OGH 1Ob362/98m

OGH1Ob362/98m23.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton W*****, vertreten durch Waldbauer & Paumgarten & Naschberger Rechtsanwälte Partnerschaft in Kufstein, wider die beklagte Partei Marktgemeinde S*****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger, Dr. Otto Urban und Mag. Andreas Meissner, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen S 798.349,50 sA und Feststellung (Streitwert S 50.000,- -), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29. Oktober 1998, GZ 3 R 187/98k-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 19. Mai 1998, GZ 3 Cg 37/98w-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger ist Alleineigentümer eines Grundstücks am Osthang des Sulzbergs im Gemeindegebiet der beklagten Partei. Mit Bescheiden des Bürgermeisters der beklagten Partei vom 26. 4. 1993 wurden dem Kläger über dessen Antrag für sein Grundstück die Bauplatzbewilligung und die Baubewilligung zur Errichtung eines unterkellerten Hauses erteilt, ohne daß Auflagen als Vorsorge gegen Hangrutschungen ausgesprochen worden wären. Im Herbst 1994 hob ein vom Kläger beauftragtes Bauunternehmen die Baugrube „in einem Zug“ aus. Im Frühjahr 1995 bemerkte der Eigentümer des oberhalb des Grundstücks des Klägers gelegenen Nachbargrundstücks auf seinem und dem Grundstück des Klägers Rutschungen, worauf er die beklagte Partei verständigte, die dem Kläger die Fortsetzung der Bauführung mit Ausnahme von Sanierungsmaßnahmen untersagte.

In einem vor dem Erstgericht abgeführten Rechtsstreit nahm der Nachbar den Kläger erfolgreich auf Schadenersatz und Wiederherstellung der Standsicherheit des Hanges in Anspruch. Darüberhinaus erwuchsen dem Kläger Auslagen aus der Sanierung des Hangs, Prozeßkosten und weitere Aufwendungen. „Vor dem Aushub der Baugrube war der Hang stabil.“ Ursache der Hangrutschung war der ohne weitere Hangsicherung vorgenommene Baugrubenaushub „in Verbindung mit dem längeren Offenstehen der Baugrube“.

Der Kläger begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 798.349,50 (ein Viertel seiner gesamten Auslagen samt Prozeßkosten) sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für ein Viertel sämtlicher „Folgeschäden“, die aus den in der Zeit von September bis November 1994 aufgrund der rechtskräftigen Bau- und Bauplatzbewilligung vom 26. 4. 1993 durchgeführten Bauarbeiten auf seinem Grundstück „resultieren“. Für ihn als Ortsfremden sei die Rutschgefahr des Hanges nicht vorhersehbar gewesen. Die Organe der beklagten Partei wären als Fach- und Ortskundige im Zuge des Bauverfahrens verpflichtet gewesen, sich von der gefahrlosen Durchführung der Baumaßnahmen zu überzeugen. Der Baubehörde sei aufgrund anderer Bauvorgänge im Nahebereich des Bauvorhabens des Klägers baubehördlich gewesen, daß das Grundstück des Klägers gefährdet sei. Der von der Baubehörde beigezogene Amtssachverständige sei überdies bei der Bauverhandlung auf in unmittelbarer Nachbarschaft eingetretene extreme Hangrutschungen von einer Anrainerin aufmerksam gemacht worden. Unter Bedachtnahme auf diese Umstände wäre die Baubehörde der beklagten Partei verpflichtet gewesen, entsprechende Auflagen zu erteilen oder zumindest Bodenproben anzuordnen.

