OGH 3Ob126/97v

OGH3Ob126/97v24.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Gerda Kostelka-Reimer, Rechtsanwältin in Wien, sowie der Nebenintervenienten auf Seite der klagenden Partei 1. R*****, und 2. Ing. Helmut R*****, beide vertreten durch Dr. Michael Brunner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*****, vertreten durch Dr. Harry Fretska, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 102.000 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 21. Februar 1997, GZ 5 R 152/96a-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 12. April 1996, GZ 16 Cg 183/95i-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Rechtsvorgängerin der klagenden Bank war Bezogene eines Inhaberschecks, der von Ing. Helmut R***** mit Datum 20. 11. 1992 über S 102.000 ausgestellt wurde. Auf dem Scheck ist neben dessen Unterschrift die Firma "R***** Gesellschaft mbH" aufgedruckt. Am 23. 11. 1992 wurde der Scheck bei der R*****bank Wien, Filiale Simmering, als Inkassobank eingereicht. Bei einer telefonischen Rückfrage bei einer Zweigstelle der bezogenen Bank wurde von einem Angestellten die Einlösung des Schecks zugesagt. Dabei wurde jedoch eine vermerkte Schecksperre übersehen. Da sich die R*****bank Wien auf diese Einlösungszusage berief, leistete die bezogene Bank Zahlung.

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei Zahlung von S 102.000 sA, weil dieser die Schecksumme ohne Rechtsgrund zugeflossen sei. Der Geschäftsführer der R***** Gesellschaft mbH, Ing. Helmut R*****, habe bei einem deutschen Unternehmen einen Auftrag zur Errichtung eines Kachelofens erteilt. Die beklagte Partei, ein österreichisches Unternehmen, habe diesen Auftrag ausgeführt, doch sei bereits bei der Übergabe festgestellt worden, daß der Ofen erhebliche Mängel aufweise. Ing. Helmut R***** habe diese Mängel gerügt und deren Behebung verlangt. Schließlich hätten die Vertragsparteien vereinbart, daß der beklagten Partei ein Barscheck der R***** Gesellschaft mbH über S 102.000 von Ing. Helmut R***** treuhändig übergeben werde. Diesen Scheck dürfe die beklagte Partei aber erst dann und nur unter der Bedingung einlösen, daß sämtliche Mängel am Ofen behoben sind. Die Mängel seien nicht behoben worden. Ing. Helmut R***** habe daher den Scheck sperren lassen. Die beklagte Partei habe entgegen der zwischen ihr und Ing. Helmut R***** geschlossenen Vereinbarung den Scheck zur Einlösung vorgelegt. Infolge eines Versehens eines Mitarbeiters der klagenden Partei sei die Schecksperre übersehen worden. Der Betrag sei an die beklagte Partei ausbezahlt worden. Die R***** Gesellschaft mbH sei nicht bereit gewesen, den Scheck zu Lasten ihres Kontos einzulösen, weshalb die klagende Partei gezwungen sei, den Scheckbetrag aus eigenem zu tragen. Ing. Helmut R***** habe den Scheck ausdrücklich an die beklagte Partei als ausführende Firma übergeben. Grund für den mit Klage geltend gemachten Anspruch sei die rechtsgrundlose Vermögensverschiebung zwischen den Streitteilen und der Irrtum der klagenden Partei über ihre Verpflichtung zur Einlösung des Schecks; dies habe mit dem Vertragsverhältnis zwischen der beklagten Partei und Ing. Helmut R***** bzw der R***** GmbH nichts zu tun. Die Zahlung sei in tatsächlicher Hinsicht der beklagten Partei zugekommen. Nur aufgrund interner Verhältnisse habe die R*****bank Wien nachgefragt. Allen Beteiligten sei klar gewesen, daß die Zahlung der beklagten Partei zugute kommen würde.

Die beklagte Partei wendete ein, sie habe den Auftrag nur im Namen des deutschen Unternehmens ausgeführt und sei daher nicht passiv klagslegitimiert. Es sei ein einwandfreier Kachelofen geliefert worden. Weiters wendete die beklagte Partei aufrechnungsweise eine Gegenforderung aus dem Titel des Schadenersatzes bis zur Höhe der Klagsforderung ein. Die klagende Partei habe ihr wider Treu und Glauben und entgegen den üblichen Regeln und Gepflogenheiten im geschäftlichen Verkehr erst nach mehr als zwei Jahren davon Mitteilung gemacht, daß der Ende 1992 eingelöste Scheck widerrufen gewesen und nur irrtümlich zur Auszahlung gelangt sei. Der ursprünglich mit Ing. Helmut R***** vereinbarte Fälligkeitstermin liege mehr als drei Jahre vor der im Feber 1995 erfolgten erstmaligen Verständigung. Sollte die klagende Partei im vorliegenden Prozeß obsiegen, müßte sie (beklagte Partei) ihrerseits gegen den seinerzeitigen Besteller Ing. Helmut R***** wegen Einbringung des Preises für den gelieferten Kamin gerichtlich vorgehen und nicht nur mit dem Einwand der Verjährung rechnen, sondern hätte auch Schwierigkeiten, die Ordnungsgemäßheit bzw Mängelfreiheit der erbrachten Werkleistung unter Beweis zu stellen.

Die R***** GmbH und Ing. Helmut R***** traten dem Verfahren auf Seite der klagenden Partei als Nebenintervenienten bei.

