OGH 9ObA121/98d

OGH9ObA121/98d19.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Zörner und Norbert Bacher als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Maria G*****, Friseurin, ***** vertreten durch Dr. Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Gerhard M*****, Friseurmeister, ***** vertreten durch Dr. Amhof & Dr. Damian Partnerschaft, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 28.173,40 netto sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Februar 1998, GZ 15 Ra 9/98f-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. September 1997, GZ 43 Cga 237/97z-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin war vom 1. 8. 1992 bis 17 .5. 1997 beim Beklagten als Friseurin beschäftigt.

Die Klägerin begehrt nach zwei Teilvergleichen über Urlaubsentschädigung (S 4.197,40), offene Überstunden und Provisionen (S 4.000) noch den der Höhe nach außer Streit stehenden Betrag von S 28.173,40 netto sA an Abfertigung. Das Arbeitsverhältnis sei durch Arbeitgeberkündigung beendet worden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß das Arbeitsverhältnis durch Arbeitnehmerkündigung beendet worden sei. Der Klägerin stehe daher keine Abfertigung zu.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Zwischen den Parteien war vereinbart, daß die Klägerin bei Überschreitung der monatlichen Umsatzvorgabe eine Provision erhält. Im Zuge von Auseinandersetzungen über die Berechnung der Provision kam es zunächst im März 1996 zu einer Kündigung der Klägerin, die jedoch wieder einvernehmlich zurückgenommen wurde. Ab Ende 1996, Anfang 1997 kam es erneut zu Spannungen zwischen den Parteien über offene Provisionsansprüche. Im Zuge einer Aussprache am 7.5.1997 hielt die Klägerin dem Beklagten vor, daß nach ihren Berechnungen noch Provisionen von ca S 12.000 netto für neun Monate aushaften. Der Beklagte hielt dem entgegen, daß die Klägerin noch S 4.000 netto bekommen würde; sie solle die Unterlagen vorlegen, dann werde er schon zahlen. Nachdem es zu keiner Einigung gekommen war, verließ die Klägerin wütend ihren Arbeitsplatz, wobei sie dabei entweder erklärte: "Dann kündige ich halt" oder "Wenn wir am Wochenende diesbezüglich keine Einigung erzielen, dann kündige ich halt". Beim Verlassen des Geschäftslokales erwähnte die Klägerin noch, daß im Falle einer Kündigung der 15.5.1997 der letzte Arbeitstag sein werde. Als die Klägerin am 9.5.1997 wieder zur Arbeit erschien, überreichte ihr der Beklagte eine Tasche mit ihren Arbeitsutensilien und forderte sie auf, zu gehen. Die Klägerin setzte sich gegen die Behauptung des Beklagten, sie hätte gekündigt, zur Wehr und hielt ihm entgegen, daß sie sein Vorgehen als Kündigung auffasse.

Das Erstgericht sah sich in tatsächlicher Hinsicht nicht in der Lage, einer der beiden vorgenannten Äußerungen der Klägerin den Vorzug zu geben, und vertrat die Rechtsauffassung, daß den Arbeitgeber die Beweislast dafür treffe, daß eine den Abfertigungsanspruch ausschließende Arbeitnehmerkündigung vorliege. Eine solche hätte jedoch nicht eindeutig festgestellt werden können. Diese Unsicherheit gehe zu Lasten des Beklagten. Der Abfertigungsanspruch der Klägerin, dessen sonstige Voraussetzungen unstrittig seien, bestehe daher zu Recht.

Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung des Beklagten das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Die Beweis- und Tatsachenrüge des Beklagten in der Berufung, die darauf abzielt, daß die Klägerin beim Verlassen des Büros nur gesagt hätte:

"Dann kündige ich halt; am 15.5.1997 ist mein letzter Arbeitstag" könne aus rechtlichen Gründen dahingestellt bleiben. Das Berufungsgericht billigte zwar die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, daß der Arbeitgeber das Vorliegen einer den Abfertigungsanspruch vernichtenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachzuweisen habe, ging jedoch davon aus, daß dem Beklagten dieser Nachweis gelungen sei.

In der ersten Variante ("Dann kündige ich halt") und dem Hinweis auf den 15.5.1997 als letzten Arbeitstag liege eine eindeutige Arbeitnehmerkündigung der Klägerin. Aber auch die zweite Variante ("Wenn wir am Wochenende diesbezüglich keine Einigung erzielen, dann kündige ich halt") stelle letztlich eine Arbeitnehmerkündigung dar. Die Erfüllung der von der Klägerin beigefügten Bedingung ("Wenn wir.....keine Einigung erzielen.....") sei nämlich nicht ausschließlich vom Willen des Beklagten als Erklärungsempfänger abhängig; die Bedingung sei daher unzulässig gewesen. Es bleibe bei der in einem Atemzug genannten Kündigungserklärung der Klägerin. Es sei daher jedenfalls von einer am 7.5.1997 erklärten Arbeitnehmerkündigung auszugehen, die einen Abfertigungsanspruch der Klägerin ausschließe.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil sich das Berufungsgericht an der gesicherten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes habe orientieren können.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision als unzulässig abzuweisen (gemeint: zurückzuweisen), hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei der rechtlichen Beurteilung der Folgen der unzulässigen Bedingung einer Kündigung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist und somit die notwendige Tatsachengrundlage nicht abschließend klärte. Die außerordentliche Revision ist auch im Sinne des gestellten Eventualantrages berechtigt.