Die beklagte Partei wendete ein, die Baubehörde sei nach den gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet gewesen, dem Kläger die begehrten Bewilligungen antragsgemäß zu erteilen. Im Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide hätten keinerlei Anzeichen für eine Rutschgefährdung des Hangs bestanden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Amtshaftung trete gemäß § 2 Abs 2 AHG nicht ein, weil der Kläger die Baubewilligung durch seinen eigenen Antrag herbeigeführt habe und nicht verhalten gewesen sei, von dem ihm hiedurch verliehenen Recht Gebrauch zu machen. Die Hangrutschung und der damit verbundene Schaden seien nicht wegen mangelnder Standsicherheit des Hangs, sondern wegen des unvorsichtigen Baugrubenaushubs eingetreten.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt S 260.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es könne ein Amtshaftungsanspruch zwar nicht schon generell deshalb ausgeschlossen werden, weil es im Belieben des Bauwerbers stehe, von der von ihm erwirkten Baubewilligung Gebrauch zu machen oder auf die Durchführung des bewilligten Baus zu verzichten. Die für Baubewilligungen zuständige Behörde habe jedenfalls auch auf die Interessen des Bauherrn Rücksicht zu nehmen. Die aus § 354 ABGB ableitbare grundsätzliche Baufreiheit sei durch die von den Ländern erlassenen Bauordnungen und deren Nebengesetze im öffentlichen Interesse eingeschränkt worden. Zu den zu berücksichtigenden öffentlichen Interessen gehöre ua die Standfestigkeit des Gebäudes. Wahre das Organ eines Rechtsträgers schuldhaft das öffentliche Interesse nicht, verletze es den Schutzzweck der Bauordnung und träten als Folge solcher Handlungen bzw Unterlassungen Schäden ein, so könne daraus eine Haftung des Rechtsträgers nach dem Amtshaftungsgesetz entstehen. Im vorliegenden Fall sei der Hang vor dem Aushub der Baugrube aber stabil gewesen; die Hangrutschung sei durch den Aushub ohne weitere Hangsicherung in Verbindung mit dem längeren Offenstehen der Baugrube verursacht worden. Es sei nicht festgestellt worden, daß die Rutschgefährdung des Grundstücks der Baubehörde der beklagten Partei bekannt gewesen sei. Demgemäß könne ihr auch nicht vorgeworfen werden, daß sie dem Kläger keine Auflagen für den Aushub der Baugrube erteilt habe. Es mangle somit an rechtswidrigem und schuldhaftem Verhalten eines Organs der beklagten Partei, sodaß Amtshaftung nicht eingreife.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Die beklagte Partei erteilte dem Kläger dessen Antrag gemäß die Bauplatz- und die Baubewilligung zur Errichtung eines Hauses auf einem - sodann im Zuge der Aushubarbeiten ins Rutschen geratenen - Hang. Der Kläger hat somit den Akt der Behörde (Baubewilligung) selbst herbeigeführt und sich damit auch jede Möglichkeit genommen, die ihm antragsgemäß erteilte Baubewilligung anzufechten.

Gemäß § 2 Abs 2 AHG besteht kein Ersatzanspruch gegen einen Rechtsträger, wenn der Geschädigte seinen Schaden durch Rechtsmittel oder Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hätte abwenden können. Diese Bestimmung ist grundsätzlich dahin zu verstehen, daß der Rechtsträger nur für nicht sanierbare Akte der Vollziehung Ersatz zu leisten hat. Das Gesetz überläßt es also zunächst dem Betroffenen selbst, seine Interessen zu wahren, und gewährt ihm Amtshaftungsansprüche nur dort, wo er innerhalb des betreffenden Verfahrens alle in Betracht kommenden verfahrensrechtlichen Behelfe vergeblich ausschöpfte. Von diesem Ansatz ausgehend zog der erkennende Senat bereits mehrfach (SZ 68/156; SZ 53/61) den Schluß, auch wer sich der Anfechtungsmöglichkeit entledigt habe, weil er den Akt des Organs selbst durch entsprechende Antragstellung herbeiführte, verliere dadurch seinen Amtshaftungsanspruch. Das gelte jedenfalls für einen Akt der Vollziehung, mit dem in die Rechtssphäre des Geschädigten gar nicht eingegriffen, sondern ihm bloß eine behördliche Bewilligung erteilt worden sei, von der er Gebrauch habe machen können oder nicht. In der Entscheidung SZ 53/61 brachte der Oberste Gerichtshof zum Ausdruck, derjenige, der den Baubewilligungsbescheid selbst erwirkt und sodann infolge fehlerhafter Bauführung Schaden genommen habe, könne „in aller Regel“ Amtshaftungsansprüche nicht mit Erfolg geltend machen. Diese im Schrifttum (Schragel, AHG2 Rz 180; Mader in Schwimann, ABGB2 § 2 AHG Rz 5) gebilligte Rechtsprechung kann indes nach neuerlicher Prüfung der maßgeblichen Rechtslage in dieser verallgemeinernden Aussage nicht aufrechterhalten werden:

Jüngst erst hat Helmberg (Amtshaftung im Baurecht, in BBl 1998, 151 ff) in kritischer Auseinandersetzung mit dieser Judikatur dahin Stellung genommen, gewiß obliege die Verhinderung einer Eigengefährdung (der Person und des Vermögens) in erster Linie dem einzelnen. Wer von der Freiheit, über sein Eigentum zu verfügen, Gebrauch mache, solle auch für die Folgen des eigenen Verhaltens einstehen müssen und könne davon ausgelöste Schäden nicht einfach auf die Gemeinschaft abwälzen (aaO 156). In den Schutzbereich der baurechtlichen Bestimmungen, die die Standfestigkeit und Gesundheitsverträglichkeit von Gebäuden sichern sollen, falle jeder Benützer, somit wohl auch der Passant, kurzum jedermann, dem aus der bauordnungswidrigen Errichtung von Gebäuden typischerweise Gefahren für Leben, Gesundheit und auch Eigentum drohen (aaO 156). Die Prüfung der Frage, ob der Bauwerber selbst in den Schutzbereich von baurechtlichen Normen falle und bejahendenfalls, vor welcher Art von Schäden er geschützt werden solle, müsse daher im Einzelfall norm- und fallbezogen erfolgen. Die Wahrnehmung der für ihn nicht überschaubaren öffentlich-rechtlichen Rücksichten falle jedoch grundsätzlich nicht in dessen Risikobereich, sondern in den von deren Rechtsträger zu verantwortenden Aufgabenbereich der Baubehörde (aaO 157). Ob auch der Bauwerber selbst vor Schaden bewahrt werden solle, den er durch die mangelnde Einhaltung von Bauvorschriften erleidet, sei eine Frage des Schutzzwecks der Norm; deshalb dürfe es keinen Unterschied machen, ob er ein Bauansuchen gestellt hat oder nicht. Es gebe keine vernünftigen Grund, den Amtshaftungsanspruch desjenigen, dessen Bauansuchen trotz mangelhafter Erfüllung der Voraussetzungen bewilligt wurde, aus dem Grunde des § 2 Abs 2 AHG zu verwehren, dagegen die Sorgfaltswidrigkeit desjenigen, der gar nicht um die Baubewilligung ansuchte, unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 1304 ABGB) zu prüfen (aaO 159).

Der Bundesgerichtshof der Bundesrepublik Deutschland hat bereits wiederholt ausgesprochen, zwar könne es nicht Aufgabe der Bauordnungsbehörden sein, das Vorhaben des Bauherrn unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu prüfen, um ihn so vor daraus drohenden Vermögensnachteilen zu bewahren, weil das ausschließlich in dessen Verantwortungs- und Risikobereich falle (BGHZ 60, 112, 118 f; BGHZ 39, 358, 364 f), diese Behörden treffe indes die Pflicht, eine den bauordnungsrechtlichen Vorschriften widersprechende Baugenehmigung nicht zu erteilen, auch dem Bauherrn gegenüber (NJW 1980, 2578; NJW 1975, 1968; NJW 1973, 616; NJW 1969, 234; BGHZ 60, 112, 116 f). Das Verbot, ohne Baugenehmigung zu bauen, sei eine - bloß präventive - Beschränkung der aus dem Grundeigentum fließenden Baufreiheit, deren Wegfall durch Erteilung der Baugenehmigung für den Bauherrn einen Vertrauenstatbestand des Inhalts schaffe, daß der der Genehmigung entsprechenden Ausführung des Bauvorhabens (öffentlich-)rechtliche Hindernisse nicht entgegenstehen und er deshalb auch entsprechend wirtschaftlich disponieren könne (NJW 1980, 2578; BGHZ 60, 112, 116).

