OGH 3Ob148/97d

OGH3Ob148/97d24.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerald F*****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Margarete M*****, 2. Ernst L*****, 3. Elfriede P*****, und 4. Walter P*****, 5. Gabriele W*****, 6. Josef W*****, und 7. Hermine W*****, 8. Susanna R*****, 9. Maria Gabriele K*****, 10. Siegfried T*****, 11. Silvia R*****, alle vertreten durch Dr. Helfried Rustler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 6. November 1996, GZ 39 R 784/96z-26, berichtigt mit Beschluß vom 4. März 1997, GZ 39 R 784/96z-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 12. Juli 1996, GZ 8 C 1739/93w-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 9.671,76 (darin enthalten S 1.116,96 Umsatzsteuer und S 2.970 Barauslagen) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die 11 Beklagten führen aufgrund einer von ihnen und Dr. Gregor K***** als 12. kündigende Partei erwirkten Aufkündigung vom 4. 3. 1993 zu 8 C 360/93a des Erstgerichtes gegen die Verpflichtete Hedwig K*****, verehelichte F*****, Exekution auf zwangsweise Räumung der Wohnung top Nr 10 im Haus 1120 Wien, W*****gasse 26. Die Exekution wurde am 1. 6. 1993 bewilligt.

Die Beklagten hielten an dieser Liegenschaft zwischen 24. 11. 1989 und 7. 3. 1994 8.632/15.360 Anteile, Dr. Gregor K***** 6.728/15.360 Anteile. Früher war Dr. Gertrud E***** Mehrheitseigentümerin gewesen. Die weiteren Anteile standen nach Todeserklärungsverfahren bezüglich der früheren Miteigentümer zu 2.400/15.360 im Eigentum der Republik Österreich.

Ab 1981 veräußerte Dr. Gertrud E***** sukzessive ihre Miteigentumsanteile, wobei den Käufern bestimmte Wohnungen übergeben wurden; mit den Käufern wurde jeweils vereinbart, daß sie berechtigt sind, aufgrund ihrer Miteigentumsanteile diese Wohnungen selbst zu benützen oder durch Dritte entgeltlich oder unentgeltlich benützen zu lassen. Die Käufer haben die auf diese Wohnungen entfallenden Betriebskosten samt Umsatzsteuer sowie die auf die Wohnungen bzw auf ihre Miteigentumsanteile entfallenden Instandhaltungskosten solidarisch zu tragen. Es steht ihnen aufgrund ihrer Miteigentumsanteile die Nutzung dieser übergebenen Wohnungen zu; sie anerkennen, daß alle sonstigen Nutzungen und Erträgnisse an der Liegenschaft der Verkäuferin bzw den übrigen Miteigentümern ihren Miteigentumsanteilen entsprechend zustehen. Die Verkäuferin führt die Verwaltung der Liegenschaft. Die Käufer verpflichten sich, der Verkäuferin eine Verwaltungsvollmacht zu unterfertigen. Die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag gehen auf beiden Seiten auf die Rechtsnachfolger über.

Diese Vereinbarungen sind Bestandteil aller mit Dr. Gertrud E***** als Verkäuferin geschlossenen Verträge mit Ausnahme des Vertrages mit Dr. Gregor K*****. Dieser erwarb mit Kaufvertrag vom 6. bzw 14. 7. 1987 die ihr noch verbliebenen 3.878/15.360 Anteile; die Verkäuferin übertrug an den Käufer alle ihr zustehenden Rechte und Forderungen gegenüber den Miteigentümern sowie gegenüber den Mietern, aus welchem Titel immer, mit Ausnahme der noch offenen Forderungen für Instandhaltungskosten. Einvernehmlich wird festgehalten, daß sich der Käufer von sich aus bereit erklärt, Wohnungseigentum im Sinn des WEG gemeinsam mit den übrigen Miteigentümern zu begründen, obwohl sich die Verkäuferin den Miteigentümern gegenüber dazu nicht verpflichtet hat.

