OGH 9Ob29/99a

OGH9Ob29/99a17.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1) Dr. Artur W*****, Rechtsanwalt i.R., *****, 2) Irmgard W*****, Pensionistin, *****, 3) Dr. Rudolf W*****, Bankdirektor i.R., *****, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Burkhard K*****jun., Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Johannes Margreiter, Rechtsanwalt in Hall i.T., wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. Juli 1998, GZ 1 R 467/97a-35, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag des Revisionsgegners auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ein iS § 1118 ABGB qualifizierter Zinsrückstand liegt vor, wenn der Bestandnehmer trotz gehöriger Mahnung, den fälligen Zins zu zahlen, bis zu dem darauf folgenden Zinsfälligkeitstermin den rückständigen (und eingemahnten) Zins nicht vollständig entrichtet hat (Würth in Rummel, ABGB**2 Rz 15 zu § 1118). Als gehörige Mahnung ist jedes Verhalten des Vermieters anzusehen, aus dem sich ergibt, daß der Gläubiger die Leistung ernstlich fordert (Würth, aaO, Rz 17 zu § 1118). Selbst auf der Grundlage des den geschuldeten Zins betreffenden Vorbringens des Beklagten - nach dem Vorbringen der Kläger ist ihre Forderung deutlich höher - ist daher hier von einem in diesem Sinn qualifizierten Mietzinsrückstand auszugehen. Der Beklagte hat behauptet, sein Rechtsvorgänger habe im Jahr 1975 auf ein Erhöhungsbegehren der Vermieterin darauf reagiert, daß er sich freiwillig zu einer Erhöhung der Zinszahlung von bis dahin (pauschal) S 750,- auf S 1.200,- monatlich bereit erklärt habe. Dieser Mietzins - seit einer Erhöhung des Umsatzsteuersatzes S 1.221,- - werde seither gezahlt. Ungeachtet der Verwendung des (in der Revision aus dem Zusammenhang gerissenen) Wortes "freiwillig" kann dieses Verhalten nur dahin beurteilt werden, daß damit eine Vereinbarung der Streitteile behauptet wird, aufgrund derer der in der Folge vom Beklagten (bzw. von seinem Rechtsvorgänger) seit 1975 tatsächlich gezahlte Mietzins geschuldet wurde. Selbst diesen Mietzins hat aber der Beklagte nach dem festgestellten Sachverhalt in den Monaten Oktober 1991 und Oktober 1992 trotz einer Mahnung vom 22. 3. 1994 bis zur Einbringung der Klage (zur Gänze) nicht gezahlt.

Daß die Kläger auf die Geltendmachung dieses Rückstandes als Aufhebungsgrund durch Nichtgeltendmachung während längerer Zeit verzichtet hätten, hat der Beklagte in erster Instanz mit keinem Wort geltend gemacht. Sein nunmehriger Einwand verstößt gegen das Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich.

Auch der Revisionswerber verkennt nicht, daß die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß ihm iS des § 33 Abs 2 und 3 MRG am erst während des Verfahrens beglichenen Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden anzulasten sei, ihn trifft. Ebensowenig bestreitet er, daß er diesen Einwand nicht ausdrücklich erhoben hat. Ob sein Vorbringen dennoch iS der Erhebung dieses Einwandes ausgelegt werden kann, ist eine Frage des Einzelfalles, die nur bei einer groben Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte (Ris-Justiz RS0044273; zuletzt 9 ObA 280/98m). Eine grobe Fehlbeurteilung der zweiten Instanz liegt aber hier nicht vor. Daß die Höhe des vom Beklagten (nach seinen Behauptungen) geschuldeten Mietzinses aus einer von seinem Rechtsvorgänger "freiwillig" vereinbarten Mietzinserhöhung resultiert, sagt nichts darüber aus, ob ihn am bei Klageeinbringung trotz Mahnung bestehenden Zahlungsrückstand ein Verschulden trifft. Angaben im Rahmen der Parteienvernehmung können entsprechende Prozeßbehauptungen nicht ersetzen (Ris-Justiz RS0038037; zuletzt 9 ObA 245/98i; 9 ObA 315/98h). Zur Rechtsprechung zur Frage der Berücksichtigung "überschießender" Feststellungen bedarf es hier keiner Stellungnahme, weil Feststellungen, aus denen das Fehlen eines groben Verschuldens des Beklagten am Zahlungsrückstand abzuleiten wären, nicht getroffen wurden. Eine Verletzung der das Erstgericht treffenden Anleitungspflicht hat der Beklagte in der Berufung nicht geltend gemacht. Mängel des Verfahrens erster Instanz, die nicht Gegenstand der Berufung waren, können aber mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (SZ 66/95).

Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsgegner die Beantwortung der von der beklagten Partei erhobenen außerordentlichen Revision nicht iS § 508a Abs 2 Satz 1 ZPO freigestellt. Die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung gilt daher gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

Stichworte