OGH 15Os131/95

OGH15Os131/9514.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Dezember 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Eichinger als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Isabella G***** wegen des Verbrechens des betrügerischen Datenverarbeitungsmißbrauchs nach § 148 a Abs 1 und 2 erster und letzter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21.November 1994, GZ 3 a Vr 3541/92-84, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch enthält, wurde Isabella G***** - abweichend von der wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren) Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 130 zweiter (gemeint: dritter) Fall StGB erhobenen Anklage ON 55 - des Verbrechens des betrügerischen Datenverarbeitungsmißbrauchs nach § 148 a Abs 1 und Abs 2 erster und dritter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie in Wien mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Otto P***** dadurch am Vermögen geschädigt, daß sie das Ergebnis einer automationsunterstützten Datenverarbeitung durch Eingabe von Daten beeinflußte, indem sie mittels Computer der N***** Sp***** M***** AG Abbuchungen und Umbuchungen von zwei Sparbriefkonten des Genannten vornahm, wobei sie durch die Tat einen 500.000 S übersteigenden Schaden herbeiführte, und zwar

1. am 22.Februar 1988 vom Sparbrief Nr 0211-002266 2,095.000 S sowie

2. in der Zeit vom 24.Mai bis 25.November 1988 in wiederholten Angriffen vom Sparbrief Nr 0211-002258 insgesamt 2,097.338 S.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer allein auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch eine prozeßordnungsgemäße Darstellung vermissen läßt.

Die Subsumtionsrüge beschränkt sich nämlich bloß darauf, die erstgerichtliche Tatbeurteilung mit der Behauptung als rechtsirrig zu bezeichnen, daß der Fall von der Staatsanwaltschaft richtig als "Diebstahl nach §§ 127 ff StGB" angeklagt worden sei. Das weitere, durch Literaturzitate angereicherte Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß die Angeklagte einen elektronisch gesteuerten Prozeß nur unbefugt durch Eingabe richtiger Daten in Gang gesetzt habe, um ein gewünschtes und von der materiellen Rechtslage abweichendes Resultat zu erzielen, wodurch jedoch dieses Ergebnis der automationsunterstützten Datenverarbeitung (etwa durch eine Datenveränderung) nicht beeinflußt worden sei. Ein Argument für die angestrebte Unterstellung des konstatierten Tatsachensubstrats unter die Strafbestimmung des Diebstahls ist indes den - insgesamt bloß auf die Bestreitung einer Subsumierbarkeit des Urteilssachverhalts als betrügerischer Datenverarbeitungsmißbrauch abgestellten - Einwänden nicht zu entnehmen.

Nach § 285 a Z 2 StPO wird jedoch die deutliche und bestimmte Bezeichnung jener Umstände verlangt, die den angerufenen Nichtigkeitsgrund bilden sollen, wobei der Beschwerdeführer auch bei Geltendmachung einer materiellen Nichtigkeit nach der Z 10 des § 281 Abs 1 StPO verpflichtet ist, den Ausspruch des Gerichtes unter Berücksichtigung aller wesentlichen Urteilsfeststellungen ohne Sachverhaltsmodifikationen mit dem Gesetz zu vergleichen und - in rechtlichen Argumenten - anzugeben, weshalb auf die inkriminierte Urteilstat eine von ihm konkret zu benennende andere Strafbestimmung anzuwenden ist (vgl SSt 51/35). Ohne eine derartige Beschwerdebegründung werden die Mindesterfordernisse einer gesetzmäßigen Rechtsrüge mithin nicht erfüllt.

Demnach verfehlt die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten in zweifacher Hinsicht die gesetzlichen Bedingungen einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, weil in dem Vorbringen einerseits die unmißverständliche Urteilsfeststellung des Erstgerichtes über die Veränderung von automationsunterstützten Datenverarbeitungsergebnissen (nämlich der aus den betroffenen Sparbriefkonten gegen die Bank erwachsenen Forderungen) durch die mißbräuchlichen Buchungseingaben der Angeklagten (US 3 oben, 7 mitte, 8 zweiter Absatz) übergangen wird, andererseits eine auf den Entscheidungsgegenstand abgestellte Begründung für das Verlangen nach Anwendung der Diebstahlsnorm nicht zum Ausdruck kommt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO - in Übereinstimmung mit dem Antrag der Generalprokuratur - schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß die Entscheidung über die Berufung in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien fällt (§ 285 i StPO).