Dr. Gregor K***** erwarb mit Kaufvertrag vom 14. 12. 1987 auch die 2.400/15.360 Anteile der Republik Österreich, wobei diese ihre Miteigentumsanteile zuvor quasi öffentlich feilgeboten und Dr. Gregor K***** in Konkurrenz zur Erstbeklagten am 16. 9. 1987 den Zuschlag erhalten hatte. Dabei mußte er sich aber niederschriftlich bereit erklären, folgenden Passus im Kaufvertrag zu akzeptieren: "Der Käufer verpflichtet sich für sich und allfällige Universal- oder Singularrechtsnachfolger hinsichtlich der hiermit erworbenen Anteile die Rechtsstellung der Miteigentümer, die sie aufgrund der bestehenden Kaufverträge mit Dr. Gertrud E***** haben, nicht anzutasten (soferne sie sich dem neuen Eigentümer gegenüber angemessen, das ist im Sinne des § 30 Abs 2 Z 3 Mietrechtsgesetz, verhalten). Diese Rechtswahrung wird in Form eines Vertrages zugunsten Dritter, wieder nur bezogen auf die Anteile der Republik Österreich den bisher über Dr. Gertrud E***** Berechtigten zugestanden, sodaß sie sich im Wege der Einrede oder Klage darauf berufen können. Der Käufer erklärt weiters und verpflichtet sich, daß er Wohnungseigentum bilden wird, wenn dies rechtlich möglich und wirtschaftlich angemessen ist. Er wird unter Umständen auch partiell Wohnungseigentum begründen. Die Personen, die aus Verträgen mit Frau Dr. Gertrud E***** Ansprüche ableiten können, haben auch darauf unter den oben angeführten Bedingungen einen unmittelbaren Rechtsanspruch. Dies geht aber nicht so weit, daß sie den Käufer etwa zum Ankauf anderer Anteile zur Begründung von Wohnungseigentum verhalten könnten".

Noch vor Ankauf von Miteigentumsanteilen durch Dr. Gregor K***** wurde der früheren Verwalterin Dr. Gertrud E*****, nachdem sie ihre Miteigentumsmehrheit durch Abverkauf von Anteilen verloren hatte, von einer Mehrheit von Miteigentümern trotz entgegenstehender Klauseln in den einzelnen Kaufverträgen die Verwaltung entzogen; mit der Verwaltung wurde die Erstbeklagte betraut. Nach Zustellung der Aufkündigung erhob Hedwig K***** keine Einwendungen; nachdem sie die Erstbeklagte als Hausverwalterin telefonisch nicht erreichen konnte, setzte sie sich wegen Rückstellung der Wohnung mit Dr. Gregor K***** ins Einvernehmen. Dieser übernahm die Wohnung im April oder Mai 1993 und bezahlte der ausscheidenden Mieterin Investitionskosten von S 20.000 für zurückgelassenes Inventar. Ein diesbezügliches Einvernehmen mit den übrigen Miteigentümern stellte Dr. Gregor K***** nicht her.

Dr. Gregor K***** ist gemeinsam mit seiner Tochter Silvia K***** zu je 50 % an der klagenden GmbH beteiligt; er ist deren alleiniger Geschäftsführer.

Die klagende Partei macht mit Exszindierungsklage geltend, die Räumungsexekution sei unzulässig, weil die Verpflichtete die Wohnung dem aufgrund der Benützungsregelung unter den Miteigentümern hierüber verfügungsberechtigten Dr. Gregor K***** übergeben habe, der sie ihr mit Mietvertrag vom 20. 4. 1993 vermietet und sodann übergeben habe. Dr. Gregor K***** habe Miteigentumsanteile von der Republik Österreich gekauft; hiebei sei vereinbart worden, daß die in den Kaufverträgen mit anderen Miteigentümern schon von der Voreigentümerin Dr. Gertrud E***** festgehaltene Benützungsregelung vollinhaltlich in Geltung belassen werden soll. Die 3. bis 7. Beklagten und die 9. Beklagte sowie Wolfgang A***** hätten als Miteigentümer in ihren Kaufverträgen ein ausschließliches Nutzungsrecht an einzelnen Wohnungen zugewiesen erhalten; dafür hätten sie auf die Nutzung der übrigen Teile des Hauses verzichtet. Diese Miteigentümer, deren Anteile insgesamt 41,9 % betrügen, würden auch nur Betriebskosten und keinen Mietzins bezahlen. Sie hätten auch konkludent auf ihr Verwaltungsrecht auf der Liegenschaft verzichtet. Daher seien ihre Miteigentumsanteile bei der Berechnung einer verwaltungsführenden Mehrheit der Miteigentümer außer acht zu lassen. Von den verbleibenden Miteigentumsanteilen habe Dr. Gregor K***** 75,39 %; ihm sei daher die Verwaltung zuzusprechen, weshalb er zu Recht mit der klagenden Partei einen Mietvertrag abgeschlossen habe.