Das Berufungsgericht ließ die Beweis- und Tatsachenrüge des Beklagten in der Berufung, die darauf abzielte, daß die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der Erklärung laut erster Variante beendet habe, aus rechtlichen Erwägungen offen. Es ist daher zu prüfen, ob tatsächlich - wie das Berufungsgericht annimmt - beide Varianten zum gleichen Prozeßergebnis führen:

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist zunächst die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die erste Variante als Arbeitnehmerkündigung einen Abfertigungsanspruch der Klägerin ausschließen würde (§ 2 Abs 1 ArbAbfG iVm § 23 Abs 7 AngG; Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz, AngG7 492 mwN; Kirschbaum in Runggaldier, Abfertigungsrecht 52 ff), zumal kein Ausnahmetatbestand des § 23 a AngG vorliegt. Für den Standpunkt der Klägerin wäre auch nichts mit der Annahme einer Arbeitnehmerkündigung zufolge Vorliegens eines Austrittsgrundes (im Hinblick auf aushaftende Entgeltansprüche), gewonnen (Martinek/M.Schwarz/ W.Schwarz aaO 493 und 542 mwN; Berger in Runggaldier, Abfertigungsrecht 261 ff). Einerseits bot ihr der Beklagte ohnehin sofort die Zahlung von S 4.000 netto an, wenn sie entsprechende Unterlagen vorlege, und andererseits hat sich die Klägerin weder gegenüber dem Beklagten noch im Verfahren erster Instanz auf eine derartige austrittsähnliche Kündigung berufen. Sie vertrat vielmehr stets den Standpunkt, nicht sie, sondern der Beklagte habe gekündigt. Hätte sie tatsächlich aus wichtigem Grund kündigen wollen, hätte es nach Lage des Falles im übrigen einer Nachfristsetzung an den Beklagten bedurft (Martinek/M.Schwarz/W.Schwarz aaO 304 und 570; Arb 10.218, 10.605, 10.805 ua).

Zur zweiten Variante vertrat das Berufungsgericht zunächst die richtige Rechtsauffassung, daß eine der Kündigung beigefügte Bedingung unzulässig ist, wenn ihre Erfüllung - wie im vorliegenden Fall - nicht ausschließlich vom Erklärungsempfänger abhängt (Kuderna, Entlassungsrecht2 20). Der weiteren Ansicht, daß eine Kündigung unter unzulässiger Bedingung eben ohne diese Bedingung zu gelten habe, kann jedoch nicht beigetreten werden. Diese Ansicht findet keine Deckung in der Judikatur des Obersten Gerichtshofes, sie kann insbesondere auch nicht auf die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung Arb 8904 gestützt werden. Eine unzulässige Bedingung hat die (relative) Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge. Der Erklärungsempfänger kann einer unzulässigen Bedingung nicht wirksam zustimmen, da sie dem zum Wesensgehalt der Kündigung gehörenden Bestimmtheits- und Gewißheitsgebot widerspricht (Kuderna aaO 21; vgl auch VersE 1232 mwN; Arb 9810). Eine Umdeutung der Bedingung oder die Gültigkeit der restlichen Erklärung ohne Bedingung kommt deshalb - auch entgegen der Ansicht der Revisionsgegnerin in der Revisionsbeantwortung - nicht in Betracht.

Bei der zweiten Variante kann daher nicht vom Vorliegen einer wirksamen Kündigung der Klägerin ausgegangen werden; wohl aber wäre in ihrer Erklärung die Ankündigung einer Kündigung aus wichtigem Grund ("Wenn ....keine Einigung...., dann kündige ich....") samt Nachfristsetzung ("Wochenende.....Einigung.....") zu erblicken. Ob dann letztlich dem Verhalten des Beklagten am 9.5.1997 eine Arbeitgeberkündigung zu entnehmen wäre oder bloß die (irrige) Annahme, die Klägerin habe bereits gekündigt, kann dahingestellt bleiben. Der Abfertigungsanspruch der Klägerin bestünde jedenfalls zu Recht, weil der Arbeitgeber diesfalls keinen anspruchsvernichtenden Grund im Sinne des § 23 Abs 7 AngG nachgewiesen hätte. Davon, daß das Arbeitsverhältnis aufgelöst wurde, gehen beide Parteien übereinstimmend aus. Das Vorliegen einer bestimmten, den Abfertigungsanspruch vernichtenden Beendigungsart ist aber vom Arbeitgeber zu beweisen (Berger in Runggaldier aaO 258 ff; RdW 1997, 469; vgl RIS-Justiz RS0037694), worauf beide Vorinstanzen ohnehin zutreffend hingewiesen haben.

Das Berufungsgericht hat ausgehend von einer nicht gebilligten Rechtsansicht zu den Folgen einer unzulässigen Bedingung einer Kündigung die Beweis- und Tatsachenrüge des Beklagten in der Berufung, die sich gegen die Alternativfeststellung richtet (S 82 ff), ungeprüft gelassen. Erst nach deren inhaltlicher Erledigung wird beurteilt werden können, ob der Abfertigungsanspruch der Klägerin zu Recht besteht oder nicht. Demgemäß war das Urteil des Berufungsgerichtes aufzuheben und diesem eine neuerliche Entscheidung über die Berufung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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