OGH 1Ob39/99p

OGH1Ob39/99p27.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Gisela P*****, Rechtsanwältin in *****, als Masseverwalterin im Konkurs der T*****gesellschaft m. b. H., *****, wider die beklagten Parteien 1) Dr. Hans M*****, und 2) Doris M*****, beide vertreten durch Dr. Wilhelm Kubin, Rechtsanwalt in Graz, wegen 1,353.699,37 S sA infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien (Revisionsinteresse 924.434 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgerichts vom 16. Dezember 1998, GZ 3 R 211/98v-103, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 12. Jänner 1998, GZ 18 Cg 429/93w-90, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es - unter Einschluß der bereits mit den Urteilen der Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesenen und soweit unberührt bleibenden Teile des Klagebegehrens - insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 1,353.699 S samt 12 % Zinsen seit 1. Jänner 1992 und die Prozeßkosten binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Dagegen ist die klagende Partei schuldig, den beklagten Parteien je die Hälfte der mit insgesamt 459.011 S (darin 63.068,50 S Umsatzsteuer und 80.600 S Barauslagen) bestimmten Kosten der Verfahren erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, den beklagten Parteien je die Hälfte der mit insgesamt 53.950,60 S (darin 4.131,60 S Umsatzsteuer und 29.161 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Zweitbeklagte ist Miteigentümerin einer Liegenschaft in Graz mit einem darauf errichteten Haus. Die Beklagten beauftragten 1991 die vormals klagende Partei und nunmehrige Gemeinschuldnerin, eine Baugesellschaft m. b. H., mit dem Ausbau des Dachbodens sowie der Sanierung des Kellers, des ersten und zweiten Stockwerks dieses Hauses und übertrugen einem Zivilingenieur die örtliche und technische "Bauleitung". Die Baugesellschaft hatte die Schlußrechnung nach den Vereinbarungen binnen vier Wochen nach Abschluß aller Arbeiten zu legen. Ihr war das mit einem Organ der Beklagten gemeinsam festgestellte örtliche Aufmaß zugrundezulegen; dieses sollte - in Form von Plänen und Listen - Bestandteil der Schlußrechnung sein und beim "Bauleiter" eingebracht werden. Die Beklagten waren berechtigt, die überprüfte Schlußrechnung anzuerkennen. Erst 14 Tage nach Zugang einer solchen Rechnung sollte die Baugesellschaft "eine Schlußrechnung mit dem Antrag auf Schlußzahlung" vorlegen können. Die Arbeiten wurden im Frühjahr 1991 aufgenommen; in deren Verlauf wurden 72 Zusatzaufträge erteilt. Die Aufmaßaufnahmen erledigte die Baugesellschaft überwiegend allein, also ohne Mitwirkung des Bauleiters der Beklagten; dieser war nur "einige Male" beigezogen worden. Die Bauleistungen wurden vom Bauleiter abgenommen. Gerügte Mängel sind zur Gänze behoben. Am 18. Dezember 1991 erstellte die Baugesellschaft die sodann den Beklagten übermittelte Schlußrechnung über insgesamt 2,989.265,37 S inklusive Umsatzsteuer. Neben Bautagesberichten, dem Anbotsschreiben und den Zusatzaufträgen waren Aufmaßblätter, jedoch keine Aufmaßpläne - solche waren nicht angefertigt worden - beigeschlossen. Mit Schreiben vom 13. Jänner 1992 urgierte der Bauleiter erfolglos die Übersendung von Aufmaßplänen und überprüfte die Schlußrechnung schließlich ohne solche. Er "erstellte" eine korrigierte, wesentlich niedrigere Rechnung. Die Baugesellschaft akzeptierte die Korrekturen, die ihre Ursache in der mangelnden Nachvollziehbarkeit der Aufmaße und Einheitspreise hatten, nicht. Nicht feststellbar ist, ob und bejahendenfalls welche Positionen der vom Bauleiter geprüften Schlußrechnung anerkannt wurden. Die Beklagten hatten zuvor 1,635.566 S an Teilzahlungen geleistet und zahlten sonst nichts mehr. Nach dem Umfang der Bauleistungen sind Doppelverrechnungen anzunehmen. Ferner fehlt es für verrechnete Leistungen an Nachweisen. Die vorhandenen Aufmaßblätter sind unvollständig und in Ermangelung ihnen zugeordneter Planunterlagen nicht nachvollziehbar. Deren Überprüfbarkeit würde großflächige Proben, Bohrungen und "Festteilaufbrüche" mit einem Kostenaufwand von 100.000 S bis 150.000 S voraussetzen. Zufolge der ungenauen und nicht überprüfbaren Angaben über Baumassen ist ein Gesamtpreis von 2,558.863,68 S inklusive 20 % Umsatzsteuer mit einer "Toleranzspanne von +/- 20 %" angemessen.