Auch für den Fall, daß im Zeitpunkt des Abschlusses der Kaufverträge nicht die Zustimmung aller vorhandenen Miteigentümer zur Vergabe ausschließlicher Nutzungsrechte vorgelegen haben sollte, sei nachträglich diese Zustimmung durch die Miteigentümer des Hauses und letztlich auch durch die Finanzprokuratur erteilt worden, weshalb eine Nutzungsvereinbarung dahingehend zustande gekommen sei, daß die Miteigentümer mit ausschließlichem Nutzungsrecht an der Verwaltung der allgemeinen Teile des Hauses nicht beteiligt seien.

Die Beklagten wendeten ein, die klagende Partei habe nie die Rechtsstellung eines Mieters erworben und sei daher nicht aktiv klagslegitimiert; Dr. Gregor K***** sei nicht Mehrheitseigentümer und daher nicht berechtigt, über diese Wohnung allein zu verfügen bzw ein Mietverhältnis zu begründen. Da er auch nicht Verwalter der Liegenschaft sei, habe die klagende Partei auch gutgläubig keine Bestandrechte erwerben können. Eine wirksame Benützungsregelung bestehe nicht; insbesondere sei nicht mit allen Miteigentumsanteilen ein Benützungsrecht obligatorisch verbunden.

Das Erstgericht wies die Klage ab; neben dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es fest, zu dem Zeitpunkt, als Dr. Gertrud E***** als Mehrheitseigentümerin begonnen habe, sukzessive ihre Miteigentumsanteile zu verkaufen, sei eine Zustimmung der damaligen Minderheitseigentümer, darunter auch der Republik Österreich, zur Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte an bestimmten Wohnungen an die Käufer der Miteigentumsanteile der Dr. Gertrud E***** nicht vorgelegen; mangels Zustimmung aller Miteigentümer sei niemals eine Benützungsregelung, in welcher Form immer, zustande gekommen. Eine Vereinbarung, wonach die Nutzung der Wohnung top Nr 10 Dr. Gregor K***** zustehen sollte, sei zwischen den Miteigentümern nie getroffen worden. Vielmehr habe es zwischen Silvia K*****, Dr. Gregor K*****, Dr. Gerhard K***** und Dr. Günter P*****, die ua Miteigentumsanteile an diesem Haus halten, am 13. 1. 1991 eine protokollarisch festgehaltene Vereinbarung über die Lösung der anstehenden Probleme gegeben, wonach ua Dr. Gregor K***** sein Einverständnis zu der Verwaltung des Hauses durch die Erstbeklagte erteilte und Dr. K***** die Restanteile erstehen sollte, wobei diesen Anteilen die Wohnungen top Nr 9, 10 und 22 zugeordnet worden seien. Am 25. 4. 1991 hätten die Beklagten und Dr. Gregor K***** auch eine Erklärung unterzeichnet, womit sie ihr ausdrückliches unwiderrufliches Einverständnis zur Parifizierung der derzeit tatsächlich von ihnen genutzten Wohneinheiten samt Keller und Dachbodenanteilen und damit zur Schaffung von Wohnungseigentum für diese Anteile durch Abschluß eines dementsprechenden Wohnungseigentumsvertrages gaben. Am 9. 2. 1992 sei zwischen den Miteigentümern K*****, der Erstbeklagten, P***** und K***** eine Einigung über Aufteilungsschlüssel, Kaufpreis, Kaufmodalität und Verwaltung getroffen worden, wobei aber mit Schreiben vom 10. 3. 1992 Dr. K***** Dr. Gregor K***** gegebenüber Vorhalte über Nichterfüllung der von ihm eingegangenen Verpflichtungen gemacht habe. Tatsächlich sei es in weiterer Folge dann zu keiner Durchführung der in Aussicht genommenen Regelungen zwischen den Miteigentümern gekommen.

