OGH 5Ob63/99x

OGH5Ob63/99x9.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Toplica V*****, vertreten durch Dr. Helmut Hoberger, Rechtsanwalt in Perchtoldsdorf, wider den Antragsgegner Dieter Christian S*****, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 24. November 1998, GZ 18 R 163/98v-53, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 1. April 1998, GZ 3 Msch 22/96z-38, abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller war Hauptmieter einer Wohnung in einem im Eigentum des Antragsgegners stehenden Haus in B*****. Am 10. April 1996 stellte er beim zuständigen Bezirksgericht einen Mietzinsüberprüfungsantrag nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG. Darüber hinaus begehrte er, über die festgestellten Überschreitungsbeträge einen Rückzahlungstitel nach § 37 Abs 4 MRG zu schaffen.

Mit Beschluß vom 16. 7. 1997 wurde zu 10 S 91/97z des Bezirksgerichtes M***** über das Vermögen des Antragstellers das Schuldenregulierungsverfahren nach den §§ 181 ff KO eröffnet. Dem Antragsteller wurde die Eigenverwaltung nicht entzogen. Ein Masseverwalter wurde nicht bestellt.

In der mündlichen Verhandlung vom 8. 10. 1997 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich der Antragsgegner unter anderem verpflichtete, dem Antragsteller einen Betrag von S 180.000 zu bezahlen, während sich der Antragsteller verpflichtete, die von ihm gemietete Wohnung in der ***** G*****straße***** in B***** bis zum 31. 5. 1998 dem Antragsgegner geräumt zu übergeben. Der monatliche Mietzins wurde pauschal mit S 5.000 ab 1. 11. 1997 vereinbart.

Bereits am nächsten Tag, nämlich am 9. 10. 1997 wurde das Konkursverfahren aufgehoben, nachdem die Bestätigung des am 17. 9. 1997 angenommenen Zahlungsplans in Rechtkraft erwachsen war. Der Aufhebungsbeschluß ist seit 24. 10. 1997 rechtskräftig.

Nachdem der Antragsteller gegen den Antragsgegner aufgrund des gerichtlichen Vergleichs eine Exekutionsbewilligung erwirkt hatte, beantragte dieser am 16. 3. 1998 unter Hinweis darauf, daß im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses das Schuldenregulierungsverfahren noch nicht aufgehoben war, festzustellen, daß das Verfahren seit 16. 7. 1997 durch Konkurseröffnung unterbrochen sei, begehrte weiters, das bisher durchgeführte Verfahren für nichtig zu klären und die Vollstreckbarkeitsbestätigung des Vergleichs vom 8. 10. 1997 aufzuheben. Gleichzeitig sei die mit Beschluß vom 16. 2. 1998 bewilligte Fahrnisexekution einzustellen bzw aufzuschieben.

Das Erstgericht stellte die Unterbrechung des gegenständlichen Verfahrens gemäß § 7 Abs 1 KO seit dem Tag der Konkurseröffnung fest und erklärte das seither durchgeführte Verfahren einschließlich des am 8. 10. 1997 abgeschlossenen Vergleiches für nichtig. Auch ein Verfahren nach § 37 MRG werde, wenn es wie hier eine vermögensrechtliche Streitigkeit zum Gegenstand habe, durch die Konkurseröffnung unterbrochen.

Einem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und wies den Antrag ab, die Unterbrechung des Verfahrens festzustellen, das Verfahren einschließlich des Vergleiches für nichtig zu erklären und die Bestätigung der Vollstreckbarkeit aufzuheben.

In rechtlicher Hinsicht begründete das Rekursgericht seine Entscheidung wie folgt:

Nach § 7 Abs 1 KO, der auch im Schuldenregulierungsverfahren nach den §§ 181 ff KO anzuwenden sei, würden Rechtsstreitigkeiten, die das zur Konkursmase gehörige Vermögen betreffen, durch die Konkurseröffnung ex lege unterbrochen. Bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Konkurs unterlägen, könne das Verfahren nach § 7 Abs 3 KO nicht vor Abschluß der Prüfungstagsatzung wieder aufgenommen werden.

