OGH 9ObA36/99f

OGH9ObA36/99f14.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Richard Warnung und Wilhelm Hackl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Friedrich S*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Ernst Gruber, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei Ö***** F***** GmbH, ***** vertreten durch Lattenmayer, Luks & Enzinger, Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen S 332.146,92 und S 265.380,88 sA (Revisionsinteresse S 265.838), infolge Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Oktober 1998, GZ 8 Ra 245/98b-53, womit infolge Berufung der klagenden und widerbeklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 3. Juli 1997, GZ 7 Cga 243/93t-48 (hiemit verbunden 7 Cga 244/93i), bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende und widerbeklagte Partei ist schuldig, der beklagten und widerklagenden Partei die mit S 16.785 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.797,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die erfolgte Verletzung der vereinbarten Konkurrenzklausel zutreffend bejaht. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung der angefochtenen Entscheidung hinweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Den Revisionsausführungen ist ergänzend entgegenzuhalten:

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Mit diesen Ausführungen wird lediglich die Tatsachengrundlage unzulässigerweise in Zweifel gezogen, weil mit den angeblichen Feststellungsmängeln nur mit den getroffenen Feststellungen in Widerspruch stehende und von den Tatsacheninstanzen nicht als erwiesen angesehene Umstände festgestellt werden sollen. So reicht es beispielsweise nicht aus, Teile der Zeugenaussage R***** herauszugreifen, um eine gleichzeitig mit der Vereinbarung vom 20. 2. 1990 ausgesprochene Kündigung nachzuweisen, wenn die weitere Aussage, daß dieser Zeuge sich nicht erinnern kann, ob der Kläger bereits vorher eine schriftliche Kündigungserklärung abgegeben hat (Beilage E) genauso negiert wird, wie die eigene Aussage des Klägers, daß er nach Ablehnung einer einvernehmlichen Auflösung gekündigt habe (AS 157). Da die Vereinbarung vom 20. 2. 1990 auf die bereits erfolgte Kündigung des Klägers Bezug nimmt und der Kläger überdies bereits vorher Mitte Februar mündlich gekündigt hat, die Beklagte aber auf einer schriftlichen Kündigung bestand, ist diese Vereinbarung nur als ergänzende, die Kündigungsfolgen nur hinsichtlich der Abfertigung und nur unter Bedingung abändernde zu verstehen, ohne im Entferntesten einen Anhaltspunkt für eine einvernehmliche Auflösung zu geben oder an der Tatsache der Arbeitnehmerkündigung etwas zu ändern. Daß der Kläger allenfalls subjektiv in Erwartung einer Abfertigung kündigte, ist ein unbeachtlicher einseitiger Motivirrtum. Eine Beweislast des Arbeitgebers für abfertigungsvernichtende Umstände (9 ObA 121/98d) bestand schon deshalb nicht, weil im vorliegenden Fall der Kläger hätte beweisen müssen, daß er die Bedingung für den freiwilligen Abfertigungsanspruch erfüllt und keine konkurrenzierende Verhaltensweise gesetzt hat. Die festgestellte Konkurrenzierung konnte er aber nicht widerlegen. Da die Dienstnehmerkündigung nach den Feststellungen weder durch Schikane, Täuschung oder Irreführung des Arbeitgebers veranlaßt wurde, kann sie auch nicht einem versteckten erzwungenen unzulässigen Verzicht des Dienstnehmers auf seinen Abfertigungsanspruch gleichgestellt werden. Das Unterlassen eines Hinweises des Dienstgebers, daß eine Tätigkeit bei der F***** GesmbH als konkurrenzierend angesehen würde, konnte keinen Irrtum des Klägers hervorrufen, weil er es selbst unterließ, die F***** GesmbH als neuen Dienstgeber bekanntzugeben und er sich auch einen Irrtum über die Konkurrenzeigenschaft dieses Unternehmens daher selbst zuzurechnen hat. Überdies besteht keine Pflicht des Arbeitgebers, auf die beiden Seiten ohnehin bekannte Konkurrenzklausel hinzuweisen, noch bildet dieser Umstand ein Kriterium für eine Mäßigung der Konventionalstrafe (WBl 1994, 23).

Da die Feststellung des Inhalts der Konkurrenzklausel mit dem in der Revision angeführten Wortlaut erfolgte, sind die ein Fehlen einer solchen Feststellung behauptenden Ausführungen des Rechtsmittelwerbers aktenwidrig. Das Berufungsgericht begründete eingehend, inwieweit der Kläger gegen die Konkurrenzklausel verstieß. Da es sich hiebei um eine rechtliche Beurteilung handelt und der Zweck der Konkurrenzklausel, die Weitergabe des vorhandenen Wissens des Klägers, das mit dem Anbieten von Brandschutzanlagen verbunden ist, zu erschweren, im Berufungsurteil enthalten ist, liegt kein Feststellungsmangel vor.