Dessen ungeachtet sei zur terminologischen Klarstellung nur am Rande noch auf die mit den rechtlichen Erwägungen des Ersturteils übereinstimmende Beschwerdemeinung eingegangen, wonach sich die Angeklagte "richtiger" Daten bedient habe:

Anläßlich der Formulierung der Strafbestimmung des § 148 a StGB wurde die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der zur Eingabe verwendeten Daten ausdrücklich für unerheblich angesehen (JAB 359 BlgNR XVII. GP 18), weshalb von vorneherein fraglich ist, ob diese Unterscheidung für die Gesetzesauslegung von Bedeutung sein kann.

Die diesbezüglichen erstgerichtlichen Überlegungen beruhen erkennbar auf der irrigen Annahme einer Parallelität des Tatverhaltens der Angeklagten mit dem Fall der unbefugten Benutzung einer fremden Bankomatkarte zur Bargeldabhebung unter Eingabe des zutreffenden Codes, obwohl die beiden Konstellationen kaum Gemeinsamkeiten aufweisen. Die hier zu beurteilende Delinquenz fällt nämlich als zweckwidrige Vermögensverschiebung durch Benützung der technischen Möglichkeiten einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage in jenen Bereich rechtswidrigen Handelns, der nach dem Willen des Gesetzgebers von der Strafbestimmung des § 148 a StGB erfaßt werden sollte (vgl JAB 359 BlgNR XVII.GP 15), wohingegen bei Schaffung dieser Norm an den Bankomatkartenmißbrauch unbestrittenermaßen nicht gedacht wurde (Schwaighofer in ÖJZ 1990, 459; E. Steininger in JBl 1992, 607). Die hier ohne Notwendigkeit unterstellte Gleichartigkeit der Problematik veranlaßte das Erstgericht ersichtlich dazu, die zur Herbeiführung eines bestimmten programmäßigen Ergebnisses einer automationsunterstützten Datenverarbeitung (aus technischer Sicht) notwendigen Daten als "richtig" zu bezeichnen, wiewohl damit die Konsequenz verbunden ist, daß bei Benützung anderer - also nach der gewählten Begriffsebene "unrichtiger" Daten - eine planmäßige Deliktsvollendung durch Inputmanipulation kaum denkbar ist.

In Wirklichkeit sind Daten als gespeicherte Informationen für sich allein genommen weder richtig noch unrichtig. Erst wenn sie zur Realität in Beziehung gesetzt werden, läßt sich ihr Wahrheitsgehalt bestimmen (Triffterer StGB-Kommentar § 148 a Rz 20). Aus dieser Sicht kann aber nicht zweifelhaft sein, daß Daten dann unrichtig sind, wenn sie den darzustellenden Lebenssachverhalt falsch wiedergeben (vgl hiezu die in der Entscheidung eines verstärkten Senates - EvBl 1995/21 - entwickelte Rechtsansicht über den Gebrauch echter Urkunden mit unrichtigem Inhalt als Deliktsobjekt der Vergehen nach § 293 StGB und §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 zweite Alternative StGB). Demnach liegt auf der Hand, daß die Angeklagte bei ihren (durch keinerlei Verfügung berechtigter Personen gedeckten und somit der Sachlage nicht entsprechenden) Transaktionen im Bewußtsein eines der materiellen Rechtslage widersprechenden Datenverarbeitungsergebnisses "unrichtige" Daten verwendet hat.

Ein über diesen rein sprachlichen Hinweis hinausreichendes Eingehen auf den vom Anlaßfall wegführenden Teil der rechtlichen Begründung des Ersturteils ist nicht erforderlich, weil die aktuelle Strafsache eben nicht eine Bankomatkartenbenützung durch einen Unbefugten betrifft, sondern den völlig anders gelagerten Sachverhalt eines automationsunterstützten Datenverarbeitungsmißbrauchs im Zahlungsverkehr durch eine Bankangestellte.

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