Das gelte grundsätzlich auch für Außerstreitverfahren nach § 37 MRG, wenn es vermögensrechtliche Ansprüche zum Gegenstand habe. Wenn hingegen Ansprüche, für die eine Prüfung und Feststellung nach den §§ 102 ff KO nicht in Frage komme, Gegenstand des Verfahrens seien, finde keine Unterbrechung statt. Das sei bei dem hier vom Schuldner geführten "Aktivprozeß" der Fall. Darüber hinaus bestehe auch kein Grund, die Unterbrechung des anhängigen Verfahrens eintreten zu lassen, wenn einem Schuldner Eigenverwaltung zukomme. Die dem Antragsteller nach § 186 Abs 1 KO auch nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens zustehende Verwaltungs- und Verfügungsmacht umfasse auch die Berechtigung zur Führung von Prozessen. Zu Verfügungen über die Konkursmasse bedürfe der Schuldner jedoch der Zustimmung des Konkursgerichtes.

Der Antragsteller sei daher berechtigt gewesen, den gegenständlichen Vergleich abzuschließen, hätte allerdings dazu der konkursgerichtlichen Zustimmung bedurft. Auf deren Fehlen könne sich der Antragsgegner aber infolge der rechtskräftigen Aufhebung des Konkurses nicht mehr berufen.

Darüber hinaus habe der Antragsgegner nicht einmal behauptet, Konkursgläubiger zu sein, weshalb ihm zufolge der nur relativen Unwirksamkeit (§ 3 Abs 1 KO) eine Berufung auf die Verfügungsbeschränkung des Antragstellers zufolge Konkurseröffnung versagt sei.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteren Ausspruch gründete das Rekursgericht darauf, daß zur Frage der Wirksamkeit eines durch einen eigenvertretungsberechtigten Schuldner während aufrechten Schuldenregulierungsverfahrens abgeschlossenen gerichtlichen Vergleichs ohne konkursgerichtliche Genehmigung nach Aufhebung des Konkurses keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners der zulässig, aber nicht berechtigt ist.

Der Antragsteller hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Zur Frage der Unterbrechung:

Nachdem in Lehre und Rechtsprechung zunächst die Ansicht vertreten wurde, die Wirkungen der §§ 6, 7 KO träten überhaupt nur im streitigen Zivilprozeß ein und die Beiziehung des Masseverwalter statt des Gemeinschuldners im außerstreitigen Verfahren nach den Wohngesetzen für ausreichend erachtet wurde (MietSlg 42.382 = JBl 1991, 530 = WoBl 1991, 37 [Call]), wurde diese Ansicht in der Folge aufgegeben. Unter Berufung auf Jelinek in FS Wagner [1988] hat der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen SZ 63/56 und RdW 1994, 313 = JBl 1994, 764 = ecolex 1994, 463 erkannt, daß der Konkurszweck es grundsätzlich in bestimmten Fällen gebiete, Unterbrechungswirkungen auch in außerstreitigen Verfahren anzuerkennen. Seither entspricht es ständiger Rechtsprechung, daß die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Partei gemäß § 7 Abs 1 KO zur Unterbrechung eines außerstreitigen Mietrechtsverfahrens nach § 37 MRG führt, davon jedoch ausschließlich vermögensrechtliche Streitigkeiten betroffen sind (immolex 1997, 77/40 = EWR I/37/99; zuletzt 5 Ob 286/97p; 5 Ob 294/98x). In diesem Zusammenhang wurde auch bereits ausgesprochen, daß keine Notwendigkeit besteht, in Hinblick auf die Rückforderungsmöglichkeit von vor Konkurseröffnung geleisteten Überzahlungen nach § 37 Abs 4 MRG ein primär auf Überprüfung des Mietzinses gerichtetes Außerstreitverfahren zu unterbrechen. Weil diese Überzahlungsbeträge im Konkurs des Vermieters geltend gemacht werden müssen, "ergeben" sie sich im Verfahren nach § 37 MRG nicht, weshalb darüber nicht abzusprechen ist (vgl MietSlg 46.751/5). Unabhängig davon, daß es sich im vorliegenden Fall um einen Aktivprozeß des in Konkurs verfallenen Schuldners handelte, nicht aber Ansprüche gegen einen in Konkurs verfallenden Vermieter geltend gemacht werden, traten die Unterbrechungswirkungen des § 7 KO im vorliegenden außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG durch die Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens hinsichtlich des Antragstellers nicht ein.

Schon daher ist das Begehren, einen deklarativen Beschluß über die Unterbrechung des Verfahrens seit Konkurseröffnung zu fassen, nicht berechtigt.