Eine Feststellung darüber, daß zwischen Dr. Gregor K***** und der klagenden Partei am 20. 4. 1993 ein Mietvertrag abgeschlossen wurde, könne nicht getroffen werden; wohl aber liege ein ausgefüllter Mietvertrag über diese Wohnung vor, der am 3. 6. 1993 von Dr. Gregor K***** als Vermieter mit der klagenden Partei als Mieterin abgeschlossen worden sei; Dr. Gregor K***** habe sowohl auf Vermieter- als auch auf Mieterseite unterschrieben, dort unter der Geschäftsstampiglie der klagenden Partei. Laut diesem Mietvertrag habe das Mietverhältnis am 1. 5. 1993 beginnen und auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sein sollen; auch das Recht der Weitervermietung sei eingeräumt und ein wertgesicherter Hauptmietzins von S 291,19 vereinbart worden; die Nutzfläche sei mit 39,35 m**2 angegeben, über die Wohnungskategorie werde im Mietvertrag keine Aussage getroffen.

Eine Zustimmung der Beklagten als Miteigentümer der Liegenschaft zum Abschluß dieses Mietvertrages liege nicht vor.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, Dr. Gregor K***** stehe weder die Verwalterstellung noch ein vertragliches Nutzungsrecht an der Wohnung zu, wonach er zur Vermietung ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer berechtigt gewesen wäre. Ein zwischen ihm und der Exszindierungsklägerin geschlossener Mietvertrag wäre gegenüber den übrigen Miteigentümern selbst dann unwirksam, wenn man bei dem vorliegenden In-Sich-Geschäft tatsächlich von einem Vertragswerk ausgehen könnte.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil infolge Berufung der klagenden Partei im klagsstattgebenden Sinn ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zuläsig sei, weil "im Hinblick darauf, daß die Interpretation und der rechtliche Zusammenhang mehrerer Vertragsteile vorzunehmen war, die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben" seien.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, es sei nicht erforderlich, daß eine Benützungsvereinbarung gleichzeitig in Anwesenheit und unter Einbeziehung sämtlicher Miteigentümer einer Liegenschaft geschlossen werde. Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine Benützungsvereinbarung zustande gekommen ist, seien die nacheinander abgegebenen Erklärungen und das Verhalten sämtlicher Miteigentümer. Aus dem Inhalt aller vertraglichen Regelungen der Miteigentümer sei klar zu erkennen, daß mit jedem Miteigentumsanteil die Benützung einer Wohnung einhergehen und zukünftig Wohnungseigentum daran begründet werden habe sollen. Daraus sei erkennbar, daß durch die sukzessive Überbindung der Benützungsregelung auf alle Miteigentumsanteile eine einheitliche Benützungsregelung mit Bindung für alle Miteigentümer entstanden sei. Andernfalls würde sich gleichzeitig die Frage nach dem Rechtsgrund der Benützung der Wohnungen der Beklagten erheben. Auch ein unzulässiges In-Sich-Geschäft liege nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, weil seine Entscheidung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den Voraussetzungen einer Benützungsvereinbarung unter Miteigentümern nicht im Einklang steht; sie ist auch berechtigt.

Die Exszindierungsklägerin macht geltend, die Verpflichtete habe als frühere Mieterin die Wohnung, deren zwangsweise Räumung nunmehr bewilligt wurde, einem Miteigentümer zurückgestellt; aus dem mit diesem Miteigentümer abgeschlossenen Mietvertrag leitet sie ihr die zwangsweise Räumung unzulässig machendes Recht ab. Zum Abschluß dieses Mietvertrags sei dieser Miteigentümer, der zugleich Gesellschafter und Geschäftsführer der Exszindierungsklägerin ist, aufgrund einer Benützungsvereinbarung berechtigt gewesen.

