Spruch:
Die Befangenheit der Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Edwin Gitschthaler, Dr. Erich Feigl, Dr. Robert Gissinger, Dr. Ludwig Rathmayr, Dr. Georg Wiesinger und Dr. Günther Winsauer wird festgestellt; der gegen die weiteren Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Alois Doppler, Dr. Wolfgang Kossak, Dr. Erich Wimmer, Dr. Siegfried Schobesberger, Dr. Otmar Gebetsroithner, Dr. Kurt Schildberger, Dr. Wolfgang Moser, Dr. Kurt Haslinger, Dr. Reinhold Schaumüller, Dr. Elisabeth Nagele, Dr. Wilhelm Jeryczynski, Dr. Erich Wanko, Dr. Johann Doppler, Dr. Angelika Kremser, Dr. Brigitta Hütter, Dr. Johannes Payrhuber, Dr. Ewald Greslehner, Dr. Ulrike Neundlinger, Dr. Andreas Neundlinger, Dr. Klaus Henhofer, Dr. Matthias Neumayr, Dr. Helmut Hubner, Dr. Wolfgang Aistleitner, Dr. Karl Bergmayr, Dr. Alfred Fischer, Dr. Alois Jung, Dr. Wolfgang Krichbaumer, Dr. Andreas Mittermayr und Dr. Ernst Schütz gerichtete Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 7. 9. 1998, 20 P 2531/95b-78, wurde ua der Antrag des Vaters auf Unterhaltsherabsetzung abgewiesen. In seinem Rekurs gegen diesen Beschluß lehnt der Vater alle Richter und Rechtspfleger des Bezirksgerichtes Salzburg und des Landesgerichtes Salzburg sowie alle Richter des Oberlandesgerichtes Linz ab. Die Befangenheit der Richter des Oberlandesgerichtes Linz begründet der Ablehnungswerber damit, er habe eine Amtshaftungsklage eingebracht. Daher ergebe sich aus § 9 Abs 4 AHG per analogiam auch die Ausgeschlossenheit aller Richter des Oberlandesgerichtes Linz, das auch in das Amtshaftungsverfahren involviert sei. Die Richter des Oberlandesgerichtes Linz würden damit in seinen Causen sozusagen auch über das Schicksal ihrer unmittelbaren Richter- und Rechtspflegerkollegen mitentscheiden; eine derartige Konstellation berge aber klarerweise die Gefahr in sich, daß der jeweilige Entscheidungsträger - wenn auch völlig unbewußt - Argumente bzw Entscheidungen suche, die eine allfällige Regreßpflicht gegen ihn bzw seine Kollegen abschneiden könnten. Aus exakt diesem Grund habe der Oberste Gerichtshof selber dem Delegierungsantrag des Ablehnungswerbers in der Amtshaftungssache entsprochen und das Amtshaftungsverfahren in den Oberlandesgerichtssprengel Graz verlegt. Das Oberlandesgericht Linz sei für das im Amtshaftungsverfahren zumindest mitschadenskausale Dienstaufsichtsverfahren Jv 1639/30/95 zuständig. Zwar sei der damalige Präsident des Oberlandesgerichtes mittlerweile in Pension, nach wie vor sei aber der sachbearbeitende Präsidialrichter Dr. Aistleitner am Oberlandesgericht Linz tätig. Weiters habe das Oberlandesgericht Linz die zumindest mitschadenskausalen Beschlüsse zu Nc 313/95 und 5 Fs 8/95 erlassen. An diesen Entscheidungen seien neben dem damaligen Präsidenten des Oberlandesgerichtes folgende Senatspräsidenten bzw Richter des Oberlandesgerichtes Linz beteiligt gewesen: Dr. Kossak, Dr. Schaumüller, Dr. Payrhuber sowie Dr. Fischer. Weiters sei derzeit beim Oberlandesgericht Linz Dr. Gitschthaler als Richter tätig, der seinerzeit beim Landesgericht Salzburg Berichterstatter zu 22 a R 22/93 und zu 21 R 299/95 gewesen sei. Diese Rekursentscheidungen seien zentraler Gegenstand des Amtshaftungsverfahrens 39 Cg 180/97p des Landesgerichtes für ZRS Graz. Für den Fall, daß aus den relevierten Umständen keine Ausgeschlossenheit der Richter des Oberlandesgerichtes Linz angenommen werden sollte, wären doch diese Mitglieder des Oberlandesgerichtes Linz zumindest als befangen abzulehnen.
