sie ua an, daß sich die Antragsgegnerin beharrlich weigere, eine Hauptmietzinsabrechnung gemäß § 20 Abs 1 MRG zu erstellen, obwohl die Miteigentümer der Liegenschaft als Vermieter die Kosten von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten aus der Hauptmietzinsreserve zu bestreiten hätten. Da Vermieter der fraglichen Wohnungen alle Miteigentümer der Liegenschaft seien, falle die Erstellung der Hauptmietzinsabrechnung in den Aufgabenbereich der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin bestritt eine derartige Rechnungslegungspflicht.

Um die strittige Rechnungslegungspflicht zu klären, stellte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 16. 8. 1995 dazu noch den Zwischenantrag auf Feststellung (hier wiedergegeben in der modifizierten Fassung des Schriftsatzes vom 27. 2. 1996), daß die Antragsgegnerin verpflichtet sei, der Antragstellerin und den übrigen Miteigentümern der Liegenschaft ... für sämtliche Altmieter oder - hilfsweise - den Altmietern im Namen der Miteigentümer der Liegenschaft eine den zwingenden Bestimmungen des MRG entsprechende jährliche Abrechnung (Betriebskosten, öffentliche Abgaben, Mietzinsreserve udgl) fristgerecht zu erstellen und zu übermitteln.

Das Erstgericht gab (sinngemäß) dem primären Zwischenfeststellungsantrag der Antragstellerin statt, wies jedoch das Hauptbegehren der Antragstellerin, die Antragsgegnerin gemäß § 18 Abs 1 Z 3 WEG als Verwalterin der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft abzuberufen, ab. Es vertrat den Rechtsstandpunkt, daß sich aus § 833 ff ABGB iVm § 17 WEG eine Verpflichtung des Wohnungseigentumsverwalters auch zur Verwaltung der Altmietverhältnisse mit der entsprechenden Rechnungslegungspflicht nach § 20 MRG ergebe, daß jedoch alle der Antragsgegnerin vorgeworfenen Verwaltungsmängel nicht ausreichen, um ihr den Vorwurf einer groben Vernachlässigung ihrer Pflichten machen zu können. Hinsichtlich der strittigen Rechnungslegungspflicht sei ihr zugute zu halten, daß die Rechtslage schwer festzustellen sei.

Das Rekursgericht bestätigte die Abweisung des Hauptbegehrens und wies auch beide Zwischenfeststellungsanträge der Antragstellerin ab. Es verneinte die strittige Rechnungslegungspflicht im wesentlichen mit der Begründung, daß sie sich aus den Bestimmungen des WEG nicht ergebe und eine diesbezügliche vertragliche Verpflichtung der Antragsgegnerin nicht habe festgestellt werden können. Die Verpflichtung zur Rechnungslegung nach § 20 MRG treffe - auch gegenüber einem Altmieter - den Wohnungseigentümer des fraglichen Mietobjekts.

Hinsichtlich aller übrigen Entscheidungsgrundlagen kann gemäß § 510 Abs 3 Satz 1 ZPO iVm § 26 Abs 2 WEG und § 37 Abs 3 Z 16 MRG auf die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen verwiesen werden. Zu erwähnen ist nur noch der Ausspruch des Rekursgerichtes, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- nicht übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zur Frage, ob der Verwalter einer zur Gänze im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft zur Erstattung gesonderter Hauptmietzinsabrechnungen betreffend Altmietverhältnisse verpflichtet sei, keine höchstgerichtliche Judikatur habe aufgefunden werden können.

Mit dem jetzt vorliegenden Revisionsrekurs strebt die Antragstellerin primär die Abänderung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses dergestalt an, daß sowohl ihrem Zwischenfeststellungsantrag als auch ihrem Antrag auf Abberufung der Antragsgegnerin als Liegenschaftsverwalterin stattgegeben wird; hilfsweise soll die rekursgerichtliche Entscheidung aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückverwiesen werden.

Von der Antragsgegnerin liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen, die die Anrufung des Obersten Gerichtshofes rechtfertigen könnten, nicht zuzulassen oder ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Als Mangel des Rekursverfahrens rügt die Antragstellerin, daß sich das Rekursgericht - teilweise in Verkennung der Rechtslage - mit ihrer Tatsachen- und Beweisrüge nicht befaßt, andererseits aber von den erstgerichtlichen Feststellungen entfernt habe, ohne eine mündliche Rekursverhandlung durchzuführen. In diesem Zusammenhang wurde sogar der Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit geltend gemacht. Die strittigen Tatfragen sind jedoch, wie sich aus den Rechtsausführungen ergeben wird, ohne Einfluß auf die Entscheidung.

