OGH 15Os214/98

OGH15Os214/9811.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 1999 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gutschi als Schriftführer, in der Strafsache gegen Robert K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 29. September 1998, GZ 14 Vr 972/98-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unangefochten gebliebenen Teilfreispruch enthält, wurde Robert K***** der Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 lit a, (unrichtig: und § 13) FinStrG (A.) und des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG (B.) sowie des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB (C.) und des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 erster Fall StGB (D.) schuldig erkannt.

Die vom Angeklagten aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde richtet sich gegen den Schuldspruch wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls (C.).

Inhaltlich des vor der Nichtigkeitsbeschwerde angefochtenen Schuldspruchs (C.) hat der Angeklagte am 21. Jänner 1998 in Schwechat Verfügungsberechtigten der Austrian Airlines Österreichische Luftverkehrs AG 52 Stangen (10.400 Stück) Zigaretten der Marke Marlboro und Marlboro Light im Wert von 11.570 S gewerbsmäßig (§ 70 StGB) mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Rechtliche Beurteilung

Zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer das bekämpfte Urteil als "undeutlich bzw unvollständig" begründet (Z 5), weil es zwar die Tatsache der Wegnahme feststelle, sich aber in keiner Weise mit der Frage auseinandersetze, wie der Angeklagte die 52 Stangen Zigaretten aus dem Duty-Free-Shop verbracht haben soll.

Indes enthalten die (in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigenden) Entscheidungsgründe ausdrücklich die vom Schöffengericht in einer kritischen Gesamtschau der maßgebenden Beweisergebnisse nach den Grundsätzen der freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) getroffenen, von der Beschwerde vermißten Erwägungen, wonach der Angeklagte die inkriminierten Zigarettenstangen "in mehreren, wiederholten Angriffen aus dem Duty-Free-Shop weggenommen" (US 8 Ende des zweiten Absatzes und 12 unten bis 13 oben) und auf "dieselbe Weise wie bei seinen Vorstrafen [nämlich in einer Tasche] gestohlen hat" (US 14 letzter Absatz). Diese Feststellungen sind aber - der Beschwerde zuwider - auch unmißverständlich, denkmöglich und zureichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), demnach formell einwandfrei damit begründet, daß die Verantwortung des Angeklagten, er habe die von einem nicht genannten Bekannten ordnungsgemäß gekauften Zigaretten nur durch den Zoll schmuggeln wollen, infolge nicht denkgesetzwidriger Überlegungen (Verhalten eines Angestellten "der Luftpersonals") als unglaubwürdig und widersprüchlich einzustufen ist (US 14). Ferner konnten sich die Tatrichter auf die Persönlichkeit des Angeklagten, sein kriminelles Vorleben, eine gleichbleibende Art der Tatbegehung (wie bei Vorstraftaten), die Sicherstellung der "Bestellisten von Zigarettenkunden" und (bei seiner Anhaltung) der Diebsbeute selbst sowie auf die relativ gefahrlose Verbringung der Zigarettenstangen aus dem Verkaufslokal wegen der fehlenden Magnetetiketten (US 6, 12 ff) stützen.

Auf den Umstand aber, daß die vom Erstgericht aus diesen Prämissen denkmöglich gezogenen Schlußfolgerungen dem Beschwerdeführer nicht genug überzeugend scheinen, kann der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht gegründet werden. Solcherart wird nämlich bloß die schöffengerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehenen Schuldberufung in Zweifel gezogen (vgl Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 144 ff). Die behaupteten formalen Begründungsmängel haften daher dem bekämpften Schuldspruch nicht an.

Ebensolches gilt für die Tatsachenrüge (Z 5a), welche - unter schwerpunktmäßiger, isolierter Hervorhebung der Aussagen der Zeugin Elisabeth K***** - im wesentlichen mit den bereits zur Mängelrüge vorgebrachten, jedoch als nicht stichhältig erachteten Argumenten vergeblich danach trachtet, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen den konstatierten Diebstahlsvorwurf darzutun. Sie läßt dabei erneut die gebotene Betrachtung der Entscheidungsgründe in ihrer Gesamtheit außer acht und kritisiert nach Inhalt und Zielrichtung des Vorbringens abermals bloß die zwar zum Nachteil des Angeklagten ausgefallene, indes nichtsdestoweniger von den Erkenntnisrichtern sachgerecht und den Gesetzen der Logik folgend gelöste Schuldfrage, ohne in Wahrheit Bedenken irgendwelcher Art gegen die entscheidenden Feststellungen des Diebstahls wecken zu können (vgl Mayerhofer aaO § 281 Z 5a E 1, 2a ff). Daran ändert fallbezogen auch die Tatsache nichts, daß die "angeblichen mehrmaligen Wegnahmehandlungen des Angeklagten von keinem der Angestellten beobachtet worden sind".