Die klagende Partei begehrte den Zuspruch von 1,353.699 S sA und brachte vor, für ihre Bauleistungen eine Schlußrechnung über insgesamt 2,989.265,37 S gelegt zu haben. Die Beklagten hätten lediglich 1,635.566 S bezahlt. Der Klageanspruch ergebe sich aus der Differenz dieser Beträge. Die dem Bauleiter der Beklagten übergebenen Abrechnungsunterlagen seien nachvollziehbar. Dieser sei überdies mehrmals zur gemeinsamen Aufmaßaufnahme aufgefordert worden, habe sich daran aber nur einmal beteiligt. Soweit die Schlußrechnung daher für die Beklagten nicht nachvollziehbar sein sollte, gehe das zu ihren Lasten.

Die Beklagten wendeten unter anderem ein, der begehrte Werklohn sei nicht fällig. Die Abrechnungsunterlagen seien nicht überprüfbar. Die Schlußrechnung beruhe auf unzutreffenden Aufmaßen. Die erbrachten Leistungen seien bereits durch die Summe der Teilzahlungen abgegolten.

Das Erstgericht erkannte der klagenden Partei 924.434 S samt 4 % Zinsen seit 25. April 1994 zu und wies das Mehrbegehren von 429.265,37 S sA ab. Nach seiner Ansicht ist - trotz unvollständiger und unüberprüfbarer Aufmaßblätter - ein Werklohn von 2,560.000 S gemäß § 273 ZPO aufgrund des Sachverständigengutachtens angemessen. Dieses Gutachten sei den Beklagten am 25. April 1994 zugestellt worden. In diesem Zeitpunkt sei der restliche Werklohn fällig geworden.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil nur im Zinsenpunkt ab, erkannte der klagenden Partei 4 % Zinsen erst ab 8. Oktober 1997 zu und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, der Werklohn sei nach § 1170 ABGB - mangels gegenteiliger Vereinbarung oder Verkehrsübung - nicht vor der Werkvollendung fällig. Stehe der Werklohn - anders als bei einem Pauschalpreis - nicht von vornherein fest, werde er erst nach Rechnungslegung fällig. Die Rechnung müsse alle zur Überprüfung seiner Angemessenheit erforderlichen Angaben und Belege enthalten. Sie müsse ordnungsgemäß zusammengestellt und formell vollständig sein. Die Einwendung mangelnder Fälligkeit wegen ungenügender Rechnungslegung sei jedoch dann unbeachtlich, wenn die Abrechnungsmängel während des Rechtsstreits behoben würden. Das könne auch durch ein Sachverständigengutachten erfolgen. Der Abrechnungspflichtige müsse jedoch das Gutachten als Ergänzung seiner Rechnung bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz ausdrücklich oder zumindest schlüssig übernommen haben. Die klagende Partei habe das Ergebnis der Prüfung ihrer Schlußrechnung durch den Sachverständigen zwar "bis zuletzt nicht akzeptiert, sondern vielmehr auch noch unmittelbar vor Schluß der Verhandlung" erster Instanz "weitere Anträge zum Beweis der Richtigkeit ihrer Rechnungslegung gestellt", den Beklagten habe jedoch - mangels Durchführung dieser Beweisanträge - klar sein müssen, daß "eine weitergehende Prüfung der ... in Rechnung gestellten Mengen - aus wirtschaftlichen Gründen - nicht mehr in Betracht" komme und "daher vom Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen bei Beurteilung der Richtigkeit und Angemessenheit der Schlußrechnung auszugehen sein" werde. Sie hätten auch selbst keine Beweisanträge mehr gestellt und gegen jene der klagenden Partei eingewendet, die Sach- und Rechtslage sei aufgrund der "heutigen Erörterung geklärt". Demzufolge sei die Fälligkeit des restlichen Werklohns nach dem Sachverständigengutachten am 8. Oktober 1997 eingetreten. Wäre dem Standpunkt der Beklagten zu folgen, so könnte "der Entgeltanspruch ... mangels Behebbarkeit der Rechnungsmängel niemals fällig werden". Habe der gerichtliche Sachverständige die Angemessenheit eines bestimmten Werklohns einmal bejaht, so bestehe "kein berechtigter Grund" zur Verneinung der Fälligkeit mehr, könne doch auch "eine überhöhte Rechnung die Fälligkeit des tatsächlich geschuldeten Betrages nicht" hindern. Daher stehe "selbst das Beharren ... auf Bezahlung eines höheren als vom Sachverständigen für angemessen erachteten Werklohnes dem Eintritt der Fälligkeit nicht entgegen".

