OGH 13Os182/98 (13Os183/98)

OGH13Os182/98 (13Os183/98)10.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 10. Februar 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden, durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker und Dr. Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matz als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roland M***** wegen des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Roland M***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Oktober 1998, GZ 3 c Vr 6152/98-43, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, des Angeklagten Roland M***** und der Verteidigerin Mag. Scheed sowie über die Beschwerde des Angeklagten (§494a Abs 4 StPO) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und - auch aus deren Anlaß gemäß § 290 Abs 1 StPO - das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch III, sowie in der rechtlichen Unter- stellung der unter II des Ersturteils beschriebenen strafbaren Handlung, ferner im Strafausspruch (einschließlich des Widerrufsbeschlusses, jedoch ausgenommen die Vorhaftan- rechnung) aufgehoben und insoweit in der Sache selbst erkannt:

Roland M***** hat am 7. Juli 1998 in Wien der Ursula K***** ca 2.000 S Bargeld und Schmuck im Wert von ca 4.000 S mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, wobei er auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen Ursula K***** anwendete, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten.

Roland M***** hat hiedurch sowie durch die zu II des Schuldspruchs als erwiesen angenommenen Tatsachen das Verbrechen des versuchten räuberischen Diebstahls nach §§ 15, 127, 131 erster Fall StGB begangen und wird hiefür sowie für den unberührt gebliebenen Schuldspruch I wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB nach § 131 erster Strafsatz StGB unter Anwendung von § 28 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 16 (sechzehn) Monaten verurteilt.

II. Die bedingte Entlassung zu 18 c BE 802/97 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (vorher: 14 Ns 27/97 des Landesgerichtes Eisenstadt) wird widerrufen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen, mit seiner Berufung und Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Roland M***** wurde des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB (III) sowie der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (I) und des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er in Wien

I. am 28. April 1998 eine fremde Sache in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich einen Keramik- blumentopf des Hotels "A*****" im Wert von ca 3.000 S vorsätzlich zerstört;

II. am 25. Juni 1998 eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld in einem Betrag von 1.430 S der Justina D***** mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

III. am 7. Juli 1998 der Ursula K***** fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich ca 2.000 S Bargeld und Schmuck im Wert von ca 4.000 S mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er, bei diesem Diebstahl auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen Ursula K***** anwendete, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch zu III mit Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt.

Der Einwand der Mängelrüge, die (angeblich unzureichend berücksichtigten) Angaben der Zeugin Ursula K***** würden "die Intention des Beschwerdeführers verifizieren", daß die angewendete Gewalt nur der Verteidigung gegen einen Angriff dieser Zeugin, nicht aber dem Erhalt der Diebsbeute diente, geht ins Leere. Ursula K***** hat während des gesamten Verfahrens im wesentlichen stets gleichlautend bekräftigt, daß sie den auf frischer Tat ertappten Täter zwar zunächst selbst attackiert, dieser jedoch ihren Widerstand gewaltsam gebrochen und mit der Diebsbeute die Flucht ergriffen hat (S 27, 179, 265 ff). Diese Einschätzung der Zeugin, daß der Beschwerdeführer mit dem Gewalteinsatz auch den Erhalt des Diebsgutes bezweckte (S 269), wurde vom Schöffensenat ohne formellen Begründungsfehler geteilt (US 6 f).

Berechtigung kommt hingegen der Subsumtions- rüge (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) zu, soweit diese die rechtliche Beurteilung der zu III erfaßten Tat als bloß versuchten Diebstahl anstrebt.

Ein Diebstahl ist vollendet, wenn die fremde bewegliche Sache weggenommen ist, dh der bisher an ihr bestehende Gewahrsam eines anderen gegen dessen Willen gebrochen und ein neuer Alleingewahrsam daran begründet wird (Steininger3 § 127 StGB RN 59). Maßgeblich ist demnach, ob eine Sache noch zum Herrschaftsbereich des bisherigen Gewahrsamsinhabers gezählt werden kann oder diese Herrschaft bereits faktisch auf einen anderen Inhaber übergegangen ist (Kienapfel BT II3 § 127 Rz 54).

Von einer alleinigen tatsächlichen Sachherrschaft des Beschwerdeführers über das fragliche Diebsgut kann vorliegend keine Rede sein, wurde er doch den Urteilsfest- stellungen zufolge auf frischer Tat betreten und unmittelbar danach festgehalten (US 6; siehe dazu die näheren Angaben der Zeugin K*****, wonach der von ihr überraschte Täter nach Gewaltanwendung mit dem Diebsgut geflüchtet ist und sogleich von durch Hilferufe alarmierte Personen angehalten wurde, S 29). Mangels Alleingewahrsam an den entzogenen Sachen ist die Diebstat demzufolge tatsächlich nicht über das Versuchsstadium hinaus gediehen.

Die vom Beschwerdeführer daraus abgeleitete Folgerung, daß angesichts der bloß versuchten Tatbegehung eine Beurteilung als räuberischer Diebstahl im Sinn des § 131 StGB nicht in Betracht komme, ist jedoch verfehlt. Nach der Rechtsprechung (Foregger/Kodek StGB6 Anm II zu § 131) kann die Qualifikation eines Diebstahls als räuberisch im Sinn des § 131 StGB bereits nach Erlangung bloßen Mitgewahr- sams durch den Dieb, sohin also auch noch im Versuchs- stadium verwirklicht werden. Da der Beschwerdeführer dem Urteilssachverhalt zufolge Gewalt angewendet hat, um sich den durch die Versuchshandlung bereits erlangten Mitge- wahrsam an den im Urteilsspruch genannten Sachen zu erhalten bzw in einen Alleingewahrsam umzuwandeln (JBl 1995, 737), hat er beim räuberischen Diebstahl nur die Entwicklungsstufe des Versuch erreicht.

Von Amts wegen wahrzunehmen war außerdem, daß das Erstgericht dem Angeklagten unzulässigerweise neben dem Verbrechen des (versuchten räuberischen) Diebstahls (III) gesondert auch noch das Vergehen des versuchten Diebstahls (II) angelastet hat. Dieses Vorgehen widerspricht der Bestimmung des § 29 StGB, wonach alle in einem Verfahren demselben Täter angelasteten Diebstähle, mögen sie örtlich und zeitlich nicht zusammenhängen sowie unterschiedlich qualifiziert sein, bei der rechtlichen Beur- teilung zu einer Einheit zusammenzufassen sind (zuletzt JBl 1998, 396).

Die Unterstellung der zu III bezeichneten straf- baren Handlung unter das Verbrechen des versuchten räuberischen Diebstahles und die Zusammenfassung der (versuchten) Diebstähle zu III und II gemäß § 29 StGB zu einer Einheit, zwingt auch zur Aufhebung des Strafausspruchs (ausgenommen die Vorhaftanrechnung) und zur Neubemes- sung der Strafe. Dabei waren erschwerend die zahlreichen (einschlägigen) Vorstrafen, die Tatwiederholung beim Diebstahl sowie das Zusammentreffen eines Vergehens mit einem Verbrechen; mildernd das teilweise Geständnis und der Umstand, daß der Diebstahl beim Versuch blieb, sowie die Schadensgutmachung durch Zustandebringung der Beute.

Eine sechzehnmonatige Freiheitsstrafe entsprach der Schuld und dem Tatunrecht.

Der mehrfache Rückfall zum Teil in schwere Kriminalität in der Probezeit gebietet auch den Widerruf der bedingten Entlassung.

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