In rechtlicher Hinsicht meint die Antragstellerin nach wie vor, daß sich aus § 17 WEG (insbesondere dessen Abs 7) iVm mit §§ 1002 ff ABGB (insbesondere § 1012) die Verpflichtung der Antragsgegnerin ergebe, die geforderten Abrechnungen zu legen. Die in § 20 MRG (und dazu noch in § 21 MRG) normierte Rechnungslegungspflicht treffe nämlich bei Altmietverhältnissen auf einer WE-Liegenschaft die Gesamtheit der Mit- und Wohnungseigentümer und für diese den WE-Verwalter. Zu berücksichtigen sei dabei, daß alle Mit- und Wohnungseigentümer auf Grund ihrer Vollhaftung gegenüber Ansprüchen der Altmieter - etwa bei der Erzwingung von Erhaltungsarbeiten - in einer Solidarschuldgemeinschaft stehen. Daraus seien für den WE-Verwalter, der die Interessen aller Mit- und Wohnungseigentümer wahrzunehmen hat, entsprechende Informations- und Rechnungslegungspflichten gegenüber den Gemeinschaftern ableitbar; gegenüber den Mietern bestehe eine solche Verpflichtung, weil sie als Dritte in die Schutzwirkungen des Verwaltervertrages einbezogen sind. Weitere Rechtsausführungen beschäftigen sich mit der Frage, ob die Verwalterpflichten im konkreten Fall vertraglich limitiert waren, mit dem sekundären Problem der Leistungs(un-)möglichkeit sowie mit der Feststellung und Würdigung sonstiger (hier nicht erwähnter) Verwaltungsmängel.

Rechtliche Beurteilung

Dazu wurde erwogen:

Auszugehen ist davon, daß die Antragstellerin die Abberufung der Antragsgegnerin als WE-Verwalterin gemäß § 18 Abs 1 Z 3 zweiter Fall WEG begehrt. Voraussetzung dafür ist die grobe Vernachlässigung der Verwalterpflichten, wie sie sich aus § 17 WEG iVm §§ 1002 ff ABGB ergeben. Es geht also um Pflichten, die die Verwaltung der WE-Liegenschaft mit sich bringt (vgl § 13a, § 13c, § 14 und § 17 Abs 2 WEG). Sollte sich herausstellen, daß die Erstellung von Hauptmietzins- oder Betriebskostenabrechnungen für die einzelnen Mit- und Wohnungseigentümer einer WE-Liegenschaft mit "Altmietern" oder unmittelbar für diese Mieter nicht zu den mit der Verwaltung der Liegenschaft zusammenhängenden Pflichten gehört, kann in der Verweigerung derartiger Abrechnungen kein Abberufungsgrund liegen.

Eine weitere thematische Einschränkung für die rechtliche Beurteilung ergibt sich daraus, daß der Annahme eines Abberufungsgrundes überhaupt nur dann näher getreten werden könnte, wenn zu den von beiden Vorinstanzen als nicht erheblich erachteten sonstigen Verwaltungsmängeln die von der Antragstellerin behauptete Verletzung der Rechnungslegungspflicht hinzutritt. Andernfalls wäre die zum Gegenstand des Zwischenfeststellungsantrages gemachte Frage, ob die Antragsgegnerin den einzelnen Miteigentümern oder den Altmietern Hauptmietzins- und Betriebskostenabrechnungen zu legen hat, gar nicht präjudiziell iSd § 236 Abs 1 ZPO (§ 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 13 MRG). Von der Präjudizialität ihres Zwischenfeststellungsbegehrens geht jedoch die Antragstellerin (gleich den Vorinstanzen) selbst aus.

Es ist daher nur zu untersuchen, ob die in Rede stehende Hauptmietzins- und Betriebskostenabrechnung für Eigentumswohnungen, an denen dem MRG unterliegende Mietverhältnisse bestehen, die schon vor der Begründung des Wohnungseigentums eingegangen wurden, zu den gesetzlichen Pflichten des WE-Verwalters gehört.

Die Hauptmietzinsabrechnung kann, wie der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt hat, nur der Mieter vom Vermieter verlangen. Im Verhältnis zwischen Miteigentümern besteht eine solche Rechnungslegungspflicht schon deshalb nicht, weil die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten der Liegenschaft innerhalb der Miteigentümergemeinschaft gemäß § 839 ABGB nach dem Anteilsverhältnis bzw nach den Regeln der §§ 19, 20 WEG aufzuteilen sind, sodaß die Mietzinsreserve bzw ein Mietzinsabgang iSd § 20 Abs 2 MRG für die Miteigentümer untereinander belanglos ist (EvBl 1998/204). Ähnliches gilt für die Betriebskosten. Auch hinsichtlich dieser Liegenschaftsaufwendungen bestehen spezielle Aufteilungsregelungen für Mit- und Wohnungseigentümer (im hier zu beurteilenden Fall § 19 Abs 1 WEG idF vor dem BGBl I 1997/22), die einen gegenseitigen Rechnungslegungsanspruch der Mit- und Wohnungseigentümer hinsichtlich der den Altmieter einer Wohnung treffenden Betriebskosten ausschließen (vgl WoBl 1997, 198/75).