Festgestellt wurde, daß über den Text der Vereinbarung keine weiteren Vereinbarungen getroffen wurden. Die Auslegungsvarianten des Klägers gehen am Inhalt der Vereinbarung vorbei. Er übersieht, daß bereits um die Jahreswende 1989/1990 die Beklagte einer einvernehmlichen Auflösung ablehnend gegenüberstand, auf ihre Rechte aus der Konkurrenzklausel beharrte und den Kläger auf die Möglichkeit einer Selbstkündigung verwies. Nach den Feststellungen erfolgte die Kündigung vor Abschluß der Vereinbarung, die auf eine bereits abgegebene Kündigungserklärung Bezug nimmt. Hätte der Dienstgeber einer einvernehmlichen Auflösung zustimmen wollen, die dem Weiterbestehen der Konkurrenzklausel ohnehin nicht entgegenstand (Martinek/M. und W. Schwarz, AngG7 720 mwN) und auch den Abfertigungsanspruch nicht berührt hätte, hätte er nicht auf einer Dienstnehmerkündigung beharrt. Gerade der Umstand, daß der Dienstgeber infolge der bestehenden Konkurrenz der Konkurrenzklausel die größte Bedeutung zumaß und immer wieder betonte, auf die Rechte aus dieser zu bestehen, ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes richtig, daß die Vereinbarung der Bestärkung der Rechtsfolgen aus der Konkurrenzklausel diente und den Kläger durch Gewährung der ihm bei Selbstkündigung nicht zustehenden Abfertigung für den Fall der Einhaltung der Konkurrenzklausel zur Einhaltung veranlassen sollte. Eines Hinweises durch die Beklagte, daß die Tätigkeit bei F***** GesmbH als konkurrenzierend zu werten sei, bedurfte es bei Abschluß der Vereinbarung deshalb nicht, weil - wie bereits ausgeführt - einerseits keine Pflicht des Arbeitgebers hiezu bestand und der Kläger die Beklagte im unklaren ließ, ob er überhaupt in dieses Unternehmen eintreten werde (AS 203). Von einem Eigenverschulden der Beklagten und Mitveranlassung der Eingehung eines konkurrenzierenden Dienstverhältnisses kann daher keine Rede sein. Ob der Dienstgeber bei Ablehnung einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses seine Ansicht äußerte, daß die Beklagte ihre Rechte aus der Konkurrenzklausel nicht verlieren dürfe und der Kläger daher nur die Möglichkeit der Selbstkündigung habe, ist kein sittenwidriges Veranlassen einer Selbstkündigung, weil kein Anspruch auf eine einvernehmliche Auflösung bestand. Aus welchen Gründen der Dienstgeber auch immer eine solche ablehnt, ist daher nicht von Bedeutung. Jedenfalls liegt darin kein zur Verwirkung der Konkurrenzklausel führendes Verschulden an der Kündigung, das ohnehin nur fallbezogen zu prüfen ist (Ind 1998/2445).

Der Anspruch auf Abfertigung wurde unter der Bedingung der Einhaltung der Konkurrenzklausel zugesagt und ist infolge des Verstoßes des Klägers gegen dieses Verbot gar nicht entstanden. Ob der Kläger nur einige Monate im konkurrenzierenden Unternehmen arbeitete oder länger, änderte nichts am Verstoß gegen die Konkurrenzklausel. Daß der Arbeitgeber die gerichtliche Untersagung der Konkurrenztätigkeit des Klägers bei F***** GesmbH und letztlich die Beendigung seines Dienstverhältnisses mit 31. 10. 1990 erwirkte, hat nur über den Umweg der Größe des Schadens Einfluß auf die erfolgte Mäßigung der Konventionalstrafe, konnte aber infolge des monatelangen Bestandes des Dienstverhältnisses nicht zu einer Mäßigung auf Null führen. In Fällen, in denen die tatsächlich erlittene Schadenshöhe nicht erwiesen wird, hat nur der wirkliche Schaden als Mäßigungskriterium unberücksichtigt zu bleiben (SZ 65/102). Der Verfall der Konventionalstrafe, die der Verstärkung und Befestigung der Konkurrenzklausel dient, hängt überhaupt nicht von einem Schadenseintritt ab. Der Beweis der Übermäßigkeit obliegt dem Schuldner (WBl 1994, 23). Ob daher eine konkrete Abwerbung erfolgte, ist bei den jedenfalls festgestellten verletzten geschäftlichen Interessen der Beklagten ohne Bedeutung.

Bei dem Mäßigungskriterium hat der Entfall der Abfertigung außer Betracht zu bleiben, zumal der Bedingungseintritt, der den freiwillig zugestandenen Abfertigungsanspruch hätte entstehen lassen, vom Kläger selbst vereitelt wurde.

Unabhängig davon, ob der Zeuge S***** auch deponierte, daß der Kläger nicht in der Abteilung Brandschutzbereich der F***** GesmbH eingesetzt war, hat er ebenfalls angegeben, daß der Kläger bis auf ein einziges Mal in diesem Unternehmen nichts mit Brandschutz zu tun hatte (AS 75). Daß die Tatsacheninstanzen daher nicht feststellten, daß der Kläger dort nicht konkurrenzierend tätig war, ist eine Folge ihrer Beweiswürdigung und kein Feststellungsmangel. Im übrigen hat sich der neue Dienstgeber des Klägers bei der Ausschreibung von Brandabschottungen beteiligt und fragte auch der Kläger an, ob sich die Beklagte an Arbeiten für Brandschutzverkleidungen beteiligen würde, so daß an einer Tätigkeit des Klägers im Konkurrenzbereich kein Zweifel besteht.

Im Hinblick auf das starke geschäftliche Eigeninteresse der Beklagten, Konkurrenzierungstätigkeiten hintanzuhalten und die tatsächliche Tätigkeit des Klägers in einem Konkurrenzunternehmen, haben die Vorinstanzen den Umstand, daß kein Schaden erwiesen wurde, die nur einige Monate dauernde Beschäftigung im Konkurrenzunternehmen sowie die Einkommensverhältnisse und Sorgepflichten etc, sohin die für die Mäßigungsentscheidung maßgeblichen Kriterien im Sinne eines beweglichen Systems nach dem Grundsatz der Billigkeit in Relation gesetzt und die mit dem 14-fachen Bruttogehalt vereinbarte, mit der Hälfte eingeklagte Konventionalstrafe zutreffend auf ein Viertel herabgesetzt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Dabei war davon auszugehen, daß Honorarbemessungsgrundlage lediglich ein Streitwert von S 265.838 ist.

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