OGH 4Ob53/99v

OGH4Ob53/99v9.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GesmbH, *****, vertreten durch Kammerlander, Piaty & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei G ***** Zeitungsverlagsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Krainer, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 783.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 30. Dezember 1998, GZ 6 R 275/98b-12, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß zwar der Begriff eines "potentiellen Mitbewerbers" dem Gesetze fremd ist (SZ 25/181), jedoch konkrete Handlungen zur Vorbereitung künftigen Wettbewerbs, die über ein Verhalten bloß potentiellen Wettbewerbs hinausgehen, Wettbewerbshandlungen iSd UWG sind (ÖBl 1981, 96 - Rauchfangkehrer-Kehrbezirk; ÖBl 1983, 110 - Zirkus Medrano; JBl 1991, 390 [Pfersmann] = MR 1991, 159 - Zahnprothetiker; 4 Ob 74/94). Für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses genügt es bereits, daß Gewerbetreibende künftig den gleichen Kundenkreis haben; daher ist nicht nur auf den gerade bestehenden, sondern auch auf den Kundenkreis abzustellen, der sich bei einer nach den Umständen zu erwartenden Ausdehnung des Unternehmens, einer Erweiterung der Produktion oder einer Änderung der Nachfrage möglicherweise ergeben kann (4 Ob 96/91, tw. veröffentlicht in WBl 1992, 131 - Mulch-Karton). Der erkennende Senat hat bei Anwendung dieser Grundsätze keinen Unterschied danach gemacht, ob das in Frage stehende Verhalten geeignet war, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern (ÖBl 1981, 96 - Rauchfangkehrer-Kehrbezirk; JBl 1991, 390 [Pfersmann] = MR 1991, 159 - Zahnprothetiker).

Daß die G***** GesmbH erst zu einem Zeitpunkt ihren Sendebetrieb (und damit den Verkauf von Werbezeiten) aufgenommen hat, als die beanstandeten Äußerungen der Beklagten schon veröffentlicht waren, hindert demnach die Annahme der Vorinstanzen nicht, die Beklagte habe mit diesen Äußerungen die G***** GesmbH in ihrem zukünftigen Wettbewerbsverhältnis zu Klägerin gefördert. Dabei liegt es angesichts der für bescheinigt erachteten Zusammenarbeit zwischen der G***** GesmbH und der Beklagten auf der Hand, daß die Information über den (geringen) Marktanteil des Senders der Klägerin auch im Wettbewerbsinteresse der Beklagten lag, und wird dies von der Beklagten in dritter Instanz auch nicht mehr in Frage gestellt. Konkrete Umstände, wonach die Wettbewerbsabsicht der Beklagten hinter deren (neutraler) Informationsabsicht völlig zurückträte (vgl. dazu MR 1998, 349 - Stadtradio), sind hingegen im Bescheinigungsverfahren nicht hervorgekommen.

Seit der UWG-Nov 1988 hält der erkennende Senat in stRsp jedes wahrheitsgemäße Herausstellen der eigenen besseren Leistung im Wege einer Gegenüberstellung mit der schlechteren Leistung namentlich genannter Mitbewerber an Hand objektiv überprüfbarer Daten grundsätzlich für zulässig, sofern es nicht iS des § 2 UWG zur Irreführung geeignet ist oder - etwa durch Pauschalabwertungen, unnötiges Bloßstellen oder aggressive Tendenzen - das Sachlichkeitsgebot verletzt und damit gegen § 1 UWG verstößt (SZ 63/101 = ÖBl 1990, 154 - Media-Analyse 1988; SZ 68/89 = MR 1995, 190 - Teure S 195.-; ÖBl 1995, 267 - Media-Markt; ÖBl 1996, 28 - Teure S 185.-; ÖBl 1998, 178 - Dualwerbung; ÖBl 1998, 238 - Zocord "R"). Die Bedeutung einer Werbeankündigung richtet sich danach, wie sie die angesprochenen Verkehrskreise verstehen, wogegen das, was der Werbende selbst mit seiner Äußerung gemeint hat, unerheblich ist (stRsp ua ÖBl 1994, 73 - Verkauf zum Fabrikspreis; ÖBl 1995, 67 - Führerschein auf Anhieb; ÖBl 1997, 20 - Steirischer Medienjumbo uva). Entscheidend ist - bei dem hier vorliegenden Sachverhalt ohne Auswirkungen auf den gemeinsamen Markt - der Gesamteindruck der Ankündigung bei flüchtiger Betrachtung und durchschnittlicher Aufmerksamkeit (ÖBl 1997, 20 - Steirischer Medienjumbo mwN; MR 1997, 170 = ÖBl 1998, 14 - Schwarzhörer willkommen mwN).