Das Erstgericht wies die Klage ab; es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die klagende Partei könne allfällige Bereicherungsansprüche nicht gegen die beklagte Partei, sondern nur gegen denjenigen geltend machen, der ihr den Scheck präsentiert und an den sie Zahlung geleistet habe; dies sei nicht die beklagte Partei, sondern die R*****bank Wien, die als Inkassobank fungiert habe. Dabei sei sie in eigenem Namen aufgetreten. Bei Vorliegen von Mängeln seien daher Bereicherungsansprüche der bezogenen Bank nur gegenüber der Inkassobank und nicht gegenüber dem Kunden der Inkassobank möglich. Zwischen den Streitteilen habe es weder ein Vertragsverhältnis gegeben noch sei eine Zahlung geflossen. Die beklagte Partei sei daher nicht passiv klagslegitimiert.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge und sah die ordentliche Revision nicht als zulässig an, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vorliege; es führte in rechtlicher Hinsicht aus, die beklagte Partei habe die R*****bank Wien als Inkassobank eingeschaltet. Die Inkassobank sei als Einreicher die Anweisungsbegünstigte, die anderen Beteiligten seien Aussteller und Bezogener. Der bei der Inkassobank den Scheck einreichende Gläubiger sei nicht an dieser Anweisung beteiligt. Die Inkassobank reiche den Scheck als Treuhänder im eigenen Namen und kraft eigenen Rechtes ein, sie sei also die nach außen hin Scheckberechtigte und müsse den Nutzen ihrem Kunden nur aufgrund ihres Auftragsverhältnisses mit diesem herausgeben. Es liege keine Anweisungskette wie bei der mehrgliedrigen Überweisung vor. Die beklagte Partei sei nach der Scheckübergabe an die Inkassobank nicht Anweisungsbegünstigter. Bei Vorliegen von Mängeln, wie etwa Übersehen der vom Aussteller des Schecks angeordneten Sperre, seien daher nur Bereicherungsansprüche der bezogenen Bank oder des Ausstellers gegenüber der Inkassobank, und nicht gegenüber dem Kunden der Inkassobank möglich. Werde die Inkassobank in Anspruch genommen, so müsse sie sich ihrerseits an ihren Kunden wenden. Habe der Kunde über den Betrag schon verfügt, so stünden ihr wegen rechtsgrundloser Leistung Kondiktionen zu.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, weil zur Frage, ob der bezogenen Bank bei irrtümlicher Einlösung eines gesperrten Schecks, der ihr unter Einschaltung einer Inkassobank entgegen der Vereinbarung zwischen dem Aussteller und dem (früheren) Inhaber zur Zahlung vorgelegt wurde, Ansprüche gegen den früheren Inhaber, der die Schecksumme erhalten hat, zustehen, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist auch berechtigt.

Die Inkassobank wird nicht im Namen des Kunden, sondern im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung tätig; sie macht den Inhaberscheck bei der bezogenen Bank daher aufgrund eigenen Rechtes geltend. Die Übertragung des Schecks an die Inkassobank erfolgt allerdings nur zu treuen Handen; es liegt eine fremdnützige Treuhandschaft vor (Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht I Rz 7/81). Da die Inkassobank, nicht aber der bei ihr einreichende Gläubiger an dieser Anweisung beteiligt ist, sind bei Vorliegen von Mängeln Bereicherungsansprüche der bezogenen Bank nur gegen die Inkassobank und nicht gegenüber dem Kunden der Inkassobank möglich (vgl Koziol aaO Rz 7/100). Die bezogene Bank erbringt ihre Leistung an die Inkassobank, die als Leistungsempfängerin anzusehen ist, gegen die grundsätzlich eine Leistungskondiktion in Frage käme; ein derartiger Anspruch wird hier jedoch von der klagenden Bank nicht geltend gemacht. Daraus folgt jedoch nicht, daß der bezogenen Bank auch aus einem anderen Rechtsgrund kein Anspruch gegen den Kunden der Inkassobank zustehen könnte. Der Vorzug der Leistungskondiktion gilt nur im zweipersonalen Verhältnis (Koziol/Welser10 I 420). Die Leistungskondiktion des Verkürzten gegen einen Dritten schließt einen Verwendungsanspruch gegen den Bereicherten nicht aus (JBl 1999, 110 = JUS-Extra Z 2594 = RdW 1999, 14; Apathy in Schwimann, ABGB**2 Rz 9 zu § 1041; Rummel in Rummel, ABGB**2 Rz 11 zu § 1041, Rz 35 Vor § 1431).

Hier stützt die bezogene Bank ihren Anspruch darauf, der Scheck sei entgegen der Vereinbarung zwischen Aussteller und (erstem) Scheckinhaber vor Eintritt der vereinbarten Bedingung zur Einlösung vorgelegt worden; dadurch, daß die bezogene Bank irrtümlich trotz Sperre eine Einlösungszusage gegeben und in der Folge Zahlung geleistet habe, habe der (erste) Scheckinhaber, dem die Schecksumme zugekommen sei, einen unberechtigten Nutzen gezogen.

Die klagende Partei macht somit einen Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB geltend, was nach dem Gesagten möglich ist.

Die Berechtigung des Klagebegehrens hängt daher davon ab, ob ihr Vorbringen zutrifft, die beklagte Partei habe den Scheck vereinbarungswidrig, also ohne (vollständige) Behebung der Mängeln, vorgelegt. Da Tatsachenfeststellungen hiezu fehlen, für die im übrigen die klagende Partei beweispflichtig ist, weil sie ihren Anspruch begründen, mußten die Urteile der Vorinstanzen zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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