OGH 13Os38/99

OGH13Os38/997.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Thumb als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ing. Josef H***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 28. Oktober 1998, GZ 16 Vr 354/96-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Ing. Josef H***** wurde des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall StGB schuldig erkannt, weil er vom 3. März 1994 bis zum 24. Juli 1995 in St. Pölten die ihm auf Grund einer erteilten Vollmacht eingeräumte Befugnis über ein Sparbuch und zwei Konten der Hannelore und des Rudwan A*****, sohin über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich mißbraucht und dadurch den Genannten einen Vermögensnachteil zugefügt hat, wobei durch die Tat ein Schaden von mehr als 1 Mio S herbeigeführt wurde.

Die dagegen aus Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erweist sich als nicht zielführend.

Rechtliche Beurteilung

Den Verfahrensmangel (Z 4) erblickt er in der Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages, womit der zuvor schriftlich eingebrachte Beweisantrag (ON 36) auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen zur "Überprüfung des Gutachtens dieses Sachverständigen (Dipl.Ing. Rudolf Reinhard S*****) im Hinblick auf die erheblichen Differenzen, den angestellten Preisvergleich und der vorgelegten Schätzungen aufrechterhalten wird, ferner auch die Ergänzung des gegenständlichen Gutachtens unter Zugrundelegung eines daraus berechtigten Mittellohnpreises von 465 S, da sich dann zu den tatsächlichen Aufwendungen und den geleisteten Zahlungen keine nennenswerte Differenz mehr ergibt bzw sämtliche finanziellen Leistungen der Zeugen A***** in das Bauvorhaben geflossen sind".

Das Schöffengericht lehnte die Beweisaufnahme mit der Begründung ab, daß sich Widersprüche aus dem Gutachten des Sachverständigen nicht ergäben und die Frage der Angemessenheit der Berechnung der Lohnmittelkosten sich vorliegend nicht stelle (S 371/III). Entgegen dem Beschwerdevorbringen konnte die in Rede stehende Beweisaufnahme, wie der Schöffensenat zutreffend erkannte, ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten unterbleiben. Denn aus der Formulierung des (im Ergebnis auf einen - unzulässigen - Erkundungsbeweis abzielenden) Beweisbegehrens "zur Überprüfung des Gutachtens dieses Sachverständigen im Hinblick auf die erheblichen Differenzen, den angestellten Preisvergleichen und der vorgelegten Schätzungen" ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen der Nichtigkeitswerber die Voraussetzung für die - nach dem Gesetz nur in den Ausnahmefällen der besonderen Schwierigkeit der Beobachtung oder Begutachtung (§ 118 Abs 2 StPO) bzw der nicht behebbaren Mangelhaftigkeit von Befund oder Gutachten (§§ 125, 126 StPO) des im Verfahren beigezogenen (ersten) Sachverständigen zulässige - Befassung eines zweiten Sachverständigen für gegeben erachtet. Eine diesbezügliche Substantiierung wäre aber im Hinblick auf die Ergänzung des Gutachtens durch den Sachverständigen in der Hauptverhandlung unter Einbeziehung des Vorbringens im Beweisantrag ON 36 und Beantwortung der dazu gestellten Fragen des Beschwerdeführers als formelle Voraussetzung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes bei Antragstellung notwendig gewesen, wurde doch die behauptete Widersprüchlichkeit des im Verfahren bereits erstatteten und eingehend erörterten Gutachtens in keinem Punkt dargetan. Die Frage, ob ein Gutachten ausreichend, schlüssig und inhaltlich richtig ist, bleibt als Beweisfrage der Beurteilung durch die Tatrichter vorbehalten; hält allerdings das Schöffengericht den Gutachter für fähig, ein einwandfreies Gutachten abzugeben, somit für glaubwürdig, und erheben sich keine Bedenken im Sinn des § 125 StPO, so kann die Entscheidung, daß ein zweiter Sachverständiger nicht zuzuziehen sei, nicht mit Erfolg angefochten werden; denn solcherart wird bloß die Beweiswürdigung kritisiert. Insoweit in der Beschwerde nunmehr Mängel des Gutachtens im Sinn der §§ 125, 126 StPO behauptet werden, zeigt sie solche in Wahrheit nicht auf, sondern übt in ihrem Kernbereich bloß Kritik an der Methodik des genannten Experten und bekämpft unzulässig die Richtigkeit des Gutachtens, das der Prüfung durch die Tatsacheninstanz vorbehalten ist.

Abgesehen davon, daß Einwendungen wegen Befangenheit des Sachverständigen grundsätzlich schon vor Erstattung des Gutachtens erhoben werden müssen, kann ihre Berechtigung keinesfalls erst nachträglich aus dem Inhalt des schon erstatteten Gutachtens abgeleitet werden, und zwar insbesondere dann nicht, wenn sich die Einwendungen im wesentlichen darauf gründen, daß der Sachverständige zu dem Beschwerdeführer nicht genehmen Ergebnissen gelangt ist.

Der Einwand zur Mängelrüge (Z 5), die Feststellung, alle Behauptungen des Angeklagten seien unglaubwürdig, lebensfremd und unlogisch, stellten eine bloße Scheinbegründung dar und bewegten sich auf dem Niveau einer unstatthaften Vermutung, ist mangels näherer Substantiierung einer sachlichen Erwiderung nicht zugänglich. Soweit die Beschwerde unter Hinweis auf die Möglichkeit einer anderen Geschehensvariante die (auch) aus den Manipulationen auf den Rechnungen der Firma M***** und H***** gezogenen Folgerungen der Tatrichter auf die Täterschaft des Angeklagten als unzureichend begründet beanstandet, verkennt sie, daß der vom Erstgericht gezogene Schluß logisch ist. Daß er auch zwingend ist, ist nicht gefordert (13 Os 165/97, 13 Os 186/98 ua). Die dazu vom Beschwerdeführer selbst angestellten spekulativen Erwägungen sind in der Aktenlage nicht gedeckt und daher unbeachtlich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO zurückzuweisen.

Über die Berufungen wird der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

Stichworte