Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung wird anstelle des Bezirksgerichts Döbling das Bezirksgericht Judenburg als zuständig bestimmt.
Text
Begründung
Die klagende Judenburger Baugesellschaft führte über Auftrag der beklagten Liegenschaftseigentümerin an einem näher bezeichneten Haus in Judenburg Baumeisterarbeiten durch. Gegenstand des beim Bezirksgericht Döbling als dem sachlich zuständigen Gericht des allgemeinen Gerichtsstands der Beklagten anhängigen Rechtsstreits sind im wesentlichen die behaupteten Gewährleistungsansprüche der Beklagten sowie deren Einwendung mangelnder Fälligkeit des klageweise geltend gemachten Werklohns.
Im Schriftsatz ON 5 beantragte die klagende Partei die Delegierung des Verfahrens an das Bezirksgericht Judenburg, weil der Ortsaugenschein und der Sachverständigenbeweis am Haus der Beklagten in Judenburg durchzuführen sei, alle Zeugen im Sprengel des Bezirksgerichts Judenburg ihren Wohnsitz hätten und auch die Beklagte selbst die längste Zeit des Jahres in ihrem Haus in Judenburg wohne, sodaß es prozeßökonomisch erscheine, das Verfahren vor dem Bezirksgericht Judenburg durchzuführen. Überdies habe ein näher genannter Dachdecker die Beklagte (beim Bezirksgericht Döbling) ebenfalls auf Zahlung des ihm zustehenden Werklohns belangt, sodaß gegebenenfalls beide Verfahren beim Bezirksgericht Judenburg zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden könnten.
Die beklagte Partei sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Die Beklagte wohne den Großteil des Jahres in Wien. Im Fall einer Delegierung müßte sie im Hinblick auf ihr Alter (geb. 1921) vor dem Bezirksgericht Döbling einvernommen werden. Das Bezirksgericht Döbling sprach sich nicht gegen eine Delegierung aus.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag der klagenden Partei ist berechtigt.
Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden.
Zweckmäßigkeitsgründe bilden etwa der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage des Augenscheinsgegenstands. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit (EFSlg 82.065 uva; Fasching, Lehrbuch2 Rz 209; Mayr in Rechberger, § 31 JN Rz 4 mwN). Dies ist ua dann der Fall, wenn das Beweisverfahren oder der maßgebliche Teil desselben vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, weil die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes bedeutsamer erscheint als die Einhaltung der örtlichen Zuständigkeitsordnung. Wenngleich im vorliegenden Fall vom Bezirksgericht Döbling bereits beide von der klagenden Partei namhaft gemachten Zeugen ebenso eingehend vernommen wurden wie die Beklagte als Partei und nur mehr - neben einer allfälligen Parteienvernehmung der klagenden Partei - der Ortsaugenschein in Judenburg sowie der Sachverständigenbeweis durchzuführen ist, erscheint die Delegierung zweckmäßig, weil die Parteien für den Fall der Delegierung auf eine Neudurchführung des Verfahrens verzichteten und die Erörterung des Sachverständigengutachtens jedenfalls beim Bezirksgericht Döbling erfolgen müßte.
Ein Delegierungsantrag aus Zweckmäßigkeitsgründen kann auch dann berechtigt sein, wenn durch Verbindung von zwei Prozessen (§ 187 ZPO) eine doppelte Beweisaufnahme und eine nicht unerhebliche Kostenersparnis erzielt werden kann (7 Nd 509/92 ua). Da im vorliegenden Fall auch der aktenkundige Parallelprozeß vom Obersten Gerichtshof an das Bezirksgericht Judenburg delegiert wurde (4 Nd 505/99), sprechen ausreichende überwiegende Gründe für eine Delegierung an das Bezirksgericht Judenburg.
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