Zumindest Befangenheit wäre überdies bei folgenden weiteren Richtern des Oberlandesgerichtes Linz anzunehmen: Dr. Jeryczynski, Dr. Kirchgatterer, Dr. Wanko und Dr. Wiesinger seien seine Hörer an der Universität Linz gewesen. Dr. Rathmayr sei durch Jahre hindurch zusammen mit ihm Mitglied des kriminalpolitischen Arbeitskreises Linz gewesen, Dr. Gissinger eine Zeit lang Mitglied eines von ihm geleiteten analogen Salzburger Arbeitskreises. Dr. Winsauer sei seit einigen Monaten in seiner Eigenschaft als Generalsekretär des Österreichischen Juristentages Mitglied der Expertengruppe Innere Sicherheit an der Universität Salzburg, die ebenfalls von ihm (Ablehnungswerber) geleitet werde. Die Initiative für seine Mitgliedschaft sei vom Präsidium des BMJ ausgegangen. In all diesen Konstellationen und Fällen könnten zumindest die Kinder als Gegenpartei Zweifel an der vollen Unbefangenheit dieser Richter anmelden. In weiterer Folge sei Dr. Nagele zugleich mit der Kindesmutter Assistentin am Institut für bürgerliches Recht und Arbeitsrecht gewesen. Es habe zwischen ihnen - wenigstens damals - eine zumindest freundschaftsähnliche persönliche Beziehung bestanden, die ebenfalls geeignet sei, die volle Unbefangenheit der Richterin Dr. Nagele in Zweifel zu ziehen.
Der Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Edwin Gitschthaler bejahte seine Befangenheit, weil ihm gegenüber konkret der Vorwurf des Amtsmißbrauches und der bewußten Benachteiligung des Ablehnungswerbers erhoben worden sei.
Der Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Erich Feigl bejahte seine Befangenheit wegen - wie vom Obersten Gerichtshof ergänzend erhoben - beruflicher Kontakte mit dem Ablehnungswerber im kriminalpolitischen Arbeitskreis Linz.
Der Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Robert Gissinger bejahte seine Befangenheit, weil das Vorbringen des Ablehnungswerbers zutreffend sei.
Der Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Ludwig Rathmayr bejahte seine Befangenheit aus dem vom Ablehnungswerber geltend gemachten Grund.
Der Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Georg Wiesinger bejahte seine Befangenheit; das Vorbringen des Ablehnungswerbers treffe zu; mit der Kindesmutter verbinde ihn darüber hinaus eine persönliche Beziehung aus gemeinsamer Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft beim Institut für Arbeitsrecht.
Der Richter des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Günther Winsauer bejahte seine Befangenheit im Hinblick auf seine Funktion beim ÖJT.
Die übrigen Richter des Oberlandesgerichtes Linz verneinten ihre Befangenheit.
Rechtliche Beurteilung
Ein Fall einer Ausgeschlossenheit eines Richters des Oberlandesgerichtes Linz nach § 20 JN liegt nicht vor. Als befangen kann ein Richter darüber hinaus abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen (§ 19 Z 2 JN). Diese Umstände liegen hier in denjenigen Fällen vor, in denen die betreffenden Richter in ihren Stellungnahmen ihre Befangenheit bejaht haben. Darüber hinaus liegen keine Gründe für eine Befangenheit der weiteren Richter des Oberlandesgerichtes Linz vor.
Wie der erkennende Senat bereits in den Entscheidungen 3 N 1/98 und 3 N 2/98 zu früheren Ablehnungsanträgen des Ablehnungswerbers ausgeführt hat, ist eine analoge Anwendung des § 9 Abs 4 AHG nur für jene Verfahren geboten, die einem Amtshaftungsprozeß vorausgehen oder die die Voraussetzung für die Einbringung einer Amtshaftungsklage bilden (Schragel, AHG**2 Rz 261; Mader in Schwimann**2 Rz 8 zu § 9 AHG). Bloß aus dem Umstand, daß der Ablehnungswerber Amtshaftungsansprüche geltend macht, in welche Verfahren nach den Behauptungen des Ablehnungswerbers auch die Richter des Oberlandesgerichtes Linz (welche?) "involviert" seien, kann allein eine Befangenheit aller Richter dieses Gerichtshofes nicht nachvollziehbar abgeleitet werden.
Darüber hinaus begründet ein Tätigwerden von Richtern des Oberlandesgerichtes Linz in früheren Verfahren allein noch keine Befangenheit; darüber hinausgehende stichhältige Gründe nennt der Ablehnungswerber nicht.
Der Umstand, daß Richter Hörer des Ablehnungswerbers an der Universität Linz waren, kann für sich allein ebenfalls keine Befangenheit begründen. Darüber hinausgehende konkrete Gründe für eine Befangenheit werden vom Ablehnungswerber nicht genannt. Die Richterin des Oberlandesgerichtes Linz Dr. Nagele hat ihre Befangenheit verneint; die Behauptung des Ablehnungswerbers, mit der Kindesmutter habe zur Zeit der gemeinsamen Tätigkeit als Assistentinnen am Institut für bürgerliches Recht und Arbeitsrecht - wenigstens damals - eine zumindest freundschaftsähnliche persönliche Beziehung bestanden, reicht nicht aus, damit entgegen der Stellungnahme der abgelehnten Richterin eine Befangenheit bejaht werden müßte.
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