Diese Erwägungen können bei durchaus vergleichbarer Rechtslage auch für den österreichischen Rechtsbereich nutzbar gemacht werden: Es wäre nicht einzusehen, weshalb der Bauherr nicht auch in den Schutzbereich der in Österreich geltenden Bauordnungen einbezogen und nicht auch sein Vermögen insoweit vor Schäden geschützt sein sollte, als er im Vertrauen darauf, daß die Baubewilligung in Entsprechung der baurechtlichen Vorschriften erteilt worden ist, sein Bauvorhaben ausführt, ist doch im öffentlichen Interesse insbesondere die Standfestigkeit des Gebäudes zu berücksichtigen (SZ 68/156 ua), aber auch zu prüfen, ob dadurch die Standfestigkeit anderer baulicher Anlagen gefährdet bzw die Tragfähigkeit des Baugrundes von Nachbargrundstücken nachteilig verändert werden würde (vgl BGH in NJW 1980, 2578). In diesem Sinn ordnet § 4 Abs 4 der (hier maßgeblichen) O.ö. Bauordnung (LGBl 1976/35) an, daß Grundflächen, die sich wegen der natürlichen Gegebenheiten (namentlich auch der Bodenbeschaffenheit) für eine zweckmäßige Bebauung nicht eignen, nicht als Bauplätze bewilligt werden dürfen; daraus läßt sich zwanglos ableiten, daß Bauvorhaben, deren Ausführung die Tragfähigkeit von Nachbargrundstücken gefährden kann, sofern dabei nicht bestimmte Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden, die baubehördliche Bewilligung nur unter der Auflage erteilt werden darf, daß diese Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Der erkennende Senat hat - gerade auch in einem vergleichbaren Fall - ausgesprochen, der Rechtsunkundige dürfe sich grundsätzlich auf die richtige Rechtsanwendung durch die Behörde verlassen (SZ 68/156 mwN); dieser Grundsatz steht übrigens auch in Einklang mit jener - in nachbarrechtlichen Auseinandersetzungen entwickelten - Rechtsprechung, daß ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch in Analogie zu § 364a ABGB zu gewähren sei, wenn die Abwehr des Eingriffs zwar an sich zulässig bleibt, indes infolge der mit einer behördlichen Genehmigung zunächst verbundenen Annahme der Gefahrlosigkeit und damit Gesetzmäßigkeit der bewilligten Maßnahmen praktisch erschwert oder gar unmöglich gemacht wird, so vor allem bei behördlich genehmigten Bau- und Abbrucharbeiten (SZ 67/212; SZ 65/38; SZ 61/61; SZ 58/121 uva; Spielbüchler in Rummel, ABGB2 § 364a Rz 6; Rummel in JBl 1967, 120).

In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist daher auch der erkennende Senat der Auffassung, daß auch der Bauwerber selbst in den Schutzbereich des öffentlichen Baurechts einbezogen ist und durch die richtige Anwendung baupolizeilicher Vorschriften nicht bloß vor Personen- und Sach-, sondern auch vor solchen Vermögensschäden bewahrt werden soll, die ihm deshalb erwachsen sind, weil er darauf vertraute, daß der der Baubewilligung entsprechenden Ausführung des Bauvorhabens keine (öffentlich-)rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Dieser Schluß ist schon deshalb gerechtfertigt, weil die Wahrnehmung der vom Bauwerber nicht überschaubaren öffentlich-rechtlichen Rücksichten nicht in seinen, sondern in den Verantwortungs- und Risikobereich der Baubehörde fällt (vgl Helmberg aaO 157).

Die beklagte Gemeinde hat selbst vorgebracht, im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung sei mit einer Hangrutschung nicht zu rechnen gewesen; ließe sich diese Behauptung bewahrheiten, so wäre dieses Risiko für den Kläger als Bauwerber erst recht nicht überschaubar gewesen. Angesichts des bereits erörterten Schutzzwecks des öffentlichen Baurechts soll der Bauwerber jedenfalls vor solchen Schäden bewahrt werden, die bei Verwirklichung bestimmter, mit Bauführungen verbundener, in den Bauordnungen umschriebener und für den Bauwerber regelmäßig nicht überschaubarer Gefahren, namentlich infolge mangelnder Standfestigkeit des zu errichtenden Gebäudes oder wegen Fehlens der Stabilität des zu nutzenden Baugrunds, bzw bei Gefährdung der Tragfähigkeit von Nachbargrundstücken auftreten können. Dann aber darf - worauf Helmberg (aaO 159) treffend hinweist - das Schicksal des geltend gemachten Amtshaftungsanspruchs des Bauherrn nicht einfach allein davon abhängig gemacht werden, ob er nun um die Baubewilligung angesucht hat oder nicht, ist es doch eine geradezu typisch adäquate Folge der Erteilung der Baubewilligung, daß der Bauwerber von dieser in der Folge auch Gebrauch machen wird (Helmberg aaO 154). Dann erschiene es aber nicht sachgerecht, bliebe dem Bauherrn der Amtshaftungsanspruch wegen fehlerhafter Baubewilligung allein deshalb verwehrt, weil es ihm freigestellt gewesen wäre, von dieser auch nicht Gebrauch zu machen.