Mangels gegenteiliger Vereinbarung ist eine Benützungsbefugnis der Ausübung nach übertragbar, weshalb der Miteigentümer (auch Minderheitseigentümer) berechtigt ist, über die zur ausschließlichen Benützung überlassenen Teile der Sache Bestandverträge abzuschließen (Gamerith in Rummel**2 Rz 4 zu § 834 mN). Strittig ist hier jedoch, ob eine Benützungsvereinbarung überhaupt zustandegekommen ist.

Das Recht zur ausschließlichen Benützung eines Teiles des Gemeinschaftsgutes steht einzelnen Teilhabern nur zu, wenn es von allen Miteigentümern vertraglich im Wege einstimmiger Benützungsvereinbarung (oder durch den Außerstreitrichter im Wege der Benützungsregelung) begründet wurde. Eine Benützungsvereinbarung kann wie jede andere Vereinbarung auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen (Miet 27.084/9 ua; Gamerith in Rummel**2 Rz 3 zu § 834; Hofmeister/Egglmeier in Schwimann**2 Rz 13 zu § 834). Bei Beurteilung schlüssiger Erklärungen ist jedoch einerseits auf den strengen Maßstab des § 863 ABGB, demzufolge insbesondere kein Zweifel am Vorhandensein eines Rechtsfolgewillens bestehen darf, und andererseits darauf Bedacht zu nehmen, daß der Erklärungswert der schlüssigen Willenserklärung hauptsächlich aus den Begleitumständen zu erschließen ist (Hofmeister/Egglmeier aaO). Im Zweifel ist daher anzunehmen, daß die Parteien keine so weit gehende Bindung beabsichtigen; eine schlüssige Zustimmung muß jedoch insbesondere in einer jahrelang unwidersprochen gehandhabten Übung erblickt werden (Miet 27.084/9).

Hier macht die Exszindierungsklägerin geltend, sie habe die Wohnung von einem Miteigentümer gemietet, dem die Nutzung dieser Wohnung aufgrund einer Benützungsvereinbarung zustehe; die Miteigentumsgemeinschaft habe diesem Miteigentümer diese Rechte schon bei Erwerb der Miteigentumsanteile eingeräumt. Eine derartige ausdrückliche Vereinbarung mit allen anderen Miteigentümern wurde jedoch nicht getroffen. Auch der Fall, daß bereits mit dem Veräußerer der Miteigentumsanteile eine derartige Benützungsvereinbarung getroffen worden wäre, in die der Erwerber eingetreten wäre, liegt hier nicht vor.

Aus den Vereinbarungen, die Dr. Gertrud E***** bei Veräußerung ihrer Miteigentumsanteile jeweils mit den Käufern abgeschlossen hat, ergibt sich nur für andere Käufer die Berechtigung zur Nutzung bestimmter Wohnungen. In dem zwischen Dr. Gertrud E***** und Dr. Gregor K***** als Käufer ihrer restlichen Miteigentumsanteile geschlossenen Vertrag ist hingegen eine derartige Vereinbarung nicht enthalten.

Dr. Gregor K***** erwarb in der Folge die Miteigentumsanteile der Republik Österreich, wobei auch aus diesem Anlaß keine Benützungsvereinbarung getroffen wurde, aus der sich das Recht des Erwerbers zur ausschließlichen Nutzung der Wohnung top Nr 10 ergeben würde. Aus einer vertraglichen Verpflichtung zur Begründung von Wohnungseigentum allein würde noch nicht das Recht zur ausschließlichen Nutzung von Wohnungen bereits zuvor durch die schlichten Miteigentümer folgen. Auch aus einer Anerkennung von Nutzungsrechten anderer Miteigentümer ergibt sich nicht, daß auch Dr. Gregor K***** ein derartiges Nutzungsrecht zustehen würde.

Einer Benützungsvereinbarung würde allerdings nicht der Umstand entgegenstehen, daß die Wohnung zum Zeitpunkt der Vereinbarung vermietet ist. Die Benützungsvereinbarung setzt zwar nach Rechtsprechung (Miet 27.084/9) und Lehre (Gamerith in Rummel**2 Rz 4 zu § 834; Hofmeister/Egglmeier in Schwimann**2 Rz 11 zu § 834) die Verfügbarkeit des Objektes voraus; dies schließt aber jedenfalls nicht eine Vereinbarung für den künftigen Fall der Verfügbarkeit des Objektes aus.