Zur Prozeßführungsbefugnis des Antragstellers während des Schuldenregulierungsverfahrens:

Das Rekursgericht hat zutreffend unter Bezugnahme auf die in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 9 ObA 39/97v = SZ 70/105 und die dort zitierten Lehrmeinungen von Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht, 5. Auflage, 206; Deixler-Hübner, Privatkonkurs, Rz 110 und Mohr, Privatkonkurs 12, erkannt, daß bei Eigenverwaltung einem Schuldner im Schuldenregulierungsverfahren (§ 186 Abs 1 KO) die Verwaltungs- und Verfügungsmacht und damit auch das Recht zur Führung von Prozessen (Deixler-Hübner, aaO Rz 123) zukommt. Das Prozeßführungsrecht des Schuldners ist nur insoweit beschränkt, als die Führung von die Konkursmasse betreffenden Prozessen durch den Schuldner im Sinn des § 187 Abs 1 Z 3 KO der Zustimmung des Konkursgerichtes bedarf (vgl SZ 70/105).

Zur Verfügungsberechtigung des Antragstellers:

Das Rekursgericht war der Ansicht, daß der Antragsteller auch zum Abschluß des Räumungsvergleichs, der vom Antragsgegner in seiner Wirksamkeit in Zweifel gezogen wird, berechtigt war, jedoch der Zustimmung des Konkursgerichtes bedurft hätte, die wiederum infolge Aufhebung des Konkurses obsolet wurde.

Dem kann teilweise gefolgt werden:

Zwar gehören auch Bestandrechte zur Konkursmasse, soweit sie nicht den persönlichen Wohnbedarf des Gemeinschuldners und seiner Familie dienen (vgl Mohr, KO7 E 13 zu § 1 KO; MietSlg 37.849, 28.712, 18.818; RZ 1976/80; aaO E 2 zu § 23 KO ua). Doch gestattet es § 23 KO dem Masseverwalter, den Bestandvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen oder der vereinbarten kürzeren Kündigungsfrist zu kündigen. Bei Eigenverwaltung tritt an die Stelle des Masseverwalters gemäß § 187 Abs 1 Z 2 KO der Schuldner (Jelinek, KO Anm zu § 23). Ist also der Schuldner im Schuldenregulierungsverfahren Bestandnehmer, kann er das Bestandverhältnis auflösen, ohne daß eine Kündigung genehmigungsbedürftig wäre (Deixler-Hübner Rz 121). Für die Aufgabe der Bestandrechte in einem Räumungsvergleich kann naturgemäß nichts anderes gelten.

Daraus ergibt sich, daß der Antragsteller zum Abschluß des gerichtlichen Vergleiches über die Aufgabe seiner Mietrechte keiner konkursgerichtlichen Genehmigung bedurfte, weil nach dem oben Gesagten der Umfang der Prozeßführungsbefugnis an der materiellrechtlichen Befugnis des Schuldners während des Konkursverfahrens zu orientieren ist.

Des weiteren haben die Parteien in dem in Frage stehenden Vergleich vereinbart, daß der Antragsgegner dem Antragsteller (und nicht dem Konkursgericht) S 180.000 für die Aufgabe der Mietrechte zu bezahlen habe.

Dies stellt keine Verfügung des Schuldners über Gegenstände der Konkursmasse dar, weshalb eine Zustimmung des Konkursgerichtes nach § 187 Abs 1 Z 3 KO ebenfalls nicht erforderlich ist. Abgesehen davon hat das Rekursgericht zutreffend erkannt, daß dem Antragsgegner zufolge der Bestimmung des § 3 Abs 1 KO die Berufung auf eine Unwirksamkeit dieser Rechtshandlung schon deshalb versagt ist, weil er sich nicht darauf berufen hat, Konkursgläubiger zu sein. Der Nachtrag dieser Behauptung im Revisionsrekurs verstößt gegen das Neuerungsverbot und ist daher nicht zu beachten.

Der in der mündlichen Verhandlung vom 8. 10. 1997 durch den zur Eigenverwaltung berechtigten und damit prozeßführungslegitimierten Antragsteller ist daher weder von Nichtigkeit behaftet noch bedurfte er zur Wirksamkeit der Zustimmung des Konkursgerichtes.

Darauf, daß infolge Konkursaufhebung ohnedies alle vorher vom Gemeinschuldner vorgenommene Rechtshandlungen, die nach § 3 KO relativ unwirksam waren, wirksam wurden, die Unwirksamkeit solcher Rechtshandlungen also nicht über den Konkurs hinausgegangen wäre (vgl SZ 66/52; EvBl 1991/133 = RdW 1991, 288 = ecolex 1991, 534 = ÖBA 1991, 929 = WBl 1991, 303; RS0063803) braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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