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) reklamiert der Nichtigkeitswerber mit unzulässiger und pauschaler Verweisung ("wie bei Ziffer 5 und Ziffer 5a ausgeführt") die Feststellungen zur Frage, wann und wie K***** "am 21. 1." die 52 Stangen Zigaretten aus dem Duty-Free-Shop weggenommen haben "soll". Solcherart verfehlt er aber auch die gesetzmäßige Darstellung des angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrundes. Hiefür ist nicht nur ein striktes Festhalten am gesamten objektiven und subjektiven Urteilssachverhalt verlangt, sondern auch der ausschließlich auf dieser Basis geführte Nachweis vorausgesetzt, daß dem Erstgericht ein Rechtsirrtum oder Feststellungsfehler unterlaufen ist, der die Anwendung des (konkreten) Strafgesetzes darauf ausschließt. All dies unterläßt der Rechtsmittelwerber prozeßordnungswidrig, indem er die (wie dargelegt unbedenklich getroffenen) Konstatierungen über Tatzeit und Begehungsart schlichtweg negiert und letztlich den Diebstahl überhaupt in Zweifel zieht (verbis: weggenommen haben "soll"; vgl Mayerhofer aaO § 281 E 23 bis 26, 30; § 281 Z 9a E 5, 7, 26, § 285a E 61).

Die auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Subsumtionsrüge schließlich greift lediglich zwei Urteilspassagen isoliert und unvollständig aus dem Zusammenhang heraus (nämlich zum einen, daß der Angeklagte Zigarettenstangen aus dem Duty-Free-Shop wegnahm, diese in einem Versteck im Flughafenbereich sammelte und in mehreren Reisetaschen verstaute [US 8], zum anderen, die Beobachtung einer Zeugin, daß der Angeklagte weitere zwei Doppelstangen Zigaretten wegzunehmen trachtete, von Angestellten des Shops dabei beobachtet, dies aber unterließ, worauf die Zollwache alarmiert wurde [US 13 u 15]). Daran knüpft sie die Schlußfolgerung, nach diesen Feststellungen sei es dem Angeklagten daher nach seinem Tatplan noch nicht gelungen, die Zigaretten aus dem Flughafengelände zu verbringen und an ihnen Alleingewahrsam zu begründen, weshalb er nicht wegen vollendeten, sondern nur wegen versuchten Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls zu verurteilen gewesen wäre.

Auch dieser Rüge mangelt es an einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Die Beobachtungen der Zeugin K***** sind im Urteil nur die bloße Wiedergabe ihrer Aussage, also keine Konstatierung, ein versuchter Diebstahl von zwei Doppelstangen ist hingegen gar nicht inkriminiert. Damit versäumt die Beschwerde sowohl eine deutliche und bestimmte sachbezogene Erörterung, inwiefern ein rechtlicher Konnex zwischen der vorsatzgemäß vollendeten Urteilstat und den geschilderten Wahrnehmungen besteht, der für seinen Standpunkt sprechen könnte, als auch die nach der Strafprozeßordnung unbedingt gebotene substantiierte rechtliche Auseinandersetzung mit der zentralen Frage, warum bei der gegebenen Sachlage, welche das Schöffengericht wiederholt unmißverständlich als Vollendung des Diebstahls gewertet hat, die "Verbringung aus dem Flughafenbereich" gegen den festgestellten Gewahrsamsbruch des Angeklagten sprechen und die rechtliche Qualifikation des konkreten Tatgeschehens als vollendetes Diebstahlsverbrechen hindern sollte (vgl Mayerhofer aaO § 285a E 45, 63 erster Absatz; 15 Os 131/95 = ÖJZ-LSK 1986/170, 171).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen dem Antrag des Beschwerdeführers in seiner gemäß § 35 Abs 2 StPO erstatteten Äußerung teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285a Z 2 StPO bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, zumal nur gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrügen zur Anordnung eines Gerichtstages führen (vgl Mayerhofer aaO § 285a E 61, EvBl 1997, 159 uva).

Daraus folgt, daß zur Entscheidung über die zudem erhobenen Berufungen das Oberlandesgericht Wien zuständig ist (§ 285i StPO).

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