OGH 6Ob331/98i

OGH6Ob331/98i11.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchantragssache F***** Privatstiftung in Graz, infolge Revisionsrekurses des Stiftungsvorstandes Mag. Heiner P*****, Prokurist Hermann K*****, und Mag. Michael S*****, alle vertreten durch Dr. Günther Obermayr, öffentlicher Notar in Arnfels, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 25. November 1998, GZ 4 R 240/98s-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 2. Oktober 1998, GZ 27 Fr 4514/98d-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Notariatsakt vom 8. Juni 1998 errichteten drei Stifter sowie eine Stifterin, letztere für sich und auch für ihren am 26. März 1988 geborenen Sohn (im folgenden nur minderjähriger Stifter) auf unbestimmte Zeit die mit 1 Mio S dotierte "Friedl G***** Privatstiftung". Der minderjährige Stifter widmet der Stiftung keine Vermögenseinlage.

Zweck der Stiftung ist die Verwaltung, Sicherung und Vermehrung des Stiftungsvermögens sowie die Vornahme von Zuwendungen an zwei näher genannte Begünstigte sowie deren Nachkommen in direkter Linie. Für den Fall des Ablebens der zwei näher genannten Begünstigten geht das Recht, weitere Begünstigte im vorstehenden Sinn namhaft zu machen, auf jene Personen über, die von beiden Genannten als Begünstigte genannt wurden. In der Stiftungsurkunde wird in Ansehung der näheren Bestimmungen auf die laut Punkt 12. errichtete (eine) Zusatzurkunde, die nicht dem Firmenbuchgericht vorgelegt wurde, verwiesen, in der auch die näheren Bestimmungen des Anspruches der Begünstigten auf Zuwendung und die Ausnahmen für den vorgesehenen Klagbarkeitsausschluß geregelt sind. In der Stiftungsurkunde wird ein aus drei Personen bestehender Vorstand mit einem Vorsitzenden eingerichtet, dessen Mitglieder von einem ebenfalls errichteten, hinsichtlich der Einzelheiten in der Zusatzurkunde geregelten "Familienbeirat" bestellt und abberufen werden können. Die Stifter behalten sich die Änderung der Stiftungs- und der -zusatzurkunde vor, bestimmen jeweils dazu Berechtigte, aber auch Vetorechte bestimmter Stifter.

Unter Vorlage einer Spezialvollmacht eines Stifters, der Bankbestätigung und von Musterzeichnungen der Vorstandsmitglieder beantragten diese die Eintragung der Privatstiftung.

In Vorerledigung dieses Gesuches forderte das Erstgericht beschlußmäßig den Vorstand zur Verbesserung, ua durch Beibringung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung und der Mitwirkung eines Kollisionskurators für den minderjährigen Stifter auf. Mangels Vorlage der Zusatzurkunde sei die dem Firmenbuchgericht obliegende Prüfung der Erfordernisse der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung und Mitwirkung des Kollisionskurators für den minderjährigen Stifter nicht möglich.

Mit Schriftsatz vom 25. September 1998 legte der bevollmächtigte Notar ua eine Erklärung der Stifterin vor, als Mutter und gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Stifters zu bestätigen, daß dieser weder in der Stiftungsurkunde noch in der -zusatzurkunde der Stiftung Vermögen gewidmet habe und aus seinem Vermögen auch kein Geld und keine geldwerten Leistungen sowie Verpflichtungen einfließen oder übernommen werden.

Die Vorinstanzen wiesen das Eintragungsgesuch ab. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Stiftungsvorstandes ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Bereits in seiner Entscheidung von 25. Februar 1999, AZ 6 Ob 332/98m, vertrat der erkennende Senat in einem den Stiftern und den Vorstandsmitgliedern bekannten Parallelfall unter ausdrücklicher Ablehnung der Lehrmeinung Arturos (in RdW 1997, 442), wonach auch in der dem Firmenbuchgericht nicht zugänglichen Stiftungszusatzurkunde (§ 10 Abs 2 PSG) kein Hindernis für eine Eintragung liege, sofern nur eine Erklärung des gesetzlichen Vertreters des minderjährigen Stifters vorliege, daß in der Zusatzurkunde keine Vermögenswidmung im Namen des Minderjährigen vorgenommen wird, welche die Stiftungserklärung des Minderjährigen in den Bereich der Genehmigungspflicht rücke, die gegenteilige Rechtsauffassung, die einseitige Stiftungserklärung eines minderjährigen Stifters bedürfe auch dann der Vertretungshandlung beider obsorgeberechtigter Elternteile und der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 154 Abs 3 ABGB, wenn der Stifter in der Stiftungserklärung nach § 9 PSG kein eigenes Vermögen widme. Vor Vorliegen dieser Voraussetzungen sei ein Eintragungsgesuch der Privatstiftung vom Firmenbuchgericht abzuweisen.