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird, zulässig; sie ist auch berechtigt.

1. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Fälligkeit des Entgelts nur dann mit einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung verknüpft, wenn die Ermittlung des Entgeltanspruchs nach der Natur des Geschäfts und den Umständen des Einzelfalls eine genaue Abrechnung der erbrachten Leistungen und der aufgewendeten Kosten zwecks Anspruchsüberprüfung voraussetzt (1 Ob 509/94 = RdW 1994, 311 = ecolex 1994, 317; RdW 1992, 400; Rebhahn in Schwimann, ABGB2 Rz 4 zu § 1170 mwN aus der Rsp). In Ermangelung solcher Prämissen beeinflußt die Frage der Rechnungslegung den Eintritt der Fälligkeit einer Forderung nicht, weshalb dann auch eine überhöhte Rechnung den Eintritt der Fälligkeit des tatsächlich geschuldeten Betrags nicht hindert (4 Ob 252/98g; RZ 1979/38).

Ist eine ordnungsgemäße Rechnungslegung - wie hier die über den Werklohnanspruch der klagenden Partei - als Fälligkeitsvoraussetzung des Entgeltanspruchs anzusehen, so ist der auf die Behauptung ungenügender Rechnungslegung gestützte Einwand mangelnder Fälligkeit nach ständiger Rechtsprechung auch dann unbeachtlich, wenn die der Rechnung des Unternehmers ursprünglich anhaftenden Mängel im Zuge des Rechtsstreits - etwa durch ein Sachverständigengutachten - behoben werden (8 Ob 140/97i; 1 Ob 509/94; RdW 1992, 400; Rebhahn aaO). Bedarf es zur Herstellung der Überprüfbarkeit der Rechnung gerade jener Ergänzungen, die erst dem Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen zu entnehmen sind, so kann die Fälligkeit der abgerechneten Forderung allerdings nur eintreten, wenn der Unternehmer sich dieses Gutachten entweder ausdrücklich oder eindeutig schlüssig zu eigen macht (1 Ob 509/94 mwN [hier keine Bestreitung des Gutachtens über die Angemessenheit eines anwaltlichen Honorars]).

