OGH 5Ob74/99i

OGH5Ob74/99i23.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Dr. Heimo Hofstätter und Dr. Alexander Isola, Rechtsanwälte in 8010 Graz, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wegen restl. S 396.711,-- s. A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 3. Dezember 1998, GZ 4 R 201/98f-18, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Auszugehen ist davon, daß alle für die Haftung des Spediteurs bzw Frachtführers maßgeblichen gesetzlichen Regelungen (insbesondere CMR, HGB, AÖSp) einen einheitlichen Begriff des groben Verschuldens unterstellen (vgl zuletzt 1 Ob 66/98g) und daß bei grobem Verschulden keine Haftpflichtbegrenzungen greifen (Art 29 CMR, § 51 lit b AÖSp, vgl auch §§ 414 Abs 4, 430 Abs 3 HGB). Demnach hat ein Fixkostenspediteur für Schäden aus grob verschuldeten Lieferverzögerungen voll zu haften, und zwar nicht nur für die Überschreitung der vereinbarten oder angemessenen tatsächlichen Beförderungsdauer, wie die Revisionswerberin aus Art 17 Abs 1,19 CMR herauszulesen glaubt, sondern auch für die verspätete Bereitstellung von Fahrzeugen, die zumindest nach § 428 HGB eindeutig in die einzuhaltende Lieferfrist (Frist zur Bewirkung der Beförderung) fällt.

Die Beweislast für ein grob fahrlässig verschuldetes Überschreiten der Lieferfrist trifft zwar den Geschädigten, doch kann sich der Frachtführer (Fixkostenspediteur) nach bereits gefestigter Judikatur auf Haftungsbeschränkungen, die an gewöhnliches Verschulden gebunden sind, nur berufen, wenn er seinerseits der Verpflichtung nachgekommen ist, die billigerweise von ihm aufzuklärenden (seiner Sphäre zuzurechnenden) Umstände der Transportverzögerung darzulegen (vgl RIS-Justiz RS0062591, zuletzt 7 Ob 145/98v; Schütz in Straube I2, Rz 2 zu § 51 AÖSp). Diese Darlegungspflicht gilt nicht nur für Umstände der Betriebsorganisation (wie sie in 6 Ob 349/98k behandelt wurden), sondern auch für den lediglich dem Frachtführer einsehbaren Geschehnisablauf (vgl Schütz aaO), soweit sich daraus Hinderungsgründe für die Einhaltung der Lieferfrist ergeben (vgl 7 Ob 145/98v).

Der Frachtführer, der weiß, daß die zur Verfügung stehende Transportzeit knapp, die Ablieferung des Transportgutes zu einem bestimmten Termin aber andererseits von besonderer Bedeutung für den Auftraggeber ist, handelt grob fahrlässig, wenn er den Transport nicht ohne jede vermeidbare Verzögerung ausführt (vgl SZ 60/64). Dementsprechend hätte die Beklagte, um sich nicht der Haftung wegen des behaupteten groben Verschuldens auszusetzen, Gründe darlegen müssen, die zur eklatanten Überschreitung der angemessenen Lieferfrist geführt haben. Dieser Verpflichtung ist sie nicht nachgekommen. Plausible Gründe für die Lieferverzögerung waren nicht feststellbar. Soweit die Revisionswerberin anderes behauptet, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Demnach hielt sich die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Rahmen bereits vorhandener Judikaturgrundsätze; die Rechtsfrage, ob die konkrete Fallgestaltung eine Verletzung der Darlegungspflicht des Frachtführers annahmen läßt, wurde vom Berufungsgericht ohne einen die Rechtssicherheit in Frage stellenden Beurteilungsfehler gelöst.

Stichworte