OGH 9ObA63/99a

OGH9ObA63/99a14.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Richard Warnung und Wilhelm Hackl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Axel R*****, Rechtsanwalt in G*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der F*****GmbH, *****, wider die beklagte Partei Harald S*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 200.000,- sA (Revisionsinteresse S 88.424,87 sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. September 1998, GZ 7 Ra 12/98h-35, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Zur Klageforderung:

Rechtliche Beurteilung

Ob und wie weit die für den Fall der Verletzung der Konkurrenzklausel vereinbarte Vertragsstrafe zu mäßigen ist, ist eine Frage des Einzelfalles, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - nicht revisibel ist. Eine krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes, das mit ausführlicher Begründung die Konventionalstrafe auf die Hälfte der vereinbarten Höhe gemäßigt hat, zeigt der Beklagte, der in gravierender Weise gegen die Konkurrenzklausel verstoßen hat, nicht auf.

Zur Gegenforderung:

Nach Pkt. 3 des Dienstvertrages erhält der Beklagte eine Provision "in Höhe von 2,8% des sogenannten Deckungsbeitrages der von ihm verrechneten Kundennettoumsätze, die tatsächlich bezahlt wurden". Diese Provision "wird monatlich vorweg errechnet und gelangt im nachfolgenden Monat" zur Auszahlung. "Eine endgültige Abrechnung erfolgt einmal jährlich nach Vorliegen des Deckungsbeitrages spätestens bis Ende Feber des nachfolgenden Jahres". "Der Deckungsbeitrag wird so ermittelt, daß von den gesamten Umsätzen der gesamte Aufwand der bei diesen Aufträgen eingesetzten Arbeiter einschließlich sämtlicher Nebenkosten, ausgenommen Werkzeuge, anteilige Firmen-Kfz-Aufwendungen etc abgezogen wird."

Das Erstgericht hat die "Deckungsbeiträge laut Pkt. 3 des Dienstvertrages" für jeden Monat des Jahres 1995 festgestellt. Die Deckungsbeiträge für Jänner bis einschließlich November 1995 sind positiv, jener für Dezember 1995 ist negativ.

Da der Beklagte in seiner Revision mehrmals in mißverständlicher Weise davon spricht, daß das Berufungsgericht bei der Provisionsberechnung zu Unrecht auf die "Gesamtumsätze", und nicht auf die von ihm erwirtschafteten Umsätze bzw. Deckungsbeiträge abgestellt hat, ist vorweg klarzustellen, daß er mit diesem Einwand - wie eine nähere Prüfung seiner Ausführungen zeigt - nicht bestreitet, daß die vom Erstgericht aufgrund der entsprechenden Aufstellung der Klägerin festgestellten Deckungsbeiträge für Jänner bis November 1995 jene sind, die sich vertragsgemäß aus den von ihm erwirtschafteten Umsätzen errechnen. Vielmehr wendet er sich mit diesem Einwand gegen die Berücksichtigung des für Dezember 1995 festgestellten negativen Deckungsbeitrages. Dies zeigen deutlich die von ihm angestellten Berechnungen, die sämtlich auf den vom Erstgericht für die Zeit von Jänner bis einschließlich November 1995 festgestellten Deckungsbeiträgen beruhen.

