OGH 4Ob54/99s

OGH4Ob54/99s13.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichischer Apothekerverband-Interessenvertretung der selbständigen Apotheker, *****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien 1. L***** Handelsgesellschaft mbH & Co KG 2. L***** Handelsgesellschaft mbH, *****, beide vertreten durch Dr. Martin Prokopp und Mag. Andrea Willmitzer, Rechtsanwälte in Baden, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 500.000,-- S), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. Dezember 1998, GZ 4 R 203/98x-20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Arzneimittel im Sinn des § 1 Abs 1 Z 5 AMG sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen (oder tierischen) Körper die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers (oder seelische Zustände) zu beeinflussen. Für die Beurteilung als Arzneimittel sind zwei Kriterien maßgeblich, einerseits die objektive Zweckbestimmung ("nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen ..."), andererseits die subjektive Zweckbestimmung durch den Hersteller ("nach Art und Form ihres Inverkehrbringens ..."), wobei eines dieser Kriterien ausreicht (SZ 59/32; ÖBl 1993, 68-Capillaris-Haaraktivator; 4 Ob 62/88; 4 Ob 311/98h). Die von den Beklagten in einer ihrer Drogerien vertriebenen FDH-Kräutertropfen enthalten unter anderem Essenzen (Auszüge) von Blasentang (Fucus vesiculosus), der gemäß Anlage 3 der auf Grund des § 2 Abs 1 RezeptpflichtG (BGBl 1972/413 idF BGBl I 1998/78) erlassenen RezeptpflichtVO (BGBl 1973/475 idF BGBl II 1997/144) der Rezeptpflicht unterliegt. Da gemäß § 1 RezeptpflichtG Arzneimittel, die auch bei bestimmungsmäßigem Gebrauch das Leben oder die Gesundheit von Menschen (oder Tieren) gefährden können, wenn sie ohne ärztliche Überwachung angewendet werden, nur in Apotheken auf Grund ärztlicher Verschreibung (Rezept eines Arztes) abgegeben werden dürfen, sind die verfahrensgegenständlichen FDH-Kräutertropfen als rezeptpflichtige Arzneimittel schon nach ihrer objektiven Zweckbestimmung im oben dargestellten Sinn zu beurteilen. Sie sind daher unabhängig von ihrer "Aufmachung (Art und Form des Inverkehrbringens)" als Schlankmacher, Kilokiller, (Heiß)Hungerbremse und dergleichen schon ex definitione nicht als Verzehrprodukte im Sinn des § 3 LMG anzusehen. Der auf eine Einstufung dieser FDH-Kräutertropfen als gemäß § 18 LMG nicht untersagte Verzehrprodukte gegründete Rechtsstandpunkt der Beklagten ist somit unzutreffend und vor allem deshalb unvertretbar, weil ihr dies auf Grund der klaren gesetzlichen Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes und der Rezeptpflichtvorschriften auch leicht erkennbar war. Unter zutreffender Bezugnahme auf die zur Sittenwidrigkeit von Verstößen gegen diese Vorschriften im Sinne des Generaltatbestandes des § 1 UWG vorliegende Rechtsprechung hat somit die Vorinstanz - wie auch schon das Erstgericht - ohne Rechtsirrtum der Klage stattgegeben. Von einer schuldlosen, unbewußten Gesetzesübertretung der Beklagten im Sinne der Revisionsausführungen kann hier in der Tat keine Rede sein. Der Hinweis auf die von der Rechtsprechung abgelehnte Überspannung der Sorgfaltspflichten eines Zwischenhändlers (Drogisten?), wie dies in der Entscheidung JBl 1997, 456 angenommen wurde, versagt schon wegen der Unterschiedlichkeit des Sachverhaltes: Dort wurde einem Händler die Pflicht erlassen, die vom Erzeuger von sogenannten Spaltplatten zugesicherte Frostsicherheit durch Tests überprüfen zu müssen, während hier dem Drogisten auf Grund der ihm bekannten oder als bekannt vorauszusetzenden Vorschriften des Arzneimittelgesetzes (sowie der auf diesem beruhenden Abgrenzungsverordnungen) sowie der Vorschriften über die Rezeptpflicht von Arzneimitteln keinerlei Prüfungspflicht, sondern nur die Einhaltung der Gesetze obliegt.

Diese Erwägungen führen zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision.

Stichworte