OGH 15Ns4/99

OGH15Ns4/9922.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. März 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Martin H***** wegen des Verbrechens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 2 StGB über den Ablehnungsantrag des Beschuldigten Martin H***** betreffend die Richter des Landesgerichtes für Strafsachen Wien und die Richter des Oberlandesgerichtes Wien und über den Delegierungsantrag desselben nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Ablehnung sämtlicher Richter der Oberlandesgerichte Wien und Graz ist nicht gerechtfertigt.

Dem Antrag auf Delegierung des Verfahrens AZ 9 a E Vr 6268/98 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien an das "Geschworenengericht beim Landesgericht Wels" wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Gegen Martin H***** ist beim Landesgericht für Strafsachen Wien ein Strafverfahren wegen des Verbrechens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 2 StGB anhängig, in dem für 23. März 1999 die Hauptverhandlung anberaumt wurde.

Am 10. März 1999 lehnte der Beschuldigte alle Richter der Sprengel der Oberlandesgerichte Wien und Graz wegen Befangenheit ab, weil er in den vergangenen Jahren mehr als 300 Strafanzeigen erstattet habe, die von ihm angeregten Strafverfahren aber nicht eingeleitet worden seien. Hierin sehe er eine Befangenheit sämtlicher Richter der genannten Sprengel.

Zugleich beantragte er, der Oberste Gerichtshof möge das Strafverfahren aus diesem Grund dem Landesgericht für Strafsachen Wien abnehmen und an das (Geschworenengericht beim) Landesgericht Wels delegieren (ON 23).

Soweit der Ablehnungsantrag alle Richter der Oberlandesgerichte Wien und Graz (dessen Zuständigkeit derzeit nicht in Betracht kommt) betrifft, ist gemäß § 74 Abs 2 letzter Satzteil StPO der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung zuständig.

Rechtliche Beurteilung

Die Anträge sind nicht berechtigt.

Gemäß § 72 Abs 1 StPO kann der Beschuldigte Mitglieder des Gerichtes ablehnen, wenn er außer den in §§ 67 bis 69 StPO bezeichneten Fällen (der Ausschließung) andere Gründe anzugeben und darzutun vermag, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit der Abzulehnenden in Zweifel zu ziehen; dabei müssen die Gründe der Ablehnung genau angegeben und nach Möglichkeit bescheinigt werden (§ 73 zweiter Satz StPO).

Solche Gründe wurden von Martin H***** gegen namentlich nicht bezeichnete Richter der Oberlandesgerichte Wien und Graz nicht einmal vorgebracht, sodaß sich die pauschale Ablehnung dieser Gerichtshöfe zweiter Instanz als nicht gerechtfertigt erweist.

Auch der Delegierungsantrag schlägt fehl, weil §§ 62 und 63 StPO zur (nur ausnahmsweise zulässigen) Veränderung der gesetzlichen Zuständigkeit niemals herangezogen werden können, wenn Befangenheit einer Gerichtsperson oder deren bloßer Anschein in Frage steht. Die Befangenheit ist nämlich kraft der Spezialbestimmung der §§ 72 bis 74a StPO aus der Delegierungsbefugnis herausgenommen (Mayerhofer StPO4 § 62 E 12).

Soweit der Ablehnungsantrag auch sämtliche Richter des Landesgerichts für Strafsachen Wien einschließlich des Verhandlungsrichters betrifft, hat hierüber das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden (§ 74 Abs 2 zweiter Satz StPO).

Stichworte