2. Die klagende Partei, die sich im Revisionsverfahren selbst auf die Entscheidung des erkennenden Senats 1 Ob 509/94 beruft, tritt deren grundsätzlichen Erwägungen nicht entgegen, meint jedoch, das Gutachten nur insoweit bestritten zu haben, als "der Sachverständige den von ihm ermittelten Werklohn und nicht den eingeklagten Werklohn als angemessen" erachtet habe. Bereits in der Verhandlungstagsatzung vom 2. Oktober 1996 sei daher ausdrücklich vorgebracht worden, die klagende Partei habe nach dem Gutachten "zumindest noch einen Anspruch auf 923.299,68 S". Damit sei wenigstens dieses "Minimalergebnis" mit hinlänglicher Deutlichkeit übernommen worden.

2. 1. Die klagende Partei brachte in der Verhandlungstagsatzung vom 2. Oktober 1996 u. a. vor, aus dem schriftlichen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen folge, daß sie "zumindest noch Anspruch ... auf 923.299,68 S" habe. Der Sachverständige habe "nur etwa zehn Positionen nicht nachvollziehen können". Das Fehlen einzelner Rechnungsunterlagen bewirke keine "Verlängerung der Zahlungsfrist". Seien "zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Schlußrechnung noch Positionen strittig", so dürfe der Auftraggeber "unbestrittene Teile ... nicht" zurückhalten (ON 76 S. 7 f).

Dieses Vorbringen beruht offenkundig auf der unzutreffenden Rechtsansicht, zumindest alle unstrittigen oder bereits aufgeklärten Rechnungspositionen der die Gesamtleistung umfassenden Schlußrechnung seien fällig, weil der auf deren fehlende Überprüfbarkeit gestützte Einwand mangelnder Fälligkeit nur die noch nicht nachvollziehbaren Teile betreffen könne. Die klagende Partei wollte sich demnach das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen nicht etwa als Ergänzung und Korrektur ihrer Schlußrechnung zu eigen machen, sondern nur ihrem - nach den Umständen des Anlaßfalls - nicht zu billigenden Prozeßstandpunkt Nachdruck verleihen, die Fälligkeit des Werklohns könne zumindest teilweise auch dann eintreten, wenn die Schlußrechnung als Ganzes noch gar nicht überprüfbar ist. In diesem Zusammenhang ist ferner anzumerken, daß nicht einmal festgestellt werden konnte, ob und bejahendenfalls welche Positionen der vom Bauleiter geprüften Schlußrechnung anerkannt wurden.

Im Schriftsatz vom 1. Juli 1997 (ON 80) zum schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 20. Mai 1997 (ON 77), der, soweit er "ergänzendes Vorbringen mit Beweisanträgen und (die) Vorlage weiterer Beweismittel" enthielt, zurückgewiesen wurde (ON 81), vertrat die klagende Partei dann zu wesentlich mehr als zehn Rechnungspositionen die Ansicht, die Nachvollziehbarkeit ihrer Schlußrechnung könne durch das Ergebnis bestimmter Bohrungen und Aufgrabungen, durch bloßes Messen und Nachzählen sowie durch eine ergänzende Befragung des Sachverständigen hergestellt werden. Ihre Bereitschaft, die Ergebnisse des Gutachtens als Ergänzung bzw Korrektur der Schlußrechnung der klagenden Partei zu akzeptieren, ist auch diesem Schriftsatz nicht zu entnehmen, obgleich der Sachverständige mit aller Deutlichkeit darauf hinwies, es sei zu vielen Positionen "nicht nachvollziehbar", wie weit "die einzelnen Leistungen im verrechneten Umfang tatsächlich erbracht" worden seien, "die genaue Summe der Schlußrechnung der klagenden Partei" könne "aus technischer Sicht" nicht angegeben werden, die "Differenzen zufolge ungenauer oder nicht nachvollziehbarer Mengen" könnten "über alles gesehen im Bereich von +/- 20 % liegen" und die Dokumentation erbrachter Leistungen sei "nur ansatzweise vorhanden" (ON 77 Blätter 6 und 7).