Das Berufungsgericht ging bei seiner rechtlichen Beurteilung weiters davon aus, es sei unbestritten, daß sowohl Dr. Gregor K***** (derjenige Miteigentümer, von dem die Exszindierungsklägerin ihre Rechte als Mieterin ableitet) nach Abschluß des Kaufvertrags die Wohnung top Nr 10 als auch die Beklagten die übrigen nach Abschluß ihrer Kaufverträge überlassenen Wohnungen benützten. Mit dieser Annahme entfernt sich das Berufungsgericht - wie die Beklagten zutreffend ausführen - was die Wohnung top Nr 10 betrifft, von den Tatsachenfeststellungen. Vielmehr hat nicht nur Dr. Gregor K*****, sondern es haben gemeinsam mit ihm die nunmehr betreibenden Parteien das Bestandverhältnis über diese Wohnung gekündigt. Daß Dr. Gregor K***** bereits vorher die Verfügung über diese Wohnung aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit den anderen Miteigentümern zugestanden wäre bzw daß er die Wohnung top Nr 10 bereits zu dieser Zeit tatsächlich benützt hätte, ist keineswegs unbestritten und wurde auch von den Vorinstanzen nicht festgestellt. Das gesamte Beweisverfahren hat keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß Dr. Gregor K***** die Mietzinse für die Wohnung top Nr 10 zugeflossen wären und daß er die Betriebskosten hiefür bezahlt hätte. Die klagende Partei hat nur betreffend andere Miteigentümer vorgebracht, daß ihnen ein ausschließliches Nutzungsrecht an einzelnen Wohnungen zugewiesen wurde und daß sie nur Betriebskosten und keinen Mietzins bezahlen (Aktenseite 23); ein derartiges Vorbringen zur Wohnung top Nr 10 wurde nicht erstattet.

Nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen wurde Dr. Gregor K***** eine Berechtigung zur Übernahme dieser Wohnung von der gekündigten Mieterin sowie zum Abschluß eines Mietvertrags und zur Übergabe der Wohnung an die klagende Partei von der Miteigentümergemeinschaft auch in der Folge weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten eingeräumt.

Auch die Argumentation der klagenden Partei, Dr. Gregor K***** sei als Mehrheitseigentümer betreffend die schlichten Miteigentumsanteile anzusehen, der in dieser Funktion zum Abschluß des Mietvertrages mit der klagenden Partei betreffend die Wohnung top Nr 10 berechtigt gewesen sei, ist nicht zielführend. Dr. Gregor K***** verfügt nämlich nur über 43,8 % der Miteigentumsanteile. Der von der klagenden Partei ins Treffen geführte Umstand, weitere 41,9 % würden solche Miteigentümer betreffen, denen ein ausschließliches Nutzungsrecht an einzelnen Wohnungen eingeräumt worden sei und die dafür auf die Verwaltung der übrigen Teile des Hauses schlüssig verzichtet hätten, sodaß Dr. Gregor K***** 75,39 % der gemeinsam zu verwaltenden Miteigentumsanteile zustünden, kann eine Berechtigung der Exszindierungsklage nicht begründen. Wie § 14 Abs 1 Z 7 WEG deutlich zeigt, bedeutet das ausschließliche Nutzungsrecht an einer Wohnung noch nicht, daß damit das Recht der Mitwirkung an der Verwaltung von Teilen des Hauses, die nicht einzelnen Miteigentümern zur ausschließlichen Benutzung überlassen sind, nicht mehr zusteht. Für die Annahme, Dr. Gregor K***** sei ausdrücklich oder schlüssig Verwaltervollmacht hierüber eingeräumt worden, bieten die Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen keine Grundlage.

Schon aus diesen Gründen war somit mangels Vorliegens von Rechten der Exszindierungsklägerin, die die Exekution durch zwangsweise Räumung unzulässig machen würden, das klagsabweisende Ersturteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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