Denn es sei denkbar, daß in der Zusatzurkunde Erklärungen der Stifter aufscheinen, die für den minderjährigen Stifter nachteilig seien. Die Erklärung eines obsorgeberechtigten Elternteils, daß dies nicht der Fall sei, könne die dem Gericht obliegende Prüfungspflicht nicht ausschließen. Die Rechtsansicht des Rekurswerbers bedeute im Ergebnis, daß auch Insichgeschäfte eines Elternteils mit dem Kind als genehmigungsfrei angesehen werden müßten, wenn der Elternteil die Vorteilhaftigkeit des Geschäftes für das Kind bestätigt habe. Eine solche Rechtsansicht sei nicht begründbar. Wenn daher in der Stiftungszusatzurkunde Nachteiliges für den Stifter enthalten sein könnte, habe das Pflegschaftsgericht den Sachverhalt zu erheben und danach die Vor- und Nachteile der beabsichtigten Rechtshandlung iSd § 154 Abs 3 ABGB zu prüfen. Es sei auch nicht zutreffend, daß a priori eine genehmigungsfreie Rechtshandlung des Minderjährigen vorläge, weil dieser mit der Stiftungserklärung nur Vorteile erlange, damit aber keinerlei Belastungen verbunden seien. Es könne der Haftungsfall eintreten, wonach der (die) Stifter dafür hafteten, daß das gewidmete Stiftungsvermögen zum Zeitpunkt der Eintragung der Stiftung im Firmenbuch noch vorhanden sei (zu dieser Differenzhaftung der Stifter Wessely in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG, § 25 Rz 25; Csoklich in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich, Handbuch zum Privatstiftungsgesetz 55). Das Stiftungsvermögen müsse gemäß § 4 PSG zumindest 1 Mio S betragen. Im Privatstiftungsrecht fehlten Kapitalerhaltungsvorschriften. Zum Eintragungszeitpunkt müsse das Stiftungsvermögen aber vorhanden sein, andernfalls von vorneherein der Stiftungszweck nicht erreicht werden könne. Ob darüber hinaus eine Haftung der Gründer für Verbindlichkeiten der Vorstiftung bestehe, sei strittig (verneinend Csoklich aaO 54 und die dort angeführten zahlreichen Gegenstimmen aus der österr. und deutschen Lehre). Es sei jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß die Stifter einer Privatstiftung eine Haftung für die Gründungskosten treffe. Das Rekursgericht habe es daher zutreffend auch aus dem Grund möglicher Belastungen des minderjährigen Stifters bejaht, daß eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Stiftungserklärung des minderjährigen Stifters erforderlich sei. Es liege kein mit einer ohne jede Belastung verbundenen Schenkung vergleichbarer Fall vor. Dies könnte höchstens bei der Einräumung der Rechtsposition eines Begünstigten (§ 5 PSG), nicht aber bei der eines Stifters bejaht werden, zu der im übrigen noch keine einheitlichen Lehrmeinungen, vor allem aber noch keine oberstgerichtliche Rspr vorliege. Mit dem erst am 1. September 1993 in Kraft getretenen PSG BGBl 1993/694 sei eine Einrichtung geschaffen worden, die als Rechtsträger weder Mitglieder noch Eigentümer habe, dennoch aber als eigentümerloses Vermögen Rechtspersönlichkeit genieße (SZ 70/92). Der Stifterwille werde zwar zunächst notwendigerweise in der Stiftungserklärung als Gründungsakt geäußert, er sei in der Folge aber unter Umständen abänderbar (§ 33 PSG). Da mehrere Stifter die Gestaltungsrechte nur gemeinsam ausüben könnten (Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss aaO § 3 Rz 21), könne sich daraus eine Mitwirkungspflicht des einzelnen Stifters ergeben, was als Belastung iSd § 154 Abs 3 ABGB aufgefaßt werden könne. Die in der Lehre und der oberstgerichtlichen Rspr noch keineswegs ausreichend abgeklärten Rechtsfragen verbieten den vom Revisionsrekurswerber gezogenen Schluß, es läge zwar eine nicht zum ordentlichen Geschäftsbetrieb gehörige Maßnahme vor, diese gereiche dem Minderjährigen aber ausschließlich und ohne jedes Risiko zum Vorteil. Zur Stiftungsgeschäftsfähigkeit eines Minderjährigen vertrete Kalss (aaO § 3 Rz 7) die Auffassung, daß die dem Privatrecht unterliegende, einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung des Minderjährigen der Vertretungshandlung des gesetzlichen Vertreters und der Genehmigung des Gerichtes bedürfe, was Huber an anderer Stelle (in Doralt/Nowotny/Kalss aaO § 7 Rz 4) generell annehme, also wohl auch für den Fall, daß der minderjährige Stifter nicht eigenes Vermögen der Stiftung widme.

An dieser Rechtsauffassung ist festzuhalten.

Dem Rechtsmittel kann daher kein Erfolg beschieden sein.

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