In der Folge beantragte die klagende Partei in der Verhandlungstagsatzung vom 8. Oktober 1997 die Durchführung eines Augenscheins unter Beiziehung des Sachverständigen. Sie werde "Arbeiter und die erforderlichen Werkzeuge" für "die allenfalls erforderlichen Arbeiten" zur Verfügung stellen. Dieser Augenschein sei "im Sinne der auf Seite 3 des teilweise zurückgewiesenen Schriftsatzes ON 80 angeführten Positionen" durchzuführen (ON 83 S. 1 und 2). Daraufhin erklärte der gerichtliche Sachverständige, die "von der klagenden Partei angezogenen Meßarbeiten" erforderten einen Zeitaufwand "von zumindest einer Woche unter Beiziehung von Professionisten" und es sei dafür mit einem Kostenaufwand von 100.000 S bis 150.000 S zu rechnen. Er hielt sodann sein Gutachten und sein Ergänzungsgutachten "vollinhaltlich aufrecht", woran auch die nachfolgende mündliche Erörterung einer Vielzahl an Positionen der Schlußrechnung der klagenden Partei nichts änderte. Schließlich betonte er noch, daß "praktisch nie plangemäß gebaut worden" sei, sodaß "auch bei einer Überprüfung an Ort und Stelle bei Vergleichen mit dem Plan immer Differenzen vorhanden sein" würden. Es bleibe daher - unter Berücksichtigung aller Schlußrechnungskorrekturen - bei 2,132.386,40 S als angemessener Nettopreis für alle Leistungen (ON 83 S. 1 ff).

Daraufhin brachte die klagende Partei ergänzend vor (ON 83 S. 19 f):

"Sollte das Gericht die von der klagenden Partei beantragten zusätzlichen Beweisaufnahmen in der Form der Durchführung eines Lokalaugenscheines und Abklärung sämtlicher im Schriftsatz ON 80 gestellter Fragen nicht durchführen, so wird eventualiter der Antrag gestellt, einen Lokalaugenschein durchzuführen und nur die Position(en) nachzuprüfen, bei denen ein Ausmessen und Nachzählen erforderlich ist, und zwar sind dies die Positionen ... ."

Die Beklagten replizierten, "aufgrund der heutigen Erörterungen" sei von einer bereits "geklärten Sach- und Rechtslage" auszugehen, weshalb es keiner weiteren Beweisaufnahme mehr bedürfe, worauf das Erstgericht "die unerledigt gebliebenen Beweisanträge wegen Entscheidungsreife" zurückwies und den Beschluß auf Schluß der Verhandlung faßte und verkündete.

2. 2. Die in 2. 1. dargestellte Chronologie des Prozeßgeschehens belegt, daß die klagende Partei zu keiner Zeit bereit war, sich den Korrekturen ihrer Schlußrechnung im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen zu unterwerfen und erst damit die Fälligkeit ihrer als gerechtfertigt anzusehenden gesamten Werklohnforderung herbeizuführen, hatte sie doch dem Gutachten des Sachverständigen bis zuletzt widersprochen, obgleich ihr nach den Verfahrensergebnissen klar sein mußte, daß sie die Fälligkeit ihrer Werklohnforderung nur durch die Übernahme der Ermittlungen des Sachverständigen werde herbeiführen können, weil es ihr selbst an nachvollziehbaren Unterlagen, die eine Überprüfung ihrer Schlußrechnung ermöglichten, fehlte. Dieses bis zuletzt aufrechterhaltene (prozessuale) Verhalten der klagenden Partei läßt nur den Schluß zu, daß sich diese das Gutachten des Sachverständigen als - wenigstens als Näherungswerte - nachvollziebare Abrechnungsgrundlage gerade nicht übernehmen wollte. Nach den Feststellungen ist im übrigen die Unüberprüfbarkeit der Schlußrechnung der klagenden Partei erwiesen, weshalb der gesamte geltend gemachte Werklohnrest - den eingangs erörterten rechtlichen Prämissen zufolge - noch nicht fällig ist. Auch an dieser Stelle ist überdies nochmals festzuhalten, daß nicht einmal feststellbar war, ob und bejahendenfalls welche Positionen der vom Bauleiter geprüften Schlußrechnung anerkannt wurden.