Abgesehen davon, daß es immer eine Frage der Beurteilung im Einzelfall ist, wie eine Ankündigung von den angesprochenen Verkehrskreisen aufgefaßt wird (JBl 1986, 192; MR 1995, 233 - Inseraten-Preisliste; 4 Ob 222/97v; 4 Ob 336/97h; 4 Ob 33/98a), liegt in der Auslegung durch das Rekursgericht, die Äußerung "die Talfahrt der A*****" suggeriere dem durchschnittlich aufmerksamen Kunden, die Reichweite der Klägerin sinke laufend und kontinuierlich, keine im Sinne der Rechtssicherheit wahrzunehmende Fehlbeurteilung. Mit dieser Aussage wird aber auch ein unrichtiger Eindruck deshalb erweckt, weil der Radiosender der Klägerin zwar zwischen viertem Quartal 1996 und erstem Quartal 1997 ebenso wie zwischen zweitem und drittem Quartal 1997 an Marktanteil verloren hat (neun bzw. zwei Prozentpunkte), jedoch unberücksichtigt gelassen wird, daß zwischen erstem und zweitem Quartal 1997 ebenso wie zwischen drittem und viertem Quartal 1997 dessen Marktanteil gesteigert werden konnte (vier bzw. ein bis drei Prozentpunkte). Von einem signifikanten und kontinuierlichen, auch in Zukunft anhaltenden Abwärtstrend iS einer Talfahrt kann damit keine Rede sein; die gewählte Formulierung gibt die Entwicklung des (im gewählten Beobachtungszeitraum von einem Jahr in beide Richtungen schwankenden) Marktanteiles des Senders der Klägerin nicht richtig wieder.

In der vergleichenden Werbung besteht der Grundsatz, daß nur

Vergleichbares miteinander verglichen werden darf (stRsp: ÖBl 1991,

71 - tele-WIEN; MR 1995, 90 - Teure S 195.-; ÖBl 1995, 205 -

Schilling-Härtetest). Eine Werbung mit Preisgegenüberstellungen ist

grundsätzlich nur dann zulässig, wenn sie der Wahrheit entspricht und

die Umworbenen nicht irregeführt oder verunsichert werden (ÖBl 1996,

188 - Preiß'n Kracher II; ÖBl 1997, 170 - B-Tiefpreishammer). Auch

das Verschweigen einer Tatsache kann irreführend sein, wenn und soweit es wesentliche Umstände betrifft und nach der Verkehrsauffassung einen falschen Gesamteindruck hervorrufen kann (ua ÖBl 1994, 75 - Schätzgutachten; ÖBl 1995, 64 - Fachbuchverlag; MR 1998, 293 [Korn] - Statistische Schwankungsbreite).

Die angefochtene Entscheidung bewegt sich im Rahmen dieser Rechtsprechung, wenn sie den Preisvergleich der Beklagten, wonach Werbespots bei der G***** GmbH um ca. 50% billiger als beim Sender der Klägerin seien, dann als Verstoß gegen § 2 UWG beurteilt, wenn nicht gleichzeitig auf die unterschiedliche technische Reichweite der verglichenen Privatradiosender hingewiesen wird. Die Irreführungseignung dieser Ankündigung wird auch - entgegen der Meinung der Beklagten - nicht schon dadurch beseitigt, daß sie angeblich nur in dem von beiden Konkurrenzsendern versorgten Großraum G***** aufgestellt wurde (was die Beklagte in erster Instanz nicht einmal vorgebracht hat) oder daß sie in ihrem Textzusammenhang auf diesen Großraum Bezug nimmt. Erst ein klarstellender Hinweis auf den Umstand, daß die Klägerin mit ihrem Sender in technischer Hinsicht mehr als eine Million Hörer, der von der G***** GmbH betriebene Sender hingegen nur ca. 300.000 Hörer erreichen kann, ermöglicht dem Adressatenkreis bei der Auswahl des geeigneten Werbemediums eine Gesamtabwägung der für diese Entscheidung wesentlichen Kriterien.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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