Den Vorinstanzen kann somit darin nicht beigepflichtet werden, daß dem Kläger der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch allein schon deshalb verwehrt wäre, weil der Schaden zwar auf eine der Baubewilligung entsprechende Bauführung zurückzuführen ist, der Geschädigte die Baubewilligung aber selbst beantragt hatte.

Die Hanglage des Baugrundes hätte beim Kläger, jedenfalls aber bei dem von ihm beigezogenen Bauunternehmer Bedenken gegen die Stabilität des eigenen Grundstücks, namentlich aber auch des oberhalb davon gelegenen Nachbargrundstücks erwecken müssen, zumal erforderliche Sicherheitsvorkehrungen auch in den Verantwortungs- und Risikobereich des Bauherrn fallen (vgl SZ 53/61). Ob der Bauherr die Entstehung von Schäden mitzuverantworten hat, die auf eine der Baubewilligung nicht widersprechende Bauführung zurückzuführen sind, hängt in erster Linie davon ab, ob er Anlaß dazu hatte, der Rechtmäßigkeit der Baubewilligung zu mißtrauen, also schon im eigenen Interesse gehalten war, solche Zweifel bei Inangriffnahme der Bauführung zu berücksichtigen (vgl BGH in NJW 1975, 1968).

Dem hat der Kläger ohnedies insofern Rechnung getragen, als er seine Schäden infolge des Baugrubenaushubs - Ersatzleistungen an den Nachbarn und Aufwendungen zur Instandsetzung seines eigenen Grundstücks - mit der vorliegenden Amtshaftungsklage bloß zu 25 % gegen den Rechtsträger der Baubehörde geltend machte.

Die Baubehörde kann entgegen den Einwendungen des beklagten Rechtsträgers nicht schon deshalb entlastet werden, weil der Hang bei Erteilung der Baubewilligung in stabilem Zustand gewesen und erst durch den Bauaushub instabil geworden sei. Der Kläger hat - wenngleich nicht mit wünschenswerter Deutlichkeit - vorgebracht, die in der Folge eingetretene Hangrutschung sei konkret vorhersehbar gewesen, hat er doch behauptet, die - fachkundige oder fachkundig beratene - Baubehörde wäre verpflichtet gewesen, sich von der Möglichkeit einer gefahrlosen Bauführung - etwa durch ein baugeologisches Gutachten - zu überzeugen. Zog der im Vorprozeß vernommene Sachverständige - allein aufgrund einer Befundung der (geologischen) Beschaffenheit des Hangs den fachtechnischen Schluß, ein solcher Hang könne ins Rutschen geraten, sofern nicht im Zuge der Bauführung geeignete Sicherungsvorkehrungen (namentlich das bloß abschnittsweise Ausheben der Baugrube bzw die Einbringung von Stützmitteln) getroffen werden, so wäre im erstinstanzlichen Beweisverfahren zu prüfen gewesen, ob diese Gefahrenumstände nicht auch dem von der Baubehörde beigezogenen Amtssachverständigen hätten geläufig sein müssen; wäre diese Frage zu bejahen, so hätte dieser im Verwaltungsverfahren darauf hinwirken müssen, daß die Baubehörde dem Kläger die Baubewilligung nur unter entsprechenden gefahrenvermeidenden, bei der Bauführung zu beachtenden Auflagen erteilen werde. Sollte unter fachtechnischen Gesichtspunkten - für die auch die allfällige Kenntnis der Baubehörde von Rutschungen im Bereich von Nachbargrundstücken bedeutsam sein könnte - das Abrutschen des Hangs bei Durchführung der geplanten Arbeiten konkret zu befürchten gewesen sein, so wäre es Aufgabe der Baubehörde gewesen, auch zur Bewahrung des Bauwerbers selbst vor Schäden infolge einer zwar bewilligungsgemäßen, aber doch gefahrträchtigen Bauführung die Baubewilligung an solche Auflagen zu knüpfen, bei deren Einhaltung die Stabilität des Hangs gewährleistet gewesen wäre.

Um verläßlich beurteilen zu können, ob der Behörde bei Erteilung der Baubewilligung pflichtwidrige Unterlassungen - vor allem, ob es weitergehender Ermittlungen bedurft hätte - unterlaufen sind, bedarf es einer Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens; dabei wird zu beachten sein, daß allfällige Pflichtwidrigkeiten des von der Baubehörde beigezogenen Amtssachverständigen dem beklagten Rechtsträger zur Last fallen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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