2. 3. Unzutreffend ist die Ansicht des Berufungsgerichts, der Werklohnanspruch könnte - nach dem Prozeßstandpunkt der Beklagten - niemals fällig werden, hätte sich doch die klagende Partei bloß den gutächtlichen Darlegungen des Sachverständigen als Abrechnungsgrundlage und Voraussetzung der Fälligkeit ihrer Restforderung unterwerfen müssen, was aber - wie bereits erörtert - gerade nicht geschah. Die Eindeutigkeit einer ausdrücklichen oder aus schlüssigem Verhalten abzuleitenden Willenserklärung, die Klarstellungen im Gutachten des Sachverständigen als Ergänzung der eigenen Rechnungslegung zu übernehmen, wäre - nach den insofern ebenso zutreffenden Revisionsausführungen - besonders auch deshalb erforderlich gewesen, um den Beklagten die rechtzeitige Anerkennung eines allenfalls erst während des Prozeßverlaufs fällig gewordenen Klageanspruchs, verbunden mit einem Antrag auf Kostenzuspruch gemäß § 45 ZPO, zu ermöglichen. Je geringere Anforderungen ein Kläger in diesem Punkt zu erfüllen hätte, desto mehr müßte dessen Prozeßgegner sein weiteres Verhalten zum Schutz vor allfälligen Rechtsnachteilen auf bloßen Mutmaßungen aufbauen. Bei einer für ihm derart ungewissen Verfahrenslage wäre der Beklagte außerstande, die Folgen seines prozessualen Verhaltens einigermaßen verläßlich abzuschätzen, sodaß ihm dadurch die Möglichkeit einer seine Interessen wahrenden Prozeßführung weitgehend entzogen werden würde.

2. 4. An der mangelnden Fälligkeit des noch unberichtigten Teils des Werklohns ändert - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der klagenden Partei - auch die Entscheidung 4 Ob 252/98g nichts hebt doch der Oberste Gerichtshof dort hervor, der Grundsatz, daß die Fälligkeit einer Forderung durch die Legung einer überhöhten Rechnung nicht hinausgeschoben werde, gelte im Sinne der Ausführungen zu 1. nur dann, wenn die Ermittlung des Entgeltanspruchs nach der Natur des Geschäfts und den Umständen des Einzelfalls keine genaue Abrechnung der erbrachten Leistungen und der aufgewendeten Kosten voraussetze. Gegenteiliges kann auch nicht der in jener Entscheidung zitierten Vorentscheidung RZ 1979/38, die sich auf die Fälligkeit eines Kaufpreises und die Rechnungslegungspflicht als unselbständige vertragliche Nebenpflicht bezieht, entnommen werden. Deren Erwägungen zum Eintritt der Fälligkeit einer überhöht verrechneten Kaufpreisforderung ließen sich allenfalls dann auf den Eintritt der Fälligkeit einer überhöhten, aber im Sinne der bisherigen Ausführungen genau abzurechnenden Werklohnforderung übertragen, wenn sich der überhöhte Werklohn bereits aus der mit allen erforderlichen Abrechnungsunterlagen belegten Schlußrechnung nachvollziehbar ergäbe. Das muß hier jedoch nicht abschließend beurteilt werden, weil das bei der hier zu beurteilenden Schlußrechnung der klagenden Partei gerade nicht der Fall ist.

Der Revision, in der die maßgeblichen rechtlichen Zusammenhänge erkannt wurden, ist somit Folge zu geben.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 in Verbindung mit § 50 Abs 1 ZPO.

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