Ist demgemäß klargestellt, daß es sich bei den vom Erstgericht festgestellten Deckungsbeiträgen um jene handelt, die "iS Pkt 3 des Dienstvertrages" errechnet wurden, kann nicht zweifelhaft sein, daß auch der vom Erstgericht für Dezember 1995 festgestellte (negative) Deckungsbeitrag in diesem Sinne zu verstehen ist. Daß der Beklagte - wie er in der Revision geltend macht - im Dezember wegen seiner Dienstfreistellung nicht mehr für die Klägerin tätig war, ändert daran nichts, weil dadurch nicht ausgeschlossen wird, daß sich aus vom ihm schon früher akquirierten Aufträgen erst im Dezember anrechenbare "Kundennettoumsätze, die tatsächlich bezahlt wurden" ergeben haben. Bei dem für Dezember 1995 festgestellten Deckungsbeitrag handelt es sich daher nach den im erläuterten Sinn zu verstehenden Feststellungen um die im Dezember 1995 zu berücksichtigenden Umsätze des Beklagten aus früher von ihm akquirierten Aufträgen abzüglich des mit diesen Aufträgen verbundenen Aufwandes. Daß der Deckungsbeitrag für Dezember 1995 negativ ist, hat demgemäß nichts damit zu tun, daß der Beklagte im Dezember keine neuen Aufträge akquiriert hat. Im Dezember akquirierte (und ausgeführte) Aufträge, die sich in der Deckungsbeitragsrechnung überdies erst nach ihrer Honorierung niedergeschlagen hätten, hätten zwar die anrechenbaren Umsätze erhöht, wären aber andererseits um den mit ihnen verbundenen Aufwand zu reduzieren gewesen. Der tatsächlich von den im Dezember 1995 berücksichtigten Umsätzen in Abzug gebrachte Aufwand hat sich nach den im oben dargestellten Sinn zu verstehenden Feststellungen daher nur auf die tatsächlich für den Beklagten in Anrechnung zu bringenden Umsätze bezogen (daß sich dabei im Dezember 1995 erstmals in diesem Jahr ein negativer Deckungsbeitrag errechnet, hat der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin mit den in diesem Monat anfallenden Zahlungen für Weihnachtsgelder und die Gebietskrankenkasse erläutert; S 14 in ON 23; auch für das Jahr 1996 wird demgemäß in Beil. ./F [nur] für Dezember ein negativer Deckungsbeitrag ausgewiesen). Die in diesem Sinne zu verstehenden erstgerichtlichen Feststellungen hat der Beklagte in seiner Berufung nicht bekämpft. Sie sind daher der Entscheidung zugrunde zu legen.

Die mit dem oben wiedergegebenen Einwand des Beklagten aufgeworfene Frage, ob der negative Deckungsbeitrag für Dezember 1995 - wie die Vorinstanzen meinen - zu Lasten des Beklagten in die Provisionsberechnung einzufließen hat, ist eine Frage der Auslegung der oben wiedergegebenen Vertragsbestimmung. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, ist - sofern nicht infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde - nicht als eine die Zulässigkeit der Revision begründende erhebliche Rechtsfrage anzusehen (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 5 zu § 502 mwN). Von einem unvertretbaren Auslegungsergebnis des Berufungsgerichtes kann aber hier angesichts der vertraglichen Anordnung, daß die endgültige Abrechnung der Provision "einmal jährlich nach Vorliegen des Deckungsbeitrages" zu erfolgen hat, nicht die Rede sein.

Entgegen der Meinung des Revisionswerbers hat das Berufungsgericht den Provisionsanspruch des Beklagten für die Zeit seiner Dienstfreistellung (Dezember 1995) ohnedies nach § 1155 ABGB beurteilt, sodaß eine nähere Prüfung, ob die Dienstfreistellung hier tatsächlich dem Arbeitgeber zuzurechnen ist, unterbleiben kann. Das Berufungsgericht vertrat aber zutreffend die Meinung, daß die Anwendung des § 1155 ABGB unter den gegebenen Umständen zu keiner Erhöhung der vom Erstgericht als zu Recht bestehend anerkannten Gegenforderung führt. Nach § 1155 ABGB können dem Beklagte für die Zeit seiner Dienstfreistellung nur jene Provisionen zugesprochen werden, die er ohne die Dienstfreistellung in diesem Zeitraum verdient hätte (in diesem Sinn auch die vom Beklagten zitierte Entscheidung 9 ObA 27/98f, auszugsweise veröffentlicht in WBl 1998,407). Entgegen der Meinung des Beklagten kann das aber unter den hier gegebenen Umständen nicht bedeuten, daß ihm für Dezember 1995 eine Provision in der Höhe der im restlichen Jahr 1995 im Monatsdurchschnitt erzielten Provisionen zusteht. Eine derartige Provision hätte der Beklagte auch ohne Dienstfreistellung im Dezember 1995 nicht erwirtschaften können, weil es sich nach den Verfahrensergebnissen bei diesem Monat im Tätigkeitsbereich der Beklagten um eine beschäftigungsarme Zeit handelt, die durch die oben angeführten hohen Fixkosten belastet ist. Es ist daher in keiner Weise ersichtlich, weshalb allenfalls zusätzlich vom Beklagten akquirierte Aufträge für Dezember 1995 zu einem günstigeren als dem tatsächlich erzielten Verhältnis zwischen Aufwand und Umsatz hätten führen sollen. Daß dies der Fall gewesen wäre, hätte der Beklagte - wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat - behaupten und beweisen müssen. Derartiges hat er aber mit keinem Wort geltend gemacht. Demgemäß kann er aus § 1155 ABGB keine Erhöhung des ihm zuerkannten Provisionsanspruchs ableiten.

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