Diese Judikatur erfaßt, wie die Revisionsrekurswerberin zutreffend bemerkt, nicht alle Aspekte der hier zu lösenden Rechtsfrage. Sie gibt jedoch darüber Aufschluß, daß die eingeforderte Rechnungslegungspflicht nicht aus einer von einem Wohnungseigentümer dem anderen auf Grund des Miteigentumsverhältnisses geschuldeten Informationspflicht resultieren kann und daß insoweit für Hauptmietzins- und Betriebskostenabrechnungen gleiche Grundsätze gelten.

Offen geblieben ist in der genannten Entscheidung (EvBl 1998/204), ob der Verwalter im Zuge einer pflichtgemäßen Abrechnung aller Einnahmen, die mit der Liegenschaftsverwaltung im Zusammenhang stehen, auch zu einer alle Daten einer Hauptmietzins- bzw Betriebskostenabrechnung für vermietete Eigentumswohnungen offenlegenden Rechnungslegung verhalten werden kann. Es stellt sich also erneut die eingangs angeschnittene Frage, ob es sich bei der Erhebung, Sammlung und Bekanntgabe jener Daten, die für die dem Vermieter einer Eigentumswohnung obliegende Hauptmietzins- und/oder Betriebskostenabrechnung notwendig sind, um eine Angelegenheit der Verwaltung der Liegenschaft (also eine Agende des Verwalters) oder nicht doch nur um eine Angelegenheit der Verwaltung (Nutzung) des betreffenden Wohnungseigentumsobjektes handelt. Nach Meinung des Senates trifft letzteres zu, sodaß die von der Antragstellerin in Anspruch genommene gesetzliche Rechnungslegungspflicht der Antragsgegnerin nicht besteht.

Richtig ist, daß bei Altmietverhältnissen an Eigentumswohnungen (die vor der Begründung des Wohnungseigentums am Mietobjekt begonnen haben), alle Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft die Rechtsposition des Vermieters einnehmen (immolex 1999, 9/7 ua), was den Schluß nahelegt, alle Mitglieder der Eigentumsgemeinschaft hätten die sich aus dem MRG ergebenden Abrechnungspflichten gegenüber dem Mieter zu erfüllen (idS auch Call, Mietrecht und Wohnungseigentum im MRG-Althaus, WoBl 1998, 161 [165 f]; 5 Ob 2119/96w = EWr I/37/94). Selbst wenn man (ohne endgültige Festlegung) die Richtigkeit dieser Rechtsansicht unterstellt, bedeutet das jedoch nicht, daß es sich bei den allen Mit- und Wohnungseigentümern der Liegenschaft aus dem Mietverhältnis erwachsenden Aufgaben (etwa bei der hier relevanten Hauptmietzins- und Betriebskostenabrechnung) um eine Angelegenheit der Verwaltung der Liegenschaft handelt. Gemäß § 20 Z 1 WEG kommen Nutzungen aus Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten, die im Wohnungseigentum stehen, dem Wohnungseigentümer alleine zu. Die anderen Miteigentümer der Liegenschaft sind daher, selbst wenn sie formell die Vermieterstellung einnehmen, an den Mietzinserträgnissen nicht zu beteiligen (vgl EvBl 1998, 204 ua). Bei der Wahrnehmung der Vermieterpflichten - sei es durch den Wohnungseigentümer des Mietobjekts, sei es durch alle Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft - wird daher in einer für die Verwaltung der WE-Liegenschaft untypischen Weise nicht im Interesse der Gemeinschaft, sondern im Einzelinteresse gehandelt. Folgerichtig fällt die dem Mieter einer Eigentumswohnung gegenüber zu erfüllende Abrechnungspflicht nach § 20 Abs 3 und § 21 Abs 3 MRG unabhängig davon, ob das Mietverhältnis vor oder nach der Begründung des Wohnungseigentums begonnen hat, nicht in den gesetzlichen Aufgabenbereich des WE-Verwalters. Soll er die Abrechnungen legen, ist ihm vom eigentlichen abrechnungspflichtigen Vermieter ein Auftrag zu erteilen. Die hiefür auflaufenden Kosten sind auch keine Liegenschaftsaufwendungen iSd § 19 WEG. Wie sie intern aufzuteilen sind, wenn die Vermieterstellung allen Mit- und Wohnungseigentümern der Liegenschaft, der Nutzen des Mietobjektes aber nur einem von ihnen zukommt, ist erforderlichenfalls nach § 896 ABGB auf Grund dieses besonderen Rechtsverhältnisses zu regeln.

Zumindest im Ergebnis zu Recht hat somit das Rekursgericht die von der Antragstellerin reklamierte Rechnungslegungspflicht der Antragsgegnerin verneint. Daß aus dieser Entscheidung zwangsläufig die Abweisung des Abberufungsbegehrens der Antragstellerin folgt, wurde bereits gesagt.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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